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DIE HARALD-SCHMIDT-SHOW-QUALITÄTSPRÜFUNG
Satyr

20. August 2002:

Der GRÖFAZ (Größter Fernsehsendezeitvernichter aller Zeiten) zurück aus den Ferien. (Neun-Sterne-Hotel?) Hat etwas für seinen Hautkrebs (in spe) getan (die Haut vergißt nie!). Und war ausgehungert nach Kamera & Publikum (sichtliche Rotlichtentzugserscheinungen).
Die Sommerpause bedeutete offenbar für Herrn Schmidt eine Energiespritze oder sogar eine Frischzellenkur. Die alte Power ist wieder da. Anscheinend hat er außerdem mit seinen verschnarchten Mitarbeitern endlich einmal Tacheles geredet: Aufwachen! Bei seinem Knecht Andrack (mit CK, genannt Bärchen) scheint das allerdings wenig gefruchtet zu haben: er bleibt ein überflüssiger Appendix.
Wie schon seit Monaten nicht mehr, verschleuderte Herr Schmidt Pointen massenhaft unters Volk, das kaum mit dem Bücken nachkam. Zum Glück fehlten auch nicht sarkastische Flutkatastrophen-Sottisen (kein schadenfroher Hohn, sondern eine apotropäische Funktion: das Unglück benennen, um es in den Griff zu kriegen). Auch Herr Schmidt hat für die Flutopfer gespendet: 0,3% von seinem Brutto, das er allerdings nicht beziffern wollte. Unser japanischer Solartaschenrechner spuckt als Spende eine Summe von 25.000 € aus (Herr Schmidt ist bekanntlich Schwabe). Steuerlich absetzbar?
Eine sehr komische Nummer: Herr Schmidt bei einer Kampfschwimmertrockenübung. Und ein neues Klassenbuch in giftigem Grün. Und als Liebling des Monats: eine Geburtstagskarte mit der 45, nachträglich Herrn Schmidt dediziert von seiner Crew. Zugabe: ein Spätkommunions-Zwanzigmarkschein.
Jörg Pilawa, die Hamburger Strahlemann-Stimmungskanone der ARD, war als Talkgast ziemlich überflüssig (sehenswert allerdings sein grauenvoller Anzug mit Plüschstruktur).
Ein grandioses Comeback: Herr Schmidt hat in brutalster Manier, "locker & elegant", den TV-Comedy-Fuzzys gegeigt, wer der Chef des deutschen TV-Entertainments ist. *****
QUOTE: 1,34 Mio/ 12,1%


21. August 2002:
Das ging aber rasch: schon wieder Routine-Alltag bei Herrn Schmidt, der ins Klassenbuch schrieb: Ganzer Abend eher ruhig, zwei Gags sauber verteilt und außerdem konstatierte: Man hört genauer hin und stellt fest, da war ja nichts. Wie wahr.
Knecht Andrack (mit CK, genannt Bärchen) wußte nicht, daß Tblissi mit Tiflis identisch ist und in Georgien liegt- ein Zeitgenosse mit eher bescheidenen Geistesgaben, der sich seinen Hirnrest dienstlich in jeder Sendung mit Bier wegsaufen muß und in Süderlügum (das nicht in der Türkei liegt) urlaubt, wo er Supermärkte fotografiert und Handstand im Meer macht.
Der einzige attraktive Musiker unter Zerletts Schrammelbuben, Drummer Antoine, mußte sich aufgrund lausiger Ferien von seiner Prachtmähne trennen und scheren lassen. Nun wünscht man der Band endgültig einen Orchestergraben wie in Bayreuth.
Das Planspiel einer Überschwemmung von Köln hatte den Knalleffekt einer Platzpatrone.
Talkgast: die junge Neu-Reiseschriftstellerin Marie Pohl, Tochter des ehemaligen Erfolgsdramatikers Klaus Pohl. Fräulein Pohl hatte einen Silberblick, eine Zahnlücke, einen S-Sprachfehler, rote Handschuhe und häßliche Beine. Herr Schmidt hatte Mitleid.**
QUOTE: 0,99 Mio/ 9%



22. August 2002:
Herr Schmidt ist wie das Wetter: mal so, mal so. Diesmal war er so.
Zum 100. Geburtstag von Leni Schniefenstahl: Ein Zehntel Drittes Reich. Und: Der Führer ist nie auf Bonus-Meilen geflogen.
Außerdem stellte Herr Schmidt klar, daß Neger Neger sind (nieder mit der political correctness!). Erstaunlicherweise wußte sein Knecht Andrack (mit CK, genannt Bärchen), daß es auch Kant (Königsberg) mit den Negern hatte. (Wir fügen hinzu: So blöd wie in seiner Bestimmung des Begriffs einer Menschenrasse war er eigentlich sonst nie.)
Herr Schmidt bekannte, in seiner Jugend –also im letzten Jahrhundert- klerikale Ananasdosen, die für Senioren bestimmt waren, unterschlagen, jedoch tätige Buße durch unterbezahltes Orgelspiel geleistet zu haben. Wir schließen die Augen und stellen uns den jungen Herrn Schmidt an der Kirchenorgel vor.
Die offizielle Optimismus-Show mußte ihren Bürohengst Georg Kloppenstein ans THW abstellen für Flutarbeiten und machte das Beste draus: einen komischen Einspieler.
Herr Schmidt ließ ins Archiv gehen und wärmte eine alte Schote auf: Kommentare zum Titelschutz angemeldeter neuer Titel. Dabei gelang Herrn Schmidt die beste Kreation: Gay-Bestatter-Comedy: WARME KISTE. Und das ex tempore- oder etwa nicht?
Talkgast: Dr. Götz Alsmann, die Hochlocke aus Münster (Zimmer frei/ WDR). Vergnüglich: zwei intelligente Leute beim Wortflorett. Alsmann erzählte von seiner STAPEDEKTOMIE (Innenohroperation), die Herrn Schmidt als geübten Hypochonder naturgemäß brennend interessierte. Uns auch.****
QUOTE: 1,11 Mio/ 9,6%



23. August 2002:
Herr Schmidt war schon mit einem Bein im Wochenende- wie so oft freitags.
Für seinen Requisiteur, den scharfen Sven, suchte Herr Schmidt, der gute Mensch von Mülheim, eine Wohnung (2-3 Zimmer, maximal 6oo € warm), wobei mäßig witzige Bemerkungen über Kölner Stadtteile abfielen, aber trotzdem eine gelungene: "...stille Tannen auf dem Boden- als Parkett" (auch wenn die Tannen wohl meistens Eichen sind). Herr Schmidt ist in seinem Leben 17-42mal umgezogen.
Langweilig: Mein schönstes Ferienerlebnis- Aufsätze der nicht unbedingt pfiffigen Lohnabhängigen von Herrn Schmidt; immerhin wissen wir nun, daß Mohrenköpfe auf dänisch Othellobolle heißen.
Da er sie überhaupt nicht mag, brachte Herr Schmidt Cent-Münzen zum Weinen: schöner schräger Einfall. Und freitags dürfen sie mit in die Wanne.
Als Talkgast Jochen Busse. Der Kabarettist war matt. Eine von Herrn Schmidt annoncierte Parodie des bevorstehenden "Kanzlerduells" mit ihm fand nicht statt. Statt dessen verriet Jochen Busse in seiner konvulsivischen Diktion, dem Kanzler als Modevorbild gedient zu haben. Kirmes der Eitelkeit. Vorstadt.
Herr Schmidt trug einen häßlichen Anzug in Exkrementebraun, aber immerhin –wie auch sonst- Manschettenknöpfe zum rosenholzfarbenen Hemd. Ein Herr von Welt trägt n a t ü r l i c h Manschettenknöpfe.***
QUOTE: 0,98 Mio/ 8,9%



INTERMEZZO: KALTER KAFFEE

Herr Schmidt in seinem besten grauen Anzug im Chefsessel... greift aus dem Off einen roten dampfenden Kaffeebecher, führt ihn zum Mund, trinkt mit Schlürfgeräusch, senkt den Becher auf Brusthöhe... skeptischer Blick zum Publikum... Kamera macht auf: im Fensterhintergrund eine Billigreproduktion des Kölner Doms und des Kölner Fernsehturms; auf dem Schreibtisch in der Vase ein paar Stengel der Beerdigungsblume Calla und ein Glas NESCAFÉ Classic... Herr Schmidt blickt skeptisch auf seinen Kaffeebecher, trinkt weniger geräuschvoll ein zweites Mal... "hmm"... setzt den Becher wieder ab, blickt versonnen und verdreht die Augen leicht nach oben... Kopfdrehung in Richtung Kamera, Blick auf den Kaffeebecher... Herr Schmidt trinkt erneut, länger, seine Augen lassen Zufriedenheit erkennen... Herr Schmidt preßt die Lippen zusammen, öffnet sie und zeigt leicht seine Zunge, die linke Hand greift zur Brille, die Hand bleibt oben in Schulterhöhe, Ellbogen auf dem Schreibtisch aufgestützt... nachdenklicher, dann prüfender Blick auf den Becher, dann in den Becher, anerkennendes Stirnerunzeln, Blick zum Publikum, mit abgespreiztem Daumen... mit einem Blick gen Himmel und genießerischem Augenschließen beißt Herr Schmidt sich auf die Unterlippe... zieht die Mundwinkel nach unten, öffnet die Hand... die Hand sinkt herunter... nochmals anerkennender , aber dann schon ein mit leisem Ekel gemischter Blick auf den Kaffeebecher... Herr Schmidt zieht die Augenbrauen hoch... und nach der bislang stummen Jule entfleucht dem Gehege seiner Zähne die Werbebotschaft: Ich bin sprachlos. Klasse Kaffee. "Kaffee" fälschlich auf der zweiten Silbe betont.
Herr Schmidt scheitert als Schauspieler, weil er alle inneren und äußeren Aktionen verkopft "setzt", sie bleiben erkennbar als Einzelaktionen und verschmelzen nicht miteinander- schauspielerisches Stückwerk ohne darstellerisch gleitenden Fluß. Immerhin gelingt es Herrn Schmidt, durch Augenschalk, als latente Message zu vermitteln: Leute, ein Drecksgesöff- kauft euch lieber eine GAGGIA-Kaffeemaschine!
Ist es ein Glücksfall fürs Theater, daß Herr Schmidt apostatisch als TV-Entertainer reüssierte? Schwer zu sagen. Sein eifrig-bemühter Auftritt (mit Mottenfiffi auf dem Haupt) als Lucky in Becketts Warten auf Godot am Bochumer Schauspielhaus war wenig überzeugend (trotz wohlwollender Presse: Promi-Bonus) und erinnerte stark an Augsburg. Ausgezeichnet dagegen Herr Schmidt in Benjamin von Stuckrad-Barres Dramolett Herr Peymann kauft sich keine Hose..., das er in seiner Show darbot, später auch im Berliner Brecht-Theater des gebauchpinselten Intendanten Peymann.
Wir sähen Herrn Schmidt gern als Behringer in Ionescos Die Nashörner, um ihm den Iffland-Ring anstecken zu können- oder auch nicht.*




27. August 2002:
Mittelprächtiger Wochenstart von Herrn Schmidt: er sammelte die nicht geflogenen Fetzen des "Duells" zwischen Schröder und Stoiber ein. Dazu ein Studio-Publikums-Quiz: Sandra, Studentin aus Köln-Longerich, ein fetter Trampel, sahnte 1500 € ab, und Herr Schmidt konnte sich in einer seiner liebsten Rollen gefallen: als guter Onkel Harald.
Hinreißend die Vorführung der RTL-Schranzen bei der Begrüßung Stoibers in Adlershof. (Nicht zu verwechseln mit dem Berghof.)
Herr Schmidt begründete, warum er ungern Politiker einlädt: wegen der gestanzten Antworten. Und gab gleich selbst Franz Müntefering.
Auch Knecht Andrack (mit CK, genannt Bärchen) hatte diesmal ein bis zwei Pointen (die wohl das mitleidige Autoren-Team von Herrn Schmidt gepflückt hatte)- er zitierte aus dem 22€-Opus Die deformierte Gesellschaft. Untertitel: Wie die Deutschen ihre Wirklichkeit verdrängen des deformierten Autors Meinhard Miegel (Kategorie: nationalkonservative Schwachköpfe; vielleicht ein Verwandter von Agnes Miegel?), sinngemäß: Wer gehört des Landes verwiesen? Leute, die keine Kinder haben.
Skandal: Für den scharfen Sven hat sich immer noch keine Wohnung finden lassen.
Talkgast: eine Sarah Kuttner, Moderatorin bei Viva- biedere Plapperelse. Bei ihr treten Generalsekretäre der Parteien auf, um das Jung-Volk zur Wahl zu mobilisieren. Politiker kennen überhaupt keine Scham mehr. Guido W. ging voran mit seinem Besuch im Big-Brother-Container.***
QUOTE: 1,28 Mio/ 13,5%




28. August 2002:
Es fing ja gut an: Einmalig- Rudi Carrell 5o Jahre im Show-Geschäft, fast so lang im Showgeschäft wie seine Witze. Und er hat sich überhaupt nicht verändert und sieht immer noch so aus wie damals, als Rembrandt ihn gemalt hat.
Dann verhieß Herr Schmidt eine extrem politische Informationssendung- und blieb die Einlösung des hehren Versprechens leider schuldig. Daß der Führer kohlegeil war, konnte am frühen Abend in der ARD besichtigt werden. Immerhin ist Herr Schmidt auch gegen eine deutsche Beteiligung am Irak-Krieg des durchgeknallten Texaners. Herr Schmidt zitierte den US-Vize Cheney :"Man muß die Schlacht (den Krieg) zum Feind tragen!". Das scheint ein US-Originalton zu sein, wir finden keine archaischen Muster bei Thukydides und Herodot. Herr Schmidt wird erst in der Wahlkabine entscheiden, wen er am 22. September wählt; dabei wird die WELTPOLITIK seine Wahl bestimmen.
Dann scharfe Frauen in der Werbung- die Frau aus der LÄTTA-Werbung hatte es dem alternden Herrn Schmidt angetan: wie sie mit den Titten spielt zwischen zwei Männern. Herr Schmidt zitierte -unter seinem Niveau- einen sogenannten Kollegen: Willst du von hinten in die Mutter, probier's mit deutscher Markenbutter. Wir empfehlen, weitgereist wie wir sind, CRISCO, ein amerikanisches Bratfett. It's the best.
Eine absolute Gähn-Null-Nummer: der Einspieler vom Kickerspiel Viktoria Köln-Ratingen, mit Knecht Andrack (mit CK, genannt Bärchen) als Reporter, etliche Stadion-Biere saufend. Süße Rache für diese perverse Zumutung: der Stadionsprecher nannte den Knecht ANDRATSCH. Geben Sie das Projekt 04/06 auf, Herr Schmidt! Ist doch bloß eine Konzession an die unteren Schichten, und die sind nicht Ihr Publikum, Herr Schmidt! Allein schon die tranige musikalische Intro-Untermalung, für deren Komposition Ihr unbegnadeter Kapellmeister Helmut Zerlett drei Tage brauchte, seiner Zahnoperation wegen, ist eine grauenvolle Zumutung für jedes bachgeschulte Ohr.
Talkgast: eine schauspielernde Halbinderin (die sich die Achselhaare rasieren sollte). Wir kennen schönere Ganzinderinnen.*
QUOTE: 1,05 Mio/ 10,2%




29. August 2002:
Herr Schmidt, der Präventivkrieg von Sat.1, versprach eine Informationsssendung der Güteklasse XXL, kochte aber einen Kessel Buntes, in dem manches nicht farbecht war. Beste Pointe: Saddam Hussein- der mit dem Bart, ohne Fallschirm.
Der scharfe Sven immer noch auf Wohnungssuche.
Mme. Nathalie auf der Kölner Domplatte: Pflastermalerwettstreit zwischen Rudolf aus Xanten und Gregor aus Mönchengladbach. Herr Schmidt verlegte Xanten kurz nach Belgien, lag aber mit Oberschlesien in Polen richtig. Der Maler des Schröder-Porträts hatte 15 € im Hut, der des Stoiber-Bildes 2-3€.
Herr Schmidt berichtete von seiner Angst eines gemeinsamen Flugzeugabsturzes mit Beckenbauer, weil es nur die Schlagzeile gäbe: FRANZ TOT.
Parodie politischer Phraseologie. Wenn der Kanzler in der "kleinen Morgenlage" etwa sagt: Ich finde, wir sollten das noch mal kommunizieren... Vielleicht sollte ich damit in den SPIEGEL gehen, mach das mal.
Fundstück im Internet: der Wahl-o-mat. Man beantwortet 27 Politfragen und weiß dann, welche Partei man wählen sollte. Herr Schmidt steht –zu seiner eigenen Überraschung- den Grünen und der PDS nahe. Was Herr Schmidt nicht verriet: der Wahl-o-mat ist ein Produkt der Bundeszentrale für politische Bildung.
Talkgast: der mopsige Comedian und Neuberliner Bastian Pastewka erzählte von seiner Ikea-Küche- was wir schon immer nicht wissen wollten.**
QUOTE: 1,23 Mio/ 11,0%


30. August 2002:
Herr Schmidt verabschiedete sich gutgelaunt & aufgekratzt, mit einem Power-Start, ins Wochenende. Dazu hatte er auch allen Grund: Die Zeitschrift Theater heute wählte ihn zum Besten Nachwuchsschauspieler des Jahres -Herr Schmidt begann seine Schauspielausbildung 1977 in Stuttgart- und brachte mit ihm in ihrem Jahresheft ein achtseitiges (!) Interview (schließlich will sich das Blatt verkaufen, so blöd sind dessen Macher ja auch nicht). 3o Jahre habe er auf diesen Augenblick gewartet, schließlich sei er obendrein sieben Jahre Abonnent gewesen. Herr Schmidt feierte sich selbst ab in der gebotenen Bescheidenheit (also selbstverständlich maßlos: Man muß zu dieser Peinlichkeit stehen), eigentlich nur ein Bedauern, daß er nicht auch auf dem Titelbild war, und wir feiern mit: Glückwunsch, Herr Schmidt!
Klar war, daß die Pop-Ruine Dieter Bohlen –wie schon morgens bei BILD- als Aufmacher herhalten mußte, weil der Musiker nachts im Garten mit einer Schrotflinte auf Verbrecherjagd ging. Ein knackiger Mini-Einspieler. Lakonischer Kommentar von Herrn Schmidt: Die Alarmanlage war kaputt- dann Verona Feldbuschs Stimme. Und Knecht Andrack (mit CK, genannt Bärchen), der laut Herrn Schmidt Muskeln wie ein Tier hat, genehmigte sich eine Flasche DONNERBOCK.
Der scharfe Sven erhielt endlich ein attraktives Wohnungsangebot in Köln-Klettenberg: 8om² mit Terrasse für 600€- wird er annehmen? Herr Schmidt hatte angenehme Erinnerungen an diesen Kölner Stadtteil: Frauen, thirty something, mit roten Schuhen auf Fahrrädern. Ja, ich bin noch am Puls der Zeit. Gestylte Turnschuh', aber noch nicht designt. Auch frisches Gemüse vom Wochenmarkt hatte es ihm angetan.
Eine gediegene Bildbeschreibung à la 1000 Meisterwerke würdigte ein Werk aus dem Rembrandt-Museum in Wolfsburg: DIE HATZ VON WOLFSBURG- Stinkefinger Effenberg, der mittlerweile alterslahme Kicker, macht Jagd auf einen Paparazzo. (By the way: Der Begriff Paparazzo stammt aus dem Italienischen und wird in Lexika als scherzhafte Bezeichnung für Pressefotograf übersetzt. Geprägt wurde er Anfang der 60er Jahre durch den Film La Dolce Vita (1960) des italienischen Regisseurs Federico Fellini (1920-1993): In der großen Ära der Cinecittà , der italienischen Filmindustrie, führte Fellini einen skrupellosen Bilder-Häscher vor - die von Walter Santesso gespielte Figur des Paparazzo begleitete Hauptdarsteller Marcello Mastroianni durch den Film und machte mit seiner Kamera reiche Beute in der mondänen Gesellschaft Roms. Seitdem ist aus dem Namen der Filmfigur ein Synonym für die Jäger mit dem Objektiv geworden. Plural: italienisch = Paparazzi, also nicht Paparazzis. Nur für Banausis.)
Wie sonst eigentlich nur Diktatoren tritt auch Herr Schmidt gern mit Kindern & Tieren auf. Als Gäste zwei Knaben- Sven (14) und Simon (11) aus Korschenbroich (Bertie-Town) mit einem hinreißenden physikalischen Experiment (bei dem sich Herr Schmidt als etwas begriffsstutzig erwies): Wie bringt man über die Alpen Schokoküsse, ohne daß sie platzen? Man kann den veränderten Höhendruck, der auf sie einwirkt, vermeiden, indem man sie in Marmeladengläser steckt oder zumindest mit einem Schaschlikspieß anpiekst. Merke: ALDI-Küsse platzen schneller als DICKMANN-Küsse. Gut zu wissen!****
QUOTE: 1,03 Mio/ 9,6%





INTERMEZZO 2: FEIERABEND
I
Nach vollbrachtem Tagewerk steigt Herr Schmidt in eine seiner 32 Luxus-Limousinen (heute ein Bentley) und läßt sich von seinem Chauffeur in Livree (Knecht Andrack, mit CK, der Muskeln wie ein Tier hat, genannt Bärchen) zu seinem vor den Toren der Stadt gelegenen prächtigen Anwesen fahren. Die Auffahrt ist festlich illuminiert.
Mit einem Good evening, Sir Harald wird Herr Schmidt von seinem Majordomus begrüßt und in die Hall geleitet, wo ihn bereits die liebende und überirdisch schöne Gattin erwartet, um ihn mit einem hingehauchten Kuß willkommen zu heißen. Eine Nanny reicht die frischgebadeten artigen Kinder zu flüchtigem Herzen. Possierliche Hündchen edelster Rasse umschmeicheln Herrn Schmidts Beine.
Herr Schmidt entspannt sich in seinem Yakousi, legt dann einen seiner maßgeschneiderten Smokings an, den ihm sein Leib-Butler herausgesucht hat. Herr Schmidt führt ein gastfreundliches Haus, in dem jeden Abend ein Fest stattfindet, zu dem nur die gesellschaftliche Creme aus Politik, Kunst und Wissenschaft geladen ist (nicht das GALA-Gesindel, kein Medien-Gesocks). Herr Schmidt hat auf die Festanstellung eines Kochs verzichtet und läßt lieber täglich einen anderen Spitzenkoch einfliegen. Den Küchendienst bei Herrn Schmidt teilen sich Alfons Schubeck, Dieter Müller, Eckart Witzigmann, Vincent Klink, Heinz Winkler, Paul Bocuse und Marc Veyrat. Außer Champagner –naturellement- schenkt der Sommelier-Butler, ein echter verarmter Fürst, ausschließlich Rotweine vom Château Mouton Rothschild und Château Pétrus ein.
An der Tafel werden beim elfgängigen Menü geistreichste Gespräche geführt, und als Höhepunkt rezitiert Herr Schmidt abendländischste Lyrik, von Horaz bis zum frühen Goethe (und für die Damen manchmal etwas Rilke). Anschließend setzt sich Herr Schmidt an den Steinway und phantasiert Bach, Haydn, Mozart und als Rausschmeißer einen heiteren Walzer von Chopin.
Danach pflegt Herr Schmidt der Liebe mit seiner Gattin und erfreut sich der Kraft seiner Lenden.


II
Nach vollbrachtem Tagewerk steigt Herr Schmidt in seinen aus Steuergründen geleasten Mittelklassewagen (Sozialneid!) und quält sich durch Staus in den bürgerlichen Vorort zu seinem Einfamilienhaus, das man nicht einmal als Villa bezeichnen kann, das auch nicht im entferntesten zu vergleichen ist mit dem Palais Protzdam von Günter Jauch.
Zu Hause erwarten Herrn Schmidt seine von der Brut genervte Lebensgefährtin (mit Lockenwicklern im Haar, denn für den Friseur reicht das zugeteilte Haushaltsgeld nicht) und lärmende Nutella-Dreckspatzen. Wie die meisten Intellektuellen kann Herr Schmidt mit Kindern wenig anfangen: "Sollten die Kinder nicht längst im Bett sein?"
Herr Schmidt zieht seinen ständig etwas schmuddeligen Bademantel an und haut sich zappend vor die Glotze. "Schatz, ist noch Bier da? Und... machst du mir ein Brot mit Leberwurst?" Wie bei allen zusammenlebenden Paaren beschränkt sich die Konversation auf das Notwendigste (laut Statistik zehn Minuten täglich, insgesamt).
Dauernd klingelt das Telefon: Zeitschriften wollen mit Herrn Schmidt zwölfseitige Interviews machen, Weltkonzerne betteln um Werbespots, die Mutter aus Nürtingen... um zu entspannen, klimpert Herr Schmidt am verstimmten Second-Hand-Yamaha-Klavier (abgekauft von Helmut Zerlett) zwei, drei Goldberg Variationen und ärgert sich, daß er nicht Glenn Gould ist.
Endlich bei ntv die TELEBÖRSE: der DAX mal wieder im Keller, wieder einige Hunderttausend im Schornstein verraucht... und es naht die Heilige Stunde auf Sat1... Herr Schmidt küßt die Mattscheibe, leckt den Bildschirm ab.
Danach wühlt Herr Schmidt noch ein bißchen im Bargeld, das er wie Dagobert Sartre in Schuhkartons unter dem Bett hortet, denn angeblich soll Geld ja sinnlich machen. Aber heute hilft –wieder einmal- auch die Erotik des Geldes nicht. Zwar besitzt Herr Schmidt als geübter Hypochonder eine der größten Privatapotheken des Landes, aber Viagra ist gerade aus. "Unbedingt ordern", murmelt Herr Schmidt.
Müde und kaputt schleppt Herr Schmidt sich ins Bett, gähnend: "Nö, heute nicht, Schatz, außerdem hab' ich Migräne. Am Wochenende, ja?"







SEPTEMBER 2002



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