Kurt Alder's speech at the Nobel Banquet in Stockholm, December 10, 1950 (in German)
Meine Damen und Herren!
Seit der Bekanntgabe des Beschlusses der Kgl. Schwedischen Akademie der Wissenschaften
ist ein Strom von Glückwünschen, von Zeichen der Anteilnahme und Zustimmung
und von Ehrungen auf mich herniedergerauscht, so unerwartet und mir persönlich
so ungewohnt, dass er mir nicht geringe Verlegenheit bereitet hat. In einer
solchen Situation, da die Gefühle eines Menschen in Verwirrung zu geraten
drohen, hilft die Zuflucht zu Selbstkritik und Selbstbesinnung. Der erprobteste
Weg indessen, die eigene Person von der Bürde der Würde zu entlasten,
ist ein lang geübter, viel empfohlener und bewährter, es ist der Schritt
vom Individuellen zum Überpersönlichen. Ich schätze mich glücklich,
dass Pflichten der Dankbarkeit mich gerade auf diesen Weg verweisen.
Ich gedenke hier eines Kreises hervorragender Mitarbeiter und unermüdlicher Helfer, - ich gedenke der Universität Köln, der ich durch ein gemeinsames Schicksal in bewegten Jahren verbunden bin, - ich gedenke meines Landes, das nach einer Vereinsamung, die seine Besten tief beklagt und schmerzlich empfunden haben, wieder darum bemüht ist, in den kulturellen Wettbewerb mit anderen Völkern einzutreten. Ich darf Sie dessen versichern, sie alle nehmen an der mit meiner Person verbundenen Weltauszeichnung den grössten Anteil. Sie empfinden sie als eigne Ehrung und zugleich als glückliches Omen für ein Wiederaufblühen Deutscher Wissenschaft. Ihre Dank vereint sich in dieser Stunde mit dem meinen.
Als eine getreue Hüterin des Vermächtnisses von A. Nobel hat die Kgl. Schwedische Akademie der Wissenschaften sich den Ruf bewahrt, ihre Entscheidungen frei von Vorurteilen und ohne Rücksicht auf Person und Nationalität zu fällen. Daher kann ich die Anerkennung, die meine Beiträge zur Wissenschaft vor dieser hohen Instanz gefunden haben, nur mit den Gefühlen grösster Freude und ehrerbietigen Dankes entgegennehmen.
Dieser Dank richtet sich darüber hinaus an das ganze schwedische Volk. Er umschliesst nicht allein die bezaubernde Gastfreundschaft, deren wir uns in diesen festlichen Tagen erfreuen, sondern - hier spreche ich als Angehöriger einer deutschen Universität - die ungezählten Gaben einer hochherzigen humanen Gesinnung und einer echten Nächstenliebe, die wir in den Wirrnissen der ersten Nachkriegszeit aus der Hand des Grafen Folke Bernadotte entgegennahmen. Es Waren Gaben an unsere akademische Jugend und als Zeichen der Aufmunterung bedeuteten sie mehr als nur eine Linderung der brennenden materiellen Not. Sie trugen dazu bei, dass diese Jugend sich nicht selbst preisgab, sondern trotz Armut und Bedrängnis zu den unvergänglichen Idealen der Wissenschaft bekennen konnte. In ihrem Streben findet sie gerade in der Geschichte der Chemie leuchtende Vorbilder. Es sei mir gestattet, hier an einen der grössten Ihres Landes und Ihrer Akademie zu erinnern, der in fast dürftigen Lebensumständen einzigartige Leistungen vollbrachte, an Carl Wilhelm Scheele. Seinem Genius gehört unsere Bewunderung, seinem stillen und bescheidenem Menschentum unsere Sympathie. Sein Wirken ist uns Beweis dafür, wie hohe Kräfte der Dienst an der Wahrheit in den Menschen zu erwecken vermag.
Dieser Gedanke gibt mir die Überzeugung, dass unsere akademische Jugend gemeinsam und im edlen Wettstreit mit den Kommilitonen anderer Länder das zustande bringt, was uns versagt geblieben ist: die grosse Solidarität derer, die guten Willens sind - Willens die Früchte der Wissenschaft allein in den Dienst der allgemeinen Wohlfahrt, der Völkerverständigung und Völkerversöhnung zu stellen. Dieser hoffnungsfrohe Ausblick in eine glücklichere Zukunft möge uns über eine sorgenbeschwerte Gegenwart hinweghelfen, eine Gegenwart, die sich so weit von den Idealen und Maximen A. Nobels entfernt hat.
Möge die studentische Jugend aller Länder das Vermächtnis des grossen Philantropen, dessen Andenken wir heute festlich begehen, glückhaft ir die Tat umsetzen!
Prior to the speech, Robin Fåhraeus, member of the Royal Academy of Sciences, addressed the laureate: "Professor Otto Diels and Professor Kurt Alder. I extend to both of you our sincere congratulations on your joint discovery in the field of chemistry; a discovery of great theoretical importance and of enormous practical consequences. We are especially delighted with your contribution because it shows that German scholarship is emerging from the wreck of the last world war."
From Les Prix Nobel en 1950, Editor Arne Holmberg, [Nobel Foundation], Stockholm, 1951