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ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG

DES PIARISTENKOLLEGIUMS SANKT THEKLA

IM 4. WIENER BEZIRK (WIEDEN)

Im Jahr 1752 kaufte die österreichische Piaristenordensprovinz "außer den Klagbaum an der Widen" ein Haus mit einem Zier- und einem Küchengarten, um auf diesem Areal nach Abbruch des bestehenden Hauses ein Kollegium zu errichten, wofür sie bereits ein Jahr zuvor die kaiserliche Bewilligung erhalten hatten.

Kirche und Klostergebäude wurden nach Plänen von Matthias Gerl errichtet. Da der Bau ohne Stiftungskapitalien in Angriff genommen wurde und die ordenseigenen Mittel immer sehr beschränkt waren, ging es darum, einen bescheidenen Zweckbau zu errichten, den Gerl mit ansprechender Ästhetik zu realisieren vermochte.

An der Innenausstattung der Kirche arbeiteten die Stuckateure Jakob Philipp Kegelsperger und Pietro Orsatti sowie die Steinmetzen Matthias Winkler und Franz Joseph Steinböckh. Die Altarbilder der hl. Thekla, Maria Immakulata und des Ordensstifters, des hl. Josef Calasanz, schuf Felix Ivo Leicher; von ihm stammten auch die heute zerstörten Fresken an den Giebeln von Kirche und Kollegium. Im Jahr 1756 waren Bau und Einrichtung vollendet. Die Kirchenweihe fand am 26. Sept. 1756 statt.

Doch schon am 1. Oktober 1755 sind die ersten Piaristenpatres hier eingezogen, um mit ihrer Arbeit zu beginnen. Sie galt einerseits der Führung einer niederen Schule ('Normalschule'), bestimmt für die Jugend dieser Vorstadt, mit einer Anziehungskraft, die jedoch weit über die unmittelbare Umgebung hinausreichte, andererseits der Ausbildung des Ordensnachwuchses. Denn das Aufblühen des Piaristenordens in Österreich mit einer immer größer werdenden Anzahl von Mitgliedern und Niederlassungen, machten es notwendig, die Ausbildung der Novizen und Kleriker in einem eigens dafür bestimmtes Ordenshaus zu konzentrieren.

DIE SCHWIERIGKEITEN FANGEN AN Die Aufgabe, ein ordenseigenes Studienzentrum zu sein, konnte das Kollegium St. Thekla allerdings nicht lange erfüllen; schon 1770 bestimmte ein Hofdekret, daß die Kleriker aller Orden ihre Studien ausschließlich an den Universitäten absolvieren dürfen, ein weiteres schrieb 1783 vor, daß die Kleriker aller Orden während ihrer Studien in einem "Generalseminar" wohnen sollten. Das Kollegium St. Thekla hatte eine wichtige Aufgabe verloren. Ein Teil des Klosters mußte über staatliche Anordnung verkauft werden.

 

Uneingeschränkt konnten sich die Patres aber weiter dem Schulunterricht widmen. Das Lehrangebot wurde im 19. Jahrhundert noch wesentlich ausgeweitet, so daß hier schließlich eine Volks-, Haupt- und Realschule bestand, die 1853 von nicht weniger als 1020 Schülern besucht wurden. Mit Beschluß des Gemeinderates der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien vom 28. Dezember 1871 wurden die Schulen allerdings in städtische Verwaltung übernommen - 1879 kam es zur schon acht Jahre zuvor ins Auge gefaßten Absiedlung aus dem Klostergebäude.

Das reiche naturwissenschaftliche Lehrangebot, wofür die Realschule der Piaristen zu St. Thekla bekannt war, wurde 1872 gestrichen und der Lehrplan dem der städtischen "Bürgerschulen" angepaßt. Bis 1909 war aber ihr Direktor (im neuen Gebäude in der Schaumburgergasse 7) ein Piarist.

Die alten Schulräume im Kollegium erlebten in den folgenden Jahren ein wechselvolles Schicksal. Zwischen 1879 und 1894 war hier ein neu errichtetes k.k. Staatsgymnasium untergebracht, von 1897 bis 1938 bestand hier eine Volksschule des Katholischen Schulvereins, deren Lehrer die Schulbrüder stellten.

1945 wurde ein Ansuchen des Piaristenordens, hier wieder eine eigene Volksschule zu eröffnen, vom Stadtschulrat abgewiesen, eine neuerliche Eingabe im Jahr 1954 allerdings bewilligt. Seither wird im alten Schultrakt des Klosters wieder im Geist des hl. Josef Calasanz unterrichtet.Ab den 80-er Jahren wird die Schule auch für die Mädchen zugänglich. Sie wird zum Teil verdoppelt (6 Klassen). In den neunziger Jahren erhält sie andere Räumlichkeiten in der Klausur, da sich die Zahl der Klassen (völlig) verdoppelt hat, und da es nur mehr 3 Patres gibt, die weniger Räume beanspruchen. Im Jahr 2000 fängt ein großer Umbau an: Der Eingang in die Schule ist nicht mehr Ziegelofengasse 2 sondern beim Haupteingang des Kollegiums am Kirchenplatz. Der Großteil des Kollegiums wird der Schule übergeben. Die Hoffassade (mit größeren Fenstern) wird renoviert.

DIE KIRCHE WIRD PFARRKIRCHE

1938 wurde die Ordenskirche St. Thekla zur Pfarrkirche. Mit dem 1.1.1939 war also die Ordenskirche St. Thekla in Wien IV zur Pfarrkirche erhoben worden. Die Leitung der neuen Pfarre übernahm einstweilen Pater Wilhelm Reichling, bis er im Herbst desselben Jahres von dem aus Krems zurückgekehrten Pater Dr. Edelmann abgelöst wurde. P. Johannes Schmid (+1995) ist der Kaplan und später der Pfarre bis 1987 -fast 50 Jahre im Dienst der Pfarre!-. Die Österreichische Piaristenprovinz hatte nunmehr zwei Wiener Pfarren zu betreuen und konnte mit dieser Tätigkeit die Jahre, während derer die Unterrichtstätigkeit lahmgelegt war, überstehen. Heute wirken in der Pfarre als Seelsorger Pfarrer Pius Platz SP (ab 1972 Kaplan und ab 1987 Pfarrer) und Kaplan Ignasi Peguera SP (seit 1991), unterstützt von vielen freiwilligen Mitarbeitern.

Sehr bemerkenswert ist die Bibliothek des Ordenshauses; ihr Bibliothekar war z.B. P. Joseph Misson , der mit seinem Mundartepos "Da Naz" in die Literaturgeschichte eingegangen ist. In der musikalischen Tradition von Kirche und Kollegium St. Thekla glänzen Namen wie Carl Ditters von Dittersdorf oder Paul Angerer.

 

(Dr. Heinrich Gotsmy / P.Ignasi Peguera SP)


ZUR GESCHICHTE DER PFARRE ST.THEKLA (Pfarre ab 1939)