Das schlechte Gewissen war ihr ständiger Begleiter wie sonst nur auf den Weg zur Waage.

Von Sternderln und Luftschlössern
Kurz vor Mitternacht, Vicky befand sich gerade auf dem Weg zur Nightshift, bestieg ein vertrautes Gesicht das Taxi: Freund Markus war unterwegs. Die Freude war groß, die Begeisterung nicht weniger und die folgende Kusstirade nicht ganz jugendfrei. Die "Unrechtmäßigkeit" ihres Passagiers war ihr offensichtlich sehr wohl bewusst und so bemühte sie sich redlich, die Identität ihres "Spezialgastes" zu verheimlichen. In ihrer naturgegebenen Dummheit vergass sie sogar die Anwesenheit des Redakteurs im Kofferraum. Bei soviel Geheimniskrämerei wurde man "zu Hause" aber hellhörig und so meinte Alex am anderen Ende des Funkgeräts schon bald, den "Schmäh" durchschauend: "Sternderl schauen, Luftschlösser bauen oder glei Rohr verlegen ?" Unbeeindruckt von des Linzers Erkenntnis, versuchte sie erst gar nicht den Motor zu starten und nützte die Gelegenheit für ein paar Minuten Intimität. Doch aus ein paar Minuten wurden achtundzwanzig und das Gespräch - ob ihres Flüstertons wähnten sie sich ungehört - zu einer persönlichen Abrechnung mit Vickys temporärem Umfeld.

Auch sie hat Humor
"Ich schlaf uuur viel", konstatierte sie und kam damit auch gleich zur Sache: "Des mach' ich nur, damit die Zeit vergeht." Dabei wäre dies gar nicht ihre Art, aber "dort drinnen" wisse sie einfach nicht, was sie ansonsten tun sollte. In Wirklichkeit sei sie nämlich, so beschrieb sie sich selbst, ein sehr fideler Mensch, der für jeden Spaß zu haben wäre, doch die Art von Humor wie er im Kutscherhof herrsche, wäre nun wirklich "nicht ihres". Einzig den Sladan und die Nikola hätte sie "uur lieb" gefunden, die wären aber, wie sie richtig feststellte, bereits verabschiedet worden. Martina bekommt währenddessen heftigen Schluckauf, aber das hört Vicky ja gerade nicht. Weil man gerade so in Fahrt war, nützte auch ihr Freund den Moment für ein subtiles Statement und merkte nicht ganz wertfrei an: "Aber der Georg, des is a Voitrottel. I kraig immer Kopfweh waun dea wos sogt. I man des mochd jo kan Sinn fia mi wos dea redt." Wir vermuten, dass Georg ihm das nicht einmal übel nehmen wird, da die beiden wohl auch sonst keine Berührungspunkte haben werden.

Am liebsten würde Vicky, wie sie traurig bekannte, mit ihrem Freund sofort nach Hause gehen - erkannte aber bald, dass dies so einfach nun nicht möglich wäre und so wird es doch nur eine verschwitze kleine Nummer im orangen Taxi.

"Vergiss den Rennbahn-Express nicht."

Plan X ist angelaufen
Freitags hätte sie die Koffer schon gepackt gehabt ("i woa so fickrig...") - aus dem ersehnten" Auszug wäre dann leider nichts geworden - denn Alex verbannte wider Erwartens Nikola. "Weißt eh", stellte sie im selben Atemzug die Frage an Markus, "wer' ma' am meisten auf die Nerven geht?" - und hütete sich den Namen des Betreffenden zu erwähnen. Scharfsinnig diagnostierte sie, dass ja doch jemand zuhören könnte. Markus wusste aber instinktiv sofort, von wem die Rede war, schliesslich sind ihre Grimassen im ansonsten völlig mimikfreien Gesicht auch im Dunklen kaum zu übersehen. Dieser jene wäre nämlich, so Vicky, unausstehlich und eine friedliche Koexistenz somit unmöglich - worauf der Freund umgehend mit einem hilfreichen Tipp zur Seite stand: "Is' ja wurscht, der wü' Di' ja nur veroarschen. Waun a deppert wird sogst ma's nochher und meine haberer gengan eam besuchen."  Für nächsten Freitag plane sie nun fix den Abschied - gewinnen wolle sie jetzt nämlich nicht mehr und in überraschend realistischer Erkenntniss ihrer Chancen verkündet sie : "Ich schau', dass ich nächste Woche rauskomm'", und erntete von Markus zweifelnde Blicke - die Umsetzung dieses Vorhabens war ihm scheinbar ein Rätsel das bereits wieder leicht dämmernden Kopfschmerz hervorrief. Sie hätte aber, wie sie ihn sogleich beruhigte, alles strategisch durchdacht, niemand würde von ihrer Absicht Wind bekommen und intiativ wäre sie mittlerweile auch schon geworden, denn: "Ich jammer' eh schon die ganze Zeit herum."

"Ich bin nämlich eine Stimmungskanone, aber Du weißt das ja eh."

Vicky, die Stimmungskanone
Im Kutscherhof könne sie ihre Persönlichkeit einfach nicht entfalten (und wir alle fragen uns, wo sonst sie dazu wohl besser in der Lage wäre, das gut versteckte Geheimniss dessen Existenz bis dato völlig unbekannt war, zu präsentieren). Ihr Charakter wäre nicht kompatibel und sie in Wirklichkeit eine "große Stimmungskanone". Wenn sie aber Freitags nach Hause käme, versicherte sie weiter, würde sie bestimmt wieder ganz "die Alte" sein, könne sie endlich wieder "g'scheit fort" und auf der "Mariahilfer Straße strawanzen" gehen - dies alles würde sie nämlich außerordentlich vermissen. Abschließend beeilte sie sich noch ihren Freund mit dem Kauf aller Zeitungen und der Aufnahme aller TV - Sendungen zu beauftragen und ganz besonders daraufhinzuweisen: "Vergiss den Rennbahn-Express net" - denn auch der würde sehr gern über sie schreiben.

[m] [regrooved] from: http://taxiorange.orf.at/taxi2/vicky/20010602/4483/