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Unsere Wünsche wollen Kathedralen bauen. Öl / Papier.1982.
61 x 85 cm.Auf Unterlage signiert und datiert 1982 Volker Tannert

Volker Tannert oder die frühen Visionen eines Klimakollapses

Meine Sichtweise auf die Landschaften des Volker Tannert                                 von © Erich Kukies

Volker Tannert schuf Anfang der 1980er Jahre einige der wichtigsten Ikonen der Neuen Malerei. Als ein Beispiel von vielen herausragenden Bildideen sei hier nur die Arbeit Triumph des Willens genannt, die sich heute im Lenbachhaus in München bzw. eine zweite Version in der Neuen Galerie in Linz befindet.
Ein weiteres Schlüsselbild der wilden Malerei ist wohl obige Arbeit aus dem Jahre 1982.
Für Tannert, übrigens ebenso für Georg Jiri Dokoupil, war aber schon Mitte 1982 klar, daß nicht fertig gemalte und in den Handel gekommene Arbeiten keine Meisterwerke waren, sondern eher in eine Sackgasse führten. Für Tannert gilt aber, daß es von ihm keine unfertigen Bilder gibt. Den Stilbruch, den er nun rigoros herbeiführte, haben viele seiner Sammler und viele der Kunsthistoriker bis heute nicht verstanden und scheinbar immer noch nicht akzeptiert. Für Volker Tannert war das und ist das bis heute kein Problem. Seine plakative Malerei bis zum Jahre 1982 und seine Arbeiten danach stehen für ihn gleichberechtigt nebeneinander.Die Landschaft führt bei ihm kein Schattendasein, obwohl in der sonstigen zeitgen.Kunst die Landschaftsmalerei noch immer keine herausragende Bedeutung erlangt hat. Für Tannert ist die Landschaft ein autarker Gegenstand.
Tannert, der 1979 Assistent von Joseph Beuys bei dessen legendärer Guggenheim - Ausstellung in New York war, begann nun, wie er sagte, wunderschöne Bilder zu malen. Dabei befasste er sich , wie Beuys, intensiv mit der Natur und inbesondere mit der Landschaftsmalerei in der Art des Caspar David Friedrich. Dabei sollen seine Arbeiten zwar romantisch wirken, hauptsächlisch aber umweltkritisch gelesen werden. Tannert wollte aber keine anachronistische Landschaftsmalerei machen. Er bediente sich keiner anderen Kunstepoche oder dem Malstil anderer Künstler.Schon seine frühen Arbeiten um 1981-1982 besitzen diese seine eigene unverwechselbare Handschrift. Tannerts Arbeiten heben sich inhaltlich deutlich durch ihre erzählerische Komponente und künstlerisch durch ihre Großzügigkeit und ihre häufig intensive Farbigkeit vom Beuys'schen Oeuvre ab, so Axel Hinrich Murken im Katalog der Tannert-Ausstellung 1991 in der Städt.Galerie Meerbusch.
Ihm war schon Anfang der 1980er Jahre klar, daß der Mensch die entscheidende Rolle in der Zerstörung der Natur für sich reklamieren durfte. Viele seiner Landschaften zeigen einen ausgesprochen pessimistischen Grundtenor, obwohl oder gerade deswegen Tannert immer noch Optimist ist. In seinen Arbeiten finden sich Versatzstücke wie kaputte Alltagsgegenstände, Ruinen, umgestürtzte Bäume usw., die den Einfluss des Menschen auf die Natur und damit letztlich auf das Klima deutlich machen sollte. Während in seinen frühen gestischen Bildern der Mensch die Hauptrolle spielte, spielte dieser nun in seinen Landschaftsbildern nur noch eine untergeordnete Nebenrolle. Der Mensch als Individuum ist, mit wenigen Ausnahmen, nicht mehr präsent.Die Einheit von Mensch und Natur ist für ihn immer noch in weiter Ferne.


Ignorante Landschaft I,II,III. 1983 . Öl/Sackleinen.
60 x 70 cm , 60 x 70 cm , 60 x 80 cm Rs:sig.,dat.


Eine dieser Ausnahmen ist das Triptychon "Ignorante Landschaft". Die Arbeit impliziert eine irrational düstere Stimmung. Dem Menschen wird hierin die ganze Unwichtigkeit seiner Existenz vor Augen geführt. Die Berge sind unnatürlich steil. Ein Haus hängt an einer fast 90% steilen Bergwand. Es wird ein Bedrohungspotenzial aufgebaut, dem der Mensch nicht gewachsen sein wird. Die schier übermächtige Natur scheint auf ihn hinab zu stürzen. Der Mensch wird letztlich das Ziel der Naturgewalten sein. Jahrhundertkatastrophen werden Routine. Das Bedrohungsdpotential wird größer und größer, da die Natur nicht vergessen wird. Irgendwann wird sie zurückschlagen ,erbarmungslos.

In dem Katalog "Landschaftsbilder" des Hamburger Kunstvereins von 1989 sieht auch Janis Hendrickson eine Zerstörung der menschlichen Zivilisation in den Tannertschen "metaphorischen Bildimplikationen". Im Vorwort dieser Ausstellung bezog er sich auf Carl Gustav Carus und dessen Gedanken über die Parallelen zwischen userem Lebenszyklus und den Naturzyklen. Verfall und Tod als Teil der natürlichen Ordnung der Welt, würden nicht unbedingt das Ende des Lebens beinhalten. Dieser Einschätzung kann man sich aber heute nur noch bedingt anschließen, weil es der Mensch ist, der die natürliche Ordung durcheinander gebracht hat und auch weiter durcheinander bringen wird. Machen wir uns doch nichts vor - wir alle sind nur Opportunisten.


ohne Titel . 1984 . Öl/Lw. 50 x 70 cm. ( 19 2/3 x 27 1/2 in. ) Rs:sig.,dat.
Literatur: Lempertz Köln 1995 Auktion 722 Lot 938 Ausstellung : Donald Morris Gallery Townsend-Birmingham , Michigan USA.

Ein weiteres Bild mit dem Menschen als letztlichem Verlierer der Klimaänderungen ist eine Arbeit aus 1984. Verzweifelt bemüht sich ein Mensch, die Spuren der Verwüstung zu beseitigen und Ordnung in ein Chaos zu bringen. Es hat sich aber schon eine weitere bedrohliche Wand aufgebaut, die auf neue Extremereignisse schließen lässt. Wiederstand scheint zwecklos. Aufräumarbeiten werden zur Sissyphusarbeit. Dieses Phänomen hat sich wohl inzwischen in unserem Denken verfestigt. Abstumpfen und Verdrängen haben Einzug in unsere Köpfe gehalten. Immer mehr Menpower werden benötigt werden , um Schäden zu beseitigen. Trotzdem werden sie nicht reichen. Immer glauben noch viel zu viele an die Überlegenheit der menschlichen Rasse. Dummheit ist nicht ausrottbar. Sich als Gottes eigenes Land zu bezeichnen und hauptverantwortlich für die Zerstörung der Erde zu sein, ist nur eine dieser arroganten Selbstüberschätzungen.


ohne Titel, 1984 , Oil on linen. (100.3 x 80.5 cm). Signed and dated on verso.
PROVENANCE Sonnabend, New York.
Abb.: Volker Tannert KV Bonn Seite 12
Abb.:Phillips de Pury&Company New York,Saturday@Phillips Auction 2 June 2007 Lot 389

In einer Arbeit ohne Titel von 1984 wird die ganze Zerbrechlichkeit der menschlichen Existenz deutlich. Alles ist auf Ruinen aufgebaut, jederzeit einsturzgefährdet. Die Zivilisation trohnt oben, aber leider ohne tragfestes Fundament. Ein kleines Ereignis genügt , um alles aus dem Gleichgewicht zu bringen und zum Einsturz zu bringen. Trotzdem wird weiterhin so verfahren, als hätte man alles im Griff. Dabei hat man längst die Kontrolle verloren. Die unsicheren Risiken dieser unseren Welt sind viel größer als die Sicheren. Darauf deuten einfach schon die Proportionen in dieser Arbeit hin. Die Zivilsation in Form eines Dorfes nimmt nur einen kleinen Teil der gesamten Komposition ein. Sich zu wichtig zu nehmen ist letztlich nur der Arroganz des menschlichen Überlegenheitswahns zuzuschreiben.


Endlösung . Offset , mit Gouache überarbeitet.

Ein späteres Beispiel seiner Sicht auf die Landschaftsmalerei ist Endlösung von 1988. Das Bild hat nichts mit dem negativ besetzten Begriff aus dem Nationalsozialismus zu tun. Es greift ein Statement der Friedensbewegung auf : Stell dir, vor es ist Krieg und niemand geht hin. Für ihn gilt, daß ein Gewehr ohne die Hand des Menschen keinerlei Gefahr darstellt. Das gilt auch für die Landschaft, die letzlich mit diesem Bild gemeint ist. Ohne den Menschen würde von der Natur kaum Gefahren,wie die durch den Klimakollaps zu erwartenden, ausgehen. Aber noch etwas anderes sagt uns diese Arbeit. Mit Waffen werden wir einer verrückt spielenden Natur nicht beikommen können. Die Natur wird den Homo Sapiens allemal überleben. Nur der Homo Sapiens wird sich nicht selbst überleben.
Es zeigt sich an solchen Arbeiten immer wieder, daß Künstler wie Beuys, Tannert aber auch andere, einfach das Einfühlungsvermögen besitzen, Themen viel früher aufzunehmen als die Mehrzahl der Bevölkerung. Der Zerfall der Zivilisation wird eher als Konsequenz des menschlichen Handels entlarvt, der nicht gottgegeben zu sein braucht. Für Künstler ist eine Umkehr, auch in ihrer persönlichen Lebensweise, viel einfacher, als das für eine komsumorientierte Mehrheit der Bevölkerung überhaupt möglich ist.
Heute im Jahr 2007 ist die Klimadiskussion und damit die Zukunft der Landschaft in aller Munde und einer der Top-Themen dieser Zeit. Ein wachsendes Bewußtsein von der Zerstörung unseres natürlichen Lebensraumes greift immer mehr um sich. Auch der letzte knallharte Kapitalist hat inzwischen kapiert, dass man Geld nicht essen kann. Es hat elend lange gedauert, bis dieses Statement eines "dummen Wilden" namens Sitting Bull auch den Verstand der Herrschenden erreicht hat. Aus diesem Grunde sind auch die Landschaften des Volker Tannert große Kunst und warten nur noch darauf, mal richtig betrachtet zu werden. Alle diese Bilder beinhalten eine Aussage, eine Story. Nur als Dekoration bzw.als schöne Bilder werden sie ihrer Bedeutung keinesfalls gerecht.


ohne Titel . 1984 . Öl/Lw. 80 x 60 cm. ( 31 1/2 x 23 5/8 in. ) Rs:sig.,dat.
Literatur: Lempertz Köln 1995 Auktion 722 Lot 937
Ausstellung : Donald Morris Gallery Townsend-Birmingham , Michigan USA.