The Volker Tannert/Peter Bömmels/Rissa/K.O.Götz - Archives presents:
Drei Malergenerationen Three generations of painting artists
Ein Gespräch zwischen ( a talk between )Peter Bömmels - Rissa - K.O.Götz.
Date : 24.Aug.1997.
moderated by Christa & Axel Hinrich Murken

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KOG:K.O.Götz CMA:Christa Murken-Altrogge AHM:Axel Murken PB:Peter Bömmels VT:Volker Tannert

AHM:
Herr Götz,Sie sind der älteste.Deshalb ein Stichwort an Sie. Surrealismus.Denn ich habe gerade ein Buch von William Rubin über den Surrealismus gelesen.Sie haben ja damals in Paris mit den Surrealisten ausgestellt.Dazu habe ich einige Fragen. Vielleicht wollen Sie dazu erst etwas allgemeines sagen,oder wollen Sie heute mit dem Surrealismus garnichts mehr zu tun haben?
KOG:
Nein,das kann man nicht sagen.Mit den Surrealisten habe ich aber in Paris nicht gemeinsam ausgestellt. In Paris habe ich alleine ausgestellt.
AHM:
In welcher Galerie?
KOG:
Galerie Creuze und Galerie Cordier,das waren meine Vertragsgalerien. Mit den Surrealisten habe ich 1960 in New York ausgestellt. Das war eine Einladung,die von Andre Breton ausging.Der wollte diese Ausstellung machen,und neben den Alten jüngere Künstler zeigen,die vom Surrelismus kamen,aber jetzt nicht mehr in diesem Stil arbeiten, die aber ursprünglich Surrealisten waren. Breton mochte mich wegen meiner Monotypien,diese Monster aus den 40er Jahren. Ich habe damals gesagt,ich male keine Monster mehr. In Ordnung,sagte Breton,dann machen Sie das,was Sie jetzt machen, aber es muß ein Thema sein,was Bezug hat zu irgendeiner Mythologie. Wir mußten also alle ein Thema verarbeiten. Ich habe das Thema Melusine genommen,in einem anderen Bild das Thema Merlin. Alle Arbeiten der Künstler wurden dann in New York in den D´Arcy-Galleries ausgestellt. Die Galerie wurde von Marcel Duchamp ausgemacht. Duchamp war von Breton beauftragt worden,das alles in die Wege zu leiten. Eine kleine Nebenbemerkung:Man erzählte mir,daß Duchamp viel Ärger und Undank,auch von Breton erntete. Das war das eine Mal,bei dem ich mit den alten Surrealisten ausgestellt habe. In Paris ging ich zwar eine Zeitlang ins Cafe der Surrealisten. Das war aber schon in der Altersphase von Breton Anfang der 60er Jahre. Ich hatte damals an diesen Sitzungen nicht mehr das große Interesse. Heute habe ich nur noch ein historisches Interesse am Surrealismus. Ich kaufe vieles von den alten Schriften,antiquarisch oder neu aufgelegt. Außerdem mache ich seit 50 Jahren Gedichte,angeregt durch gewisse Methoden des Surrealismus.
CMA:
Welchen Stellenwert hat denn der Surrealismus in Deutschland im Vergleich zu Paris und New York?
KOG:
Gar keinen.Das kam durch die Nazizeit. Breton hat mir das im Cafe selbst gesagt.Das war zu Beginn der 60er Jahre.Und zwar genau zu diesem Punkt.Und er sagte mir,ja,das muß 1931-32 gewesen sein,haben wir den Peret und den Eluard nach Deutschland geschickt,um herauszufinden,wo Kerne sind von Gruppen oder Einzelpersön lichkeiten,die eine Zelle im Sinne des Surrealismus bilden könnten. In Berlin haben sie gleich gesehen,daß dort bereits Nazi-Betrieb war. Aber schon vor der Machtergreifung!Sie haben gemerkt,hier können wir nicht landen,es ist zu spät.
CMA:
Waren damals nicht Max Ernst und Edgar Ende schon bekannt?
KOG:
Ja,sicher.Die waren bekannt.
CMA:
Aber kein Zentrum.
KOG:
Nein,es gab bei uns kein Zentrum. Edgar Ende war völlig isoliert.-Oelze auch. Max Ernst lebte ja in Paris und hat dort bis zur deutschen Besetzung das auf und ab in der Surrealistengruppe mitgemacht. Nach dem Krieg gabe es in Deutschland eine abweisende Stimmung bezüg- lich Surrealismus.Man sagte:So´n Bart.Nein,fangen wir garnicht erst an. Der Surrealismus als Bewegung ist bei uns nach 45 nicht "nachgeholt" worden oder zum zug gekommen.Kein Mensch,von wenigen Ausnahmen abgesehen, hat damals in Deutschland surrealistische Literatur gelesen. Dann kam auch noch ein Buch heraus von Dieter Wyss,das war Anfang der 50er Jahre.Ein Psychiater,der auch dichtete.Er schrieb ein nicht besonders gutes Buch,weil er nicht genug Informationen hatte. Er schrieb einfach dieses Buch,weil ein Verleger Ihm die Chance dazu gab. Es ist einfach so:der Surrealismus ist an Deutschland vorbeigegangen.
CMA:
Das hat aber doch Gründe.Sind die Deutschen phantasiearm?
KOG:
Ich weiß es nicht.Deutschland hätte an und für sich eine fruchtbare Quelle gehabt für surrealistische Kunst und Literatur:die deutschen Romantiker.
CMA:
Rein politisch.
KOG:
Breton sagte mir mal,die deutschen Romantiker hätte ihm seine Frau vorgelesen. Breton und ich haben uns über Novalis und Achim von Armin unterhalten, und nicht über den in deutschen Schulen so bevorzugt gelesenen - Eichendorff. Ich erinnere mich,Breton war überzeugt,Deutschland wär ein Land für den Surrealismus geworden. Dort hätten surrealistische Gruppen gebildet werden können. Aber leider kam das große Unglück der Nazis dazwische.Breton meinte noch, besser ist es in Prag verlaufen.Die Tschechen hatten schon seit den 20er Jahren eine Surrealisten-Gruppen.Man denke nur an die Malerin Toyen,an Stirski u.v.a. Zum Schluß des Gespräches sagte ich damals noch: Sie haben ihre Emissäre zu spät nach Deutschland geschickt. Sie hätten das besser schon 1925,1926 oder 1927 machen können.
AHM:
Herr Bömmels,würden Sie sich als Surrealisten betrachten?
PB:
Zuallererst versuche ich,ich selbst zu werden;soweit das geht. In den frühen 70er Jahren habe ich die Surrealistische Bewegung für mich entdeckt. Besonders beeindruckte mich die Poesie des Geheimnisses.
AHM:
Man könnte doch Ihr Werk,wenn ich an die Monotypien vom K.O.Götz oder an Victor Brauner denke,als übersetzten oder vereinfachten Surrealismus sehen?Haben Sie sich mal mit denen auseinandergesetzt?
PB:
Wie gesagt,habe ich in den 70er Jahren Bücher über und vom Surrelismus gelesen. Diese sanfte Gewalt des Geheimnisvollen begeisterte mich.Bretons "Nadja" z.B. Vor allem mit welcher gelassener Souveränität diese Gratwanderung am gewissen Ungewissen von den Künstlern zelebriert wurde. Zu dieser Zeit hatte ich ja mit Kunst nicht viel zu tun; die Weltrevolution stand auf der Tagesordnung.Diese politische Stimmung blieb hängen. Damals studierte ich Soziologie und Politologie,na klar,und da tat dies sogenannte Unwissentschaftliche richtig gut.Wenn ich jetzt meinen Lebensweg zurück verfolge,dann wirken beide Erfahrungen:das Geheimnisvolle,Unwillkürliche und das rationale Kalkül.Die Bilder sollen fließen,jedoch können sie noch einmal neu zusammengesetzt,d.h.präzisiert werden. Mir ist eine eigene Art der Vermittlung beider Elemente wichtig.Ich möchte mich auf keine Schule festlegen lassen,auch oder gerade wenn es die surrealistische ist.Ich habe Respekt vor den Ideen der surreealistischen Künstler,weil sie einfach Stimmungen und Welten erschließen,die nicht unmittelbar sichtbar, aber spürbar sind.
AHM:
Ist der Surrealismus heute ausgereizt?
PB:
Also,das ist mir egal.Es geht nicht um Surrealismus,sondern wie Gefühle, Ahnungen,Erinnerungen Form werden.Die THEMEN des Surrealismus sind interessant. Die wird es immer geben,zumindest solange es Menschen gibt.
CMA:
Bei Ihnen ist doch sehr viel mythologisches,oder an Mythen erinnerndes. Zwischen Surrealismus und Mythologie,da gibt es verbindendes. Mythen sind irgendwie auch surreal,würde ich sagen.
PB:
Ja,es geht um ein Geheimnis.Aber auch darum,dieses nie ganz zu offenbaren. Die Spannung des Erschließens ist es.Was sind die großen Mythen?Ich meine, es sind immer die gleichen,Tod,Geburt,oder wie man damit umgeht. Solange der Mensch körperlich ist,wird sich das nicht ändern,wobei man jetzt schon daran arbeitet,das abzuschaffen. An diese Grundthemen kann ich mir am besten vorstellen über die Form der verdichteten Erzählung heranzukommen.Die soll möglichst eigenartig sein. So würde ich das ausdrücken.
CMA:
Aber irreale Erzählung.
PB:
Irreal? Also,das-versteh ich nicht.
CMA:
Aber es gibt reale,irreale und surreale Erzählungen.
KOG:
Folgendes Gedankenexperiment: Ich glaube,Herr Bömmels,wenn Sie Ende der 50er Anfang der 60er Jahre mit den Bildern,die ich von Ihnen kenne,in Paris gewsen wären,wären Sie von der damals existierenden Surrealistengruppe mit Kußhand aufgenommen worden. Breton wäre in jedem Fall daraufgesprungen,und andere Künstler der Gruppe auch. Jedenfalls mit dieser Poesie,die in Ihren Bildern drin ist, wären Sie mit Begeisterung aufgenommen worden.Heute,seit den 70er Jahren, existiert die Gruppe nicht mehr.Der Surrealismus ist historisch. Es sei denn,ich nehme den geläufigen Begriff surreal. Surreal ist jetzt vieles. Es geht weit in viele Bereiche des kulturellen Lebens.Aber es hat ideenmäßig seine Schuldigkeit getan.Trotzdem,es gibt in der westlichen Welt noch ein paar verstreute Surrelisten.
AHM:
Peter Bömmels hat das Geheimnisvolle gesagt.Wenn Sie,Rissa,auch nicht Surrealist sind,das Geheimnisvolle haben Sie aber auch drin.
Rissa:
Ich habe sehr viel übrig für den Surrealismus.Habe es heute noch und werde es wohl immer haben. Denn dieses Anarchische und dieses aus dem stonischen Sonst-woher-kommende Etwas, das bleibt dem Menschen ja erhalten.Denn diese ganzen Erklärungsgeschichten sind ja nur oberflächlich.Wir können die Urmythen nicht erklären, wo wir herkommen und wo wir hingehen.Bei mir gibt es ja diese Bilder mit Titeln wie "Wo kommen wir her" und "Wo gehen wir hin". Dann gibt es ein Bild "Das Geheimnis",das ich 1965 gemalt habe. Da ist ein Frauenkopf und von hinten halten Männerhände der Frau die Augen zu.Das ist an und für sich das alte Kinderspiel.... Im Grunde aber kann es auch heißen,daß die Frauen vom Mann blind gehalten werden können,wenn sie nicht aufpassen.Zwei andere Deutungen will ich noch hinzufügen: die Frau wird vom Mann beschützt oder eingefangen. Wer weiß? Lauter solche Sachen:in der Schwebe halten wie das Leben.
AHM:
Deshalb malen Sie jetzt ein Vanitas-Bild?
Rissa:
Nein,jetzt habe ich ein Vanitas-Bild gemalt wegen der Vergeblichkeit. Erstmal bin ich älter geworden und dann denkt man doch immer mehr an diese Vergeblichkeit.Dazu habe ich den Kopf in dem Körpertorso weg gelassen,um das so zu verallgemeinern,das es nicht auf eine spezifische Person gerichtet ist.Dazu diese gelbe krumpelige Hand,das ist eben der Tod und damit die Vergänglichkeit.
AHM:
Warum ist das Korsett um den Körper?
Rissa:
Das ist die Erotik:blühendes Leben - diszipliniertes Leben.
CMA:
Ist ein Korsett Erotik oder ist Erotik ein Korsett?
Rissa:
Nein.Für mich ist Erotik etwas wunderbares,mit oder ohne Korsett. Ich liebe aber eine gewisse Disziplinierung.Erotik ist nicht nur reines Wollen,es ist auch Kalkulation.
PB:
Auch Distanz.
CMA:
Erotik ist immer eine Zweierangelegenheit oder eine Mehrpersonenangelegenheit?
Rissa:
Es gibt natürlich auch eine Autoerotik,z.B.Schuhfetischismus.
KOG:
Rissa hat ein Bild gemalt.Eine blonde Frau küßt einen Wanderschuh.
AHM:
Kommen wir jetzt zu Melancholie und Eros.
CMA:
Ich denke,Melancholie und Eros sind Grundkonstanten eines künstlerischen Werkes. Ein Künstler,der nicht melancholisch ist,oder die Fähigkeit zur Melancholie hat, kann für mich nur ein unreflektionierter Künstler sein,weil er irgendwo die Sinnlosigkeit und das Vanitasmoment nicht begriffen hat. In diesem Sinne denke ich das große Kunst und Melancholie fast eine Einheit sind. Es sei denn,es handelt sich um dekorative und kunstgewerbliche Kunst,die dann immer heiter ist.Erotik das ist schon die schwierigere Sache,denn Erotik spielt sich ja im Bild artifiziell ab.Ein Bild ist an und für sich aber eine tote Sache. Erotik im Bild kann also nur Projektion sein von dem erotischen Empfinden, was man in sich trägt oder was man beobachtet.
AHM:
Ist es nicht nur eine Grundkonstante?
CMA:
Ja,wir sind ja alle mehr oder weniger erotisch veranlagt.Das müßen wir schon von unserer Biologie her sein. Erotik führt zu Sexualität und Sexualität ist ja zur Reproduktion gedacht. Es ist die Vorstufe,würde ich sagen und damit beschäftigt sich der Mensch zwangsläufig.
AHM:
Und der Geist.
CMA:
Es ist die Überhöhung,die Sublimation.z.B.Paula Modersohn-Becker,deren Mann in die Tagebücher schreibt,sie will von mir überhaupt nichts mehr wissen. Sie zeigt mir ihren Körper und läßt mich dann zappeln.Nichts darf sein. Aber in ihrer Malerei ist sehr viel Erotik.Also ist es auch eine Sublimation. Rissa hat ja Melancholie und Eros sehr schön,sehr verdichtet in ihrem Werk.
AHM:
Wenn ich sehe,aber auch eine zwanghafte.Beispiel die Zeichnung einer Nackten mit dem Netz.Ist das nicht ein Eingesperrtsein in einem Käfig oder nicht?
Rissa:
Ich habe diese Zeichnung "Frau im Netz" gemacht.Bei mir kann es auch aus humorvollen Ecken kommen.Wie fühlt man sich,wenn man statt eines Fisches im Netz zappelt. So eine kurze Idee kann mich zu einer Arbeit animieren. Diesen runden Frauenkörper habe ich dann durch die geraden Netzlinien ein- gekreist.Also eingespannt habe ich ihn.
AHM:
Das heißt doch auch,das Sie den Zufall in Ihre Zeichnung mit reinbringen. Das ist doch die Nähe zum Surrealismus.
Rissa:
Ja,das ist das Zufällige.Die Zufälligkeit der Idee.Bei mir gibt es Ideen, wobei ich etwas gesehen habe,und etwas anderes füge ich hinzu. Beispiel:Eine nackte Frau habe ich gesehen und das Netz denke ich mir dazu.
AHM:
Machen Sie Vorzeichnungen?Führen Sie Tagebuch?Ich las jetzt über Helmut Newton, der führt kleine Notizbücher mit sich und notiert jeden Einfall,den er hat. Dann streicht er durch,ob er ein Photo macht oder nicht.
Rissa:
Ja,ich habe Kästen mit Zetteln,worauf ich lauter Bildideen notiere.Die werden aber nicht alle realisiert.Aber ich kann zu jeder Zeit,was für mich ein Wunder ist, weil ich nicht verstehe,warum das so klappt,mir ein Rissabild vorzustellen. Auch jetzt könnte ich mir ein Bild ausdenken.Ich muß nicht in mein Atelier rennen,um erst eine Stunde zu meditieren.
AHM:
Also sehr spontan.
Rissa:
Ja.Ich bin im Grunde immer im Schöpfungszustand.
AHM:
Herr Bömmels,führen Sie ein Skizzenbuch oder Notizbuch?
PB:
Ich habe etliche kleine Bücher mit Bleistiftzeichnungen. Ich benutze gerne den Radiergummi.Zeichnen und Radieren ist wie gewinnen und verlieren.Ein ständiger Prozeß von werfen,finden und verwerfen. Auf einem Bild,was ich es für Rissa und K.O.Götz mitgebracht habe,war zuerst nur eine zarte Figur,die statt Armen eine Art Umhang hatte und eine quadratische Form auf ihren schmalen Schultern balancierte. Um dieses Viereck genauer zu bezeichnen,habe ich dieser Fläche Pinselarme zugeordnet, die über der Figur und aus dem Viereck in dem Raum ragen. Eine fragile Gestalt,die sich sozusagen nach und nach als ein Maler"ausfiguriert" hat.Um ihre fragile Gestalt ganz ausspielen zu können mußte noch ein weiteres Bildelement her.Als Gegenpart tritt von der rechten Seite eine Figur hinzu, die man als Kraftmenschen mit tumben Extremitäten bezeichnen kann. Der Boxer. Erst da war die Bildkonstellation für mich spannend und dicht genug. Das freie Figurationsspiel mündet in eine fruchtbare Psycho-Logik.
CMA:
Demnach hat die Kreativität eine subkortikale Eigendynamik? Das Gehirn arbeitet ganz autark aus dem Bildschatz,den man hat,ohne das man mit dem Großhirn aktiv beteiligt ist.
AHM:
Subkortikal ist das Unterbewußte,aus den Traumwelten kommend. Man stelt sich ja vor,das aus dem Unterbewußten pausenlos Abtastungen kommen, Signale bekommt man aus dem Unterbewußten. Beispiel:Wenn man im Auto sitzt und eine Gefahr entsteht,ist der Fuß eher auf der Bremse,als man es sich wirklich bewußt ist. Genauso nimmt man bestimmte Dinge wahr,wenn man jemanden sieht oder nicht sehen. Wie es K.O.Götz eben sagte.In Norwegen hat er an meine Tochter gedacht.Da ist im Gehirn ein bestimmtes Schema drin,und man hat eine Wiedererinnerung. Das ist eben nicht im Großhirn drin,wo wir unsere Denkleistung bringen, sondern es ist gespeichert im Unterbewußten.
CMA:
Das kann man sehr gut Übertragen auf das künstlerische Schaffen.Wenn K.O.Götz so malt,wie er malt,ist das wahrscheinlich von den ersten frühen Lebensjahren mit geprägt.Von ganz frühen Vorstellungen,Erfahrungsschatz,Bildschatz,Begegnungen, Charakter.
AHM:
Ich würde es so sagen.K.O.Götz ist auf die Welt gekommen und hat ein bestimmtes Programm,ein Bildprogramm,in seinen Genen.Dazu kommen andere Einflüße. Es kommt zu einer Mixtur.Dann kommt,auch durch Zufall,ein bestimmtes Bildmuster heraus,das umgesetzt wird.
CMA:
Danach wäre ja die Art,wie man als Künstler schafft,genetisch vorgeprägt.
AHM:
Dazu kommt,daszlig; die Zeit auch einen Künstler definiert.
Rissa:
Als Maler will man natürlich nicht ins 19.Jahrhundert zurückfallen.
KOG:
Ein großer Teil ist sicher genetisch bedingt.Es gibt Fotos von mir,da bin ich ein halbes Jahr alt.Da sieht man schon,daß ich Maler werde. Man sieht es an der Handstellung.Auf diesem Foto habe ich mal zum Spaß eine Palette eingezeichnetund in der anderen Hand einen Pinsel.Paßt wunderbar.
AHM:
Jetzt würde ich gerne mal auf die Kunstgeschichte,oder die Abhängigkeit von der Kunstgeschichte kommen. Wir haben uns ja rangetastet über Surrealismus,Zufälligkeiten,über unser Unterbewußtsein,in dem unsere Traumwelten gespeichert sind. Bei Breton ging es ja auch immer darum,diese Traumwelten ans Tageslicht zu bringen.Breton hat ja Freud besucht.Die haben sich zwar garnicht verständigen können,aber Breton war nach wie vor so fasziniert von Freud und dieser Entdeckung der Traumwelten,daß er nie von Freud losgekommen ist. Dali hat auch Freud in London besucht.Freud hat zwar gesagt,was für ein furchtbarer Kerl,aber seine Bilder sind ganz schön. Dadurch hat er eine gewisse Bewunderung für Dali gehabt,aber eine Verständigung zwischen Freud und den Surrealisten war im Grunde nicht möglich. Aber das wichtige war,daß die Idee bei den Künstlern entstand,Träume zu verbildlichen. Seit dem sind wir uns ja auch bewußt,daß wir aus dem Unterbewußten schöpfen und der Surrealismus wird in verschiedenen Malern auch heute weiter fortgesetzt. Nachfahre ist meines Erachtens auch Peter Bömmels.
KOG:
Vergessen Sie nicht das Prinzip des Automatismus und Halbautomatismus. Breton sagte mir mal,kurz vor seinem Tod,vieles was automatisch oder halbautomatisch mit irgend einem Material vollzogen wird,vollzieht sich auch außerhalb der Surrealistengruppe.
AHM:
Trotzdem sind diese Zufälligkeiten gesteuert,denn sonst hätte es ja keine Stilprägung gegeben.
KOG:
Ja,nur teilweise gesteuert,sonst ist es kein Halb- oder Ganz-Automatismus mehr.
PB:
Man nimmt das einfach mal Ernst,was da so kommt.Und dann arbeitet man damit.
AHM:
Ja,aber diese Zufälligkeiten,wo Sie meinen,es sind Zufälligkeiten.Wenn man aber 30 Jahre damit umgeht,ist es doch ein Stil. Dann sagt man,der Künstler hat genetisch die Zufälligkeiten genommen,die im zu Tasche kamen.
PB:
Jeder Künstler wird den Ehrgeiz haben,diese Umgarnung zu durchbrechen.
AHM:
Schafft er das?
PB:
Ja,er muß es machen.Ob er sich selbst dabei belügt oder nicht. Das ist eine Notwendigkeit.
AHM:
Was meinen Sie mit Umgarnung,was muß er durchbrechen?
PB:
Wenn es sich rausstellt,daß die Zufälligkeiten immer diesselben sind, kommt man ja nicht von der Stelle.
AHM:
Was macht er dann?
PB:
Dann ist das ein Panzer geworden,den ich zerstören muß.
KOG:
Dann muß ein Schubs von der anderen Seite,dem Großhirn,her.
PB:
Man macht einfach was anderes.Wenn ich nicht weiterkomme,oder ich kann mich nicht mehr konzentrieren,nehme ich mir eine Polaroid-Kamera und gehe durch die Stadt.Ich photographiere das,was mir auffällt. Das mache ich schon seit 1980.Das mache ich eben auch,nicht nur Malerei und Skulptur. Oder ich versuche zu schreiben.Sinn ist es von einer anderen Seite wieder ranzukommen.Es gibt Verkleisterungen,Verklebungen,die man durchbrechen muß.
CMA:
Sie haben ja auch mit Kindern gearbeitet.Ganz bewußt,um da irgendwelche Impulse zu kriegen?Oder nur aus Spaß,oder um von Kindern zu lernen?
PB:
Ich habe ja Soziologie und Pädagogik studiert.Habe auch meinen Abschluß gemacht. Bei dieser Prüfung habe ich mir gesagt,ich mache nie mehr in meinem Leben eine Prüfung.Ich habe mich selbst erniedrigt gefühlt.Trotzdem oder gerade deshalb habe ich die Prüfung sehr gut bestanden. Dann habe ich 3 Jahre kleinen Kindern gearbeitet. Ich wußte garnicht,was ein Kind ist.Für mich waren sie eine vollkommen neue Erfahrung. Was soll ich mit diesen kleinen Menschen machen,habe ich gedacht. Ich war absolut hilflos.Die wollen natürlich dauernd was. Ein Jahr habe ich gebraucht,um irgendeine Form von fruchtbarer Begegnung zu haben. Ich hab mich gequält,es war ganz schlimm.Dann wurde es ein Lernprozeß, der mich innerlich locker gemacht hat. Ich wurde aufnahmebereit. Ich fing an,Kindergeschichten zu schreiben. Die Kinder sagten mir drei Worte,irgendwas,Blume,Milch usw. Dann sollte ich eine Geschichte draus machen. Wenn einem nix einfiel,merkten die Kinder das sofort. Lügen ist bei Kindern sehr schwer,oder man muß sehr kreativ lügen. Am interessantesten war,daß ich mich in Situationen befand,in der ich nichts mehr konnte. Ich war absolut hilflos.
KOG:
War denn nicht auch eine Kindergärtnerin dabei?
PB:
Doch,sogar zwei.Ich mußte mich aber selber an die Situation ran tasten. Ich mußte selbst zum Kind werden.
AHM:
Hr.Bömmels.Sie haben den Fred-Thieler-Preis bekommen.Um was geht es dabei? Wann war das?
PB:
Das war 1993.
AHM:
Und wofür?
KOG:
Ist das schon wieder solange her?
AHM:
Ist das für Malerei?Wie wird das definiert?
PB:
Den genauen Text habe ich nicht mehr so vor meinen Augen. Den Preis soll der bekommen,der sich eine eigene Bildwelt aufgebaut hat, und nicht in Strömungen der Zeitgemäßheit rumschwimmt.
AHM:
Wer hat den sonst noch bekommen?
PB:
Den ersten hat Eugen Schönebeck bekommen.
AHM:
Den Thieler,wie würden Sie den einschätzen.Kommt er aus der informellen Malerei?
KOG:
Reines Informel.
AHM:
Reines Informel?Früher habe ich aber auch surrealistische Bilder gesehen.
KOG:
Ich kenne keine surrelistischen Thieler-Bilder. Das verwechseln Sie sicher.Ich kenne Thieler und seine Bilder seit 1952-53. Die waren 1952 informel,aber auch ein bischen konstruktiv,indem Gegendiagonalen drin waren.Dann wurde er immer lockerer. 1957/58hat er Spachtelbilder gemacht, ganz informelle Strukturen. In den 70er und 80er folgen diese schönen Wolkenbilder, rotblau.Surrelistische Anfänge kenne ich nicht. Thieler hat ja vorher Medizin studiert.
AHM:
Wie würde,wenn ich die drei Künstler in unserer Runde frage,der Einfluß der Kunstgeschichte auf Ihre Kunst? Wo würden sie sagen,wir haben genuin unsere Welt geschaffen oder wir sind stark beeinflußt von bestimmten Stilstrukturen.
KOG:
Ich sage immer,plakativ,wie kommt Kuhscheiße aufs Dach. Von nix kommt nix. Für mich waren in meiner frühen Jugend,vor dem 2.Weltkrieg, die Väter Kandinsky,(nicht Picasso),Juan Gris,die späten Stilleben und der Max Ernst der 30er Jahre.Das waren für mich damals so eine Art Leuchtfeuer.
CMA:
Pollock.Wie standen Sie zu dem?
KOG:
Dazu hatte ich überhaupt keine Beziehung.Dieses Dripping habe ich wohl bewundert, vor allem,wenn es große Formate waren,wo man eintauchen konnte. Ich hatte ich aber sonst nichts mit ihm zu tun.
CMA:
Haftmann hat geschrieben,Sie hätten die Verbindung hergestellt zwischen den COBRA-Malern und Pollock.
KOG:
Unsinn!Stimmt ja nicht. Von dem lese ich sowieso nichts mehr,weil ich ihn schon lange nicht mehr für kompetent halte. Der hat uns Informellen in den 50er Jahren das Leben schwer gemacht. Er ließ nur Wols gelten!
CMA:
Ich hab das heute nachgelesen,deshalb frage ich.
KOG:
Ich war ja einziges deutsches Cobra-Mitglied.Die deutschne Maler,wie Trökes, Uhlmann,und den Bildhauer Karl Hartung habe ich lediglich mit den CoBrA-Strömungen bekannt gemacht,und Arbeiten von ihnen 1949 mit nach Amsterdam ins Stedelijk-Museum mitgenommen.
CMA:
Haftmann hat Sie auch als Action-Painter definiert.
KOG:
Kann er ja.Nur wie gesagt,diese Malerei hat mich nicht beeinflußt. Die Faktur meiner Malerei kommt von meinen automatischen Monotypien der 40er und 50er Jahre.
CMA:
Hier in dieser Runde kann man auch Kunstgeschichte korrigieren.
KOG:
Ja,das muß man natürlich.Es wird soviel Blödsinn über moderne Kunst geschrieben.
AHM:
Hr.Bömmels,wie haben Sie sich den in der Mülheimer Freiheit gefühlt? Das war doch,wenn man so will,eine chaotische Zusammensetzung von 6 Malern. Für Sie war es doch eine Außenseiterrolle,wie z.B.Rousseau zu Picasso, so haben Sie doch zu Dokoupil gestanden.
PB:
Ich habe mich total frei gefühlt.Ich wollte ja kein Künstler werden.
AHM:
Warum sind Sie denn in die Mülheimer Freiheit eingestiegen?
PB:
Weil ich mitmischen wollte.Es war eine Art sich mitteilen zu können, sich wichtig zu machen.
KOG:
Studierten Sie damals noch?
PB:
Nein,ich habe ja 1976 mit dem Studium aufgehört.Danach habe ich die drei Jahre mit den Kindern gearbeitet.1980 habe ich noch eine Zeitung mitgegründet, Spex,eine Musikzeitschrift.Das war ein Kind von mir.Da haben wir alles gemacht, Interviews mit Musikern,geschrieben,Layouts gemacht,praktisch alles. Quasi aufgebaut,die Zeitschrift gibt es ja heute noch. Für mich war ja damals nicht klar,was wird.Ich wußte nicht,was ich überhaupt werden sollte.Da probiert man halt vieles aus. Walther Dahn,den ich damals kennenlernte,wollte Musik machen.Ich habe gesagt, ich kann zwar ein bischen Gitarre spielen,aber das ist nicht mein Fall. Ich schreib dann lieber.Dann habe ich angefangen mit kleinen Skulpturen,aus Ton und Knetgummi.Dadrauf habe ich Songtexte geschrieben.So fing das alles an. Im Grunde war es eine Spielerei.Wir haben kleine Heftchen rausgegeben,in dem jeder etwas gemacht hatte. Kalender haben wir entworfen. So fing das an.Es hatte keine klare Richtung. Dahn und Dokoupil,die ja gerade von der Akademie kamen,wußten auch nicht so recht,was sie machen sollten. Dahn wollte ja nicht so sein wie sein Lehrer,Beuys. Wir hatten also den selben Impetus,dasselbe Gefühl:Wir machen was frisches.
CMA:
Wer war denn der ehrgeizigste von der Gruppe?
PB:
In einer gewissen Weise waren alle ehrgeizig etwas zu machen und aufzufallen.
CMA:
War es nicht Dokoupil?
PB:
Ja,er war am berechnensten.
KOG:
In welchen Jahren haben sie sich gefunden?
PB:
Das war 1979. 1980 hatten wir unsere erste Ausstellung.Da waren wir aber erst zu viert.Adamski,Dahn,Dokoupil und ich. In der Eygelsteintorburg in Köln. Das war so eine typische Dokoupil-Idee. Wir stellen dort aus,wo es am schlechtesten ist.Und zwar beim BBK. Wenn man da ausstellt,dachten wir,fällt man bestimmt auf.Das war tatsächlich ein Skandal in Köln. Kindergarten!Was soll das! Wir hatten alles vollgemalt. Malerei-das war ja verpönt,das war ja das letzte.Brauchen wir doch alles nicht mehr.So ein Blödsinn.Das ist etwas für Kinder. Genauso wurde es aufgenommen. Nur,das war von uns natürlich gezielt so gemacht.Man macht es da,wo es auffällt. Wovon waren wir jetzt ausgegangen?
AHM:
Von der Mülheimer Freiheit.Wie es begann?Ob Sie sich nicht als Exot fühlten? Ich kam deshalb auf Rosseau,als Exot,weil man ihm seine Einfachheit vorgeworfen hat.Dazu hat aber Breton gesagt,das ist seine Größe.
CMA:
Ja,aber Bömmels ist doch hochkompliziert in seinen Bildwelten,alles andere als einfach.
AHM:
Ich würde ihn als Naiven sehen.
CMA:
Wen,Bömmels?
AHM:
Ja,würde ich daraus eine gewisse Naivität drin sehen.
CMA:
Ich sehe das genau umgekehrt.
KOG:
Picasso hat doch Rousseau als modernen Maler gesehen.Bei dem berühmten Treffen, hat er zu Rousseau gesagt:Sie sind ein moderner Maler,ich bin ein Klassiker.
CMA:
Ich meinte ja Peter Bömmels.Den kann man doch nicht als naiven Maler bezeichnen.
AHM:
Ja doch.Bei Peter Bömmels würde ich dazu stehen.Da ist ein hohes Maß an Naivität drin.
CMA:
Nur weil er Autodidakt ist?
AHM:
Nein,nur von seiner Bildwelt.Du hattest doch vorher die Bezeichnung Kinder- zeichnung gebracht.
CMA:
Ein Merkmal von naiver Malerei ist,das sie keine Entwicklung hat. Bei Bömmels kann man aber keinesfalls leugnen,das da eine Entwicklung ist.
PB:
Meines Erachtens haben Kinderzeichnungen etwas mit einer gewissen Direktheit zu tun. Ausprobieren,keine Scheu haben.So,das mach ich,was daraus wird,seh ich dann.Ideen werden dann verknüpft.Das ist ja das Wesentliche,was dann passiert.Sonst reicht es nicht. Ich bin ja kein Gefühlsdusel-Mensch.
KOG:
Ich würde naiv in Gänsefüßchen setzen,oder die Vokabel vollkommen fallenlassen. Denken sie mal an Ursula.Die ist nun alles andere als naiv.Für einen,der Ursula nicht kennt,sieht das oberflächlich betrachtet wie naive Malerei aus.
AHM:
Was ist naiv?Was ist naive Malerei?Was brauchen wir?Brauchen wir Naivität? Brauchen wir Naivität,um neue Ideen umzusetzen?
CMA:
Naive Malerei hat schon mal kein Kalkül,und sie hat keine Entwicklung.
AHM:
Das ist aber auch ein ganz wichtiges surrelistisches Element.
CMA:
Und ein ganz klares,individuelles Weltbild,was ungefiltert und unreflektiert niedergemalt wird.Das ist für mich naive Malerei. Das heißt nicht,das man in Malerei naive Elemte bringen kann.Das ist was ganz anderes.
Rissa:
Also dann ist Grandmama Moses naive Malerei und Rousseau ist keine naive Malerei.
KOG:
Und Ursula auch nicht.
Rissa:
Und Bömmels ist auch keine naive Malerei.
CMA:
Wittlich,sowas,das ist naive Malerei.Der malt ab,was ihn fasziniert,und denkt weiter nicht mehr drüber nach.
AHM:
Und was ist psychischer Automatismus?
KOG:
Das ist ein Begriff aus dem Surrealismus.
AHM:
Ja,und wie malen die?Malen sie aus der Psyche,automatisch,heraus? Ist das nicht eine Form der naiven Malerei?
KOG:
Nein,das würde ich nicht sagen.Es gibt verschiedene Arten des psychischen Automatismus. Max Ernst hat Collagen aus Jahrbüchern gemacht und das hat Breton auch als psychischen Automatismus bezeichnet.Oder die Frottage und die Grattage fällt nach Bretons Meinung auch unter psychischen Automatismus. Und was ich mache,die Schnellmalerei,ganz schnell arbeiten,ohne Korrektur, das ist auch psychischer Automatismus.
AHM:
Ja,das ist richtig.
KOG:
Manche sagen,das ist ja Halbautomatismus.vierzehntel- oder sechzehntel Automatismus.Ist alles Quatsch!
AHM:
Man kann jetzt sagen,der Automatismus ist die wirkliche Ausdruckktaft des Denkens. Zitat: Breton sagt,reiner psychischer Automatismus,durch welchen man,sei es mündlich,sei es schriftlich,sei es auf andere Weise,den wirklichen Ablauf des Denkens auszudrücken sucht.Also das Gegenteil von naiv.Denkdiktat ohne jede Ver- nunftkontrolle und außerhalb aller ästethischen oder ethischen Fragestellungen. Jetzt sind wir von Naivität weg.Auch vom simplen Rosseau.
Rissa:
Rosseau ist nicht simpel.Von der Optik her sind seine Bilder ganz wunderbare Malerei.Rousseau selber sagte zu Picasso:"Wir sind beide groß,Du in deinem ägyptischen Stil,ich im modernen".
KOG:
Ja,das war auf dem berühmten Bankett von 1908,zu Ehren von Rosseau hat er das gesagt.Im Bateau Lavoire,in der Rue Ravignon,am Place du Tertre,im Atelier von Picasso.
CMA:
War das Ironie?
KOG:
Nein,Rousseau hat vom ägyptischen Stil Picassos gesprochen,und von seinem eigenen modernen Stil.
CMA:
Hinter einem jeden naiven Bild steckt doch immer ein naiver Mensch. Sonst ist es kein naives Bild.
KOG:
Was Sie vorhin über wirklich naive Malerei gesagt haben:Ihre drei Punkte überzeugen mich.
AHM:
Also hier steht,Bretons Behauptung,Rousseaus Simplizität sei eine Abwehr gegen Konventionen gewesen,macht verständlich,warum der Rosseau-Mythos den dadaistisch- surrealistischen Generationen so viel zu sagen hatte. Also hier wird von Simplizität geredet.
PB:
Mehr hat es doch mit Direktheit,mit einer direkten Umsetzung zu tun.
AHM:
Ich halte Rosseau auch für einen hochkomplizierten Maler.Nur er hat das,wo andere Naive steckenbleiben,weiterentwickelt. Meine Frau hat ja eben auch gesagt,man muß eben zu dem unbewußten oder unter- bewußten,das man umsetzen will,ein System reinbringen.
KOG:
Da ist auch Raffinesse mit im Spiel.Viele seiner Bilder zeigen eine originelle Zusammensetzung und Spannung der Formen. Das ist außerordentlich gekonnt.Als Maler sieht man das z.B.an den Bildern "Krieg", "Schlafende Zigeunerin",und an dem Mädchen mit der Flöte,der "Schlangenbeschwörerin".
Rissa:
Das Nicht-naive an Rousseauscher Malerei sind die hochkomplexen, oft unerwarteten und divergierenden Form-und Farbkonstellationem,die er findet. Viele seiner Bilder sind großartig.
CMA:
Kommen wir mal auf die psychopathologischen Maler,die Maler aus Gugging. Wie nennst du die?
AHM:
Outsider-Art.
CMA:
Künstler,die aus ihrem Wahn malen.Was man gesellschaftlich als anormal be- zeichnet.Die haben auch ein naives Weltbild,weil die zwar aus sich heraus schöpfen,aber doch unreflektierter und auch nicht mehrschichtig,oder auch nicht auf Entwicklung bedacht.Vor allem Art Brut-Künstler haben keine Neugierde, andere Künstler zu sehen.In Museen zu gehen.Die interessieren sich überhaupt nicht für Kunst,und malen nur das,was aus ihnen herauskommt. Wenn man Hauser oder Walla sieht,die haben ihren eigenen authentischen Stil, der aber so bleibt,wie er schon immer war.Da mischt sich pathologisches mit naivem.
AHM:
Das könnte man über Rousseau doch auch sagen.Der hatte doch auch seinen Stil, der immer gleichblieb.
CMA:
Das müßte man prüfen,ob das so ist.Das sagt man so daher.Nein,da ist doch schon sehr viel Phantasie im Spiel.
KOG:
Die Themen sind so unterschiedlich.
CMA:
Ja,ja.Genau,ist zu komplex die Bildwelt.Aber die Verbindung von wahnhafter Kunst und naiver Kunst ist auch ein ganz interessantes Phänomen.
AHM:
Können wir uns denn einigen auf bestimmte Stufen. Es gibt eine Sonntagsmalerei,wo ich den Apfelbaum male und den Baum in die Landschaft stelle. Es gibt die Outsider-Art,die unter einem psychischen Druck steht.Die Welt zu erobern.Man sagt ja auch,sie malen ihre Bilder bis zu den äußersten Kanten voll. Sie lassen keine weißen Flecken sozusagen stehen. Und dann gibt es eben diese Kombination zwischer naiver und surrealistischer Malerei. Wo ich also Automatismus Unterbewußtes,Naives,angelernt psychisch Chaotisches,wie bei Dali,miteinander mische.
CMA:
Also die Frage des inneren Drucks aus dem Künstler heraus malen,daß er garnicht anders kann,das er todunglücklich ist,wenn er nicht malt oder wenn er eine Kreativitätspause hat ist interessant. Ich möchte mal wissen..
AHM:
Wie würdest du das einordnen?Das geht doch allen Künstlern so.
CMA:
Beispiel:Dokoupil.Ich weiß nicht,wie er so ist.Aber wenn einer als Maler sehr ehrgeizig ist,und praktisch sein Werkverzeichnis schon stehen hat,bevor er überhaupt drei Bilder gemacht hat,frage ich mich,ob dieser kreative Druck sehr stark ist oder ob da einfach eine Begabung wahrgenommen wird,um Karriere zu machen.Das sind ganz interresante Unterschiede,ob ein Künstler wirklich muß,und sonst nicht leben kann oder ob er seine Begabung einfach zur Karriere nutzt.Das sind dann doch ganz andere Kategorien.
AHM:
Sicher.Dokoupil wäre vielleicht auch Generaldirektor von VW geworden, weil er einfach eine hohe Durchsetzungskraft hat.
KOG:
Im Auftreten?
AHM:
Wir sollten das Thema nicht so sehr zerpflücken.Einmal eben Surrealismus, Naivität,jetzt Kunstgeschichte,schizophrene Malerei.
KOG:
Über dieses Thema habe ich eine ganze Bibliothek,aus der Schweiz z.B.
AHM:
Hat Sie das fasziniert?
KOG:
Ja.
AHM:
Wahrscheinlich Wölfli ganz besonders.
KOG:
Ja,das ist das komplexeste und interessanteste Beispiel.
AHM:
Ja,weil er Wort und Bild hat.
KOG:
Ja,da gibt es sehr vieles,ich glaube im Karcher-Verlag,Pharmakonzern. Diese Hefte habe ich gesammelt.Da ist natürlich auch viel langweiliges Zeug bei.
AHM:
Würden Sie denn in Ihrer Malerei auch etwas wahnsinniges sehen?
KOG:
Nein.Das seh ich nicht.
AHM:
Das würden Sie nicht? Ist alles kalkuliert?
KOG:
Nein,da ist nichts kalkuliert.
AHM:
Dann wiedersprechen Sie sich doch.Wenn Sie auf der einen Seite Zufälligkeit und Kalkulation drin haben.
KOG:
Nein.Nur ich bestimme,was vom Zufall bestehen bleibt oder ob ich ihn wegwische. Ich habe ja eine Technik entwickelt,wie auf einer Schultafel.Ich kann alles,solamg es noch naß ist,wegwischen.Ich bestimme,was auf einem schnell gemalten Bild stehen bleibt. Da kann es noch so zufällig sein.
E.Kukies:
K.O.Götz macht ja auch Vorzeichnungen.
KOG:
Ja,das hat damit aber nichts zu tun.Ich mache schon seit Jahren keine Vor- zeichnungen mehr.Seit 5,6 Jahren mache ich keine mehr. Ich lege sofort los,weil ich ein ganz grobes Gerüst von dem,was ich machen werde,im Kopf habe.
AHM:
Sie haben eine Leinwand auf dem Boden liegen.Dann kommen Sie mit Ihrem Rakel, und gehen damit in die Farbe und "rühren" das ganz schnell um.
KOG:
Der Pinsel kommt zuerst;dann erst der Rakel. Und alles möglichst schnell.
AHM:
Ja,aber das können Sie auf der Leinwand nicht wegwischen?
KOG:
Doch,wenn Sie meine Schriften genau gelesen hätten,wüßten Sie das. Nein,ich kann alles wegwischen. Auf meine Grundierung kommt eine Schicht Tapetenkleister.Naß in Naß arbeite ich dann mit Kaseinfarben.In diese nasse Farbe kann ich natürlich mit dem Rakel negativ reinarbeiten.Das muß alles ganz schnell passieren.Ganz schnell, nicht gefummelt.
AHM:
Könnten Sie denn nicht mit dem Rakel korrigieren?
KOG:
Nein.Ich korrigiere nie ein Bild.Wenn ich in einem Bild,eine schwache Stelle entdecke,wische ich das ganze Bild weg. Das ist sehr mühevoll.Man muß Bottiche mit Wasser holen,große Lappen benutzen, bis wieder die weiße Leinwand hervorkommt. Wenn man das einige Male hintereinander gemacht hat,zittern einem die Knie.
Rissa:
Ich möchte dazu noch ergänzen,damit das einmal plastisch wird. Das Götz noch immer seine spezielle Malmethode,seit 1952,betreibt, diese Methode:Farbe mit breitem Pinsel auf die grundierte und gehärtete Leinwand,Rakel rein oder nicht rein.Mit Rakel gibt es ein Formelement auf dem Bild oder ein Antiformelement,nämlich Positiv,Negativ.Schwarze Farbe auf weißem Grund oder umgekehrt.Alles "verzahnt" dann eben informel.Langsames Malen würde diese Form-Antiform-Konstellationen nie erzeugen können. Niemand kann diese Fakturen auf langsame Weise herstellen. Die Bilder von K.O.Götz aus seinem Körper herausgeschleudert, mit seinen visuellen Vorstellungen im Gehirn,sind nur durch seine äußerste Schnelligkeit und die spezielle Technik möglich.
AHM:
Gegenfrage:Es gibt ja von Leonardo diese chaotischen Wirbel. Die sind doch sehr konstruiert gemalt?
Rissa:
Die sind konstruiert.Das sieht man auch.
AHM:
Wie würden Sie Twombly einschätzen?
KOG:
Diese skripturalen Arbeiten der 60 Jahre sind auch schnell gearbeitet.
Rissa:
Aber nicht so schnell wie Karl Otto Götz.
AHM:
Konstruiert er?
KOG:
Das würde ich nicht sagen.Wir haben ja Twombly in Deutschland als erste aus- gestellt,in Düsseldorf in der Galerie 22.Damals wußte kein Mensch,wer Twombly ist.Mit Manfred de la Motte habe ich eine große Leinwand mit großen Nägeln an die Wand genagelt. Das waren diese skripturalen,sehr ulkigen Bilder,mit rosa, grau drin.Manchmal sah es im Detail wie eine Vagina aus,manchmal wie ein Penis,skriptural,nicht konstruiert.
AHM:
Warum haben Sie ihn so früh ausgestellt?
KOG:
Ich nicht.De la Motte hat ihn ausgestellt.Zusammen mit dem Maler Brüning haben sie Twombly in Rom aufgesucht.
AHM:
Fanden Sie den damals gut.
KOG:
Doch,auf jeden Fall.
CMA:
Bei Richters abstrakten Bilder vermutet man ja auch Spontaneität oder Emotionali- tät.Tatsächlich kalkuliert er aber enorm.Ich glaube zu wissen,daß er mit Glasscheiben arbeitet.
AHM:
Auf der Glasscheibe wird vorgemalt,Stück für Stück,was dann auf die Leinwand übertragen wird.
CMA:
Das wäre ja genau das Gegenteil von dem,was K.O.Götz macht.Deshalb kam ich drauf. Die ständige Korrektur.
KOG:
Ich arbeite so ja schon seit 1952.Sogar meine Rakel sind aus dieser Zeit. Wenn man so spontan arbeitet wie ich,dann passiert schon mal,das man eine schlechte Sekunde hat,und es kommt Scheiße ´raus.Ich sehe das sofort. Da wische ich das Ganze ab.Bei einer großen Leinwand ist das natürlich ärgerlich,diese Sauerei mit Wasser,Lappen usw. In meiner Frankfurter Zeit,wir wohnten ja mit den Kindern auf einem einzigen Zimmer,mußten die Kinder auf die Straße,damit ich malen konnte. Wenn ich dann kleinere und mittlere Formate immer wieder auswischte, und neu anfing,sagte meine Frau oft,die mich beobachtet hatte, das beste Bild hast du weggewischt.
Rissa:
Das war aber nicht ich.
KOG:
Nein,du nicht.Es war deine Vorgängerin.Also ich korrigiere nie ein Bild, ich fummle nichts hinein. Ich könnte das ja,sodaß es echt aussieht.Ich tue es aber nicht.
AHM:
Eine andere Frage zu Ihrem Werk.Würden Sie heute nicht nochmal an Ihre Monotypien, an diese surrealistischen,anknüpfen wollen.
KOG:
Nein.
Rissa:
Das wäre Ihm ein leichtes.
KOG:
Ja,spielend könnte ich das machen.Aber das wäre nur eine Imitation meiner selbst. Auf meine alten Tage mache ich gerne neue Experimente.Ich fange wieder vollkommen von vorne an.
AHM:
Sie kannten de Chirico.Wie ist das mit seinen Fälschungen?
KOG:
Die Frau von Enrico Crispolti wurde in den 50er,60er und 70er Jahren von den Galeristen und Kunsthändlern sehr gefürchtet,weil sie Kunstexpertin war und häufig Fälschungen entdeckte. Wenn die in eine Galerie kam,zitterten die Leute.Ich meine,viele haben sie ein bischen mit Fälschungen in Italien gefummelt. Die hat mir erzählt,welche Mengen es an falschen De Chiricos gab. Aber de Chirico war ja ein Kerl.Ich habe ihn ja noch kennengelernt,als er sich meine Ausstellung ansah.Meine Galerie lag ja links neben der spanischen Treppe,de Chirico wohnte ja rechts von der Treppe. Er hat manchmal aus Jux und Dollerei die Presse verarscht,und hat eine Fälschung als echt erklärt.
AHM:
Und nachher hat er es wieder zurückgenommen.
KOG:
Ja,er hat die Presse richtig verarscht.
PB:
Auch soll er willkürlich umdatiert haben,von vorne nach hinten,und von hinten nach vorn.
AHM:
Wie sehen es Maler? Meines Erachtens war er der größte Visionär des 20.Jh.
KOG:
De Chirico hat mir gesagt,als er vor meinen Bildern stand:Sie sind ja auch ein Romantiker.Ich sagte,ich fühle mich von der Romantik herkommend. Darauf er: Aber ich bin der größte Romantiker.
Rissa:
Der Größte? Der Feinste!
AHM:
Von der Ideengebung.Man kann Dali nicht ohne de Chirico sehen. Mann kan viele Maler mit einem heutigen hohen Stellenwert,Max Ernst z.B. nicht ohne ihn sehen.Wenn man heute Beuys und Richter sieht,kann man nur wie Hanstein es sagt,die zeitgen.Künstler sind die Teuersten und die Hoch- geschätzesten.Daher die Kunstgeschichte,die das relativiert.Ob Richter wirklich so ein großer Künstler ist,wie er heute gemacht wird,oder ist er der Makart der 80er/90er Jahre. Für mich ist es heute auch so.Ich kann ja heute hinkommen,wo ich will,ob ich zur Biennale,wo Bilder gefragt sind,malt er Bilder. Die David will keine Bilder,also macht er Photos.Er macht überall wo was ist. Der Richter kriegt ja auch jeden Kunstpreis.Von einer israelischen Stiftung bekam er einen Preis,der mit 250.000DM dotiert ist.Ich frage mich,wieso eine Stiftung das gegenüber einem Multimillionär machen kann. Ich denke,da stimmt unser System nicht mehr.Richter ist 65 Jahre und jetzt gibt man ihm 250.000DM.Dazu malt er zwei Ansichten von Jerusalem,wie es im 19.Jahrhundert gemalt wurde,und die kauft man dann für 3 Mio.an.
CMA:
Oft peilt man natürlich das an,was einen bestätigt.Das ist in der Kunstszene so,das ist unter Menschen so.Man sucht immer das,was einen bestätigt und wo man profitiert.
KOG:
Es ist auch vielfach so,wenn einer schon mehrere Kunstpreise bekommen hat, daß er wieder in die engere Wahl eines anderen Kunstpreises kommt. Die Jury ist unsicher,der oder die.Was machen sie schließlich? Sie einigen sich auf jemanden,der schon Kunstpreise bekommen hat,weil sie sich sagen,da kann ja nix schiefgehen,da können wir uns ja nicht blamieren. Also geben wir dem den Preis. So kenne ich Fälle,die mir Emil Schumacher erzählt hat. Es gibt ja keinen Preis,den der noch nicht hat.Auch im Ausland. Oder mein ehemaliger Schüler,Friedemann Hahn.Das rassselt nur so und er kann nichts dafür.Das liegt an der Jury,die zu faul oder zu feige ist,mal einen Außenseiter zu nehmen. Och,nehmen wir lieber den Hahn,der hat ja wieder was neues gemacht. Können wir ja nichts falsch mit machen.
CMA:
Es müßte eine Jury geben,die die Jury erstmal bestimmt.
RISSA:
Ich wollte noch etwas zum Richter-Phänomen sagen.Ich frage mich,was für einen Bild-Typ hat der eigentlich entwickelt,der so interessant ist?
CMA:
Photorrealismus.
RISSA:
Ja,was heißt das.
AHM:
So verwischt.In den 60er Jahren hat er schon eine gewisse Innovation und Ideen reingegeben.Das würde ich schon sagen.Aber sobald diese informellen Bilder kamen,ist es im Grunde nur eine Wiederholung.
Rissa:
Aber diese Verwischungen...
KOG:
Richter und Rissa waren ja an der Akademie bei mir im selben Atelier. Das war dieses kleine Atelier,wo ich immer die Meisterschüler reintat. Zu Klees Zeiten war es das Privatatelier von Paul Klee.Er war ja nur 2 Semester da,denn die Nazis waren ans Ruder gekommen.. Bei mir machte Richter schon diese,von Photos ausgehenden,Verwischungen.
AHM:
Ich möchte jetzt auf etwas ganz anderes kommen.Wir haben ja in diesem Jahr die Documenta,wir haben in Münster die Ausstellung von Kaspar König, wir haben die Biennale in Venedig. War einer von Ihnen dreien schon auf einer dieser Ausstellungen?
RISSA:
Ich werde am 22.September zur Documenta fahren.Nach Münster und Venedig werde ich nicht gehen.
AHM:
Warum nicht nach Münster?
RISSA:
Weil ich für Malerei bin.
AHM:
Warum nicht Venedig.Da gibt es doch viel Malerei.
RISSA:
Ich vermute da gegenwärtig nicht viel Erregendes in der Malerei..
AHM:
Warum also zur Documenta X?
RISSA:
Wegen meiner Schüler.Weil ich die Verpflichtung fühle,wenn ich schon immer dieses ganze Anti-Documenta-Gerede und dieses Pro-Documenta-Gerede,mir anhören muß,daß ich mir persönlich ein Bild von diesem ganzen Theater mach muß.Danach werden wir darüber diskutieren.
AHM:
Das geht uns genauso.Was ich für schwierig halte,ist das die David,die gesamte Malerei,die optisch sinnliche Kunst,verketzert. Da,finde ich,hat jemand uns seine individuelle Vorstellung der Documenta aufgedrückt,die die Kunst der 90er Jahre in eine Schieflage bringt. Würden Sie das auch so sehen?
PB:
Ich war ja dagewesen und hab mir das alles interessiert angesehen oder besser,angelesen.Man muß ja eigentlich viel mehr darüber wissen,um etwas sehen zu können.Eines stimmt bestimmt nicht:Daß das eine anti-kommerzielle Veranstaltung ist.Das halte ich für naiv.Es wird eine bestimmte Form von Kunst emporgehoben und bestätigt.
AHM:
Welche Kunst?
PB:
Es ist im wesentlichen eine konzeptuelle Kunst,die mit sozialen Inhalten arbeitet.Es wird keiner etwas gegen soziale Inhalte haben,als solche. Das ist doch klar.Nur-ich finde es sehr einseitig,weil sozusagen gesagt wird,man muß vorher etwas untersucht haben,ein Konzept geschrieben haben. Dann hat man eine bestimmte Form der visuellen Übersetzung.Und dann stimmt die Arbeit.Das ist Oberstufe Kunst.In jeder kleinen Zeichnung,in jedem kleinen Bild kann derselbe Gehalt drin sein. Ich wehre mich dagegen,das das apostrophiert wird,als die Kunst mit dem sozialen Gewissen.Und die anderen,die haben kein soziales Gewissen.Das finde ich total ideologisch.So ist das auf der Documenta durchgängig zu sehen.
AHM:
Sehen Sie das jetzt positiv oder negativ? Wie sehen Sie das als Künstler?Ist die Documenta ein Spiegel der Kunst der 90er Jahre,oder hat hier jemand mit einem starken Durchsetzungswillen uns sein Bild aufgedrückt.
PB:
Ich finde es immer eine Negativentwicklung,wenn etwas ideologisch wird.
AHM:
Ist die Documenta ideologisch?
PB:
Ja,natürlich.Weil sie ausschließlich arbeitet.Sie sagt,der Prozeß ist das wesentliche.Sie stellen ja nicht die Richter-Bilder aus,sie stellen die Photos aus,die zu den Bildern führten.Oder irgendwelche Aufnahmen von ihm und Palermo. Es ist ein Reservoir,ein Atlas,ein Schatz,mit dem er arbeitet. Und Frau David sagt,das ist das Wesentliche.Das ist für sie das Wesentliche, weil sie gegen das auratische Moment der Kunst kämpft.Das haßt sie,wahrscheinlich.
CMA:
Aber man darf doch nicht einer Person so eine wichtige,verantwortliche Ausstellung übertragen.
PB:
Da bin ich ganz anderer Meinung.Ich bin der Meinung,das ist ein Statement. Ein Statement,wie jetzt Kunst verstanden wird,und zwar quasi von der sprachphilosophischen Seite her.Mit Konzepten an die Welt heranzugehen. Das kann durchaus sein.Man kann auch so versuchen,kreative Prozesse in Formen zu bringen.Nur-es ist keine Ausschließlichkeit.Dagegen wehre ich mich. Die können ihr Statement machen.Man wird dann sehen.
KOG:
Die Leute,wie Szeeman und Schneckenburger,die die Documenta vorher gemacht haben, sind damit quasi verknüpft.Die eine Person ist mit der Documenta verknüpft. Es könnte auch ein Komitee machen.Das erste und zweite Documenta-Komitee, die haben sich nur gestritten.Nachher wurde es so gemacht,wie es der Bode wollte. Ich wollte noch etwas sagen.Für die David ist die anschauliche Form sekundär. Sie kümmert sie nicht.Das ist so albern,etwas alberneres konnte sie sich garnicht ausdenken.Es gibt nämlich nichts,was nicht eine Form hat, in der visuellen Welt,die wir beurteilen.
RISSA:
Ja.Sie hat auch gesagt,die Form kommt dann eben so dazu.Aber,sie ist nicht so wichtig. Zur Leitung von Dokumenten möchte ich noch sagen,daß man vor der Entscheidung: wen nehmen wir? genau wählen sollte.Danach muß man den Brei löffeln,den der/die auserwählte Leiter(in) gekocht hat. Ich stimme auch zu,wenn man es einer Person überläßt,muß man diesen Brei auch essen.
KOG:
Der Amman hat sich ja für sie eingesetzt.
AHM:
Ja.Aber der schimpft jetzt über sie.
RISSA:
Ich muß zwar jetzt schon über die Documenta reden,obwohl ich noch nicht da war. Aber,wenn da keine Malerei ist...
AHM:
Malerei ist da.Ein Afrikaner und Maria Lassnig.Die David war ja in Wien. Die Lassnig wollte ja Bilder zeigen,die David nur Zeichnungen.Die Lassnig hat dann,um überhaupt teilzunehmen,Zeichnungen gegeben. Aber die Wand,auf der die Zeichnungen kommen,male ich blau an.
PB:
Ja,die Arbeiten fallen total raus.Man fragt sich,warum sind die da?
AHM:
Die paßt garnicht rein,im Grunde.
KOG:
Maria Lassnig hat eine Wand blau angemalt?
AHM:
Ja,die hat sich so geärgert.
CMA:
Sie hat auch sehr viel Farbsinn.Sie meint,jetzt kommen nur meine schwarz-weiß Zeichnungen dort hin.Ich versuche das aufzuheben,indem ich einen farbigen Hintergrund mache.Sie wollte sich quasi rächen.
Rissa:
Ich möchte noch zum Thema Malerei in der Zukunft etwas sagen.Entweder sitze ich im Glauben an eine Hochkunst Malerei,auf dem falschen Dampfer.Ist sie vorbei, dann habe ich Pech gehabt.Und wir erleben weltweit eine Inflation von Malerei mit banalen,aufgesetzten Formen und verworrenen subjektiven Inhalten. Jeder,der malen will,malt irgendwie,irgendwas. Oder es kommt einmal wieder eine Zeit,wo "große Form" in der Kunst gefragt ist. Ein Beispiel der "großen Form": Ich vergleiche die Bilder der beiden malerkollegen Seurat und Signac.Seurat war der Erfinder des sogenannten "Pointilismus",Ende des 19.Jahrhunderts. Die hohe künstlerische Bedeutung seiner Bilder liegt m.E.nicht so sehr in dieser Punktmalmethode,sondern in seiner atemberaubenden,kühnen,flächigen Formverteilung und dem hohen Abstraktionsgrad seiner Figuren und Landschaften. Im Gegensatz dazu sehen die Bilder von Signac,trotz pointilistischer Technik, häufig langweilig und konventionell aus. Seurat hat eben "große Form" geschaffen,Signac nur "gute Form". Für andere Kulturen kann man ähnliches sagen:z.B.Afrika: Unter gewissen alten Negerplastiken finden wir "große Form". Aber vieles der heutigen Mischformen und Nachahmungen dort sind formal entschärft und uninteressant. Ich komme nochmals auf die Gegenwart zurück.Vieles an der gegenständliche Malerei wird heute nach guten oder nach schlechten Photos gemacht. Die Malerei wirkt dann vielfach banaler als die Photos selbst.Diese Tatsache erleben wir,weil der formale Umsetzungsprozeß nicht mehr durchgängig hochkunstmäßig in den Malerköpfen verankert ist.Der Dilettantismus ist hoffähig geworden. Jeder ist ein Künstler. Und dann gibt es noch das "Klauphänomem" in der Formenwelt: Bei Picasso und Picabia hat es angefangen.Wir werden also noch schwer zu schaffen haben mit diesem globalisierten "Selbstbedienungsladen" in der Malerei. Was machen wir,wenn die unterschiedlichen kulturellen Vorratskammern leer sind, dann fahren wir nach Neuguinea und essen dort einen Hamburger. Das ist ein anderes Thema.Wir können nur hoffen auf die Zukunft. Und die Dokumenta X ist etwas noch ganz anderes.Sie hat mit Malerei nichts zu tun.
AHM:
Was ist anders?Was ist an der documenta anders?
Rissa:
Ich meine nicht die zwei Maler dort,die letzlich marginale kleine Gestalten in der Malerei sind.Hab ich recht?
PB:
Natürlich.
Rissa:
Es sind also gar keine bedeutenden Maler da.Da sind nur solche Sachen. Na,schön und gut.
AHM:
Und Prozeßkunst.
Rissa:
Ja,nur ich frage mich,ob die Menschen wirklich etwas davon haben.Das Publikum. Das würde ich gerne einmal richtig aussagen. Die sollen ja geistig soviel davon lernen,die sollen ja richtig umgewälzt werden.
AHM:
Sie bezeichnen es als Aufklärung?
Rissa:
Ja,wenn man mehr darüber wüßte,was da in den Köpfen der Besucher vorgeht, was da übergeht,was da überfließt. Aber ich glaube nicht dran.Die klassische,bildende Kunst bewirkt zwar moralisch auch nichts.Diese Kunst jedoch hat bisher wenigstens anschaulich -künstlerisch trainierte Menschen- befähigt,künstlerische Konstellationen vieler Varianten von Bildern und Plastiken erkennen zu können.
CMA:
Es prägt unser Sehvermögen.
AHM:
Warum kann die documenta das nicht schaffen?
RISSA:
Sie ist nicht für Bilder-Kunst.Weil die documenta diesmal mit Malerei nichts zu tun haben soll.
AHM:
Da gibt es auch einen Kleiderladen,in dem man Second-Hand-Kleidung kaufen kann.
RISSA:
Was hat das mit Kunst zu tun?Erweiterter Kunstbegriff? Alles ist Kunst gleich:nichts mehr ist Kunst.
PB:
Da geht es eher um eine Wiederaufnahme des Situationismus.Man versucht,bestimmte situative Konstellationen herzustellen,und letzt endlich geht es um Aufklärung.Um ein Gespräch zu finden,mit dem Volk oder sowas. Das ist im Grunde nur ein politischer Ansatz.Der Situationismus ist ja 1968 in Paris zuende gegangen,als es wirklich politisch wurde. In der FAZ gab es einen schönen Kommentar darüber. Es geht um eine bestimmte Pädagogik.Es ist eine sehr pädagogische Ausstellung.
AHM:
Das ist ein Widerspruch.Rissa hat gesagt,sie glaubt nicht,das der Besucher irgend etwas mitnimmt.
Rissa:
Irgendetwas wird das Publikum schon mitnehmen,aber was,das ist die Frage: Alles Annahmen!Wunschvorstellungen!Nichts wissen wir wirklich!
EK:
Peter Bömmels hat aber auch gesagt,das man zuerst einmal viel lesen sollte. Nur-der normale Ausstellungsbesucher will nicht lesen,sondern sehen.
PB:
Richtig.Man hat auf der documenta einige Aha-Erlebnisse,wenn man sich auf eine Arbeit beschränkt,und den Kommentar zu der Arbeit liest. Den muß man aber lesen,weil sich sonst kaum etwas erschließen läßt durch Anschauen oder durch das sich beeindrucken lassen. Bei Bruce Nauman bin ich z.B.anderer Meinung.Ich finde das unglaublich beeindruckend. Man muß es aber von der Malerei trennen.Er fVgt Bild und Ton wie in in einem Theater zusammen,ein verdichtetes Theater.Was aber sehr beeindruckend ist;deshalb ist er gut.
Rissa:
Das hat mich auch beeindruckt.Nur das hat mit der alten klassischen Malerei nichts zu tun.
PB:
Nein,natürlich nicht.Man sollte in keinem Fall eine Konkurrenz aufkommen lassen, weil - man kann es nicht vergleichen.Jeder Sound ist stärker,als der Blick. Die Kraft der Musik.Es gibt verschiedene Formen des Eindrucks oder des Eindrücklichen. Hängt man ein Bild neben einer dieser Nauman-Arbeiten,hat das Bild überhaupt keine Chance.
CMA:
Wir sind aber visuell auch so übersättigt,das wir abgestumpft sind. Was kann uns visuell denn noch reizen bei dieser Medienflut?
AHM:
Dann braucht man ja auch keine Videokunst.Die könnte man ja dann auch über Bord werfen.
PB:
Der Reiz des Videos ist aber schneller verpflogen.Es ist mehr eine Form der Zerstreuung.
AHM:
Ich frage nur,wo ist die Kunst,die ich ja auch nach Hause tragen will. Mit dieser ortsgebundenen documenta-kunst kann ich das jedenfalls nicht.
CMA:
Für den Kunstmarkt ist diese documenta ruinös.
RISSA:
Wir müssen das noch viel schärfer fassen,weil mir das sehr auf den Nägeln brennt. Was soll das für die Zukunft?Verspricht man sich nicht viel zu viel davon. Die documenta ist nur ein Event.Ein Event ist nur ein Ereignis um des Ereignisses willen,und da ist nichts,was danach kommt. Das Ereignis ist selbst die Sache,man macht es mit,geht nach Hause.Ende.Aus.
AHM:
Man kann es aber nicht mit Kirmes und Zirkus vergleichen.Da ist der Zuschauer ja noch beteiligt.Bei der documenta als event ist man nur ein passiver Teil.
PB:
Bei dieser documenta gibt es eine Richtung.Wenn man Bescheid weiß,den Führer dabei hat und liest,wie die Arbeit gemeint ist. Dabei geht es aber nur darum,daß man diese Arbeit dann verstehen kann. Wenn man sich auf das Lesen konzentriert,dann sieht man ah ja. Es ist so umgesetzt worden,in die und die Form, jetzt versteh ich. Jetzt kann ich auch beurteilen,ob es z.B.geschickt umgesetzt wurde. Aber das Werk ist nur eine Illustration des Textes!!!Es ist auf der Ebene der Illustration sehr vieles gemacht,das Werk steht nicht für sich.
RISSA:
Können Sie es mit einem Beispiel belegen?
PB:
Hans Haake hat in einer alten Arbeit die Immobilienspekulation in New York untersucht.Es sind Photos von Häusern,mehr nicht.Als solches ist das un- interessant.
Rissa:
Für sich selbst ist es das nur.
PB:
Ja,genau.Jetzt braucht man einen Text...
Rissa:
Um zu sehen?
PB:
Um zu sehen,daß es eine gewisse Relevanz hat.Dazu gibt es Tabellen über Häuser,die um soundsoviel im Wert gestiegen sind.Es ist eine Art soziologischer Untersuchung.
RISSA:
Es ist doch legitim,daß er so etwas macht.
PB:
JA,Moment,aber..
Rissa:
Was hat das mit Kunst zu tun?
PB:
Das frage ich mich auch.Der Betrachter liest das und sieht das,und denkt,was ist das für eine Schweinerei. Aber er hat das Kunstwerk verstanden! Und das ist die Täuschung,finde ich. Er kommt sich vor,als hätte er ein Kunstwerk verstanden.Richtig ist,daß er eine Sozialreportage verstanden hat.
RISSA:
Man sollte die documenta als politökonomische,ökologische Erneuerungsbewegungs- anstalt bezeichnen oder so ähnlich. Im übrigen sollte ich die nächste Dokumenta 11 machen.Bei mir würde es preiswert.Ich stelle "das Weltmeer" aus.
PB:
Nochmal zu Haake.Ein Kritiker meinte,Haake wäre als Reporter erfolgreich gewesen. Aber das will er nicht.Er will Künstler sein,und da ist er erfolgreich,weil er überhaupt nicht erfolgreich ist.Sozial gesehen.Er hat ja keine Folgen.Für ihn ist diese Systemverschiebung der Erfolg,daß er mit der Sozialreportage ins Künstlersystem eindringt.
RISSA:
Ist er erfolgreich oder erfolglos?
PB:
Aufklärerisch im sozialen ist er,politisch gesehen erfolglos. erfolgreich ist er als Künstler,als sogenannter Künstler.Es ist ein Paradoxum.
AHM:
Wie würden Sie den oft fotographierten Schweinestall.Wie würden Sie den sehen? Ist das nicht einfach nur ein Gag?
PB:
Es geht darum zu zeigen,wie nah das Schwein dem Menschen ist.
AHM:
Wo sehen Sie da die Kunst?
Rissa:
Es ist ein kleines Ready-Made.
PB:
Es ist auch ein kleines Moment der Irritation.
AHM:
Das ist doch noch nicht mal Illustration. Es gibt ja keinen Text.
PB:
Nein,das nicht.
RISSA:
Es ist alles ein Ready-Made.
AHM:
Diese Definition finde ich auch richtig.
Ein Gespräch zwischen ( a talk between )Volker Tannert - Rissa - K.O.Götz.
Date : 10 May 1997.
moderated Axel Hinrich Murken


KOG:
Ich würde gerne Volker Tannert etwas fragen.Wie ist er zur Malerei gekommen? Hat er als Kind schon gemalt,wenn ja,was hat er gemalt? Ich habe 5 Kinder großgezogen,und alle haben gepinselt. Wie wir wissen endet spätestens mit 10 Jahren die kindliche Malerei. Bei mir war es so:Ich fing mit 10 Jahren an,naturalistische Dinge zu kopieren, z.B.Pferde. Ich weiß natürlich nicht,wie das bei Ihnen war.
VT:
Ja.Diese Phase hatte ich auch. Der einzige Unterschied ist vielleicht,daß meine Mutter alle diese Zeichnungen aufgehoben hat.Ich habe sowas wie Hefte gemacht,um dann Bücher daraus zu machen.Meine Malerei hat,so glaube ich,in der Familie eine gewisse Anerkennung gefunden. Nur führte das nicht dazu,daß ich unbedingt Künstler werden wollte.
KOG:
Das ist klar.Ich wollte auch nur wissen,wie das bei Ihnen angefangen hat. Wie alt waren Sie,als ihre Eltern die Zeichnungen gesammelt haben?
VT:
Gesammelt wurde von der frühesten Kindheit an. Das alles ist auch heute noch vorhanden. Dann gab es irgendwann mal einen radikalen Bruch,der mir damals ziemlich peinlich war. Es war zu der Zeit sehr schwer,sich hinzusetzen und mit viel Mühe und Arbeit etwas genau hinzukriegen.
KOG:
Dieses genaue Hinkriegen beim Zeichnen habe ich auch mit ca.10 Jahren versucht. Dabei habe ich festgestellt,daß es verdammt schwer ist ein Pferd zu zeichnen. Wenn man es nicht richtig hinkriegt,sieht es eher aus wie ein Dinosaurier oder ein Kamel.Die Beine,die Hufe und soweiter,das war schwierig.
AHM:
Gab es einen Einfluß eines Zeichenlehrers in ihrer frühen Jugend?
VT:
Ja sicher.Ich hatte einen Zeichenlehrer,der ein Paul Klee-Konzept hatte. Gottseidank nicht mehr in den letzten Jahren meiner Gymnasial zeit,weil der mich wahrscheinlich total verkorkst hätte. Zuerst hatte ich in Kunst immer ein Sehr Gut.Als ich aber dann anfing,eigenwillige Wellen zu malen,fand er das überhaupt nicht gut und ich bekam nur ein befriedigend. Das war entsetzlich frustrierend.
KOG:
Ähnlich warïs bei uns auf der höheren Schule,besonders von der Sexta bis zur Untertertia. Da hatten wir den typischen Oberlehrer,bzw.Zeichenoberlehrer. Der zeichnete Möhren,Tomaten und Äpfel mit bunter Kreide an die Tafel.Die mußten wir dann abzeichnen. Wenn man dazu keine Lust hatte,dann sagte er zu einem: Mal das,was du dir zu Weihnachten wünschst. Weihnachten ist doch noch so weit,meinte ich. Und wann hast du Geburtstag,fragte er. Dann und dann,erwiederte ich.Dann male eben deine Geburtstagswünsche. In den oberen Klassen mußten wir dann ausgestopfte Papageien, Vasen,oder auch Gipsköpfe abmalen. Dann bekamen wir plötzlich einen ganz jungen Kunsterzieher von der Düsseldorfer Kunstakademie. So einen mit Künstlerhut,der immer so schräg nach oben guckte. Wie ein Künstler.So stellte man sich das damals zumindest vor. Da war auf einmal alles Scheiße was wir bis dahin gemacht hatten. Bei ihm muß dann unsere Malkästen unter Wasser tun, und dann ganz schnell aufs Papier klatschen.Und soweiter. Abmalen war jetzt vorbei. Einmal sagte er:Diese Reihe,ihr malt jetzt Zahnschmerzen. Eine andere Reihe:ihr malt jetzt Bauchschmerzen. Eine dritte Reihe:ihr malt jetzt Kopfschmerzen. Wir haben natürlich jetzt mit der Farbe rumgemanscht,alles sah letzlich gleich aus. Ich war eine Ausnahme,weil ich so gut zeichnen konnte,durfte ich bei ihm Strukturen zeichnen. Die Struktur eines Vogelflügels oder die Struktur von einem Kristall. Die mußte ich dann aneinander reihen. Das durfte ich machen.Das war die moderne Kunsterziehung. Aus einer Aachener Kunsthandlung lieh er sich Kunstdrucke von Braque,Leger und Picasso,die es damals schon gab,aus. Zwei Jungs mußten sich dann die Hände ordentlich waschen,und mit spitzen Fingern die Blätter links und rechts festhalten,damit wir alle sie sehen konnten.Das Material durfte ja auch nicht beschädigt werden.
Rissa : In welchem Jahr war das?
KOG : um 1929/1930.
AHM:
Rissa,wie war es bei Ihnen mit Kinderzeichnungen ?
Rissa :
Als Kind habe auch ich Zeichnungen usw.gemacht. Zwischen meinem 11 u.14 Lebensjahr habe ich nichts mehr gemacht. Als ich dann 1953 in den Westen kam,ich war 15.5 Jahre,habe ich wieder angefangen zu malen. Das war also erst wieder nach der Pubertät. Abgehakt habe ich zu dieser Zeit die ganze DDR-Kunst,die man ja dauernd z.B.auf den Fahnen sehen konnte,und die mir aus dem Halse hing. Meine Mutter,die ja in Breslau bei Otto Müller studiert hatte,war in Essen Kunsterzieherin.Hier lernte sie auch zum ersten Mal die völlig neuen Tendenzen,wie Braque,Picasso,Leger usw.kennen. Es gab ja damals diese Nachholausstellungen in groß. Da bin ich immer hingegangen und habe mich dort richtig über abstrakte Kunst orientiert. Ich habe aber,immer für mich selbst,weitergearbeitet.
VT:
Ihre Mutter war also eine Freundin von Eva Thomkins?
KOG:
Ja,genau.
Rissa :
Ja,Eva Thomkins hat meiner Mutter sehr auf die Sprünge geholfen,weil meine Mutter noch in einem expressionistischen-impressionistischen Stil ausgebildet war.Aktiv hatte sie ja nicht mehr weitergearbeitet. Es war gut für sie,daß sie Eva Thomkins kennenlernte,die ja damals an der Düsseldorfer Akademie studiert hat.
AHM:
In welchem Jahr war das ?
Rissa :
1953.
AHM:
In diesem Jahr war doch dieser Konflikt zwischen Hofer,den Realisten und den Informellen.Ist das eigentlich bis zu den Akademien durchgedrungen? Karl Hofer hat ja angeblich mächtige Protestbriefe gegen die informelle Malerei geschrieben.So steht es wenigstens in der Literatur.
KOG:
Ja.Aber das wurde sehr stark aufgebauscht. Hr.Murken,also diesen Zahn muß ich Ihnen ziehen. Ich war damals mit Will Grohmann sehr befreundet. Er war ja ein kein Freund von Hofer. Das wird so aber hochstilisiert von Berliner Cliquen,sodaß es so aussieht,als ob Grohmann am Tod von Hofer schuld sein soll. So ein Quatsch.
AHM:
Hofer ist 1955 gestorben.
KOG:
Ja.Die Gegner von Grohmann behaupten immer wieder,es wäre damals
die gegenständliche Malerei unterdrückt worden,
zugunsten der abstrakten und gegenstandslosen Kunst.
So ist es aber garnicht.In meinem Archiv kann ich Ihnen eine Menge
Kataloge dieser Zeit zeigen,so 1945-46,die zeigen,daß
nichts unterdrückt wurde.
Die Gegenständlichen waren alle präsent.
Rissa :
Und die Kunstzeitschriften waren ja voll von solchen Abbildungen.
KOG:
Die Gegenstandslosen waren eher im Nachteil.
AHM:
Es war wohl eine Sache des Marktes,des Kunstmarktes.
KOG:
Nein,es gab ja noch keinen Kunstmarkt im heutigen Sinne.
Rissa :
Es war wohl eher eine Sache der Kunstinterpretation,die sich ja nach 45 etablierte. Als ich 1959 an die Akademie kam,hatte man von diesem Streit nichts gehört.Das kann natürlich auch vorher schon vorbei gewesen sein.
KOG:
Der Streit war nur auf Berlin beschränkt.Ich saß in Frankfurt,wo uns Grohmann regelmäßig besuchen kam. Der Streit um Hofer lief bei uns unter ferner liefen.
AHM:
Befürwortete man an der Akademie denn das eine oder andere?
KOG:
Überhaupt nicht.Das war nur ein Berliner Brei,eine richtige Berliner Suppe.
Rissa :
Man muß ja auch sagen,daß die Akademie erst seit 1959 offen für die abstrakte Malerei war. Götz ist ja 1959 an die Akademie berufen worden. Vorher waren ja nur Leute da,die im Nach-Cezannschen Stil dort lehrten.Eine Ausnahme war nur Georg Meistermann.
KOG:
Genau.Als Meistermann,der ja beben mir der einzige Abstrakte war,dann nach Karlsruhe ging,sagte er zu mir,kümmere dich um Gotthard Graubner. Graubner wurde ja dann mein erster Meisterschüler. So war das damals 1959/60.
Rissa :
Ich habe mich in den Erinnerungen von K.O.Götz etwas über Hofer und Grohmann informiert.Dort kann man deutlich lesen,da dieser Streit auf Berlin beschränkt war.
AHM:
Hr.Tannert.Sie selbst sind doch auch vom Surrealismus,wenn man so will vom gegenständlichen gekommen. Sie sagen auch,meine Heimat ist der Surrealismus und die Romantik. Dieser Surrealismus ist auch in ihrer wilden Malerei vertreten, beispielsweise in dem Bild "Unsere Wünsche wollen Kathedralen bauen". Würden Sie das auch so sehen?
VT:
Ja ,ich glaube surreales taucht immer wieder auf.
KOG:
In meinen Bilder steckt auch Surreales drin. Das sehen aber nur meine Freunde in Paris. Die sehen in meinen gegenstandslosen Rhythmen auch surreale Elemente.In Tannerts Bildern sehe ich das auch,soweit ich sie aus den Katalogen kenne. Das ist aber ganz normal so. So ein bischen Surreales rutscht da rein. Das ist ja das Salz in der Suppe.
VT:
Ich habe mich immer dagegen gewehrt nach Photos zu malen. Bei Richter waren so viele,die damit anfingen, z.B.Äpfel zu malen. Es änderten sich nur die Sujets,im Grunde genommen, waren es dann nur austauschbare Sachen.
AHM:
Sie denken z.B.an Karin Kneffel.
VT:
Nein,das kam erst viel später. Zuerst war da Martini,der von Richter sehr gefördert wurde und Meisterschüler war.Der machte solche Sachen schon vor der Kneffel.
KOG:
Der malte auch nach Photos?
VT:
Ja.Der wurde auch von Richter z.B.mit Stipendien gefördert. Er malte längst vor der Kneffel diese Apfelserien.
Rissa :
Aber nicht verwischt? Oder doch verwischt.
VT:
Sehr deftig,sehr speckig,aber nicht verwischt.
AHM:
Die Richter-Klasse hat ja eine gewisse Schule geprägt,während bei den informellen Malern das teilweise in radikaler Malerei endete. Wie z.B.bei Graubner. Große informelle Maler in Tannerts Generation gibt es doch nicht.
KOG:
Nein.Informelle Malerei ist erst 45 Jahre alt. Auch ich habe in zwanzig Jahren Lehrtätigkeit höchstens 2-3 Schüler gehabt, die zeitweise informel malten.
AHM: Warum eigentlich nicht?
KOG:
Das weiß ich auch nicht.Bei mir konnten die malen,was sie wollten.
Rissa :
Im Grunde ist Richter,wenn er spachtelt oder rakelt,der einzigste.
VT:
Polke aber auch.In den Bildern,die er jetzt macht,ist er stark auf die informelle Malerei zurückgekommen.
KOG:
Manche Polke-Bilder der späteren Jahre sehen so aus wie frühe Hoehme-Arbeiten. Nur oberflächiger,glatter.Rein informelle Bilder sind das nicht,eher nach-informelle.Sie sind ja auch erst in den 80er Jahren entstanden.
AHM:
Kann man sagen,daß die informelle Malerei durch Sie so ausgereizt wurde, das keiner sich danach dranwagte?
KOG: Nein.
Rissa :
Durch ihn nicht allein.Sondern durch alle Informellen.
KOG:
Als ich 59 nach Düsseldorf kam,war der Höhepunkt der informellen Malerei in Europa schon überschritten. Und Graubner,der konsequent wie kein anderer war,hat seine ersten monochrom informellen Bilder schon 1960 bei mir gemalt. Davon habe ich einige Aquarelle. Er hat damals monochrom mit Ölfarben gemalt.In der Mitte des Bildes hat er immer etwas Lebendiges Informelles gemalt.
Rissa : Verdichtung!
KOG:
Ja,Verdichtung.Da passierte in Bildmitte immer etwas. Im Aquarell ging das aber viel besser. Später wechselte er dann zu Acrylfarben. Aber sonst kann ich mich nicht daran erinnern,daß Schüler in anderen Klassen informel malten. Sie müssen auch bedenken,daß die POP-Art 1960-62 anfing.
AHM :
Man könnte aber sagen,daß man auf der informellen Malerei weiter aufbauen könnte. Sie sagten,ich male unendliche Räume,ich mache imaginäre Räume, ich überdecke was,ich mache Poetik in Malerei. Sie sagten auch,ich sprenge das Bild,oder ich beachte die Bildgrenzen nicht. Es hätte ja,z.B. jemand kommen können,um auf Ihren Fakturen aufzubauen. Oder ist einfach das Realistische leichter als das Informelle.
Rissa :
Die Gegenstandslose,die Informelle,ist schwieriger. Das sieht man besonders an den Studenten,die in der gegen standslosen Malerei nicht weiterkommen,und immer wieder ins Expressionistische abdriften. Meiner Meinung sieht das dann immer wie Heckel,oder wie ein Fetting aus.Ein bißchen Rotznasigkeit rein- schon ist die Modernität gegeben. Ich sage dann immer,lasst doch mal das Figurative weg und malt nur Farbflächen,oder ineinandergreifende Formen. Wenn es dann nicht ein ganz hochbegabter Mensch ist, habe ich dann doch lieber die Äpfel usw.
KOG:
Die Studenten fanden das Informelle immer sehr schwer.
AHM:
Aber der Laie meint doch,das was K.O.Götz macht,kann ich auch. Was aber Rissa macht,kann ich nicht. Was dabei verblüffend ist,ist,das die Informellen keine Schüler, die Realisten aber viele Schüler haben. Rissa hat z.B.Schüler,wie Sämmer,die in Ihrer Malweise arbeiten.
Rissa :
Sämmer malt nicht genauso wie ich.Er ist ein guter Maler,der,so wie ich,figurativ malt.
KOG:
Rissa sagte,daß ihre Schüler sich sehr schwer tun,um informel zu malen.Es fehlt dazu etwas im Kopf.Das Informel wird nicht begriffen. Informel ist für Laien nur eins:Farben ineinander matschen. Dann sagt der Laie,ganz gut,aber das kann jeder. Nur- darauf kommt es ja nicht an. Vielmehr kommt es auf die Dialektik der Farben untereinander an, sowie auf Struktur und Tektonik im Bild. Das ist etwas,was viele Kunsthistoriker bei uns noch nicht begriffen haben,und was so natürlich auch viele interessierte Laien nicht begriffen haben. Sie haben nicht verstanden,daß die informelle Malerei in ihrer Vielfalt eine komplexe und intelligente Malerei ist. Wenn sie nämlich nicht intelligent gemalt ist,sieht sie platt und dämlich aus. Und gerade das will man ja vermeiden,dämliche Bilder zu machen. Die Komplexität muß man irgendwie organisieren. Positiv mit negativ;hell mit dunkel;das Kalte und das Warme der Farben und wie Strukturen ineinandergreifen,sich überlappen.
Rissa :
Vor allem muß man aber dazu noch sagen,daß die Studenten Schwierigkeiten haben,die vielen Möglichkeiten zu nutzen. Es scheint so schwer zu sein,daß der Schweiß in Strömen fließt, wenn sie gegenstandslos malen sollen.
KOG:
Ich verstehe das nicht,daß es für die Studenten so schwer ist. So vieles muß man sich doch nur bei den großen Meistern anschauen, und dann einfach versuchen,daraus zu lernen.
Rissa :
Ja sicher,aber das ist schwer.Es scheint viel schwerer für sie zu sein, als bestimmte Formen,wie Arm,Bein,Kopf usw.zu malen.
AHM:
Ich möchte nochmal bei Karl Otto Götz nachfragen. Sie haben gesagt,ich male keine subjektiven Bilder,ich möchte objektive Poesie machen.
KOG:
Das habe ich so nicht gemeint. Im Gegenteil.Meine Bilder sollen sehr schnell und so subjektiv wie möglich gemalt werden. Meine Subjektivität will ich so übersteigern,daß sie sich überschlägt, weil ich so hoffe,daß etwas Anonymes hineinkommt. Denn - Aspekte meiner eigenen Persönlichkeit möchte ich nicht unbedingt hineinkriegen.
AHM:
Damit kommt aber Emotionalität in ihre Bilder. Ich möchte gern etwas Wiederspruch provozieren. Auf der einen Seite möchten Sie das persönliche vermeiden,während andererseits Ihre Bilder doch aus dem körperlich-seelischen entstehen.
KOG:
Nein,so habe ich das nicht gemeint. Was ich meine ist ,das meine persönliche Veranlagung im Grunde genommen niemanden anderen etwas angehen sollte. Arbeiten möchte ich durch gesteigerte Subjektivität,und besonders durch die Geschwindigkeit beim Malen. Denn die Schnelligkeit verhindert,daß man beim Malen zuviel denkt. Aus diesem Grunde male ich sehr schnell,um auf diese Weise möglichst wenig Kontrolle über den Malakt zu haben. Durch dieses Tempo möchte ich meine Subjektivität derart übersteigern, weil ich als alter Surrealist hoffe,anonyme Dinge in meine Bilder zu bekommen. Dazu gehören Zufälligkeiten in der Pinsel- und Rakelführung,die ich brauche. Wenn solch ein Bild aber nicht gut geworden ist und ich es schlecht finde, wische ich das ganze Bild wieder weg. Nicht nur einen Teil wische ich weg,sondern immer das ganze Bild. Ich habe die Grundierung meiner Leinwände vorher mit Formalin gehärtet. Dadurch kann man später,die noch nasse Malerei, wie auf einer Schultafel abwischen.
AHM:
Es ist also ganz anders,wie z.B. der Malakt von Rissa und Tannert.
VT:
Es stimmt nicht ganz.Ich fange auch oft mit einem großn Farbmeer an, das auf der Leinwand schwimmt. Dazu brauche ich aber immer einige kleine thematische Dinge in diesem informellen Farbrausch. Diese Dinge sehe ich aber immer erst dann,wenn ich die Bildform fertig habe. Man kann also auch bei mir sagen,daß die Bildform informelle Strukturen aufweist. Bei mir tauchen dann aus diesem informellen Bildgrund Gestalten oder Gegenstände immer wieder auf. Bei mir ist es aber folgendes.Wenn ich nur den informellen Bildgrund sehe,habe ich nie den Eindruck,daß dieses Bild fertig ist.
KOG:
Dadurch wirken aber Ihre Bilder so poetisch. Durch die Andeutung gegenständlicher Dinge ,die in Ihrem informellen Malgrund auftauchen. Wenn in Ihren Bildern diese Figuren,nicht vertreten wären,könnte man sagen, das hat der Thieler vor Jahren schon gemacht. Aber in dem Moment,wo eine Figur oder ein Gegenstand angedeutet wird, bekommt die Komposition einen Landschaftscharakter,und es kommt etwas ganz seltsam Romantisches hinein.
Rissa :
Genau,ohne daß es direkt vor der Landschaft gemalt wurde.
AHM:
Herr Tannert,kommt das Figürliche spontan in Ihre Bilder, oder machen Sie vorher auch Skizzen?
VT:
Wenn ich den informellen Malfond gemacht habe,sehe ich Stellen die sich verdichten,zu Figuren oder Gegenständen,die ich daraus machen könnte. Dann mache ich Skizzen,um das eventuelle Ergebnis zu klären.
AHM:
Das Bild ist also da,und wird dann gefüllt. Brauchen Sie zu dieser Auffüllung mehrere Tage?
VT:
Ja,sicher. Manchmal schafft man es aber auch in einem Arbeitsschritt. Nämlich dann,wenn ich die Figur vor meinem Auge sehe.Dann male ich auch in das nasse Bild rein. Oft mache ich diese Sachen aber auch erst Tage später.
AHM:
Rissa,bei Ihnen scheint jedes Bild ein langwieriger Prozeß zu sein?
Rissa :
Ja,sicher.Ich habe mehrere Phasen. Eine Phase ist die spontane Bildidee,d.h.,ich sehe diese Idee. Dann male ich diese Idee in meinem typischen Bildschematismus durch. Ich benutze ja immer wieder diese Schnipsel,sowie informelle Strukturen,Passagen usw. Dann habe ich synthetische Ideen. Diese Bilder denke ich mir erst zusammen.Dazu benutze ich auch Photos,die Natur oder Vorstellungen aus meinem Kopf.
AHM:
Fügen Sie das dann collagenhaft zusammen?
Rissa :
Nein,vieles zeichne ich erst von Hand auf die Leinwand.Eine andere Art ist zum Beispiel mein Krötenbild.Diese Kröte habe ich im Garten gefunden und dann in ein Weckglas gesetzt. Dann habe ich sie gezeichnet. Den Blumenstrauß auf dem Bild habe ich aus einem verwelkten Strauß rekonstruiert. Das bedeutet für mich symbolisch die Wiederauferstehung,da ich den Strauß von einer Freundin bekommen habe,die leider verstorben ist. Ich habe dann das alte klassische Prinzip,großer Blumenstrauß und kleine Kröte,umgedreht in große Kröte mit kleinem Strauß.
VT:
Das ist ja auch eine Zufälligkeit.
Rissa :
Ja,genau.Denn vorher hatte ich diese Dinge auch nicht zusammen gesehen.
VT:
Ich möchte noch zu den Zufälligkeiten im Informel etwas sagen. Diese zu erreichen erscheint mir,da ich dieses oft versuche,sehr schwierig. Oft habe ich nur mäßigen Erfolg,da es einem zufallen muß. Wahrscheinlich ist es so,daß es Künstler gibt,denen diese Zufälle gelingen,während anderen das nicht gelingt.
AHM:
Hr.Tannert,wie sieht es jetzt mit Ihrer Kunst aus.Sie waren ja gerade wieder in Italien,in Ligurien.Beeinflußt Sie die jetzige italienische Kultur,oder würden Sie sagen,das jetzige Italien bzw.Ligurien inspiriert mich,da ich mich an historischen Orten,z.B.Portofino und Rapallo,befinde.
VT:
Ich kann das nicht verleugnen,aber nicht in dem Sinne,daß ich etwas aktuelles davon erwarte,z.B.Malerei in den Zeitungen. Das interessiert mich nur als Abbildung. Das erinnert mich aber immer wieder an Gerhard Richter.Somit kann ich aber letzlich nichts damit anfangen.Ganz allgemein färbt Italien schon auf meine Malerei ab.Aber im konkreten Fall könnte ich kein einziges Bild benennen, wo ich sagen mßüte,das hätte nur dort entstehen können.
AHM:
Als wir letzten Dezember telefonierten,erzählten Sie mir,daß um diese Zeit in Ligurien noch die Farben sehr hell wären.
VT:
Ja,genau.Wenn ich wieder mit den Bildern aus Italien in Köln bin, sehe ich auch diese leuchtenden Farben. Das stört mich dann immer etwas in dieser in Köln ja tristen Zeit. Oft wünsche ich mir dann etwas mehr grau in diesen Arbeiten.
AHM:
Warum sollen Farben nicht leuchten und Bilder nicht schön sein?
VT:
Farben schlagen sich oft auch gegenseitig tot.Mit etwas grau kann man Farbe erst zur Farbe werden lassen.
Rissa :
So ist es.Es ist dieser spannende Kontrast.
AHM:
Wir waren gerade im Quartier Latin in Paris und in Berlin.Was uns auffiel ist,das in Paris die Bilder viel kräftiger sind.Man sieht wieder Menschenbilder,Akte und Landschaften.Alles in kräftigen Farben. Bei uns sieht man das leider nur sehr wenig,bis auf,sagen wir mal, die Rissa-Schule.Haben wir Angst davor,solche Bilder zu malen?
Rissa:
Das liegt daran,daß bei uns die Konzept-Kunst überhand genommen hat. Duchamp und Beuys,und kein Ende.Das läuft heute.
AHM:
Vielleicht ist es ja unsere Mentalität.Wir sagen ja,dieses Bild ist schön, aber es wird nicht überdauern.
Rissa:
Ich weiß nicht,ob es so gut war,daß wir Deutschen diesen sogenannten häßlichen Expressionismus geschaffen haben. Dazu hatten wir auch noch diesen düster-grau brillanten Corinth. Vielleicht liegt es aber nur daran,daß Paris südlicher liegt. Es ist goldener,heller.Die Farbe ist freundlicher.Desweiteren wird schon seit Jahrhunderten behauptet,die Peinture dort sei schöner als die unsrige.
AHM:
Ich finde,daß in Deutschland kein renommierter Künstler schöne Akte malt.In Paris sieht man in jeder dritten Galerie tolle Akte. Aus deutscher Sicht würden wir aber sagen,das ist Kitsch,ist furchtbar.
KOG:
Akte verkaufen sich natürlich auch besser.
AHM:
Schöne Landschaften sieht man aber auch.
Rissa:
Leider habe ich diese Bilder nicht gesehen.Sie meinen aber nicht die Maler,die dort an den Buchständen verkaufen?
AHM:
Nein,die meine ich nicht.Ich meine die klassischen Maler,die in Galerien ausstellen.
Rissa:
Im Stile des Nachimpressionismus?
AHM:
Ja,es liegt zwischen einem Richterïschen Realismus und einer Art Nachimpressionismus.Dieser Stil ist dort sehr verbreitet. Wir würden es eher als Kitsch empfinden.
Rissa:
Also doch Kitsch.
AHM:
Ja,sage ich mal einfach von meiner Erziehung bzw.Tradition her. Trotzdem kann ich nicht verleugnen,daß mich diese Sinnlichkeit,die über solch eine Landschaft rüberkommt,doch anzieht. Meine Frau meint,daß man bei diesen Bilder weniger intellektuelle Arbeit leisten muß.Die Bilder gehen direkt ins Mittelhirn,in die Sinneswahrnehmung. Ich frage nur deshalb,weil die Franzosen dieses Bedürfnis befriedigen, während bei uns dieses Bedürfnis unbefriedigt bleibt. Meiner Meinung nach haben wir es deshalb so schwer,einer breiten Bevölkerungsschicht die Kunst nahe zu bringen. Wir machen es ja in unseren Museen der breiten Masse so schwierig. Wir befriedigen nicht diese triebhafte Sinnlichkeit.
Rissa:
Ja,sicher.Ich befriedige diese aber.
AHM:
Ja,Sie tun es.Sie sind aber die Ausnahme von der Regel.
Rissa :
Das normale Publikum,z.B.der Handwerker,der zu und kommt,der findet meine Bilder toll.Diese Leute würden diese Bilder,wenn sie 1000DM kosten würden,alle kaufen.
AHM:
Ja,das glaube ich auch.
VT:
Akte sind hier bei uns sehr beliebt.Leider haben wir nur eine Vergangenheit, in der es auch jede Menge Akte gab. Dem haben die zeitgenössischen Künstler aber einen Riegel vorgeschoben.
Rissa:
So habe ich das noch nie gesehen.Wenn ich meine Akte ansehe, habe ich noch nie den Eindruck gehabt,Nationalist zu sein.
VT:
Sicher nicht.Aber leider kommt man heute,so glaube jedenfalls ich, sehr schnell wieder in diese Ecke. Auch dann,wenn man diese Akte nicht wie z.B.Breker malt.
Rissa :
Das mache ich natürlich nicht.Meine Akte sollen eher unter POP-Art und Erotik angesiedelt sein.
AHM:
Ich wollte nur etwas provozierend fragen.Auch ich glaube,daß wir durch die NS-Maler gebrannte Kinder sind.Aber-wir sind doch lernfähig. Der Deutsche hat doch politisch sehr viel gelernt. Holger Bunk,beispielsweise,versucht doch gute Akte zu machen.
VT:
Ja.Holger Bunk ist jemand,der richtig Fleisch malen kann.
AHM:
Ja,das ist richtig.
VT:
Das ist nicht nur ein Caput Mortuum mit Weiß dazwischen,sondern da sind auch blaue und grüne Farbtöne drin. Teilweise ist die Zusammenstellung abenteuerlich.
AHM:
Kämen Akte auch für Sie nicht in Frage,statt eines Schafes zum Beispiel.
VT:
Das ist auch für mich ein Reizthema.Akte sind etwas,was tabuisiert ist. Sowas reizt mich natürlich dann auch. Nur-es ist schwierig,das gut und überzeugend zu machen.
AHM:
Richtig.Das sehe ich auch so.
KOG:
Hr.Tannert,ich kenne Ihre Arbeiten aus dem Lyoner Katalog. Wie arbeiten Sie zur Zeit.Machen Sie jetzt auch größere Figuren, oder wie dort,nur kleine Figuren in großen Landschaften.
VT:
Meine Figuren sind immer noch klein,praktisch zusammengeschrumpft.
KOG:
Die Arbeiten sind alle aus den 80er Jahren.
VT:
Ja,richtig.Meine ganz frühen Arbeiten bestanden auch aus Figuren, die aber verstückelt waren. Figuren,bei denen ganze Körperteile fehlten.Oder wo eine Hand in einen Fuß überging.
KOG:
Wie arbeiten Sie heute.Ich meine,die letzten 4-5 Jahre. Sind die Figuren im Vergleich zum Bildformat immer noch klein.
VT:
Ja,das war meine Standardlösung,von der ich aber langsam wegkommen möchte. Da müßte sich aber plötzlich etwas ergeben.Zur Zeit habe ich dafür noch keine Lösung.Zu einem reinen abstrakten Maler kann ich aber nicht werden.
Rissa:
Auch ich bin neben dem großen KOG nicht zu einem abstrakten Maler geworden,obwohl ich auch informelle Bilder gemalt habe.
KOG:
Sie hat 1962 wundervolle abstrakte informelle Bilder für das Staatsexamen gemacht.
Rissa:
Ja,schon.Aber ich habe gemerkt,daß ich mir etwas ganz anderes ausdenken mußte.Ich habe sowieso mehr eine erzählerische Mentalität.
VT:
In den Arbeiten,mit der ich mich an der Akademie beworben hatte, war auch diese erzählerische Komponente drin.Das erste,was Peter Kliemann mich fragte,war,ob ich nicht besser Filme machen sollte.
AHM:
Um nochmals auf abstrakt-gegenständlich zu kommen. Bei Volker Tannert fällt mir besonders die gute Proportionierung zwischen abstakt und gegenständlichem auf. Auch halte ich Sie für einen klassischen Vertreter der deutschen Romantik, während Dahn und Dokoupil versucht haben,durch Experimente oder Zerstückelung wie bei Dahn,sich weit von einer konstanten Malerei zu entfernen. Bei Dahn kommt wahrscheinlich dieser Beuys-Druck hinzu.
VT:
Dahn hat das ja erst nach Beuys Tod gemacht,vorher war das nicht so.
AHM:
Ja,Sie haben recht.
KOG:
Was hat Dahn denn vorher gemacht?
VT:
Bis zu Beuys Tod hat er viel gemalt.Seitdem macht er Objekte.
KOG:
Gemalt hat er also,als Beuys noch lebte.
VT:
Ja.
AHM:
Und an und für sich ganz eindrucksvolle Bilder. Eindrucksvoller,fand ich als Dokoupil. Dokoupil ist vielleicht die Polke-Schule in jung,da er ja viel experimentiert hat,und mal so und mal so malte, während die klassische Variante mehr von Tannert vertreten wird. Beide aber innerhalb unserer Postmoderne,beide Ströme,informel und realistische Pop-Art ineinander fließen,oder sehen Sie das anders,Hr.Tannert?
VT:
Ich sehe das immer klarer.Bisher dachte ich,Polke sei von Hoehme geprägt,jetzt höre ich ,daß er vorher Götz-Schüler war.
KOG:
Das hat er bei mir aber nicht gelernt.
Rissa:
Das stimmt aber nicht ganz. Sein Schlüsselerlebnis ist Picabia.
KOG:
Ich hatte damals,Anfang der 60er Jahre,Polke auf dem Flur getroffen,da hatte er sein erstes,ein bischen Picabia-haftes Bild gemalt. Hör mal,habe ich gesagt,Picabia war doch ein toller Maler. Da bekam er einen roten Kopf. Ist aber doch ganz legitim,daß man sich anregen läßt,von einem der großen Meister,und dann daraus etwas Eigenes macht. Mein Eingriff bei den Schülern war der,daß ich sie über Wochen und Monaten stimuliert habe,das was sie gemalt hatten,weiterzuverfolgen. Und nicht immer wieder was anderes zu versuchen.Motto:Mach mal weiter. Dann kam entweder ein Höhepunkt oder ein Tiefpunkt. Wenn sie down waren,habe ich versucht zu helfen,um sie aus dem Loch zu holen. Beispielsweise einfach über andere Dinge zu reden.
AHM:
Hr.Götz.Gab es zu Ihrer Zeit noch Lehrer,die in den Bildern der Schüler Korrekturen anbrachten?
KOG:
Nein,das gab es nicht.
Rissa:
In eine fremde Arbeit zu retuschieren,das gibt es nicht.
VT:
Beuys hat das aber noch gemacht.
AHM:
Ja,von dem habe ich das auch gehört.Wenn Schüler zu Ihm kamen, sagte er,du mußt noch diese Linie machen usw.So wird erzählt.
Rissa:
Es ist ja auch nicht schlimm,nur heute wird es nicht mehr gemacht. Es macht vielleicht nur der Lehrer für das Aktzeichnen.
AHM:
Aktzeichnen gibt es also wieder.
Rissa:
Ja,sicher.Wir haben bemerkt,daß,falls die figurative Malerei wieder anwächst,dieses auch solide aufgebaut werden muß. Sonst malen wir bis ins Jahr 3000 nur kleine Gnome. Man muß also wieder einen anderen Aspekt der Gegenständlichkeit anpeilen.
AHM:
In Paris gibt es in einer kleinen Seitenstrasse die Akademie Cola-Rossi. Dort kann man als Besucher durch Scheiben in die Klassen schauen. Diese Klassen waren rappelvoll.Alle befaßten sich mit Aktzeichnen. Wir haben gestaunt,daß es schon morgens,gegen 11,so voll war. Ist in Düsseldorf das Aktzeichnen Pflicht für die Ausbildung?
Rissa:
Nein,nicht unbedingt.
VT:
Bei mir war es noch so.Ich glaube,mindestens ein Semester war Pflicht.
Rissa:
Ja,aber nur im Orientierungsbereich ist es Pflicht.Nicht im eigentlichen Studium.
AHM:
Orientierungsbereich läuft wie lange?
VT:
2 Semester.
AHM:
Was macht man dort?
Rissa :
Dort sollte man sich an Stilen und künstlerischen Konzepten orientieren.
AHM:
Gibt es einen Schulplan.
Rissa:
Einen direkten Plan gibt es nicht. Eine Lehrerin,Prof.Kimme,ist mehr bildhaurisch tätig, während Hr.Thiemann die Malerei abdeckt. Dann gibt es noch andere,die zusätzliche Akzente setzen sollen. Hr.Tannert,haben Sie noch Tony Cragg gehabt?
VT:
Nein,nicht mehr.Damals war es noch Lambert Wintersberger. Der hat zwar nie viel gesagt,trotzdem haben seine Studenten Ihn sehr verehrt.
KOG:
Ja,Wintersberger war ungeheuer introvertiert.Mir hat er mal erzählt, daß er sich als Gastdozent auf der Akademie nicht besonders wohlfühlte.
Rissa:
Er ist kein Lehrertyp.
KOG:
Er ist eine Malerfaust,eine richtige Malerfaust.
AHM:
Er hat ja auch ein akzeptables Oeuvre.
KOG:
Natürlich.Er hat Maler und Anstreicher gelernt,sowie Restaurator. Er war auch Kirchenmaler,konnte sogar Marmor imitieren.
VT:
Marmor imitieren lernt man auch auf der Ecole de Paris. Das dauert dort 2-3 Jahre.
KOG:
Ja,der Wintersberger,ein guter Maler.
AHM:
Ich möchte nochmal auf ein Stichwort kommen. Objektive Sachverhalte in Bildern.Kann man das sowohl in der gegenständlichen,als auch in der informellen Malerei feststellen?
KOG:
In der informellen Malerei ist jeder Klecks und jeder Fleck ein Objektiver Sachverhalt. In der Akademie ist ja dieser Asphaltboden in den Klassen,voller Farbe und Flecke.Das gehört sich ja auch so. Wir haben mal primitive Passepartouts gemacht und auf den Boden hin- und hergeschoben.Es gab richtige Bilder,nur durch diese Bodenflecke. Der objektive Sachverhalt war in diesem Fall die festgetretene Farbe.
AHM:
Gut,Sie machen eine Aussage.Ich möchte auf etwas anderes raus.
KOG:
Ja,aber auch ein Pinselstrich ist ein objektiver Sachverhalt.
AHM:
Ja,das reicht aber doch nicht.
KOG:
Mir reicht das.
AHM:
Sie sagen,Sie wollen in Ihren Bilder objektive Sachverhalte darstellen.
KOG:
Ja,ja richtig.
AHM:
Ein Pinselstrich ist m.E.ein Gegenstand.
KOG:
Kunsthistoriker sagen immer,das ist subjektiv.
AHM:
Was ist denn dann ein objektiver Sachverhalt?
KOG:
Jeder Klecks.
Rissa:
Ich würde sagen,es ist eine Begriffsunterscheidung. Sie,Hr.Murken,verstehen etwas kompliziertes darunter, während KOG darunter eine Aussage versteht:Der Pinselstrich ist die Aussage.Das ist das,was auf der Leinwand ist. Der objektive Sachverhalt ist,das da Farbe drauf ist,die so und so aussieht,so und so hell oder dunkel ist,usw. Das ist für einen Künstler der objektive Sachverhalt. Das dahinter noch etwas anderes ist,ist nicht so wichtig.
KOG:
Die Frage ist natürlich hochinteressant. Es ist die typische Kunsthistorikerfrage. Denn mit Recht sagt der Historiker,die Art wie Sie den Klecks machen, ist letzlich eine persönliche Sache.Dieses kann der behaupten, ohne das ich Ihn wiederlegen kann.Nur-mir ist das egal.
AHM:
Jetzt frage ich natürlich weiter. Sie machen also den objektiven Sachverhalt mit dem Pinselsstrich. Ist das alles,wollen Sie nicht mehr sagen?
KOG:
Nein,so ist das nicht.Das Mehr ist die Komplexizät des Bildes. Das Ineinander,das Übereinander,das Gegeneinander von Rhytmen und der Hell-Dunkel-Kontrast.
AHM:
Das wäre dann eine narrative Erzählung.
KOG:
Nein,ich mache nichts narratives.
Rissa:
Leonardo hat mal gesagt,in jeder Wolke ist ein Löwenkopf. Das ist eine urmenschliche Eigenschaft,weil der Mensch immer wissen will,was dahinter ist.Das hat mit Angst zu tun. Wenn da etwas undefinierbares ist,fragt er sich,ist das ein Wolf oder ist das ein Schwein,oder ist es ein Pflug. Der Pflug kommt nicht auf einen zu,also ist es harmlos. So kann man also in einer Wolke Figuren erkennen. Das ist wohl archaiisch in uns angelegt.Die Künstler wollten aber immer gegenständlich malen,zumindest bis zum Niederfallens des Gegenstandes, so um 1907.Dafür mußte er aber auch die Farben finden. Heute wo wir 3 Strömungen haben,Konzeptkunst,gegenstandslose und realistische Kunst.
AHM:
Interessiert Sie auch der Betrachter,wenn Sie malen?
KOG:
Hinterher ja.Wenn das Bild trocken ist,habe ich ein großes Interesse daran, was meine guten Freunde dazu sagen. Oder was sagt ein größerer Kreis von Kennern dazu.
AHM:
Malerei geht also doch nicht ohne den Betrachter.
KOG:
Nein.Das ist eine interessante Frage.Dazu eine kleine Anekdote von Besuchern. 3 Typen,ob aus Köln oder Aachen.Ist egal.Die kommen ins Atelier. Da steht ein abstraktes Bild.Oh,sagt der eine,das ist ja ein Dampfer auf dem Rhein.Wieso,sagt der zweite,das ist doch ein springendes Reh,das sieht doch jeder.Da sagt der dritte:Ihr seid alle verrückt,das ist doch ein ganz großes Gesicht,eine Maske ist das.So ist das mit dem Sehen.
Rissa:
Ja,das gibt es öfters.Wir haben das schon mehrmals erlebt.
KOG:
Das Assoziationen entstehen ist ganz legitim. Selbst wenn ich meine Bilder betrachte,habe ich Assoziationen Nur,ich habe auf den Bildern auch Passagen,die nicht assoziativ sind.
AHM:
Ja,sicher,das ist klar. Mir geht es vor allem um Publikum und Künstler. Es gibt ja Künstler,die keine Besucher haben wollen. Die wollen auch ihre Arbeiten nicht verkaufen. Meines Erachtens führt das aber in eine Sackgasse. Denn das Genie im Elfenbeinturm ist kein Genie. Ich bin erst Genie,wenn das Publikum das sagt. Denn erst durch Publizität kann man sagen,dort lebt ein Genie.
Rissa:
Ja,schon.Weil das Publikum es so benennt.
KOG:
Eluard hat mal gesagt,ein Gedicht ist ein totes,bedrucktes Stück Papier. Erst wenn ich es lese,entsteht Poesie im Kopf. So ist es auch bei Bildern.Wenn keiner sie sieht,sind sie auch nur tot.
Rissa:
Ja,aber das Bild ist trotzdem da.
AHM:
Ansonsten würde ja durch Publizität auch keine Ströme oder Stile entstehen,die ja in einer Art Rückkopplung entstehen.
Rissa:
Durch Kommunikation.
AHM:
Ja sicher.Sonst würde es ja nicht weitergehen.
Rissa:
Ich habe ja in K.O.Götz mein Publikum. Dabei ist der Altersunterschied günstig,weil er eine große Lebenserfahrung hat. Er ist mir also viel Publikum,er kann mir viele Menschen ersetzen. Ich glaube nicht,daß große oder bessere Kunst im stillen Kämmerlein entstehen kann.Man muß sich ja auch in der Kunstgeschichte umsehen. Zumindest muß man einen Gesprächspartner haben. Was später aus einem Werk wird,ist natürlich eine andere Sache.
AHM:
Es gibt ja jetzt die Versuche der Art Brut,der schizophrenen Malerei, z.B.Gugging.
VT:
Diese Künstler finden es aber toll,wenn man ihre Sachen gut findet. Ich habe die Gugging-Künstler mal in Köln bei einer Eröffnung getroffen. Die fanden es super,daß ihre Arbeiten aus dem stillen Kämmerlein den Weg in die Öffentlichkeit fanden. Sie sind in sich selbst noch geschützt,sonst müßten sie sich fragen, ob ihre Wahl richtig war,wegen der Kunstkritik. Diese Art Kunstkritik war ja fast ein Malverbot der 70 Jahre, die sagte,das ist subjektiv,du bist ganz nah am Faschismis. Jetzt dürfen wir zumindest mal wieder sagen,daß wir erstmal für uns malen.Ich möchte ja erst mal etwas für mich machen,was m.E. nach persönlichen Maßstäben in dieser Welt fehlt. Wenn ich kein Bild vermisse,brauche ich auch keines zu malen. Deshalb habe ich auch schöpferische Malpausen. Wenn mein Leben in Ordnung ist und ich nichts vermisse,mache ich Pause. Irgendwann vermisse ich etwas.Dann male ich,um diese Lücke zu schließen.
Rissa:
Das ist sehr klug.Ich sage meinen Studenten oft,wenn die irgendwas pinseln, das braucht du nicht zu machen.Das fehlt nämlich nicht auf dieser Welt.
AHM:
Sind die dann nicht deprimiert?
Rissa:
Natürlich sind die deprimiert. Die werfen diese Sachen natürlich nicht weg,weil sie noch den Speck der Jugend haben. Gottseidank. Es ist ihnen aber schwer beizubringen,wenn diese alten Triebe,malen macht Spaß,ich will etwas ausdrücken,ich will anderen etwas mitteilen,wenn ich die Studenten mit diesen drei Statements richtig auflaufen lasse,dann merke ich sehr schnell,daß sie nicht genau wissen,was sie da gesagt haben.
KOG:
Wir wollten noch etwas über subjektiv und objektiv sagen. Ich habe viel über Mondrian gelesen,was Kritiker und Kunsthistoriker geschrieben haben. Sie sagen,daß er nach mathematischen Regeln seine Bilder aufgebaut haben soll. Aber,das ist objektiv nicht nachweißbar. Es gibt keinen objektiven Bericht seinerseits darüber,daß er tatsächlich mit mathematischen Formeln gearbeitet haben soll. Freunde von Mondrian,das Ehepaar Hella u.Robert Michel,haben mir erzählt,daß er Pappstreifen,gefühlsmäßig,über die Leinwand schob,und diese dann mit Heftzwecken am Rand fixierte. Dann hat er Linien gezogen,und die Leinwand flach auf den Tisch gelegt. Dann wurden diese Flächen sauber ausgemalt.
Rissa :
Genau.Ich würde nur sagen,nicht gefühlsmäßig,sondern anschauungsmäßig. Man ist zwar der Meinung,das ist ein Gefühl,im grunde ist es aber anschauen. Man hat zwar Gefühle dabei,wie die Angst,es glückt nicht oder man hat das Gefühl,super,es ist vollbracht. Nur über die Optik kann man sich ein Urteil bilden. Das muß größer,das muß kleiner,das wird schwärzer,das wird dunkler usw. Bei mir ist das zumindest so.
VT:
Ich hätte mich auch gewundert,wenn es nach mathematischen Gesetzmäßig- keiten gegangen wäre.
AHM:
Ja,aber es gibt doch den goldenen Schnitt. Dürer hat doch versucht,mathematisch die Proportionen des Menschen zu erfassen.Und der goldene Schnitt spielt doch auch heute noch eine Rolle. Dürer hat ja den Menschen vermessen und hat mathematische Proportions- skizzen gemacht.
Rissa:
Das stimmt schon. K.O.Götz und ich haben in 1972 eine Untersuchung über den goldenen Schnitt gemacht.Ergebnis:Viel weniger goldener Schnitt als gedacht. Ein Künstler will das ja auch nicht.Er will nicht festgelegt sein. Er will nur frei sein Bild malen.
AHM:
Ja,das ist ja auch das Genie der Malerei,daß er sich frei macht.
Rissa:
Vor allem frei von alten Gesetzmäßigkeiten.
AHM:
Eine andere Frage.Wird man ein guter Maler durch Erfahrung,wie der gute Arzt z.B..Man hört ja immer,gehe zu einem Arzt mit Erfahrung und nicht zu einem jungen unerfahrenen Arzt. Umgemünzt auf die Malerei frage ich Sie,ist das Jugendwerk überhaupt akzeptabel.
KOG:
Manchmal ist es umgekehrt.
AHM:
Spielt die Erfahrung,die Empirie ein Rolle?
VT:
Wenn ich mir meine frühen Zeichnungen anschaue,kann ich mich immer wieder dafür begeistern,weil ich meine,die haben etwas. Manchmal sind sie etwas unfertig,aber sie sind frisch. Ich möchte z.B.bei Kindern in die Schule gehen,um denen zuzusehen,die noch mit der Zunge im Mundwinkel so richtig deftig malen. Und nicht zu denen,die ihre Zeichnungen fein ausmalen.
AHM:
Das spräche ja gegen Erfahrung.
VT:
Ja schon,aber das spricht eher für das,was einem an Jugendwerken,guten Jugendwerken begeistert. Erfahrung gehört natürlich dazu.Ich genieße das,z.B.bei Richter,so malen zu können.Nur manchmal ist es mir zu glatt.
Rissa:
Zu routiniert.
KOG:
Wenn ich meine frühen Sachen aus den 30er u.40er Jahren sehe,bin ich manchmal auch platt,auf welche spontanen Ideen ich gekommen bin. Wie ich diese Ideen hinbekommen habe,und wie naiv ich daran gegangen bin. Nur ich muß sagen,je mehr Erfahrung man im Laufe der Jahre bekommt, desto weniger Naivität hat man letzlich.
AHM:
Weil man in der informellen Malerei das Repertoir besser beherrscht?
KOG:
Ja,schon.Aber davor sollte man sich hüten.Besonders vor der Routine. Denn dann muß man wischen,wie Picasso.Er hat aber nur Partien mit Terpentin abgewischt,während ich mein ganzes Bild wegwische,mittels Wasser und großen Handtüchern. Das ist sehr anstrengend.Anstrengender als die Malerei selbst.Das Saubermachen einer 2x2m großen Leinwand ist Schwerstarbeit.
VT:
Ist das denn ein haftender Grund?Kann man denn eine mit Formaldehyd behandelte Leinwand abwaschen?Haftet die Farbe überhaupt richtig? Besteht eine feste Bindung nach dem Trocknen?
KOG:
Ich benutze eine spezielle Grundierung.Eine Hälfte Zinkweiß, eine Hälfte Kreide.Diese binde ich schwach mit tierischem Leim,mit Hasenleim. Der Leim klebt wie der Teufel.Hat man ihn zwischen den Fingern,kriegt man die kaum wieder auseinander. Mann kann aber auch Perlleim nehmen,50g / liter. Das reicht um die Leinwand zu leimen.Nach dem Trocknen kommt die Grundierung. Diese binde ich aber nur mit 25g/liter Hasenleim. Grundieren muß ich 3 mal. Wenn ich nach dem Trocknen mit der Hand fest über die Leinwand wische,darf sich nur ganz wenig Kreide lösen. Wenn sich nichts löst,ist die Grundierung überleimt.Wird die Hand weiß, ist sie zu schwach geleimt. Das ist letzlich Übung und Erfahrung. Jetzt wird die Leinwand umgespannt auf die andere Seite des Chassis,wo eine Hartfaserplatte drunter ist. Danach wird die Leinwand mit feinem Sandpapier geschliffen und mit 35%Formaldehyd gehärtet, 1: 10 verdünnt. Durch das Formaldehyd findet eine chemische Vernetzung statt. Jetzt kann man jedes Bild,falls es noch naß ist,abwischen. Die Leinwand ist wie eine Schultafel.Zum Saubermachen nehme ich klares Wasser und Tücher,bis die grundierte Leinwand wieder weiß ist.
VT:
Das ist eine gute Sache.Ich möchte wieder öfters mit Aquarellfarben arbeiten, quasi als Zwischenphase,und dann mit Ölfarben beenden. Da ist eine abwaschbare Leinwand natürlich eine gute Sache,da die Farben manchmal zu dick werden. Ganz schwierig ist es,z.B.ein Ölbild zu übermalen.
KOG:
Ja,das ist wahr.Rissa,z.B.übermalt nie ein Bild Wenn sie im Bild eine Stelle zum Übermalen hat,entfernt sie erst mit einem Messer und einem Lappen die Farbe,bis die helle Grundierung erscheint. Dann erst setzt sie die neue Farbe drauf.
Rissa:
Oft nehme ich auch Pergolan-Weiß,nachdem ich die Farbe abgelöst habe, als neue Grundierung. Deshalb,so glaube ich,leuchten meine Bilder,weil ich die Farben nie übereinander bringe.
KOG:
Ich arbeite ja mit Kaseinfarben,genauer gesagt Kaseinfarbe in Kunstharz emulgiert. Die lassen sich naß sehr gut abwischen.Nur warne ich vor Acrylfarben,mit denen ich meine Gouachen mache. Die trocknen so schnell,daß man sie kaum noch entfernen kann. Ist vielleicht für den schnellen Maler praktisch,die Farben übereinander malen. Bei der Kaseinfarbe muß man aber aufpassen.Wenn die zu dick aufgetragen wird,wird sie brüchig.
AHM:
Bei Rissa gehört zum Programm,nicht zu übermalen,klare Farben zu verwenden, während Volker Tannert übermalt.
VT:
Das passiert wohl eher aus Dummheit.Malen habe ich mir mühsam selber beigebracht.
Rissa :
Sie wollen aber sicher einen ganz bestimmten Klang in ihren Bildern erzeugen.
VT:
Ja,einen romantischen Touch.
AHM:
Wie ist das bei Ihnen,Rissa?
Rissa:
Ich rühre mir jede Farbnuance schon vorher an.Von Natur aus habe ich so einen guten Farbensinn,daß ich das fertige Bild schon vorher vor mir sehe.
AHM:
Wie kommt es,daß ihre Farben nicht ineinanderlaufen?
KOG:
Das kommt bei Rissa durch die Konsistenz der Ölfarben.
Rissa:
Man könnte ja meinen,daß ich erst mittels Bleistift das Bild auf die Leinwand zeichne. Dem ist aber nicht so. Ich zeichne nur die Umrisse in Blei.Dadurch weiß ich,wo die einzelnen Details hingehören.
AHM:
Malen Sie zu verschiedenen Zeiten?Die Farbe muß doch auch trocknen.
Rissa:
Nein,nicht unbedingt.Manchmal schaffe ich es,wenn ich mich abrackere, in einem Tag. Dann bin ich aber fix und fertig.Es dauert aber auch 8 Stunden.
AHM:
Ich staune,daß bei Ihnen klare Trennungslinien erkennbar sind.
Rissa:
Ja,das kommt durch die hohe Konsistenz meiner Ölfarbe.
AHM:
Da ist auch keinerlei Zittern in der Linie.
Rissa:
Ja,sicher.Ich male aber auch sehr langsam,sehr genau.
AHM:
Bei Ihnen überlappen keine Farben.
Rissa:
Ja,meistens schon.Aber nicht immer.
KOG:
Sie versucht das zu vermeiden.Denn beim überlappen entsteht immer eine Mischfarbe.
Rissa:
Wenn die Farben etwas changieren,gibt es den malerischen Eindruck,der die Bilder in eine andere Zeit katapultiert.
AHM:
Rissa,Ihre Akte.Malen Sie mit oder ohne Model?
Rissa:
Ohne Model.Mir macht das auch nichts aus.
KOG:
Manchmal zeichne ich Rissas Körper,oder Teile Ihres Körpers,für sie ab. Eine Hand,einen Schenkel oder einen Fuß. Wenn Sie ein männliches Model braucht,dann muß ich Model stehen. Den Bauch macht sie dann immer etwas dünner.
Rissa:
Ich habe auch einfach keine Lust,mir fremde Leute ins Haus zu holen.
AHM:
Aber stören würde Sie es nicht,wenn Sie ein Model hätten?
Rissa:
Nein.Aber das Model müßte so sein:stumm,gefügig und stundenlang ruhig sein. Wo findet man sowas.Vor allem gefügig. Und nicht so: ich friere,ich zittere,ich muß jetzt weg.
AHM:
Wie sieht das bei Ihnen,Hr.Tannert,aus?
VT:
Jetzt mache ich ja Portraits über Fernsehen/Video.Wenn ich das habe,könnte ich es auch mal mit einem Model versuchen. Ich glaube aber auch,daß sie zu ungeduldig sind. Nach 5 Minuten wollen alle schon wissen,was auf der Leinwand ist.
KOG:
Auf der Akademie hatten die Modelle nicht viel zu sagen. Die hatten nur zu liegen oder zu stehen,je nach Schwierigkeitsgrad 15 oder 20 Minuten.Dann Pause.Die sagten auch nichts.Denen war das vollkommen egal, was die Schüler machten.
AHM:
Das waren sicher Profis.
KOG:
Klar.Die bekamen Geld dafür.Eine,eine Spanierin,die war sehr dick und leicht zu zeichnen.Die Modelle interessierte nicht,was auf der Leinwand entstand. Die wollten nur Geld verdienen.
Rissa:
Nur wenn man eine Privatperson braucht,ist das ganz anders.
AHM:
Sicher.Paula Modersohn war fixiert auf Modelle.Selbst in ihrer ärmsten Zeit in Paris hat sie Modelle verwand. Teilweise hat sie auch ihre eigenen Nacktphotos benutzt. Wenn sie kein Geld hatte,hat sie sich selbst gemalt. Sie war aber an lebenden Modellen mehr interessiert. Das kann natürlich auch in der Zeit begründet sein. Um 1900 war doch ein anderer Zeitgeist als heute. Beispielsweise gab es ja noch keine Farbphotos.
Rissa:
Ich mache mir natürlich auch Gedanken darüber.Um mich zu verfeinern, wären Modelle vielleicht sinnvoll - Andererseits haben das schon viele Maler gemacht.Wir leben wirklich in einer anderen Zeit. Trotzdem glaube ich fest daran,daß man auch heute noch neue Bildformen entwickeln kann. Wenn man daran nicht glaubt,könnte mqan ja aufhören. Wenn Sie mir,z.B.eine Konzept-Kunst Arbeit schenken würden, machten Sie mir damit keine Freude. Freude können Sie mir durch ein Bild machen.
AHM:
Egal was?
Rissa:
Nein,natürlich nicht.Nicht jedes dümmliche Bild.
AHM:
19. oder 20.Jh.?.Ist das egal?
Rissa:
Das wäre egal.Ich steh auf Bild. Wenn ich nicht mehr an das Bild glauben würde,würde ich nicht mehr malen.
AHM:
Sie glauben also auch an die Zukunft der Malerei?
Rissa:
Ja,sicher.Ich habe aber schon stärker daran geglaubt.


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