Site hosted by Angelfire.com: Build your free website today!

Gregor Brand: Über den Komponisten SIEGFRIED ALKAN (1858 - 1941) und seine Herkunft

Siegfried Alkan (ca. 1900)


Der Komponist, Pianist und Kaufmann Siegfried Alkan wurde am 30. März 1858 in Dillingen/Saar als Sohn der jüdischen Eheleute Johann Alkan (Dillingen 1820 - 1884) und Johanna geb. Bonn (Luxemburg 1821 - Dillingen 1906) geboren. Die Familie Alkan, die bis in die Dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts in Dillingen/Saar lebte und deren Namen sich vom hebräischen Vornamen Elchanan ableitet, kann in direkter väterlicher Linie bis auf Herz Leib (französisch: Cerf Lion; ca. 1740-1814) zurückgeführt werden, der in der für Juden obligatorischen Namensdeklaration im Jahr 1808 als Familiennamen "ALKAN" angab. Er wohnte zu dieser Zeit in Flatten bei Launstroff (Lothringen). Er soll in Itzbach gestorben sein, doch konnten bislang weder sein genaues Todesdatum noch ein Sterbeeintrag ausfindig gemacht werden.


Der erwähnte Handelsmann Herz Leib Alkan war verheiratet mit Hindele Jacob. Sie hatten vier Kinder: den Sohn Jakob sowie die Töchter Kaille, Layen und Sybille. Layen hatte im Jahr 1808 zwei nichteheliche Kinder: Bernard Alkan und Sara Alkan.

Jakob Alkan, um 1780 in Launstroff/Flatten (Lothringen) geboren und am 5. März 1864 in Dillingen verstorben, heiratete 1809 in Launstroff Gidel Levy, eine Tochter der Eheleute Samuel Levy aus Blotzheim/Elsaß und Beyla Israel aus Niederbronn/Elsaß. Jakob Alkan zog mit seiner Frau um 1810 nach Dillingen, wo er als Musiker tätig war; daneben verdiente er sich den Lebensunterhalt für seine große Familie als Schlachter und Handelsmann. Der katholische Pfarrer Schmitt notierte in den Dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts über ihn:
"Jakob Alkan ist Spielmann, ohne eine Note zu kennen, hatte anfangs nichts, hat jetzt 3 Häuser und einen Garten."
(K. Best: Die Geschichte der ehemaligen Synagogen-Gemeinden Dillingen und Nalbach. In: Unsere Heimat. 13. Jg., Doppelheft Nr. 3/4, 1988, 95 ff).


Grabstein von Jakob Alkan

Dem Ehepaar Jakob und Gidel Alkan wurden zwischen 1813 und 1835 dreizehn Kinder - acht Söhne und fünf Töchter - geboren, die offenbar alle (außer dem als Kind verstorbenen Abraham) heirateten und eine Familie gründeten:

1813: Katharina Alkan. Heiratete 1839 Samuel Meyer aus Neunkirchen.
1814: Samuel Alkan. Heiratete Johannetta Selig. 4 Kinder
1816: Cerf Lion Alkan. Heiratete 1850 Mamel Leib aus Trier-Maar
1817: Ginscham Alkan
1819: Moses Alkan. Heiratete 1854 Dina Sinai aus Grosbliederstroff.
1820: Johannes Alkan (siehe unten)
1822: Johannetta Alkan. Heiratete 1842 Jakob Metzger aus Alf/Mosel.
1824: Lion Alkan. Heiratete in erster Ehe Henriette Sternberg (Westerburg),in zweiter Ehe deren Schwester Johanna. Die Familie lebte in Koblenz. Aus beiden Ehen gingen insgesamt neun Kinder hervor.
1826: Magdalena Alkan. Heiratete 1849 Joseph Simon aus Saarlouis.
1828: Friedrich Wilhelm Alkan. Zog mit seiner Familie 1862 nach Vitry-le-Francois (Frankreich).
1830: Barbara Alkan. Heiratete 1853 Lajeunesse Crehange aus Vantoux.
1833: Adelheid Alkan. Heiratete 1859 Daniel Crehange aus Vantoux.
1835: Abraham Alkan (gest. 1838)

Fast alle Kinder zogen von Dillingen fort, davon mehrere nach Frankreich; in Dillingen blieben nur die beiden Söhne Samuel Alkan und Johannes Alkan mit ihren Familien.

Der Kaufmann Johannes (genannt "Fischel") Alkan (1820 -1884)war das sechste Kind von Jakob und Gidel Alkan. Er heiratete Johanna Bonn (1821 - 1906), eine Tochter der Eheleute Moses Bonn aus Waldwisse/Lothringen und Maria Anna Godchaux aus Luxemburg. Maria Anna Godchaux war eine Tochter des Münzsachverständigen und späteren ersten luxemburgischen Konsistorialpräsidenten Pinhas Godchaux (1766/67 - 1851) und dessen Ehefrau Romaine Cahen aus Metz.


Ein Bruder von Johannes Alkan war Moses Alkan (geb. 1819 in Dillingen). Moses Alkan war der Großvater von Milton Alkan (1892 - 1951) und von Robert Alkan (1891 -1957). Der Kaufmann Milton Alkan, Sohn des in die USA ausgewanderten Henry Alkan, hatte vier Töchter, deren Nachkommen heute in den USA leben.

Moses Alkans Enkel Robert Alkan (1891 - 1957), Cousin 2. Grades des oben erwähnten gleichnamigen Musikers Robert Alkan (1887 - 1983), gehörte zu den französischen Pionieren der sich entwickelnden Luft- und Raumfahrttechnik. Er war Ingenieur und Erfinder, lehrte an der Ecole Nationale Supérieure de l` Aéronautique und gründete 1923 die Hochtechnologiefirma Société R. Alkan.
Robert Alkan wurde mit hohen französischen und internationalen Auszeichnungen geeehrt und war als Commandeur der Ehrenlegion Träger des höchsten französischen Ordens. Nach ihm ist der "Robert Alkan Prize" benannt, der alle zwei Jahre für hervorragende Erfindungen im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnologie vergeben wird.


Johannes Alkan und Johanna Bonn hatten vier Söhne:


- Hermann Alkan (1853 - 1927); Kaufmann
- Abraham Albert Alkan (1855 - 1886), Kaufmann
- Siegfried Alkan (1858-1941), Kaufmann, Pianist und Komponist
- Paulus Alkan (1860 - 1860).

Der Kaufmann Hermann Alkan heiratete Therese Waldbott (1856-1927), eine Tochter des Lehrers Levi Waldbott aus Steinbach/Pfalz. Hermann und Therese Alkan hatten vier Kinder: die beiden Pianisten und Musiklehrer Oskar Alkan und Robert Alkan sowie Johanna Alkan und Klara Alkan. Allen vier Alkan-Geschwistern gelang es, die NS-Zeit in Frankreich zu überleben.


1884 gründete Siegfried Alkan als 26-Jähriger in seiner Heimatstadt Dillingen eine Musikalien,-Buch- und Instrumentenhandlung (Friedrich-Wilhelm-Straße 28). Später arbeitete er zusätzlich als Versicherungskaufmann. Das Wissen, dass Siegfried Alkan auch kompositorisch tätig war, ist in seiner saarländischen Heimat leider weitgehend verloren gegangen. Dort erinnert man sich vor allem an sein Schicksal als Opfer der "Reichskristallnacht" vom November 1938. In mehreren Aufsätzen, die sich auf Augenzeugenberichte stützen, wird dargestellt, wie der achtzigjährige Siegfried Alkan - von Zeitzeugen als zurückgezogener und freundlicher Junggeselle geschildert - in der Nacht zum 10. November in seinem Haus in Dillingen überfallen und zusammengeschlagen wurde. Sein Klavier, auf dem er auch in seinem hohen Alter noch täglich spielte, wurde aus dem Fenster auf die Straße geworfen und ebenso wie die sonstigen Instrumente seines Musikaliengeschäfts mutwillig zerstört. Unter den überall verstreuten Notenblättern sind vermutlich auch viele der Kompositionen von Siegfried Alkan gewesen.

Siegfried Alkan starb am 24. Dezember 1941 verfolgt und vereinsamt in Mainz.

Über das anscheinend recht umfangreiche, wohl vor allem Lieder umfassende kompositorische Werk Alkans ist derzeit nicht mehr viel bekannt.

Zu den Kompositionen von Siegfried Alkan gehören:


- Gruss an die Saar (Op. 32)
- O wüsstest du`s (Op. 39).
- Ur-Großmütterchen (Op. 80). Das populäre Stück galt in den Jahren nach dem 1. Weltkrieg als Da Capo-Nummer aller Salonkapellen.
- Neues Saarlied ("An die treuen Saarländer", Op. 91)
- Hochwaldlied: „Es wälzt sich der Nebel im Thale (Op. 92)
- Hab deine Eltern lieb! (Op. 99).



HOME