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Film: Mittelalterliche Typen gesucht

Thüringer Allgemeine Zeitung
25. März 2002
Von Markus Stelle


Als "mittelalterlicher Typ" bezeichnet zu werden, ist in der Regel kein Kompliment. Für etwa 150 Thüringer bedeutet es aber möglicherweise den unverhofften Sprung auf die Kinoleinwand. Wenn ab April unter anderem an Originalschauplätzen das Leben des Martin Luther verfilmt werden soll, werden jede Menge Statisten gebraucht.

"Männer mit Bärten und langen Haaren, Leute mit krummen Nasen oder abstehenden Ohren", so stellt sich Alexander Stahl jene mittelalterlichen Typen vor. Der Mann hat die Qual der Wahl. Als Caster ist es seine Aufgabe, das Statisten-Team zusammenzustellen. 450 Bewerber drängten sich vor zwei Wochen beim öffentlichen Casting in Gotha, noch einmal 80 hatten am Wochenende im Augustiner-Kloster Gelegenheit. "Da wir hier im Kloster drehen, wollten wir den Mitarbeitern hier und ihren Angehörigen auch anbieten, mitzuspielen", erklärt Alexander Stahl.

Casting, das bedeutet in diesem Fall ein kurzes Gespräch und ein Foto. Anhand der Bilder wird in den kommenden Wochen ausgesucht, wer als Mönch, Patrizier, als Gardist, Stadtoberhaupt oder im einfachen Landvolk vor die Kamera darf. Neben einer kleinen Gage und dem kurzen Leinwandruhm ist vor allem die Aussicht verlockend, während der Dreharbeiten großen Filmstars wie Peter Ustinov oder Joseph Fiennes, der den jungen Luther spielt, über den Weg zu laufen.

Insbesondere bei den kleinen Bewerbern - es wurden auch Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren gesucht - macht Alexander Stahl keinen Hehl daraus, dass Dreharbeiten nicht immer nur Zuckerschlecken bedeuten. An den teuren und deshalb wenigen Drehtagen heißt es für alle Beteiligten meist: früh aufstehen und - zumindest für die erwachsenen Darsteller - spät ins Bett fallen. Ganze fünf Tage nimmt sich der Drehstab Ende April Zeit, um im Erfurter Augustinerkloster authentische Luther-Atmosphäre einzufangen. Viele Szenen auch aus der Erfurter Zeit Martin Luthers werden auswärts gedreht, in Tschechien, Italien, Süddeutschland.

Und noch etwas dürfte vor allem die männlichen Bewerber abgeschreckt haben. Wer als Mönch gecastet wird, kommt nicht darum herum, sich eine ordentliche Tonsur frisieren zu lassen. Wenn in den nächsten Wochen also in Erfurt und Umgebung einige Passanten mit der heute ungewöhnlichen Haartracht herumlaufen, dann wurden sie vermutlich von Alexander Stahl angerufen. Und dann kann man sie im Herbst mit etwas Glück auf der Kino-Leinwand entdecken.


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