Forstarbeiten der Natur
Alaska's Rekordwaldbrandsaison 2004
Spaeter sollte sich herausstellen, dass dieses Wetter fuer drei Monate anhalten und historischen Aufzeichnungen nach zur schlimmsten Waldbrandsaison Alaskas werden wuerde. Das Land lag Mitte Juni unter der Mitternachtssonne und einem grossen Hochdruckgebiet, Temperaturen stiegen tagsueber auf bis zu 35 C im Schatten und die Nachmittagsgewitter brachten dann auch das unabaenderliche: Waldbrand.
Nach ihrer Rueckkehr zeigten mir Daniel und Christoph das oben abgezeichnete Bild, das sie am 15. Juni nach einem Gewittersturm von Nome Creek aus gemacht hatten. Dies ist wahrscheinlich eines der ersten Photos, die vom jetzt in Alaska beruehmten 'Boundary Brand' gemacht wurden, der erst 10 Tage spaeter mit zunehmender Trockenheit und Hilfe eines stetigen Nordwest-Windes an Kraft gewann..
Da es in Alaska seit Jahrmillione Waldbraende gibt, werden diese erst bekaempft, wenn Strassen und Menschen in Gefahr sind. Das Feuer lag in einer 'No supression zone', was hies, dass man dem Waldbrand seinen Willen liess..
Trotz des warmen Wetters machte der durch Blitzeinschlag verursachte Brand nur langsam Fortschritte. Noch enthielt der Boden Feuchtigkeit und aus den steilen Haengen der Taeler floss Schmelzwasser. Als wir am 20. Juni ein weiteres Team an den Beaver Creek brachten umfasste der Brand 4 Hektar und sah eher interessant als gefaehrlich aus. Wir machten nochnicht einmal ein Photo vom Brand. Wie wir ignorierte allerdings auch die Forstbehoerde das kleine Feuer, das spaeter zu einem der teuersten Waldbrandschlachten Alaskas fuehren wuerde..
In der Brooks Range weiter noerdlich begann nun erst die Schneeschmelze. Ganz Alaska lag allerdings weiterhin unter einem riesigem Hochdruckgebiet mit Rekordtemperaturen.
Als am 25 Juni ein Tiefdruckfront am Wetter ruettelte, der Wald seit nun fast 3 Wochen Hoechttemperaturen von 25-35 C erduldet hatte und Nordwinde von bis zu 60 km/h das Feuer schuerten begann der Brand sich in Richtung der dortigen Hauptstrasse (Steese Highway) in Bewegung zu setzen. Lokale Waldbrandarbeiter wurden schlussendlich eingesetzt und das Feuer bekam endlich seinen Namen: 'The Boundary Fire'. Es war nun auf auf dem Weg in bewohnte Gegenden.
Die Tiefdruckfront brachte keinen Regen und nur wenig Bewoelkung. Als es ueber das Innere Alaskas zog wurden allerdings innerhalb von 24 Stunden durch ein alaska-weites elektromagnetisches Bodensystem der geophysikalischen Instituts an der Universitaet Fairbanks ueber 8000 Blitzeinschlaege gezaehlt. Der Wald zwischen Fairbanks und der kanadischen Grenze, ausgedoerrt von Rekordtemperaturen und drei regenlosen Wochen ging in Flammen auf.
Am 27. Juni brachten wir ein Team von Birch Creek, das den Fluss erfolgreich kanut hatte, entlang des Steese Highway zurueck nach Fairbanks, als 20 Meter hohe Flammen im Laufschritt von Baumkrone zu Baumkrone den Hang hinunter auf die Strasse zukamen. Es war das kleine 'Boundary Fire', das wir seit mehr als 10 Tagen beobachtet hatten..
Dahinter tuermten sich hundert Meter hohe Rauchwolken. Als der Truck die Stelle passierte, war das Feuer kaum mehr als 50 Meter von der Strasse entfernt. 500 Meter und zwei Kurven weiter stand ein Waldbrandarbeiter mit einem Stopschild und ruhig erhobener Hand: "Stop"..
Was ist denn los", fragte Mario..
Der Arbeiter in gelber feuerfester und rusverschmierter Montur hielt seinen Vortrag an Motoristen wahrscheinlich nicht zum ersten Mal und die Strapazen seines 16-Stunden Jobs standen ihm ins Gesicht geschrieben. Er war wahrscheinlich zu diesem Job nach 2 Tagen an der 'Front' des Feuers verlegt worden..
"Die Strasse ist voruebergehend geschlossen. Ihr muesst auf ein Pilotenauto warten, und das..."... er warf einen kurzen Blick auf seine Uhr, "kommt wahrscheinlich in 30 Minuten.".
"Ach", meinte Mario in seinem englisch, dem der saechsische Akzent nicht zu nehmen ist: " Ich hoffe, es brennt da vorne nicht so sehr wie 500 Meter hinter uns.... ". Er deutete mit dem Daumen in die Richtung aus der wir grade gekommen waren.
Die Augen des Waldbrandarbeiters wurden erst klein, dann gross, als er die riesigen Rauchwolken hinter unserm Truck betrachtete, die er wohl vorher nicht bemerkt hatte. .
Wir wurden ploetzlich durchgewunken, als der Mann zu seinem Funkgeraet griff um Truppen an die neue Feuerzunge zu rufen. 'Boundary' hatte einen Haken geschlagen und uebersprang am Abend noch den Steese Highway, der als Grenze gehalten werden sollte....., musste !!
In der Nacht drehte der Wind und kam nun aus Osten. Das Feuer begann sich auf beiden Seiten des Stesse Highway in Richtung Fairbanks zu bewegen. Die als 'haltbar' gesehene Feuergrenze des Steese Highway war verloren und wuerde spaeter bis Mitte August nicht wieder aufgebaut werden. Ueber 30 Huetten und 200.000 Hektar wuerden dem Feuer in den naechsten Monaten zum Opfer fallen waehrend es mehrere kilometerlange von Bulldozern in den Busch getriebene Schneisen ueberspringen wuerde.
Mario's Worte zwei Monate spaeter sprach fuer die Gedanken vieler Leute in Fairbanks, als er sagte: " Wenn ich am 15. Juni da hochgegangen waere, haette ich das Feuer wahrscheinlich alleine loeschen koennen...."..
Zur selben Zeit allerdings hatten sich um den 25. Juni ueber 20 weitere Feuer zwischen Fairbanks und der 400 km entfernten kanadischen Grenze entwickelt. Eines davon begann suedlich des Birch Creek an einem kleinen Bach namens Wolf Creek.
Die Gruende, wieso all diese Feuer nicht rechtzeitig in ihren Anfaengen bekaempft wurden hat viele Ursachen. Manche davon gehen von langjaehrigen Erfahrungen aus die die extremen Wetterkonditionen des Jahres 2004 nicht in Betracht zogen. Andere sind abhaengig von der Jurisdiktion einzelner Organisationen. Es hat wenig Sinn den Wirrwarr aus politischen und organisatorischen Gruenden zu erlaeutern.
Das 'Wolf Creek' Feuer an Birch Creek, wie fast 20 andere Feuer wurden zuerst ignoriert. Man konzentrierte sich nun auf das 'Boundary' Feuer.
In Fairbanks wurden Atemwarnungen ausgegeben und das Hospital oeffnete einen kostenlosen mit gefilterter Luft gespeisten Raum fuer Asthmatiker.
Noch hatten allerdings die wenigsten verantwortlichen Leute verstanden, dass die Situation sich verschlimmern wuerde. Viele hatten den Ausmass der Waldbraende noch garnicht begriffen obwohl der Steese Highway geschlossen blieb und Berghaenge noerdlich von Fairbanks evakuiert wurden.
Das 'Wolf Creek-Feuer' entwickelte sich entlang der Suedflanke des Birch Creek ohne Wiederstand.
Kleine Gewitterstuerme fachten es nachmittags an; es ruhte ueber Nacht und breitete sich wie 'Boundary' nach Lust und Laune aus. Immerhin lag auch dieser kleine Waldbrand, der spaeter zu weiteren grossen Evakuationen im noerdlichen Bereich um Fairbanks fuehrte in einer 'no supression zone'.
Das Feuer wuerde sich spaeter mit dem Boundary Feuer vereinigen.
Das Wetteramt sagte weitere Gewitter hervor und am nachmittag des 29.Juni zeigte die Universitaet Fairbanks auf seiner Webseite zum ersten Mal den Ausmass der Braende. Der klar ersichtliche Fluss auf diesem Photo ist der Yukon River:
Eagle City am Yukon war ploetzlich von Waldbraenden umgeben und zum ersten Male seit Bestehens des Staates Alaska wurden Waldbrandtruppen von Oregon und Kalifornien in den Norden gerufen.
Ende Juni blieb der Regen weiterhin unter strahend blauem Himmel aus.
Inzwischen waren auch die Gegenden oberhalb des Polarkreises nicht mehr sicher. Mehrere Feuer begannen oberhalb von Fort Yukon. Ein weiters Feuer machte sich um die Oelpipeline am Dalton Highway breit. Waldbraende wurden um Stephen's Village gemeldet. Das Indianerdorf Bettles wurde nur um Haaresbreite (800 Meter) und durch gute Winde vor der Vernichtung bewahrt.
Ein weiteres Feuer bedrohte Venetie an der Suedflanke der Brooks Range und wurde erst nach einer 14-taegigen Materialschlacht 2 km vor dem Dorf gestoppt. Auch hier wie eine Woche vorher in Bettles half eine Veraenderung der Windrichtung.
Ueber 260.000 Hektar Waldfleache fielen den insgesamt 670 Waldbraenden des Jahres in Alaska zum Opfer. Im Gegensatz dazu war der Brandschaden aller anderer Staaten der USA mit insgesamt 90.000 Hektar verhaeltnismaessig gering.
Persoenlich habe ich zwar viele Waldbraende gesehen, kam allerdings nie in die Verlegenheit solch eine Naturkatastrophe auf einem Fluss zu erleben.
Trotzdem kam natuerlich auch bei mir dieses Jahr die Frage auf, wie man sich in solch einer Situation auf einem Fluss verhaelt. Die folgenden Ratschlaege sind eine Sammlung von Ideen aus den 'Forest Fire Fighter' Kursen, die ich in Fairbanks in 1998 absolvierte, meinen eigenen Beobachtungen sowie Gespraechen mit alaskanischen Foerstern (Fish&Game) und erfahrenen Mitarbeitern des alaskanischen BLM. (Bureau of Land Management), die dabei helfen viele der Braende zu bekaempfen:
a) Waldbraende koennen sich zwar gegen die gaengige Windrichtung bewegen, tuen dies allerdings in jedem Falle sehr langsam.
Beachte die Windrichtung.
Gewitterwolken sind allerdings eine der groessten Gefahren in Hinsicht auf unvorhersehbare Wege, die ein Waldrand nehmen kann:
Diese Wolken ziehen Luft vom Boden in das Zentrum der Wolke und koennen innerhalb von Minuten Winde von bis zu 60 km/h erzeugen. Die Bodenwinde kommen von allen Seiten zum Zentrum der Wolke, womit der gaengige Tageswind (z.B SW 20km/h) nicht etwas ist worauf man sich nachmittags unter Gewitterwolken verlassen sollte.
Ein nachmittagliches Gewitter in Oregon fachte einen nun beruehmten Waldbrand, der innerhalb von 25 Minuten 16 km nach Nordosten lief, mehere eigendlich wohlpraeparierte Waldbrandcrews ueberraschte und innerhalb einer Stunde ueber 50 Leute toetete.
Noch 5 Minuten nachdem die unvorhergesehenen Winde aufkamen war der Waldbrand offiziell als 'contained' (unter Kontrolle) klassifiziert.
b) Feuer brennen meist am heftigsten von 12 Uhr mittags bis Mitternacht. Dies haengt mit der nachts hoeheren Luftfeuchtigkeit sowie lokal geringeren Winden zusammen falls groesseres Wettersystem kein groesseres 'Thema' kreiiren.
Falls man vom Fluss auswandern will ist der spaete Abend die beste Zeit, dies zu tuen. In diesem Falle sollte man allerdings laufen bis man nicht mehr kann. Ich persoenlich rate davon ab.
Ein Fluss ist ein hervorragender Schutz. Wasser und grosse unbrennbare Kiesbaenke sind in einem Waldbrand weit mehr wert als eine Karte zum naechsten Dorf. Man sollte angefeuchteten Stoff als Schutzmasken gegen Rauch benutzen und sich daran erinnern, dass jeder Baum nur einmal brennen kann.
Milch ist eine Medizin, die deutsche Feuerwehrleute bis in die 80er Jahre gegen Rauchvergiftung benutzten. Ob dies auch fuer Trockenmilch gilt oder wie es funktioniert ist mir nicht klar. Trotzdem will ich dies erwaehnen. Schaden kann es nicht.
c) Falls man nicht weiss wo das Feuer ist und nur Rauch sieht, sollte man nicht in Panik verfallen. (Eigendlich sollte man ueberhaupt nicht in Panik verfallen.... )
In 2001 war ganz Fairbanks in Rauch gehuellt und jeder fragte wo der Waldbrand waere. Die abendlichen Nachrichten im Radio klaerten uns dann auf:
Das Feuer brannte 600 km entfernt in Sibieren auf der anderen Seite der arktischen Bering Strasse. Ein Tiefdruckgebiet hatte den Rauch bis ins Innere Alaskas getragen und eine lokale Luftinversion hatte es zum Boden gedrueckt. Bodenrauch bedeutet nicht unbedingt, dass einen Waldbrand in unmittelbarer Umgebung exestiert. In den meisten Faellen sind die Waldbraende mehr als hundert Kilometer entfernt.
d) Falls man versuchen will dem Feuer zu entkommen und es wirklich brenzlig wird wurde mir nur ein Rat gegeben:
Aussenkurven haben hohe Ufer aber viel Holz. Halte dich in den Innenkurven, denn wenn die Aussenkurven tatsaechlich brennen sind sie extrem heiss.
Persoenlich wuerde ich hinzufuegen, dass man sein Kanu und seine Atemmaske nass halten sollte. Auch muss gesagt werden, dass es keinen Grund gibt aufzugeben. Jeder Baum kann nur einmal brennen und bietet danach Schutz; Fluesse und Kiesbaenke gehen gewohnheitsmaessig nicht in Flammen auf und Leute mit nassen Lappen vor Mund und Nase haben schon viel schlimmeres ueberlebt als Waldbraende an einem Fluss.
Es gibt viele Moeglichkeiten einen Waldbrand zu erleben.
Panik ist allerdings die einzige Wahl von der ich unbedingt abrate.
Happy Trails,
Peter
Copyright Peter Kamper
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