Frage
und Antwort
Israelfreundliche Christen? Rav Schlomo Aviner
|
Frage: Es gibt einige israelfreundliche christliche Organisationen,
die Geld für die
Siedlungen in Jehuda und Schomron (Judäa und Samaria, "Westufer")
spenden. Auf
den ersten Blick eine wunderbare Sache: sie haben demnach reumütige
Umkehr
getan und sind schon nicht mehr diejenigen Christen, die uns jahrhundertelang
zugesetzt haben, uns vertrieben haben, die uns zur Taufe zwangen und
uns auf dem
Scheiterhaufen verbrannten. Sie scheinen "gute" Christen zu sein, Gerechte
der
Völker, die beim Aufbau des Staates Israel mithelfen, Geld spenden,
wertvolle
Lobbyarbeit leisten und sich für den Zionismus und den jüdischen
Staat begeistern.
Vielleicht sind wir schon ans Ende der Tage gelangt, da uns die Nichtjuden
helfen.
Offensichtlich kehrten sie bußfertig um, und das muß man
doch anerkennen - oder
etwa nicht?
Antwort: Dem ist leider nicht so, denn es hat sich nicht das
Geringste geändert.
Vielmehr kann man leicht die verschiedenen Strömungen im heutigen
Christentum
durcheinanderbringen, die jedoch jede für sich konsequent an ihrer
jeweiligen
Überzeugung und Methode festhält.
Es gibt drei wesentliche Gruppierungen: Katholiken, liberale Protestanten
und
konservative Protestanten.
1. Die Katholiken, Anhänger des Papstes, behaupten, was
in der Bibel über das Volk
Israel geschrieben steht, sei nicht nach dem einfachen Wortsinn
zu verstehen,
sondern Gleichnis. Nach ihrer Ansicht sind gar nicht wir damit
gemeint, deren
Judentum von Generation zu Generation durch die Geburt von einer jüdischen
Mutter weitergegeben wird, vielmehr handele es sich dabei um einen
spirituellen
Begriff. Zwar waren wir am Anfang die Kandidaten für den
Titel "Volk Israel", doch
weil wir sündigten, verbrecherisch handelten und nicht an jenen
Jeschu (Jesus) aus
Nazareth glaubten, verloren wir den Titel an die Konkurrenz. Beim "Volk
Israel"
handele es sich nicht um einen nationalen Begriff, sondern um
einen spirituellen.
Und so sind heute die Christen das Volk Israel, "Verus Israel", das
"wahre Israel",
und wir ein überflüssiger Ballast.
Daher die negative Einstellung der Katholiken zum jüdischen Volk,
und allen voran
der Papst. Es geht hier nicht um Ausnahmen; es gab auch Katholiken,
die ihr Leben
aufs Spiel setzten und sich für Juden aufopferten. Wir reden hier
vom Regelfall, über
die Hunderte Millionen; die die jüdische Religion mitsamt den
Juden hassen. Sind
wir doch ihre schärfste Konkurrenz. Solange wir uns auf dieser
Welt aufhalten, ist ihr
Status Zweifeln ausgesetzt. Darum setzten sie uns zu, verbrannten uns
und
widersetzten sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln der
Gründung des
Staates Israel, und auch heute arbeiten sie gegen uns, wenn auch nicht
offen - denn
sie sind schlauer geworden - aber doch im Verborgenen. Sind sie
doch in ihren
eigenen Augen das wahre Volk Israel, doch wir kehren nach Zion
zurück; da muß
wohl etwas in ihrer Planung schiefgegangen sein. Sie versuchten, die
Gründung des
Staates Israel zu verhindern, und selbst nach Gründung des Staates
auf göttlichen
Befehl bezogen sie immer eine pro-arabische Stellung.
Am Anfang wollte der Vatikan den Staat Israel überhaupt nicht anerkennen.
Die
derzeitige Aufnahme zwischenstaatlicher Beziehungen stellt denn auch
eher eine
taktische Maßnahme dar und deutet nicht auf eine tiefgreifende
Änderung der
Einstellung zu uns. Daß sie "Israel" sind und nicht wir,
ist kein nebensächlicher
Punkt einer Weltanschauung, sondern eines der Hauptfundamente ihrer
Theologie.
Die Katholiken verfolgten immer eine antiisraelische Politik, woran
sich bis heute
nichts geändert hat.
2. Die Protestanten haben keinen Papst, sondern teilen sich in viele
verschiedene
Strömungen. Es gibt liberale, moderne Protestanten, die
sagen, man müsse das
Christentum den Zeiten anpassen, um bestehen zu bleiben. Sie ähneln
darin dem
Reformjudentum, indem sie der Ansicht sind, daß man nicht jedem
Wort und jeder
Angelegenheit der christlichen Lehre genauestens anhängen muß,
es reiche vielmehr,
den allgemeinen Geist zu bewahren, d.h. sich auf Dinge der Ethik und
der
Gerechtigkeit zu konzentrieren. Leider folgen sie dem Staate Israel
gegenüber einer
negativen Politik - unter dem Banner von Recht und Moral - wobei die
Araber immer
im Recht sind und wir die Rechtsbeuger. Darum stehen sie unserem Staat
feindselig
gegenüber. Sie behaupten allerdings nicht, das neue Judentum zu
sein oder das Volk
Israel. All das ist ihrer Ansicht nach legitim, und jeder hat das Recht,
den Weg seiner
Wahl zu gehen. Bezüglich des Staates Israel neigen sie eher zur
arabischen Seite,
nehmen sie in Schutz und verurteilen uns, sozusagen im Namen der Gerechtigkeit.
Nicht aus dieser Gruppe stammen die "Freunde Israels".
3. Die fundamentalistischen Protestanten/Evangelisten mit konservativer
Grundhaltung, die die Bibel wörtlich auslegen. Sie sehen
darin kein Gleichnis, und
das dort erwähnte Volk Israel sind wir. Nicht irgendein rein geistiges
Israel und kein
vertauschtes Israel, sondern wirklich wir. Die Prophezeiungen der Propheten
werden
sich an uns bewahrheiten, und darum freuen sie sich, wenn sie uns nach
Zion
zurückkehren, das Land aufbauen und den Staat gründen sehen:
also hatten die
Propheten recht, und das Volk Israel kehrt in sein Land zurück.
Sie unterstützten den
Zionismus und die Gründung des Staates, von den frühesten
Anfängen bis auf den
heutigen Tag. Sie unterstützen sogar die Besiedlung von Jehuda
und Schomron.
Und wenn sie sich selber fragen, wo dabei denn das Christentum bleibe,
wo ihr Platz
in diesem Arrangement sei?, so lautet die einfache Antwort: Die Rückkehr
nach Zion
ist nur die erste Stufe auf dem Wege zur Erlösung, danach
kommt dann die
Hauptsache - die Bekehrung des ganzen jüdischen Volkes
- denn in ihren Augen
ist nur das Christentum der wahre Glauben. Auch wir sagen, die Erlösung
erfolgt in
kleinen Schritten, wir sehen die Gründung des Staates als großes
Wunder und beten
für seinen Frieden, wir geben zu, daß noch nicht alles rosarot
ist und es leider noch
viele Mängel zu beheben gibt. Doch obwohl man sich noch in Geduld
fassen muß,
befinden wir uns schon jetzt im Prozeß des Entstehens des messianischen
Königtums. Für jene Protestanten besteht das Ideal jedoch
in der Bekehrung aller
Juden, nur in der Zwischenzeit sei die Rückkehr der Juden nach
Zion schon ein gutes
Ergebnis, worüber es sich zu freuen und uns zu helfen gilt - doch
ihr Endziel besteht
in der Bekehrung des ganzen Volkes Israel.
Darum unterhalten sie Missionswerke. Sie unterstützen den Staat
Israel, Jehuda und
Schomron, aber auch die Mission, und sehen dabei nicht den geringsten
Widerspruch, weder ideologisch noch praktisch. Weder ideologisch -
denn der
Zionismus ist für sie nur eine Stufe auf dem Weg hin zum End-
und Hauptziel, der
allgemeinen Bekehrung, und darum arbeiten sie gleichzeitig auf beiden
Ebenen.
Auch nicht praktisch - denn sie gehen schlau vor, durch langsames Eindringen
in die
Herzen unter vertrauensbildenden Schritten. Geldspenden lassen die
Schranken
fallen und öffnen den Weg zum Dialog. Sie laden uns zu sich ein
und laden sich zu
uns ein - sie sind doch Freunde. Und so verschwindet langsam aber sicher
die
natürliche Abneigung vor götzendienerischem Christentum und
seiner blutrünstigen
Vergangenheit, dem Millionen Juden zum Opfer fielen. So entstehen Verbindungen..
Der Führer einer der israelfreundlichen Organisationen sagte:
"Der christliche
Zionismus half bei der Schaffung einer für die missionarische
Tätigkeit und
Bekehrung von Juden zuträglichen Atmosphäre". Natürlich
fallen sie nicht gleich mit
der Türe ins Haus: Konvertiere für Hilfe und Geld! Vielmehr
operieren sie durch eine
langfristig angelegte Infiltration. Wenn sie daherkommen, einem Juden
das
Christentum ans Herz zu legen, stellen sie sich ersteinmal als Israelfreunde
vor,
lassen sich mit bekannten Politikern fotografieren und erzeugen so
Vertrauen.
Sie geben das Geld gar nicht einmal als Trick, um zu missionieren. Nicht
unbedingt.
Sie sind wirklich für den Zionismus, den "christlichen Zionismus",
sie lieben wirklich
Jehuda und Schomron. Daneben lieben sie natürlich auch ihre Religion
und möchten
uns dazu bekehren. Sie haben zwei große Lieben, die einander
nicht ausschließen,
und die Hauptliebschaft ist eben das Bestreben, das jüdische Volk
zum Christentum
zu bekehren.
Darum unterstützen diese fundamentalistischen Protestanten sowohl
die jüdische
Besiedlung des Landes Israel als auch die Mission. Natürlich sehen
sie sich sehr vor,
diese beiden Bestrebungen nicht miteinander zu vermischen, und betrauen
auch
nicht die gleichen Leute mit diesen unterschiedlichen Aufgaben, um
keinen Verdacht
aufkommen zu lassen. Manchmal kann man sie dennoch beisammen antreffen,
z.B.
bei der Freundschaftsdemonstration der "christlichen Freunde Israels"
und den
"messianischen Juden", bei denen es sich durchweg um Missionare handelt.
Einmal
wurde ein Gesetz der Knesset vorgelegt, das jegliche Überredung
zum
Religionswechsel illegal machen sollte. In der Zwischenzeit jedoch
dürfen zu unserer
Schande die Missionare von Haus zu Haus ziehen, um die Juden zum Christentum
zu bekehren, und das tun sie denn auch mit großem Einsatz. Als
das Gesetz
schließlich zur Debatte stand, wurde genau von jenen christlichen
Freunden Israels
enormer Druck ausgeübt, um dessen Verabschiedung zu verhindern.
Bildet sich denn wirklich jemand ernsthaft ein, daß diese überzeugten
Christen in der
jüdischen Besiedlung von Jehuda und Schomron das Ideal ihres Lebens
sähen, mit
dem sie sich begnügten? Weit gefehlt! Darum sollten wir von ihnen
kein Geld
annehmen. Das ist kein "reines" Geld. Dieses Geld stammt nicht von
den Gerechten
der Völker, die sich grundlegend gewandelt haben. Hier hat sich
gar nichts
gewandelt. - Die Katholiken haßten schon immer das Volk Israel,
den Glauben
Israels und den Staat Israel, und so tun sie es auch heute. Die liberalen
Protestanten
messen den tiefgreifenden Fragen von Religion und Nation keine besondere
Bedeutung zu, sondern reden von Moral und Gerechtigkeit, die wir angeblich
mit
Füßen treten. Nur die dritte Gruppe, die Fundamentalisten,
halfen immer. Seit
hundert Jahren unterstützen sie die Rückkehr nach Zion. Doch
nicht ohne
Hintergedanken! Daneben unterstützen sie die Mission, und auch
ihre finanzielle und
politische Hilfe kommt am Ende dem Missionswerk zugute. Man darf kein
Geld
annehmen, das das Christentum und dessen Missionstätigkeit stärkt.
Im Talmud wird eine Geschichte von einer Geldspende der Mutter des Königs
an die
jüdische Gemeinde erzählt, und die Rabbiner verboten damals
die Annahme des
Geldes: "Sind ihre Reiser dürr, werden sie abgebrochen" (Baba
Batra 10b /
Jeschajahu 27,11); das Anfeuchten aber verlängert ihr Leben. Wenn
du von ihnen
Geld annimmst, verlängerst du ihr Bestehen, gibst ihnen einen
Haltepunkt und die
Möglichkeit zum Weitermachen; am Ende stärkst du sie noch.
Wir lieben Geld, das wir guten Zwecken zuführen können, und
wir befürworten
politische Unterstützung im Namen großer Ideale - doch hier
muß man sich der
bitteren Konsequenz der Angelegenheit bewußt sein. Viele teure
Mitmenschen sind
sich dessen nicht bewußt, weil diese Christen Freunde des Landes
Israels sind, mit
verdeckten Karten spielen und nicht offen über ihre Absichten
einer generellen
Bekehrung des jüdischen Volkes zum Christentum reden. Einer ihrer
Führer, von
einem Zeitungsreporter mit der Frage, ob er ein Missionar sei, in die
Enge getrieben,
gab zu Gehör: "Ich bin doch kein Missionar, nein, ich bin kein
Missionar, ich möchte
nur, daß alle Juden an Jesus glauben". Eine clevere Formulierung!
Sie reden mit uns
in der Sprache, die wir gerne hören möchten, sie bekräftigen
die Ehre des Landes
Israels.
Machen wir uns nichts vor! Sie sind nicht unsere Freunde. Sie wollen
unsere Seelen
kaufen. Wir werden sie nicht lassen.