Tschernobyl Journal (Band 3)
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Wenn die Menschen uber Tschernobyl Bescheid wussten, wurden sie zwei mal daruber nachdenken atomare Anlagen zu bombardieren. Wenn Atomkraftwerke oder Produktionsanlagen fur Atomwaffen die Zielscheiben sind, dann ist die Gefahr von atomarer Kontamination sehr hoch. Unsere Welt ist zu klein geworden, um Reaktoren zu bombardieren. Atomare Anlagen im Iran zu bombardieren, um die Welt sicherer zu machen ist Wahnsinn – es ist zu vergleichen mit dem „Heiligen Krieg“ oder dem „Kampf um Frieden“.

Lasst uns nun einen Blick in die Vergangenheit, auf die Halbwertszeit einiger atomarer Elemente, werfen. Wir sehen, in welcher Beziehung atomare Elemente mit dem Fortschritt in der Geschichte stehen. Die Halbwertszeit von Americium betragt 458 Jahre, wurde man dieses Element auf der gesamten Erde verteilen, wurde unsere Zivilisation in die Zeit von Shakespeare zuruckgeworfen werden. Eine Kontamination durch Plutonium wurde unsere Erde fur 24,400 Jahre verseuchen, uns in die Steinzeit zuruckwerfen. Neptunium-237 hat eine unglaubliche Halbwertszeit von zwei Millionen Jahren, wir wurden wieder Affen sein.

Im Gegensatz dauert die nutzliche „Halbwertszeit“ eines Politikers nur wenige Monate, und meistens kann er wahrend seiner Amtszeit keine Probleme losen, weil er sie ja angeblich nicht kennt. Lasst mich noch ein anderes Beispiel geben um zu erklaren wie klein und miserabel die Ambitionen unserer Politiker sind: Wenn die Romer die Atomenergie erfunden hatten, und jemand hatte ihre Reaktoren bombardiert, dann wurde dieses Gebiet heute noch immer Spuren von Radioaktivitat aufweisen und es wurden noch immer, 2000 Jahre spater, bewaffnete Soldaten, die den hochgradig verstrahlten Mull bewachen, existieren.

Marz, 2007

Eine optimistische Anmerkung

In den letzten Tagen arbeite ich an der Ubersetzung meiner Website, vor allem an der Ubersetzung der Artikel in verschiedene europaische Sprachen. Die Ubersetzungsarbeit begann im Dezember 2006, und bereits im April 2007 waren mehr als 800 Seiten ubersetzt. Dies ist sehr wichtig, denn Tschernobyl ist sozusagen die „Achilles Sehne“ des nuklearen Monsters. Ich bin sicher, unsere Bemuhungen werden keine Verschwendung sein.

Mit besonderem Augenmerk fur atomare Unfalle, wann auch immer ein gravierender Storfall passiert, erreicht dieses nukleare Monster traurige Beruhmtheit und empfangt Beifall von den Beamten, dass wir nicht verzweifeln sondern lieber realisieren sollten, dass sie einen Lebensunterhalt fur uns aus der Nuklearindustrie machen. Warum sollten sie auch die ganze Wahrheit wissen wollen? Offentliches Wissen und die Verbindung mit Politikern, sie „besitzen“ die Medien, und sie besitzen das ganze Geld der Welt, denn es ist das Geld der Steuerzahler, dass die Politiker in die Nuklearindustrie investieren. Mit einer solchen tiefen Uberzeugung konnen Sie noch 2 oder 3 Chernobyl ahnliche Ereignisse in der Gegenwart uberleben aber Sie konnen die Vergangenheit nicht ungeschehen machen. Das ist einfach unmoglich. Sie werden verlieren und wir werden siegen, weil die unfehlbare Tendenz der Zeit ist auf unserer Seite und sie wird richten das Wissen richtig stellen. Die Vergangenheit hat die Ursache auf seiner Seite. Wenn diese Ursache nicht akzeptiert wird, geht er zuruck, um sie zu verlangen. In ihren Grundzugen wird sich die Vergangenheit immer wiederholen. Wenn man sie ausschlie?en will, wird sie zuruck kommen und einen unnachgiebig jagen und der einzige Weg sich von ihr zu trennen ist nicht sie auszuschlie?en, sondern sie zu akzeptieren und mit ihr zu leben.

Wie dem auch sei, wir werden gewinnen und die werden verlieren. Wir haben die unerschopfliche Kraft der Zeit auf unserer Seit, welche unser Wissen und Urteilsvermogen verbessern wird. Normalerweise braucht es einige Generationen fur allgemeine Bevolkerung verstehen, was jeder wache Verstand sofort sah. Wie lange es jedoch wirklich dauert, wird von uns abhangen – Menschen, die bereits den wirklichen Stand der Dinge kennen und fahig sind die anderen zu informieren. Wie auch immer, in Tschernobyl sprechen die Fakten fur sich. Niemand kann so einen immensen Storfall fur immer vor der Offentlichkeit geheim halten, nicht einmal die allmachtige Atomindustrie. Regierungsbeamte wollen Industrieunfalle immer unter den Teppich kehren, aber es sind nicht die Beamten als vielmehr die Industrie, die die Geschichte korrigieren will. Es liegt an uns, den einfachen Leuten die Geschichte richtig zu stellen. Wir sind an dem Punkt angekommen, an dem die Aufdeckung eines solches Ereignisses unvermeidbar ist. Die Regeln der Heuchelei und Tauschung, unterstutzt vom Erfolg und angetrieben von blindem Vertrauen der Dummkopfe, welche diese auch noch unterstutzen werden ein Ende haben. Die Lacherlichkeit aller offiziellen Berichte uber Tschernobyl hat den Punkt erreicht, an dem sogar der blindeste Maulwurf sieht, dass der Kaiser keine Kleider tragt. Trotzdem werden wir sie voruberziehen lassen. Und desto verruckter ihre Standpunkte sind, desto besser und leichter ist es fur uns sie aus dem Weg zu raumen.

April, 2007

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Wahrend des Kalten Krieges, welcher Tschernobyl wie eine Nebensachlichkeit aussehen lasst, wagte es der Akademiker Andrei Sacharow das sowjetische Atomprogramm in Frage zu stellen. Das Ergebnis waren wiederholte Inhaftierungen, Verhore, offentliche Schande.... Sacharow glaubte Reaktoren konnten sicher sein, wenn sie unterirdisch gebaut wurden.

Der Akademiker Legasov, der von einem „Institut fur technische Sicherheit“ traumte, wurde zum Sundenbock gemacht. Bei ihm wurde Krebs diagnostiziert, der in Tschernobyl ausgelost wurde, aber das System zwang ihn, sein Leben fruher zu lassen, er beging Selbstmord am zweiten Jahrestag des Unfalls. Die Presse warf ein Auge auf Dr. Gordon Mc Lead, einem Panikmacher, nachdem er bewiesen hatte, dass der Unfall in Three Mile Island einen Anstieg der Sauglingssterblichkeit zur Folge hatte. Nehmen Sie irgendein Land, zu irgendeiner Zeit und Sie werden sehen, dass die Geschichte die selbe ist; egal ob Didier Anger, der in Frankreich verhaftet wurde, weil er Anti-Atom Proteste organisierte in den 60gern, oder Jurij Bandaschewski aus Wei?russland, der genetische Mutationen in Tschernobyl erforschte und zu funf Jahren Haft verurteilt wurde, nachdem seine Entdeckungen 1996 veroffentlicht wurden. Dann gibt es da noch die Ermordung von Karen Silkwood aus den USA oder die Ermordung von Hilda Murrell, einer Expertin in Sachen Atommull aus dem Vereinigten Konigreich, es ist immer das gleiche. Nur der Ort und die Zeit sind unterschiedlich.

Noch immer Wunsche ich mir, jemand wurde es wagen eine Studie uber die tragische Geschichte all derer zu veroffentlichen, die versucht haben die Menschen vor dem Unfall und auch seit dem Unfall uber die Gefahren der Atomenergie aufzuklaren. Ich hatte es verdammen sollen wie diese Wissenschafter und Forscher, die den stolzesten Teil einer Nation ausmachen, behandelt wurden. Solch eine Geschichte wurde uber das Martyrium fast aller berichten, die von ihrem Instinkt gelenkt wurden und der Menschheit einen unveranderlichen Dienst leisteten, und die all ihre Talente und ihre Starke nutzten, um die Menschen vor der nuklearen Gefahr zu warnen. Solch eine Geschichte wurde uns zeigen wie sie gequalt und eingesperrt wurden, wie sie fur ihre Anerkennung arbeiteten, ohne Mitleid, ohne Anhanger, wie sie ihre Arbeit verloren und in Armut, Elend und Angst lebten, wahrend Ehrung Geld und Sicherheit von denen gestohlen wurden, die es nicht verdient hatten. Wir wurden daruber lernen wie sie sich durch die Kontrollpunkte schmuggelten, um Fotos und enthullende Realitat an die Offentlichkeit zu bringen, wie sie versuchten, die Wahrheit herauszufinden und nicht das was den machtigen industriellen und militarischen Komplex unterstutzt. Das meiste wurde davon handeln, wie sie arbeiteten ohne jemals eine Chance zu bekommen, dass ihre Forschungen veroffentlicht werden. Ihr Schicksal war wie das von Esau, der wahrend der Jagd nach Wild fur seinen Vater, von Jakob, der die Kleider seines Bruders trug, seines Segens beraubt wurde...., Diese Menschen sind Leuchtturme der Menschheit; und ohne sie, wurde sich die Menschheit im atomaren Rauch und dem riesigen Meer an Fehlern verlieren. Sie sind das Salz der Erde, Fruchte des Baumes, uber den Jesus sagte, dass er, wenn er keine Fruchte tragen wurde, wurde er gefallt und verbrannt. Die Arbeit jeder einzelnen dieser Personen, ein Angst leidendes Objekt des Lebens, und ihrem Ziel es zu verdecken aufgrund einer unglucklichen Nachwelt, die nachdem sie das verschwendete Land mit Spuren von radioaktivem Mull geerbt haben an nichts mehr anderem interessiert sein werden, als es zu wissen – wie es geschah und wie es begann.

April, 2007

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Um zu verstehen, warum die Nachwelt so unglucklich sein wird und es notig sein wird sie kraftvoll vom Verdruss der Zivilisation zu reinigen, lasst uns den Weg erahnen, den uns unsere derzeitiger Fortschritt fuhren wird. Die Zukunft unserer Zivilisation ist so vorhersehbar wie das Leben eines bankrotten Alkoholikers, der nicht vom freien Willen gefuhrt wird, sondern von den Ketten der Bedurfnisse und Nutzlichkeit gezogen wird. In den 80er Jahren, konnten wir vielleicht verglichen werden, respektierend die Art und Weise auf die wir unsere Ressourcen und vitale Energie nutzten, mit den Menschen die nur mit dem Interesse lebten Geld zu verdienen: was sie heute ausgeben, haben sie bereits morgen wieder in der Tasche. Aber ab den 80ern ist unsere Position wie die eines Investors, der beginnt ihr Geld zu horten. Wir haben die Grenze der Nutzung der Natur zu 100 Prozent erreicht. Zuerst bemerken wir kaum eine Veranderung. Aber wenn das Defizit gro?er wird, beginnt unser naturlicher Reichtum, wie die Polkappen und die Gletscher, zu schmelzen. Das Tempo steigt exponentiell, aber die Mehrheit der Menschen ist sich noch nicht bewusst, dass es jeden Tag ernster und ernster wird.

Da dieses „Saufgelage“ weiterhin besteht, wird unsere Position immer unsicherer. Wir fuhlen uns bereits, als ob wir immer armer und armer werden, wahrend wir noch immer nicht voraussehen konnen, dass die Schopfung aus unseren Ressourcen bald zu einem bitteren Ende kommen wird. Niemand wagt es, die „Sauferei“ zu stoppen, obwohl unser Fall vom Reichtum zur Armut in jeder Sekunde schneller wird, wie der Fall eines soliden Korpers im Raum, bis wir nichts mehr ubrig haben. Wenn diese Party dann einmal vorbei ist, werden verschwendetes Land und gro?e soziale Probleme alles sein, was ubrig geblieben ist.

Unsere ungluckliche Nachwelt, die dieses Land erben wird, wird in geteilten Gemeinschaften leben, in schrecklichem Elend. In vielen Dingen werden sie wie die letzten Uberlebenden in Tschernobyl sein. Sie sind unglucklich, und wie alle unglucklichen Menschen, haben sie eine gute Philosophie als Ersatz fur das gute Leben, dass sie verloren haben.

Mai, 2007

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In diesem Fruhling veroffentlichte der Markt ein Tschernobyl- Computerspiel namens S.T.A.L.K.E.R. (Shadow of Chernobyl): Hierbei handelt es sich um eine populares Computerspiel, dass durch die Debatte, ob man eine Szene solchen Elends in ein Computerspiel verwandeln sollte, noch mehr Anklang bei der Bevolkerung fand. Ich selbst habe keine Meinung zu diesem Videospiel, aber ich habe gro?e Angst davor, wohin uns der systematische Weg unserer Wissenschaften, unserer Geschafte und unser politisches System fuhren wird: 1.Haltet uns in dieser vereinfachten, durch und durch kunstlichen, passend konstruierten und passend verfalschten Welt der Videospiele und 2. dementiert alle Folgen unserer Fehler und die des menschlichen Elends.

Fur die Art von Menschen, die Unterhaltung nur in dem Streben nach Verfalschung von Bildern finden, wollen sie mit all ihrer Macht eine universelle Glucklichkeit, die sicher und ohne Gefahren ist, erschaffen. Es soll eine Welt sein in der das Leben einfacher ist und in der es genug Trost fur alle gibt. Millionen jagen jetzt Tschernobyl-Monster auf ihren Bildschirmen, ohne eine Idee zu haben, dass es wirklich ein Monster hinter diesem Szenario gibt. Dieses Monster konnte beginnen jeden zu jagen, zu jeder Zeit, im echten Leben.

Mai, 2007

Das atomare Mittelalter

Im Mai 2007 erschien mein Buch "Das atomare Mittelalter". Der Titel des Buches basiert auf meiner festen Uberzeugung, dass wir in einer Zeit leben die Europas Mittelalter ahnelt. Nachdem die Barbaren Rom erobert hatten, verschwanden mehrere Jahrhunderte einfach aus dem menschlichen Kalender. Die Kirche wurde hochste Autoritat, Kreativitat wurde unterdruckt und die Gehirne der Menschen wurden mit Alkohol und Religion vergiftet.

Heutzutage dagegen stehen wir unter dem eisernen Diktat von Unternehmen, Europa wird uberflutet von Einwanderern und die Gehirne der Menschen werden vergiftet von allen Typen von ideologischen, religiosen und biochemischen "Narkotika".

Ich glaube, dass man in einiger Zeit unsere Epoche mit einschliessen wird, wenn man von den dunklen Zeitaltern spricht. Im atomaren Mittelalter wird der Sarkophag von Tschernobyl dann den ersten Grabstein dieser Epoche darstellen. Er bleibt fur mindestens 100.000 Jahre radioaktiv und wird definitiv alle anderen Wahrzeichen unser Zeit uberdauern.

Naturlich teilen die meisten Menschen nicht diese Idee, da sie glauben in einer fortschrittlichen Zeitepoche zu leben. Aber auch vor 700 Jahren glaubte niemand der damals lebte daran, in einer Zeit zu leben die wir heute das Mittelalter nennen. Allerdings dachten die Menschen bereits im Mittelalter, sie wurden in einer aufgeklarten Zeit leben und sie glaubten an den menschlichen Fortschritt, ganz wie wir heute, .

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Mehr und mehr Lander auf der Welt beginnen derzeit Kernkraftwerke zu errichten, die Plane alte Reaktoren stillzulegen werden vernachlassigt und es wird wieder diskutiert neue Anlagen zu errichten. Die Atom - Renaissance lasst keine Zweifel daran, dass die zivilisierte westliche und ostliche Hemisphare in ein neues, "dunkles Zeitalter" eintritt, dessen Denksysteme auf blindem Vertrauen basieren, auf massloser Propaganda und auf unlogischen Glaubens - Dogmata.

Es sieht so aus, als ob wir uns vom, kausal basierten, kritischen Denken, von harter Arbeitsleistung und von kreativen Innovationen entfernen, um uns statt dessen einem ausserst selbstsuchtigen, arbeitsfaulen und gedankenlosem Konsumismus hinzugeben, wahrend unsere politischen Fuhrer von machtigen und Profit orientierten Konzernen kontrolliert werden. Zugig bewegen wir uns in die Richtung einer militant, neofaschistischen Gesellschaft, die dem Anschein nach demokratische Strukturen bewahrt, aber in Wirklichkeit von multinationalen Konzernen kontrolliert wird. Dies zerstort unsere Umwelt und - was das schlimmste ist - es zerstort unsere Zukunft.

Ich nenne unsere Zeit " Das atomare Mittelalter", weil viele Vorzeichen an den Beginn des ersten Mittelalters erinnern. Der Prozess des Zerfalls der Staatengebaude erfolgt parallel zu einer universellen Nivellierung. Es hat bereits ein Prozess des Ruckzugs und der Konsolidierung begonnen, der dem ahnelt der sich in der Zeit des Kaisers Diocletian ereignete, und in den Zeiten die diesem Zeitalter folgten.

In meinem Teil der Welt sehe ich ganz klar die Anfange eines neuen Feudalismus. Eine Vielzahl von auseinander gefallenen Republiken waren uber zwei Jahrzehnte ohne ein stabiles Geldsystem oder anderen Attribute eines Staatswesens und sie werden regiert von ehrgeizigen Feudalherren. Jeder von diesen wurde gerne zu einem Nuklearfursten aufsteigen .....

Zur Zeit gibt es sehr gro?e Auswanderungs - und Umsiedlungs - Bewegungen. Das erzeugt neue und gro?e Unruhe unter den Menschen. Wie die Kultur der Barbarei uberall schnell an Boden gewinnt und wachst, so nimmt gleichzeitig die Anzahl an wirklich professionellen und verantwortungsbewussten Spezialisten konstant ab. Die Frage die ich stellen mochte ist daher: Wer wird die Unmengen an Abfallen sowie die Atomanlagen beaufsichtigen, wenn unsere automatisierten Systeme nicht mehr funktionieren werden und unsere Politiker die Kontrolle uber sie verloren haben werden ?

Sollte die derzeitige Entwicklung im jetzigen Umfang weitergehen, wird es bald keine Spezialisten mehr geben, nur eine brodelnde Masse von Halbwilden, die sowohl unsere zivilen, sozialen Positionen als auch die hochtechnischen Institutionen kontrollieren wird. Auf uns wartet eine neue Zeit der Barbarei, aber dieses Mal ist es nicht ein Zerstorungsfeldzug gegen Felder und Walder wie im alten Rom, dieses Mal wird es eine Barbarei gegen die hollischen Kriegsmaschinen und gegen die Nuklearanlagen sein.

Die geistig/ spirituelle Kultur uberlebt auch in unseren Tagen in Katakomben, wie im Mittelalter. Sie existiert nicht in den Seiten von Magazinen und Zeitungen, nicht in den Hallen der Universitaten oder der Kirchen sondern sie fuhrt ihr Dasein im Untergrund und lebt im Labyrinth der Internet Seiten in virtuellen Hohlen und Wegen.

Mein Buch ist diesen Katakomben entstiegen, es spiegelt die Farben unserer sozialen Abenddammerung wieder. Es soll weder ein Beruhigungsmittel sein noch will es anklagen. Lieber mochte ich es als das Samenkorn einer wilden Blume ansehen, das zwischen den Hullen unsere Technologie ausgesat wurde.

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Das atomare Mittelalter begann offiziell am 7. Mai 1945 mit dem ersten Atomtest der USA, Trinity (Dreifaltigkeit) genannt. Da wir in einer Welt leben in der Staaten genauso viel Rechte besitzen wie sie Macht haben, hat seit diesem Moment das Streben nach nuklearen Waffen fur viele Lander eine hohe Prioritat bekommen. Die zivilen Nuklearprogramme standen daher schon immer unter dem Einfluss des militarischen Komplexes. Deshalb hat sich niemals jemals wirklich daruber aufgeregt, dass Nuklearanlagen Millionen von Dollar, Euro oder Rubel mehr kosteten als geplant und dass sich ihre Bauzeit um Jahre verzogerte. Es wird sogar ignoriert, dass diese Anlagen tatsachlich nur einen bescheidenen Anteil der Energie produzieren, die in den Betreiber- Landern benotigt wird. Solch "technische" Fehler stellen allerdings kein wirkliches Problem dar, da die Nukleartechnik ja letztlich nicht der Energie Erzeugung dient, sondern Macht Interessen. Naturlich streiten Politiker und Militars all dies vehement ab.

Die Atom Renaissance

Einige Zitate aus meiner Lokalzeitung: " Europa ist bereit fur ein neues Nuklearzeitalter, es schlagt eine neue Richtung ein nachdem, ausgelost durch das Tschernobyl Ungluck im Jahre 1986, zwei Jahrzehnte lang Atomenergie als Energiequelle vernachlassigt worden war .... Finnland baut seinen gro?ten Atomreaktor, er wird 2010 in Betrieb gehen ..... Schweden, Italien und Holland haben, entweder ihre Plane aufgegeben alte Nuklearanlagen zu schliessen, oder die Diskussion begonnen neue Anlagen zu bauen...... Polen hat im Februar 2007 vereinbart, Litauen beim Bau von Kernkraftwerken zu helfen... Wei?russland beginnt im nachsten Jahr mit dem Bau eines Kernkraftwerkes, welches im Jahre 2014 Energie erzeugen soll.....Russland hat begonnen ausgemusterte Atom U- Boote und andere Kriegsschiffe mit Atomantrieb als schwimmende Reaktoren zu verwenden.....

Es ist eindeutig, dass die 20 Jahre wahrende Hoffnungspause nach dem Unfall von Tschernobyl ihr Ende findet. Die Motoren des Richtungswechsels: Hohe Ol - und Gas- Preise und Angst vor der Unzuverlassigkeit der Lieferungen von fossilen Brennstoffen durch Russland.

Am meisten von allen Bedenken wiegt aber die Angst vor der globalen Erderwarmung, die sich gleichsam wie ein Tschernobyl in Zeitlupe verhalt. Eine Art sich beschleunigender Kernschmelze, die sich im gleichen Ma?e beschleunigt, wie die polaren Eiskappen abschmelzen. Die Idee die Erderwarmung durch den Bau von Nuklearanlagen zu verlangsamen, wird von denen voran getrieben, die sagen, dass dadurch der Verbrauch von fossile Brennstoffe vermindert werden konne und die Reaktoren nur ein Minimum zur Erderwarmung beitragen. Es gibt allerdings auch Gegenstimmen, die sagen dies sei keine gute Idee, da der Bau von neuen Reaktoren unsere "globale Kernschmelze" noch deutlich beschleunigen wird.

Alternative Moglichkeiten, wie die Nutzung von Wind- oder Solar- Energien, sind dagegen nicht sehr popular, da sie zu wenig Profit abwerfen und keine "politische" Macht generieren. Wahrend dessen haben wir nur sehr wenig und kostbare Zeit zu verlieren um uns unvoreingenommen mit den Moglichkeiten einer sauberen Energie Erzeugung auseinander zusetzen, mittels Wind- und und Solar- Energie. Wenn diese alternativen Losungen nicht in naher Zukunft weiterentwickelt werden, wird nur die Wahl zwischen zwei Moglichkeiten bleiben: Die erhohte Nutzung von Atomenergie oder der erhohte Verbrauch von fossilen Energien. In der Praxis wird allerdings ein heftiges hin- und herpendeln zwischen diesen beiden Wegen erfolgen, da der eine Weg zu neuen Tschernobyls fuhren wird und der andere zu einem Atlantis. Im gleichen Ausma? indem wir uns von einem der beiden Wege entfernen, umso mehr begunstigen wir die Risiken des anderen. Nach einer neuerlichen nuklearen Katastrophe wird der Schrecken der radioaktiven Kontamination alle anderen Angste uberwiegen, der Schmerz wird dann der Motor sein der unsere Aktivitaten antreiben wird. Wir werden die Nuklearanlagen schliessen wollen, solange bis der erste Schrecken nachlasst und die Hurrikane und Uberflutungen wieder mehr an Realitat gewinnen. Nach einer Weile werden wir die Nuklearfabriken dann wieder eroffnen. Wird hier keine alternative Losung gefunden, werden wir uns in einem Teufelskreis bewegen, bis wir eines Tages endgultig in einem radioaktiven Sumpf untergehen werden.

Es ist an der Zeit fur uns Menschen aufzuwachen und uns unserer sorglosen Haltung zu entledigen, es ist an der Zeit zu realisieren, dass das ruhige und sorglose Leben der 90er Jahre nicht langer moglich ist, dass das ein Paradies war welches wir bereits verspielt haben; heute uberwiegt bereits das Interesse der Menschheit zu uberleben das Interesse an dem Erhalt der Natur und dieser Konflikt wird weiter wachsen. Es ist hochste Zeit zu verstehen, dass, wenn wir weiterhin die Natur herausfordern, unser Sieg uber diese nur eine knappe Stunde dauern wird, sogar nur eine Minute,- nicht mehr. Die Natur wird zuruckschlagen und uns in einer unmissverstandlichen Weise lehren, dass wir nichts wirklich besitzen, sondern dass alles auf dieser Welt ihrem Kommando unterliegt. Sie wird ihre unumsto?lichen Rechte mit zwei- und dreifacher Gewalt einfordern, ihr Anrecht auf neues Land, auf unsere Hauser und Geschafte, kurzum auf alles was wir besitzen. Dann, wenn es zu spat sein wird, wird letztlich jeder endlich zu der Einsicht kommen, dass wir alle beherrscht waren von Selbsttauschungen und durch falsche Standards. Der einzige Weg fur ein Uberleben der Menschheit wird daher sein im Einklang mit der Natur zu leben, nicht in der Konfrontation mit ihr, wie die allgemein gultige "positive Philosophie" uns heutzutage lehrt. Der Fehler diese Wahrheiten anzuerkennen ist die Ursache all unserer Probleme, ein Fehler der durch unsere allzu optimistischen Ideen weiter genahrt wird.

Juli 2007

Anmerkung (1) Die "positive Philosophie" (Positivismus) ist die wissenschaftlich, philosophische Lehre welche sagt, dass es das Beste ist das Positive zu sehen und nicht die Enttauschungen, die ein naturlicher Teil des Lebens sind; dass die Welt erobert werden musse; dass nur diejenigen versagen, die nicht klug genug sind die Schwierigkeiten zu uberwinden, die sich in ihrem Leben stellen..... Im Gegensatz dazu sagen die Upanishaden ( eine Unterart des hinduistischen Veda, welches sich mit einer gro?en Vielzahl von philosophischen Problemen beschaftigt, insbesondere mit der universellen Weltseele ) und die Bibel, dass Schmerz das einzige Versprechen ist welches das Leben bereithalt und nur das Leiden die Menschheit voran bringt ...

Sowohl der Kapitalismus als auch der Kommunismus glauben an den Geist der "positiven Philosophie". Die Hauptthese des Kommunismus, "dialektischer Materialismus" genannt, ist eine Form des Positivismus, in welcher das Verhalten einer erleuchteten sozialistischen Gesellschaft in einen, nicht umkehrbaren, Prozess der Veranderung zum Besseren fuhren soll. Dieser Theorie folgend kann ein Unfall wie in Tschernobyl gar nicht passieren, es ist ihr zufolge einfach nicht moglich. Als er dann doch passierte, kollabierte auch diese Philosophie und hat die Sowjet Union gleich mit sich mit sich begraben. Sogar ohne dass diese Katastrophe jemals offiziell bestatigt worden war, konnte das System des dialektischen Materialismus nicht langer uberleben. Ich hatte gehofft, dass Tschernobyl der letzte Sargnagel fur das System des sowjetischen Positivismus gewesen ware, aber das war nicht der Fall. Phantome sterben nicht, und so hat sich der dialektische Materialismus heutzutage in eine neue Form des "Corporate Positivismus" verwandelt. Wie ein Hurrikan oft umgeleitet und abgeschwacht wird, nachdem er auf eine Halbinsel trifft, so wird auch eine Illusion oft verformt, nachdem sie auf die Realitat gestossen ist. Aber wie ein Hurrikan uberlebt auch das Phantom der Illusion dies und nach einer Weile hat es dann neue Kraft gesammelt und seine Reise geht weiter ....

July, 2007

Interview to "Wirtschaftswetter" online magazine

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Wirtschaftswetter: Elena, wo waren Sie am 26.4.1986? Wie haben Sie und Ihre Familie diesen Tag erlebt?

Dieser Tag hat sich nicht von anderen unterschieden. Wir haben in Kiew in den Stra?en gespielt. Wir hatten Sudwind, deshalb war die Radioaktivitat in Kiew noch nicht so hoch. Als die Werte stiegen, hat mein Vater mich und meine Schwester ohne Fahrkarten auf die Bahn gebracht. Die Panik hatte da schon eingesetzt, deshalb war der Zug voller Kinder. Mein Vater sagt, in diesen Tagen betrug der Radioaktivitatslevel uber 1 millirontgen pro Stunde (rund 1, 70 Meter von Boden) und 20 bis 50 millirontgen am Boden. Diese Werte findet man heute nur noch an den vielen Stellen rund um Tschernobyl, an denen damals das gesamte Material wie Schutt, Autos, die Kleider der Aufraumtrupps und so weiter vergaben wurden.

Die meisten Menschen in Kiew flohen zu Verwandten und blieben dort bis Mitte Mai. Dann begannen Schulen, Fabriken und Firmen ihre Angestellten, Arbeiter und die Schuler wieder zuruckzurufen. Deshalb hatten wir keine andere Wahl, als nach Kiew zuruckzugehen. Wirtschaftswetter: Wo sind die Menschen von Tschernobyl heute?

Die Leute wurden damals umgesiedelt und leben heute in verschiedenen Stadten und Dorfern der Ukraine – die meisten in Kiew. Das Umsiedeln war fur sie sehr schmerzhaft. Es ist wie eine Amputation oder so, als ob man einen Baum umpflanzen will - nicht immer schlagt er Wurzeln, erst recht nicht in fremder Umgebung. Die meisten Evakuierten lebten in landlichen Gebieten, es gibt hier gro?e Unterschiede zwischen dem Stadt- und dem Landleben. Ich mochte einige kurz erklaren:

Die Sprache: Die meisten Ukrainer sprechen Russisch, in den Dorfern allerdings eher Ukrainisch. Das ist ein gro?es Hindernis. Das Tempo: Das Leben in den Dorfern ist eher statisch – das Stadtleben mehr dynamisch. Die Weltanschauung: Das Leben auf dem Dorf bezieht seine Energie aus den Kenntnissen der Natur, es ist organisch. Die Stadter sind technisch, mechanisch bis hin zu pragmatisch orientiert. Einstellung/Geisteshaltung: Die geistige Haltung der Dorfbewohner ist gepragt von Ahnenkult, und es ist undenkbar ohne bestimmte, heilig gehaltene Traditionen.

Auf der anderen Seite ist das Leben in der Stadt Pro-Zivilisation, es herrscht dazu oft der Wille, die Welt zu beherrschen, angefangen damit, dass die gesamte Welt-Oberflache neu sortiert wird. Eine Stadt ist hier von Natur aus international eingestellt, ein Dorf eher dem Nationalen unterworfen.

Aber was die Dorfbewohner am meisten beeintrachtigt hat, war der spirituelle Verlust nach der Umsiedelung. Das Dorfleben hier ist von Natur aus religios und unterscheidet sich daher stark vom Leben in der Stadt. Eine Seele vom Land hier ist stark von der Geschichte des Christentum beeinflusst, was auch uberall deutlich ist. In den Stadten sind diese christlichen Lichtstrahlen schon lang von den finsteren Machenschaften der gottlosen Kultur erdruckt worden.

Wirtschaftswetter: Was wird uber die nachsten Jahre mit dem Reaktor passieren? Er wird doch wohl nie sicher sein?

Elena Filatova: Ich kann nicht vorhersagen, was mit dem Reaktor passieren wird. Es gab ein paar Versuche, neue Sarkophage zu bauen (Anm: Schutzhullen, die den Reaktor abschirmen sollen), aber die schlugen alle fehl. Soweit ich wei?, wird niemand, solange sich die politische und wirtschaftliche Situation in der Ukraine nicht andert, in so ein Multi-Milliarden Projekt investieren.

Wirtschaftswetter: Man sagt, es sei heute deutlich sicherer, in die Zone von Tschernobyl zu fahren. Aber was ist mit der Radioaktivitat im Boden? Wird man irgendwann wieder dort leben konnen?

Das Reisen in der Gegend ist heute schon viel sicherer, aber dort zu leben ist immer noch zu gefahrlich. Doch die Natur wird das Land heilen und ich hoffe, dass irgendwann einmal wieder Menschen an manchen Stellen leben konnen.

Wirtschaftswetter: Elena, auf Ihrer Webseite veroffentlichen Sie jede Menge Fotos, Tagebucheintragungen, Gedanken. Wonach suchen Sie? Was bringt Sie dazu, immer wieder zuruckzufahren?

Elena Filatova: Ich bin sicher, dass es weltweit viele Menschen gibt, die gerne diese Arbeit machen wurden. Aber nicht alle haben das Geld, um hierher kommen zu konnen, oder sie konnen die Sprache nicht sprechen. Viele wissen auch nicht, wie sie an die Besuchsgenehmigungen fur Tschernobyl kommen sollen. Oder wie an den Checkpoints vorbei kommen. Ich wei? all dies, weil ich hier geboren bin. Tschernobyl ist in meiner Nahe, und fur mich ist es einfacher, diese Arbeit zu machen. Tschernobyl ist ein Teil meines Lebens und ich fuhle eine Art Verpflichtung, davon erzahlen zu mussen. Ich hoffe, dass ich eines Tages mein Motorrad repariert habe und dann meine Geschichte weitererzahlen kann.

Wirtschaftswetter: An was denken Sie, wenn Sie die unsichtbare Grenze in das Land der Wolfe uberquert haben?

Die unsichtbare Grenze ins Land der Wolfe ist fur mich eine Brucke, ungefahr 60 Kilometer westlich vom Reaktor. Das ausgestorbene Dorf Bobyor (Biber), das am Ufer eines kleinen namenlosen Flusses liegt. Dieser Ort ist sehr malerisch, und wenn ich auf der Brucke stehe, dann habe ich immer ein Gefuhl der Irrealitat, oder besser: ein Gefuhl von Zeitverlust.

Wir Menschen haben ja oft den Eindruck, dass in Tschernobyl die Zeit still steht, weil sich dort nichts verandert. In einem Menschenleben sind zehn oder funfzehn Jahre schon eine beachtliche Zeitspanne, irgendwas ist ja immer los. Aber in Tschernobyl passiert wahrend so einer Zeit gar nichts. Deshalb fuhlt es sich fur mich immer so an, als ob ich auf einer Brucke in die Unendlichkeit stehe. Wurde ich dort fur 1000 Jahre stehenbleiben, wurde ich immer das Gleiche sehen, die gleichen Gedanken uber die Nichtigkeit unserer Existenz und die Verganglichkeit eines menschlichen Lebens haben - ein kurzer Moment in einem Zeitraum, in dem Isotope zerfallen, die unmerklich und langsam von einem Element in das andere ubergehen.

Auf dieser Brucke habe ich das Gefuhl, ich stehe zwischen zwei Welten. Die, die ich zuruck lasse, ist die Welt der Zivilisation. Mit all der ewigen Hektik und den Unruhen, dem schnellen Vergehen der Zeit - die einzige Form der heutigen menschlichen Existenz. Wo Tschernobyl vergessen wird, weil die meisten Menschen nichts anderes mehr verkorpern als die heutigen Impulse – das was war, existiert fur sie nicht mehr.

Wenn ich diese unsichtbare Grenze uberquere, dann habe ich das Gefuhl, ich trete von einer rein physischen Welt in eine metaphysische. Wo es Stra?en ohne Fu?ganger gibt, Ladentheken ohne Verkaufer und Kirchen ohne Priester. Es scheint mir weder als der Himmel Gottes, noch als das Konigreich Casars, es ist nun das Reich Plutos, wo alles – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenfliessen und in einer neuen Form existieren.

Ich denke aber auch genauso an das Leben, das einst in Tschernobyl gebrodelt hat – das ganz normale, alltagliche Leben, wo der eine Keller gegraben und der andere Luftschlosser gebaut hat. Ein Leben, in dem manche Menschen etwas gesat haben, was sie nie sprie?en sehen konnten und andere geerntet haben, was sie nicht aussaten. Nun sind all ihre Bemuhungen, Leistungen und Leidenschaften nur noch ein blasser Schatten an der Wand.

Wirtschaftswetter: Glauben Sie, dass die Menschen noch in zehn oder zwanzig Jahren uber Tschernobyl reden werden?

Die Leute werden Tschernobyl nie ganz vergessen konnen. Schon allein, weil es so ein gro?es Gebiet ist und komplett vergiftet mit Radioaktivitat. Es wird immer da sein und wird uns immer daran erinnern.

Wirtschaftswetter: Sind Sie gegen Nukleartechnologie?

Nukleartechnologie bringt eine Todesstrafe uber die Welt, sie ist in Handen von Menschen sehr gefahrlich.

Wirtschaftswetter: Was mochten Sie Kindern sagen, die in den letzten 15 Jahren geboren sind? Und was deren Eltern?

Den Kindern: Fuhlt euch nicht vergessen, die Welt passt auf euch auf. Den Eltern: Starrt nicht zu lang in den Abgrund, denn schon Nietzsche sagt: Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein. Das bedeutet, dass man sich nur selbst begrenzt, wenn man zu sehr uber unendliche, grenzenlose Dinge grubelt. Dinge wie die Zeit, das Universum und menschliche Dummheit.

Wirtschaftswetter: Elena, sind Sie Optimistin?

Ich bin eine frohliche Pessimistin.

Astrid Wehling/Wirtschaftswetter/October 2007

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