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Der
Wacholder
(juniperus communis)
"Was immer du
sagst, so sage nicht, was der Wacholderbaume
beschützt!"
Der
Wacholderbaum, Baum des Jahres 2002, ist
paradoxerweise der am weitesten verbreitete
Nadelbaum auf der Erde, in Deutschland jedoch so
selten geworden, dass er mitlerweile auf der
roten Liste (und in anderen europäischen
Ländern unter Naturschutz) steht.
Den Wacholder einen Baum zu nennen ist nicht ganz
einfach, denn es gibt keine einheitliche
Entscheidung darüber ob es sich bei diesem
Gehölz um einen Baum, Busch oder Strauch
handelt, so unterschiedlich ist sein
Erscheinungsbild.
Fraglich ist, ob der Wacholder tatsächlich etwas
mit der Frau Holda und den Holden zu tun hat,
oder ob die Ähnlichkeit im Namen purer Zufall
ist. Überliefertes Volkswissen und Sagen deuten
freilich auf ersteres hin, dazu aber später.
Jetzt erst etwas allgemein botanisches:
Andere Namen
Feuerbaum, Wachandel, Machandel, Reckholder,
Kinster, Einbeerbusch, Kranawitten, Weckhalter,
Zypresse des Nordens und Weihrauchbaum u.a.
Erscheinungsbild
Der Wacholder kann hochgereckt, säulenförmig
mit einer höhe bis zu 12 m vorkommen. Er wächst
gelegentlich aber auch als Strauch von mehr
Breite als Höhe. Seine bis 2 cm langen Nadeln
verdecken die kaum zu erkennenden Blüten fast
vollkommen. Die sogenannten blauschwarzen
Wacholderbeeren sind streng genommen gar keine
Beeren, sondern werden botanisch als Zapfen
bezeichnet.
Vorkommen
Den Wacholder kann man eigentlich überall, vom
Flachland bis ins Hochgebirge, antreffen, da er
viel Licht benötigt (weshalb man ihn auch als
"Sonnenanbeter" bezeichnet) kommt er
vermehrt im Offenland, wie der Lüneburger Heide
und anderen Heidelandschaften, vor.
Heilwirkung
Harntreibend, blutreinigend, muskelentspannend,
lindert Rheuma und laut volksmedizin den Husten,
soll appetitanregend und vitalisierend wirken,
bei Gallen- und Leberbeschwerden gut tun. Dies
sind die häufigsten Charakterzüge, die dem
Wacholder in der Heilkunde zugeschrieben werden.
Magisch wurden seine Beeren angeblich kombiniert
mit anderen Pflanzen zum Liebes- und
Potenzelexier benutzt.
Heute sind seine Beeren (bzw. Zapfen) ein
beliebtes Gewürzmittel für Soßen und vor allem
in dem beliebten Sauerkraut. Auch Spirituosen
werden aus ihm gewonnen, die baknnteste ist der
Gin. Gelegentlich findet man sogar
Wacholderbeerentee oder Teemischungen mit
Wacholderbeeren als Zutat. Weit beliebter und
häufiger erscheint aber das Wacholderöl, das in
der Aromatherapie oder als Badezusatz Verwendung
findet.
Aber Vorsicht: Zwar ist
der Wacholder nicht giftig, dennoch sollten aus
ihm hergestellte Produkte, oder seine Beeren nie
über einen längeren Zeitraum eingenommen
werden, dies könnte z.B. Nierenschäden zur
Folge haben. Des weiteren sollten Schwangere und
Menschen mit einer empfindlichen Haut auf innere
und äußere Anwendungen verzichten, da der
Wacholder nervenreizend wirkt!
Sagenhaftes
Vor dem Holunder zieh den
Hut,
vor dem Wacholder geh in die Knie.
So
lautet ein Satz aus dem Volkswissen, was
zumindest den Frau-Holda-Baum Holunder mit dem
Wacholder schon einmal in Verbindung bringt. Eine
weitere Gemeinsamkeit mit dem Holunder ist, dass
er als rätselhaft, magisch und geheimnisvoll
gilt und im besonderen noch ein typischer Baum
des Todes - ein Friedhofsbaum - ist (wie schon
Eibe und Zypresse). Sagen und Mären berichten
von merkwürdigen Begebenheiten rund um den
Wacholder: Einem Holzfäller oder Bauern seien
unheimliche Stimmen erklungen als er sich daran
machen wollte einen Wacholderstrauch zu fällen. "Fälle
den Wacholder nicht!"
hätten sie ihn eindringlich gewarnt. Eine andere
Bauernsage erzählt, dass wann immer man einen
Wacholder fällt, ein Tier dafür sterben muss.
Seine Beeren und Blätter wurden schon zu Zeiten
der Kelten und werden noch heute verbrannt und zu
Weihrauch verarbeitet, als welcher sie ihre volle
reinigende Kraft entfalten. Unterstellt wurde
außerdem, dass ein aus Wacholder hergestelltes
Getränk in die Zukunft sehen lasse.
Wacholderbäume vor dem Haus sollen vor Dämonen,
böswilligen Hexen, Geistern und Dieben
schützen.
Bei
Germanen und Kelten erfreute sich der Wacholder
gleich großer Beliebtheit. Nach Curtze Waldeck
war noch lange der Brauch bekannt diesen Strauch
um Heilung eines erkrankten Kindes zu bitten,
indem man ihm Wolle und Speisen zum Opfer brachte
und sagte:
Ihr Hollen, ihr
Hollinen
Hier bringe ich Euch etwas zu spinnen,
Und etwas zu essen
Und meines Kindes Vergessen
Dieser
Spruch mit seiner Erwähnung der Hollen, des
Volkes Holdas, ist - soweit authentisch - ein
gutes Indiz dafür, dass Holda und Wacholder in
Verbindung gebracht werden können.
In Besonderer Beziehung steht diese Pflanze auch
mit den Erdmännlein, Moosmännchen und -weibchen
und Zwergen, die ebenfalls zu Holdas Gefolge
gehören.
Aus der Schweiz stammt die Sage um das
Erdmännleinpaar: Ein Erdmännlein wurde von
Menschen gefangen und davon getragen,
währenddessen ihm das Erdfräulein (oder
Erdweiblein, oder Erdmännleinweibchen???)
zuruft: "Was immer du sagst,
so sage nicht, was der Wacholderbaume
beschützt!" Denn was der
Wacholderbaum beschützt, ist der Eingang zur
Höhle der Erdmännlein, der Unterirdischen, in
denen sie große Goldschätze horten sollen.
Auch
im Volksmärchen ist der Wacholder bekannt. Hier
erscheint er meist unter anderem Namen, als
Machandelmaum. Das Märchen der Gebrüder Grimm
vom "Machandelboom" zeigt noch einmal
sehr schön die Bedeutung des Wacholders als
(schwarz- ?) magischen Toten-, Seelen- und
gleichzeitig auch Lebensbaum:
In diesem Märchen bittet eine gute kinderlose
Frau den Wacholderbaum ihr ein Kind zu schenken,
so rot wie Blut und weiß wie Schnee. Neun Monate
später gebiert sie einen wunderschönen gesunden
Knaben, jedoch verstirbt sie selbst bei der
Geburt. Der Vater des Sohnes heiratet erneut. Die
bekannte böse Stiefmutter kann den schönen
Knaben nicht ausstehen, tötet ihn, kocht ihn und
setzt ihn dem unwissenden Vater zum Essen vor.
Der arme Mann isst seinen eigenen Sohn und lässt
die Knochen unter den Tisch fallen, wo die
freundliche Tochter der Stiefmutter - wissend
dass es sich um den Stiefbruder handelt - sie
einsammelt in ein Tuch wickelt und zum
Wacholderbaume bringt. Kaum hat sie die
Überreste unter den Baum gelegt, beginnt dieser
sich zu bewegen, hin und her zu schwingen immer
heftiger bis ein Feurregen aus seinen Spitzen
hervorsprüht und ein gewaltiger Vogel aus ihm
emporsteigt (ein Kranich/Reiher/Storch?), welcher
so laut sang und schrie, dass alle Nachbarn, der
Vater und die böse Stiefmutter herbei kamen um
zu sehen was vorsichginge. Als der Vogel die
Stiefmutter sah nahm er einen Mühlstein und warf
ihr ihn auf den Kopf, dass sie tot um fiel. Der
Wacholderbaum aber begann zu qualmen und aus dem
Rauch entstieg der schöne Knabe so gesund und
gut wie vorher.
Hier wird auch deutlich, warum ein Beiname des
Wacholder "Feuerbaum" ist.
Zusammenfassend
lässt sich feststellen, dass Holunder und
Wacholder eine ganze Menge an religiösen,
sagenhaften, Eigenschaften gemein haben. Warum
also nicht auch die Göttin Holda?
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