1. Schulprogramm
1.1 Schulprogramm – Was ist das?
Der Begriff des Schulprogramms ist nicht neu. Im 19. Jahrhundert verfassten viele Gymnasien jährlich Jahrbücher, in denen sie über ihre Abiturientia, besondere Aktivitäten und
wissenschaftliche Forschungen von Lehrern berichteten. Im Zusammenhang der Reformpädagogik im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts formulierten Schulen ihre spezifischen Erziehungs- und Bildungsziele in Schulschriften. Seit einigen Jahren
ist nun die Idee des Schulprogramms wieder aufgegriffen und zu einem verbindlichen Konzept weiterentwickelt worden.
Was versteht man heute unter einem Schulprogramm?
Jede Schule hat ein unverwechselbares Profil von Traditionen, fachlichen Schwerpunkten, pädagogischen Eigenheiten. Dieses Profil ist über die Jahre gewachsen, mitunter von Zufällen geprägt
und somit unsystematisch, oft keiner zentralen Idee verpflichtet. Wird dieses Schulprofil einer kritischen Sichtung unterzogen, mit dem Ziel einer klaren und verbindlichen Struktur, dann entwickelt sich daraus ein Schulprogramm –„unser“
Schulprogramm. Das bedeutet, dass Kollegium, Elternschaft und Schülerschaft zusammenarbeiten, um ihre gemeinsamen Vorstellungen über das Hittorf-Gymnasium mit je spezifischer Akzentsetzung zu formulieren.
Ein Schulprogramm gibt Auskunft über die grundlegenden Zielvorstellungen einer Schule und spiegelt die Bestandsaufnahme der bisherigen schulischen Arbeit wider, die es in systematischer und
kritischer Absicht in die Zukunft fortschreibt. Damit macht es auch die Entwicklungsplanung der Schule transparent.
Im Einzelnen enthält es:
· pädagogische und fachliche Schwerpunktsetzungen
· Aussagen über methodisches Lernen
· Konzepte zur Gestaltung des Schullebens
· Konzepte zur Schullaufbahn- und Berufsberatung
· Vorstellungen über Erziehung und Bildung
· Darstellung schulinterner Organisationsstrukturen
· Schulinterne Lehrpläne und Absprachen zur Leistungsbeurteilung (siehe Anhang)
Die Entwicklung eines Schulprogramms gehört zu den verpflichtenden Aufgaben jeder Schule, die gleichwohl prinzipiell unabgeschlossen bleibt. Das Schulprogramm stellt keine Sammlung
unverbindlicher Aussagen dar, sondern es hat den Charakter eines möglichst konkreten gemeinsamen Nenners, der alle am Schulleben Beteiligten in ihrem Schulalltag bindet. Die Vereinbarungen des Schulprogramms bestimmen zukünftig Erziehung
und Bildung ebenso, wie Ausstattung, Anschaffungen und Personalpolitik des Hittorf-Gymnasiums.
1.2 Schulprogrammentwicklung am Hittorf-Gymnasium
Die Arbeit an der Entwicklung des Schulprogramms des Hittorf-Gymnasiums begann 1997. Vorausgegangen waren verschiedene Informations- und Diskussionsveranstaltungen auf schulübergreifender
und landesweiter Ebene, auf denen die Idee des Schulprogramms entfaltet und Wege zu seiner Entwicklung aufgezeigt wurden. Dabei wurde klar, dass konstruktive Schulprogrammarbeit nur von einem Team interessierter Mitglieder des Kollegiums
gemeinsam mit der Schulleitung geleistet werden konnte.
Maßgeblich für die Arbeit dieser Koordinierungsgruppe waren von vornherein zwei Überlegungen: Erstens sah das Team seine Aufgabe im Anregen von schulinternen Diskussionen, im
Aufzeigen von Handlungsfeldern, in der Zusammenführung unterschiedlicher pädagogischer Arbeitsstränge und Interessen. Zweitens sollte die Entwicklung des Schulprogramms sozusagen „von unten“ erfolgen, d.h. die Kategorien, Bereiche und
Ziele, die letztlich das Schulprogramm entfalten, sollten von den Handlungs- und Veränderungsbedürfnissen der Beteiligten bestimmt werden. Die Koordinierungsgruppe verzichtete mithin auf die Orientierung an einer vorgängigen Idee bzw.
Zielsetzung von „zukünftiger“ oder „wünschenswerter“ Schule, wie sie beispielsweise die NRW-Denkschrift „Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft“ formuliert. Stattdessen sah das Team die Chancen der Schulprogrammentwicklung am
Hittorf-Gymnasium in der Freisetzung kritisch-produktiver Kompetenzen aller Mitglieder des Kollegiums, aber auch von Schülern und Eltern. Nicht die schulpraktische Umsetzung intentionaler Vorgaben „von oben“ sollte die Arbeit bestimmen,
sondern umgekehrt: aus der Reflexion gemeinsamer didaktischer und pädagogischer Praxis sollte sich der Konsens einer Bestimmung und Intention „unseres“ Gymnasiums entwickeln.
Zunächst wurde das Schulprofil analysiert, d.h. Lehrerkollegium, Schülerschaft (SV), und Eltern (Schulpflegschaft) führten eine kritische Bestandsaufnahme von Besonderheiten und Traditionen
des Hittorf-Gymnasiums durch und formulierten ihre je spezifischen zukunftsorientierten Wünsche. Dabei wurde ein hohes Maß gemeinsamer Vorstellungen über Erziehung, soziales Verhalten, Lehren und Lernen deutlich.
Auf dieser Basis aufbauend, konnte nun eine Struktur entwickelt werden, die in Umrissen das Schulprogramm des Hittorf-Gymnasiums erkennen lässt. Diese Struktur (s.u.) ist dabei, dem
Charakter des Schulprogramms entsprechend, offen für Ergänzungen und Veränderungen.
In jeder Phase der Schulprogrammentwicklung waren alle am Schulleben Beteiligten zur konstruktiven Mitarbeit aufgerufen und konnten ihre Vorschläge, Anregungen und Wünsche einbringen.
Die Professionalität der Lehrer wurde ergänzt durch das Engagement der Eltern, beides kritisch angeregt durch das Interesse der Schüler an einer lebendigen, sie fördernden und fordernden
Schule, mit der sie sich identifizieren können.
Auf zwei ganztägigen pädagogischen Konferenzen, mehreren Lehrer- und Schulkonferenzen, Sitzungen des Schülerrates und der Schulpflegschaft, in einer Reihe von Arbeitsgruppen und nicht
zuletzt vielfältigen, intensiven Gesprächen entstand das, was hiermit vorgelegt wird.
1.3 Das Schaubild zum Schulprogramm
Das Gymnasium vermittelt im Laufe seines neunjährigen Bildungsganges die Studierfähigkeit seiner Absolventen und führt zur allgemeinen Hochschulreife. Aus diesem obersten Ziel ergibt sich
ein umfassender Anspruch, nämlich die Förderung des Bildungsprozesses der Schülerinnen und Schüler in seiner personalen, sozialen und fachlichen Dimension, d.h. Erziehen und Bilden als Doppelauftrag.
Basierend auf einem Wertekonsens von Eltern, Schülerschaft und Lehrerkollegium des Hittorf-Gymnasiums vollzieht sich Erziehung in einem vielschichtigen Geflecht von Erziehungsnormen und -zielen, das sich in der Formulierung „Hilfen geben zur persönlichen Entfaltung in sozialer Verantwortlichkeit“ auf den Begriff bringen lässt. Diese am Leitbild einer autonomen, sittlichen Person orientierte Vorstellung findet ihre Ergänzung in der Idee einer gymnasialen wissenschaftspropädeutischen Bildung, die sich im Unterricht der Fächer an exemplarisch ausgewählten Inhalten vollzieht. Seine hittorfspezifische Ausprägung findet der gymnasiale Unterricht durch den bilingualen Zweig sowie in den einigen besonderen Fächern (Technik, Informatik, Sport als Leistungskursangebot, Biochemie im Differenzierungsbereich der Mittelstufe) oder im Schulorchester, in Kunstausstellungen und anderen, den musischen Unterricht ergänzenden Veranstaltungen.
Dem Doppelauftrag des Gymnasiums entsprechend werden die personalen Fähigkeiten auch in außerunterrichtlichem Lernen entwickelt. In mannigfaltigen Bezügen werden die sozialen und individuellen Kompetenzen gefördert: Auf Sport- und Spielfesten, Stufenfeten, bei Dichterlesungen, aber auch in verschiedenen Arbeitsgruppen erfahren Schülerinnen und Schüler nicht nur ihre ganz individuellen Fähigkeiten, in denen sie bestärkt und gestützt werden, sondern sie lernen gleichzeitig auch Rücksicht zu nehmen auf andere, sich in Gemeinschaften einzufügen. Während also einerseits der Einzelne gestärkt und ermuntert wird, muss er gleichzeitig erfahren, dass er sich auf dem Gymnasium stets in sozialen Situationen befindet, er lernt Verantwortung für sich und Mitschüler zu übernehmen.
Fachunterricht und außerunterrichtliches Lernen können sich nicht - quasi wildwüchsig – „einfach so“ durch Ausführen von Lehrplänen und guten Einfällen vollziehen. Die einzelnen Bemühungen
und Veranstaltungen müssen koordiniert, die einzelnen Lehrkräfte beraten und unterstützt werden. Hierfür gibt es spezielle Ämter und Aufgaben: Klassenleitung, Stufenleitung, Projektleitung, Schulleitung usw. mit einem
Geschäftsverteilungsplan, der dem Schulleben eine organisatorische Struktur verleiht.
Am Hittorf-Gymnasium existiert nicht nur herkömmlicher Unterricht und eine lebendige Schulkultur, sondern es werden ergänzend besondere Unterrichtsformen der unterschiedlichsten Art erprobt: Schulwettbewerbe, Facharbeiten, Lernen in Projekten etc. Diese in Wahrheit aufeinander bezogenen und miteinander verschränkten Bereiche der Schule (besondere Unterrichtsformen, außerunterrichtliches Lernen, Fachunterricht), die sozusagen unter dem Dach der Organisationsstrukturen die Säulen der Bildungs- und Erziehungsarbeit darstellen, bedürfen der gedeihlichen und kollegialen Zusammenarbeit
von Personen auf organisatorischer und menschlicher Ebene: Lehrerkollegium, Schulleitung, Schülerschaft und Eltern müssen im konstruktiven Dialog „an einem Strang ziehen“, damit gymnasiale Bildung und Erziehung von Erfolg gekrönt
werden kann. Längst bildet die Schule keine abgeschlossene Insel mehr, sie hat sich auf mannigfache Weise der Welt „draußen“ geöffnet: Schülerinnen und Schüler besuchen benachbarte Hochschulen, unternehmen Exkursionen zu
außerschulischen Lernorten, nehmen teil an Schüleraustauschen, Betriebspraktika und regionalen, landesweiten, sogar internationalen Treffen und Wettkämpfen. All‘ diese Elemente des Schulprofiles sind nun aber nicht nur von den Fähigkeiten,
Neigungen und Interessen der einzelnen am Schulleben Beteiligten abhängig, sondern von konkreten Arbeitsbedingungen (Räume, Ausstattung, Medien, Arbeitszeit usw.) und Rechtsvorschriften (Erlasse, Richtlinien, Lehrpläne usw.). Die Gestaltungsmöglichkeiten der einzelnen Schule finden ihre Begrenzung durch die Vorgaben der öffentlichen Institutionen: dem Schulträger und der Landesregierung. Sie bilden quasi den tragenden Rahmen des Schulprogrammes des Hittorf-Gymnasiums.
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