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Zur Interpretation von Emagrammen und dergleichen

Emagramm bzw. SkewT/LogP-Diagramm, Beispiel, 21 kB Das Emagramm wurde 1884 von H. Hertz erfunden. Es beschreibt die Temperatur und die Feuchtigkeit der Luft in Funktion der Höhe über dem Erdboden bzw. dem Meeresspiegel. Dabei wird allerdings die Feuchtigkeit nicht als relative oder absolute Feuchtigkeit dargestellt, sondern als Taupunkt-Temperatur, d.h. als jene Temperatur, bei welcher die relative Feuchtigkeit gleich 100 % wäre. Deshalb ist die Taupunkt-Temperatur nie grösser als die wirkliche Temperatur. Damit kann man diese beiden Hauptlinien im Emagramm immer sicher unterscheiden, auch dann, wenn sie nicht (wie hier) verschiedene Farben tragen.

Inzwischen wurden viele weitere solche Diagramme erfunden, beispielsweise 1923 das Tephigramm von N. Shaw, 1927 das Stüve-Diagramm von G. Stüve, 1935 das Aerogramm von A. Refsdal, 1945 das Pastagramm von J.C. Bellamy und 1947 das SkewT/LogP-Diagramm von N. Herlofson, welch letzteres heute dominiert und oft auch Emagramm genannt wird. Sein richtiger Name beschreibt, worin es sich vom Emagramm unterscheidet:

LogP bedeutet, dass als Ordinate nicht die Höhe aufgetragen wird, sondern der Logarithmus LogP des Luftdrucks P. SkewT bedeutet, dass als Abszisse nicht die Temperatur T aufgetragen wird, sondern eine Linearkombination von LogP und T. Als Folge davon sind die Isothermen, d.h. die Orte gleicher Temperatur, nicht senkrechte, sondern schiefe Geraden (Skew = schief). Diese Komplikation ist der Preis dafür, dass gleicher Fläche im Diagramm gleiche Energie der Luft entspricht. Das erleichtert die Interpretation des Diagramms, zusammen mit den folgenden 5 Hilfslinien, welche, im Gegensatz zu den Hauptlinien, nicht von den aktuellen Daten abhängen:

1. Isobaren: horizontale Geraden als Orte gleichen Luftdrucks, meistens angeschrieben in hPa.

2. Isothermen: nach links geneigte Geraden als Orte gleicher Temperatur, meistens angeschrieben in Grad Celsius.

3. Isohumen: stärker als die Isothermen nach links (oder sogar nach rechts) geneigte Geraden als Orte gleicher absoluter Luftfeuchtigkeit, meistens angeschrieben in g Wasser pro kg Luft, wobei die relative Luftfeuchtigkeit ebenfalls konstant, nämlich gleich 100% ist, welche die Taupunkt-Temperatur von Luftblasen beschreiben, welche steigen oder sinken, ohne sich mit der Umgebungsluft zu vermischen.

4. Trocken-Adiabaten: nach rechts geneigte Kurven, welche die wirkliche Temperatur von Luftblasen beschreiben, welche steigen oder sinken, ohne sich mit der Umgebungsluft zu vermischen, wobei ihre relative Feuchtigkeit immer kleiner als 100% bleibt. Adiabaten sind meistens angeschrieben mit der Temperatur in Grad Celsius oder Kelvin, welche die entsprechende Luftblase beim Luftdruck 1000 hPa hat.

5. Feucht-Adiabaten: stärker als die Trocken-Adiabaten nach rechts geneigte Kurven, welche die wirkliche Temperatur von Luftblasen beschreiben, welche steigen, ohne sich mit der Umgebungsluft zu vermischen, wobei ihre relative Feuchtigkeit immer gleich 100% bleibt, weil überschüssige Feuchtigkeit laufend auskondensiert. Adiabaten sind meistens angeschrieben mit der Temperatur in Grad Celsius oder Kelvin, welche die entsprechende Luftblase beim Luftdruck 1000 hPa hat.

Eine Luftblase steigt bzw. sinkt, solange ihre Temperatur grösser bzw. kleiner ist als jene der Umgebungsluft. Die Basis der allenfalls aus ihr entstehenden Cumulus-Wolke liegt dort, wo sich ihre Isohume und ihre Trocken-Adiabate schneiden. Ab dort steigt sie entlang ihrer Feucht-Adiabaten. Eine Warmluftblase stammt meistens aus der Nähe des Bodens. Dann startet auch ihre Isohume bzw. ihre Trocken-Adiabate beim Luftdruck des Bodens und der dortigen Taupunkt-Temperatur bzw. wirklichen Temperatur. Die absolute Differenz dieser beiden Temperaturen in Grad Celsius, multipliziert mit 125 m, ergibt dann ungefähr die Höhe der Basis über Grund.

Grob gesagt: Wir dürfen umso bessere Thermik erwarten, je stärker die Sonne den Boden (und damit die bodennahe Luftschicht) heizt und je weniger (im Vergleich zu den Adiabaten) die Hauptlinie der Temperatur nach rechts geneigt ist. Dabei gilt ausserhalb der Cumuli die Trocken-Adiabate und innerhalb die Feucht-Adiabate. (Aber Vorsicht: Fliegen in der Teufels-Küche eines Cumulus ist mit Hängegleitern zu gefährlich und deshalb verboten!)

Physik-Theorie-Frage: Wenn eine Luftblase im Vergleich zu ihrer Umgebungsluft die genau gleiche Temperatur, aber eine höhere Taupunkt-Temperatur hat, steigt sie dann oder sinkt sie? Antwort: Sie steigt, weil das Molekulargewicht von Wasser kleiner ist als jenes von Stickstoff und Sauerstoff.

Emagramme werden oft rechts mit Wind-Pfeilen ergänzt. Diese werden ohne Pfeilspitze als Kopf, dafür aber mit Federn am Schwanz dargestellt. Nicht die Länge des Pfeils stellt die Geschwindigkeit der Luft dar, sondern die Zahl der Feder-Striche am Schwanz. Der Wind-Pfeil gilt für die Stelle, an der sich sein Kopf befindet.

Obiges Beispiel ist ein SkewT/LogP-Diagramm als Prognose aus dem Wetter-Modell AVN111 von NOAA, gültig am 13. Juni 2002 für 09h00 Lokalzeit in London und somit 11h00 Lokalzeit in Zürich (mit der geografischen Breite 47.5 Grad und der geografischen Länge 8.6 Grad), extrapoliert um 15 Stunden (was bedeutet, dass Messungen, welche nach 18h00 Londoner Zeit am 12. Juni 2002 ins Modell eingegeben wurden, keinen Einfluss auf dieses Diagramm mehr hatten). Die Winde drehen von Süd-West am Boden bis Nord-West in der Höhe. Farben im Text entsprechen jenen in diesem Diagramm. Ein ähnliches Diagramm von MeteoSchweiz, welches reale Sondierungen in Payerne usw. darstellt, wird auf den Seiten 43-46 der Nr. 6 vom Juni 2003 der Zeitschrift SwissGlider des Schweizerischen Hängegleiter-Verbandes SHV beschrieben.

Obige Aussagen basieren teilweise eher auf Vermutungen als auf sicherem Wissen. Deshalb bin ich dankbar für Kommentare und Korrekturen an tuchflug#wolke7.net mit #-->@.
Rigi, 27 kB
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