Baron von Caldiff
Der Heimkehrer von Kurtatsch
(Der Baron der aus der Kälte kam)/Uhura 5


Uhura Message 5

2000

 


 

 

 

Everything dies baby, that's a fact,
but maybe everything that dies some day comes back.

Bruce Springsteen - Atlantic City

 

 

Lieber Reinhold, vielleicht wirst Du Dich wundern, dass ich Dir gerade zu Beginn der Erntezeit einen Brief zukommen lasse, in dem es um Kälte geht.
Aber Ernte ist ja nicht überall zur gleichen Jahreszeit, das hängt von der Gegend ab und natürlich auch davon, was geerntet werden soll.
Für meine eigentliche Ernte kommt der Winter in Frage, während der Südtiroler Herbst für mich eher seit jeher mit der größten Kälte einhergeht.
Vor allem die ganzen Trauben könnte ich vor lauter Kälte sofort in eine riesige Granatina verwandeln.

Mit der Kälte hängt auch folgendes Erlebnis samt seinen Folgen zusammen.

Ich erinnere mich an jenen furchtbar kalten Winter, der war so kalt, dass die Kieselsteine in den Wegen, in den Auffahrten und in den Höfen so eng aneinanderklebten wie die Atome eines Metalls.
Da besuchte ich einen Schmied, mit dem ich bekannt war.
Als ich wieder nachhause ging, schlug ich, kaum aus der Werkstatt, eine ziemlich forsche Gangart ein, weil ich nicht zu kalt kriegen wollte. Da die porphyrgepflasterte Ausfahrt bei besagtem Schmied leicht bergab geht und in derselben ein Lieferwagen geparkt war, hielt ich mich in vollem Schwung zu weit rechts.
Dabei hatte ich die übermannshohe, zwei Millimeter starke Stahlplatte übersehen, die dort an die Seite der Auffahrt gelehnt stand und ich rannte mitten auf diese drauflos. Diese Platte ging mitten durch mich hindurch, ich konnte gerade noch den Kopf zur linken Seite neigen, dann trennte es mich mitten vollständig von oben bis unten durch.
Durch das Tempo, das ich darauf gehabt hatte, durch die Bewegungsrichtung genau in der Linie zur Platte und infolge der Schwerkraft setzten daraufhin beide Teile meines Körpers, der linke samt Kopf außen auf der Seite des Weges, der rechte etwas geduckt innen zwischen Platte und Geländer, ihren Weg fort.
Durch die große Kälte wurde jede Seite an der gesamten Schnittfläche innen, das heißt außen augenblicklich zugefroren. Dadurch hatte ich keinen Blutverlust.
Nun bekam ich mit dem Kopf die Trennung mit und da beging ich den Fehler, statt zu vertrauen, das meine beiden Hälften hinter der Platte wieder zusammenkommen würden, meinen linken Teil zur Eile anzutreiben. Dadurch langte dieser ums Kennen früher am Ende der Platte an, wo sich meine Teile auch tatsächlich wieder trafen und auch wieder vereinigten.
Sobald ich wieder eins war mit mir selber, begannen auch durch die Körperwärme die gefrorenen Außenseiten jeder Innenseite wieder zusammenzuwachsen. Bloß durch die Eile und den Schrecken der linken Seite war ich hernach nicht mehr so parallel zusammengefügt wie vor dem Ereignis. Die beiden Hälften von mir waren verschoben. Dies sollte mir in Zukunft noch manche Unannehmlichkeit bereiten, denn es wirkte sich auf die Koordinierung der Bewegungen aus.
Ich war zwar imstande, meine beiden Hände sich miteinander zusammenfügen zu lassen, ebenso meine Füße sich treffen zu lassen, aber auch das nur unter Aufwand der meisten Kräfte, die ich eigentlich für die jeweilige Tätigkeit gebraucht hätte. Bei der Ausübung der geringsten zusammengesetzten Tätigkeiten nämlich, wo jede Extremität die ihr zugewiesene Aufgabe unabhängig ausführen sollte und sich beide auf ein gemeinsames Objekt beziehen sollten, stimmten die Korrelaten nicht mehr zusammen.
Dazu kam die Tendenz, mich selber zwischen der linken und der rechten Schulter zusammenzupressen, aus einem Rest von Angst, an der Schnittstelle in der Mitte auseinanderzugehen.
So war ich in der Folge dieses einschneidenden Erlebnisses zwar imstande zu kämpfen ­ allerdings mehr mit mir selber ­ aber nicht mehr erfolgreich zu arbeiten und noch weniger, was mich noch viel dramatischer ankam, entspannt und befreit zu spielen.
Z.B. bei meinem Lieblingssport, dem Fischen, setzte ich die gefangenen Fische regelmäßig neben den Käscher und beim Aufheben von Gewichten, gleich welcher Dimension, war ich fortan nie imstande, die Halte- und die Druckpunkte meiner Extremitäten so zu setzen, dass eine physikalisch korrekte Kraftausübung möglich gewesen wäre.
Rasche Ermüdung war die Folge, Mangel an Freude trotz mühevoll genug erbrachter Leistungen.

Lieber Reinhold, dieses müsste der längste Brief werden, weil alle meine Erlebnisse der folgenden Jahre auf dem Hintergrund des doppelten Bemühens richtig zusammenzuwachsen und meine ursprüngliche Größe wieder zu erreichen zu sehen und zu erzählen sind.
Da es auf der Welt aber auch andere Dinge und Gesichtspunkte gibt, schreibe ich Dir verschiedene andere Briefe mit anderen Inhalten. In gewisser Weise kann man diesen Brief als Einleitung zu dem sehen, was ich sonst noch geliefert habe und noch liefern werde.
Es ist nebenbei gesagt durchaus möglich, dass sich im weiteren Verlauf herausstellt, dass manche Dinge, die ich berichtet habe, gar nicht so gewesen sind, wie ich sie bisher dargestellt habe. Man kommt immer wieder auf neue Sachen drauf, das gilt auch für die eigene Vergangenheit.
Was heißt das auch schon, "eigene Vergangenheit", daran sind ja so viele Menschen be- teiligt, dass es kaum auszumachen ist, was jenem oder einem anderen zugehört. Wer weiß denn zum Beispiel welchen Anteil jene die diesen Erzählungen heute zuhören, an dem haben, was damals zustandegekommen ist.

Wenn man das Richtige denkt, dann hat es bereits angefangen zu passieren. Von da an kann man es vielleicht anhalten (so wie man die Luft anhalten kann) oder verlangsamen oder was weiß ich noch für Hindernisse erfinden und aufbauen, aber man kann es nicht mehr rückgängig machen, ebensowenig wie man das Leben rückgängig machen kann.
Das Richtige finden hängt also mit dem Mut zusammen, es auch passieren zu lassen.

Ich hatte seit jenem einschneidendem Ereignis bei der Schmiedewerkstätte, beeinflusst dadurch wie um mich herum Probleme angegangen wurden, die Überzeugung oder das Gefühl, ich müsste, um wieder richtig zusammengefügt zu werden, dasselbe Ereignis nocheinmal herbeiführen und mich dabei aber diesesmal richtig verhalten; das wäre im Ver- trauen auf die Natur und darauf, dass das Individuum etwas ist was zusammengehört und auch zusammenkommt, wenn man es in Ruhe lässt, den gleichen Schnitt von damals wieder herbeiführen, so wie in der orthopädischen Chirurgie schlecht verheilte Brüche nocheinmal gebrochen werden, daraufhin aber nichts tun und den Dingen ihren Lauf lassen.
Ich wollte also eine Verbindung von allopathischer (chirurgischer Eingriff) und homöopathischer Medizin (Nachstellung des auslösenden Zustandes) erzielen.
Zum Auseinanderschneiden dachte ich an die verschiedensten Techniken. Vor Messern und anderen Trenngeräten hatte ich immer einen Abgang gehabt. Deshalb übte ich zuerst mit Langspielplatten, aber sie waren zu stumpf und drehten zu langsam, die neuen CD-Scheiben hingegen waren zu klein. Hochschwingende Gitarrensaiten als nächsten Versuch kriegte ich nie in die richtige Schwingung.
Ich dachte zwischendurch auch an eine Lösung mit einem Laser von meinem Freund von Siemens.
Ich dachte an alles Moderne, Technische, Neue, alles was mit Genauigkeit und Schärfe in Verbindung zu bringen war.
Das Entscheidende schien mir allerdings die Findung der richtigen Temperatur. All die Zeit legte ich mein Hauptaugenmerk darauf.

In Erinnerung an den auslösenden Moment suchte ich die größtmögliche Kälte zum Auseinanderschneiden.
Wer schneidet sich schon freiwillig mitten voneinander, wer hat das Vertrauen, dass es ihm gelingen wird, sich wieder so zusammenzufügen, wie es vorgesehen ist?
Ich überlegte mir auch und schließlich ging ich dazu über, ein Zusammenwachsen bei größtmöglicher innerer Hitze ohne Schnitt zu suchen.

Die Suche nach der größten Kälte und nach der größten Hitze führte mich notwendigerweise in die Hölle. Was ich da erlebt habe, ist aber wieder eine andere Geschichte.
Ein wichtiger Schritt war dann die Erkenntnis, dass nur auseinandergeschnitten werden kann, was schon vorher getrennt war, bzw. dass das falsche Zusammenfügen hinterher eine Frage der falschen Voraussetzungen ist, die vor dem Fall des Auseinanderschneidens geherrscht haben und nicht vor dem Schnitt behoben wurden.
Ein Einschnitt wie ein Unfall können immer vorkommen. Wenn die Voraussetzungen stimmen, kann ein trennender Einschnitt zu neuen Zusammenhängen führen, wenn nicht, führt er zu Zerstörung oder Unordnung; er macht also evident, was bereits vorher in Unordnung oder zerstört war.
Schließlich kam eine Zeit, in der ich an andere Sachen denken musste und andere Prioritäten zu setzen hatte, und das genau in dem Zustand in dem ich halt war.

Ich habe Dir in meinem ersten Brief geschrieben, ich sei aus Südtirol vorübergehend weg gewesen. Das ist jetzt eine Weile her und so wie es scheint doch nicht weil ja alles relativ ist. Ich will Dir deshalb die näheren Umstände meines Wegganges schildern, und ebenso die Umstände, unter denen meine Rückkehr vonstatten gegangen ist.
Wie ich Dir geschrieben habe, bin ich damals weggegangen, weil ich mir von meinem Namen mehr Nach- als Vorteile erwarten durfte, das heißt in Wahrheit und genau besehen waren es zumindestens in gesellschaftlicher Hinsicht überhaupt nur Nachteile.
Jede Provinz hat ihre Hauptstadt, die es (mehr oder weniger) als solche anerkennt und zu der es mehr oder weniger aufschaut.
In Poggibonsi war es früher wohl Siena, heute Florenz, in Zevio ist es Verona, in Fischamend ist es Wien.
Bei uns weiß man nicht so recht. Für manche sollte heute angesichts ungeahnter neuer Möglichkeiten wohl Bozen das Caput mundi sein, aber so ganz wird das wohl nicht hinhauen.
Innsbruck hat zwar die Landesuniversität, die Universitätsklinik und den Bergisel, ist aber schlussendlich, trotz zweier olympischen Spiele wohl selber zu provinziell, um unser anerkennungshungrigen Provinz das Tor zur Welt zu sein.
Wien ist wieder ein Stück zu weit weg und von wegen innerer Bindungen ...
Einer gewissen Logik entspricht hingegen, München als Hauptstadt zu erleben. Eine große Anzahl von Geschäfts- und Studienbeziehungen und nicht zuletzt die vielen eingefleischten "Bayern-München"-Fußballfans beweisen diese Annahme.
Was führt aber einen einzelnen Menschen in die Hauptstadt? Eine schöne Sache ist es in die Oper, ins Theater oder auf den Viktaulienmarkt oder mit seinen Kindern regelmäßig in den Zoo zu gehen, alles Dinge und Möglichkeiten, die diese Stadt bietet. Was sucht aber der, der in der Hauptstadt nur arbeiten will anstatt sonst irgendwo zu arbeiten? Vielleicht das Komplette, das das Leben dort für den darstellt, der sich in einem Bedeutungszusammenhang handeln sieht, an dessen Spitze er eben diese Stadt erlebt und von dem ihm der kleine Ort in der Provinz nur als ein Teil erscheint.

Hinter der Goethestraße oder der Bindergasse kommt irgendwann die Drygalskiallee, die Grünwalderstraße oder das Sendlingertor, aber was kommt nach der Grünwalderstraße?
Ist es der Punkt, von wo weg man bereit ist, sich in den wichtigen Sachen des Lebend von anderen leiten zu lassen? Weil man merkt, dass man an der gleichen Stelle lebt und handelt wie jene Großen, nach denen man keine mehr akzeptiert. Weil man endlich inmitten jener großen Gruppe lebt in der man sich sicher fühlt?
Herbert Achternbusch ist vor der Kälte in Bayern nach Grönland ausgewandert. So viel ich verstanden habe, meint er die menschliche Kälte. Ich jedenfalls bin in der atmosphärischen Kälte Bayerns gelandet, die mir ganz schön zu schaffen machte. Ich weiß nicht ob es so kalt war, dass die Vögel erfroren vom Himmel fielen wie es früher hieß, dazu war ich zu beschäftigt, selber unbeschadet durchzukommen. Auf jeden Fall wurde man sich in jenen Tagen sehr gut bewusst, dass man die Luft für jeden Atemzug gut vorwärmen musste, bevor man sie in die Lungen hinunterließ.
Da wäre sie nun gewesen, die große Kälte, die ich für mein Experiment gebraucht hätte. Aber anstatt diese Kälte außen zu erleben, wo sie etwas Abgeschlossenes suggeriert hätte, drang diese Kälte mehr und mehr in mich ein. An ein therapeutisches Außeinanderschneiden war nicht zu denken.
Zum Glück fand ich bald eine Mietwohnung mit Bad. Die regelmäßige Übung, jeden Abend ein heißes Bad zu nehmen, half mir mindestens über den harten Winter zu kommen.
Der Sommer in München dann ist ja sowieso ein Erlebnis, in seinen Biergärten, unter Kastanienbäumen, ein Weizenbier vor sich auf dem massiven Tisch ...
Fast schien es mir in jenen Tagen, dass ich in der Folge dieser Erlebnisse auch ohne radikalen Eingriff körperlich mehr und mehr parallel zusammenwuchs.
Der nächste Winter war nicht mehr ganz so kalt. Ich behielt aber meine Gewohnheit, am Abend ein Bad zu nehmen, bei; ich ließ es bloß nicht mehr ganz so heiß einlaufen wie im ersten Winter.
Wie üblich ließ ich das Wasser mit Über-hitze einlaufen und setzte mich gemütlich in die dampfende Wanne. Ich hatte mir angewöhnt, mich mit den Ellebögen am Wannenrand aufzustützen, wenn ich den Oberkörper aus dem Wasser haben wollte, um dem allzuheißen Dampf etwas zu entkommen.
In diesen Novembertagen des zweiten Winters war es nun so, dass ich bald merkte, dass meine Arme beim Aufstützen immer weiter nach oben winkelten. Das erste Mal glaubte ich, ich liege zu flach und ich setzte mich auf. Nach ein paar Mal aufrichten merkte ich aber, dass dies nicht der Grund war, sondern dass ich kleiner geworden war und deshalb im Sitzen nicht mehr so leicht auf den Wannenrand langte wie vorher. Das beunruhigte mich natürlich, aber da ich im täglichen Leben, insbesondere bei der Arbeit, keine Beeinträchtigung erlebte, sondern im Gegenteil solider und erfolgreicher wurde, ließ ich mich gewissermaßen treiben. Ich nahm weiterhin mein Bad, mindestens jede Woche ein paarmal setzte ich mich in die dampfende Wanne.
Mir war auch vorgekommen, dass mein Kleinerwerden bald wieder stehengeblieben war, insbesondere, dass ich es durch geistige Konzentration einhalten könne. So beruhigte ich mich, obwohl ich mir über die Gründe meines Schrumpfens noch bei weitem nicht im Klaren war.
Vielmehr fing ich sehr bald an zu denken, dass ich mir das mit dem Kleinerwerden überhaupt nur eingebildet hätte, zu sehr hätte mich das Eingeständnis solch seltsamer Veränderungen hinsichtlich meiner Arbeit und meiner gesamten Lebensführung beunruhigt.

Nun kam es vor, dass ich wieder einmal mich in der Wanne entspannen wollte und so dahindöste *)
, als ich plötzlich gewahr werden musste, dass es mit dem Kleinerwerden wieder losging. Diesmal ging's rapide, es gab keinen Zweifel mehr ­ in wenigen Augenblicken war ich schon nicht mehr imstande, die Ellebögen aufzustützen, ich verschwand unter dem Rand der Wanne. Diese war ja zu dreiviertel voll und ich war in Nullkommanichts mit dem Kopf unter Wasser. Da ich kleiner wurde, trieb ich im Wasser und alsbald ging mir durch den Kopf, dass ich mit meiner neuen Größe da wohl nicht mehr herauskommen würde. Schon hatte ich die Größe von Speedy Gonzalez erreicht. In diesen dramatischen Momenten entschied ich spontan, zum Boden der Wanne abzutauchen und den Abflussstöpsel herauszuziehen.
Das Wasser sog und gurgelte hinab und im Nu hatte es mich mit in das Abflussrohr hineingezogen. Ich trudelte, ich wirbelte, ich purzelte und taumelte nach unten.
Das erste, was ich dort unten sah, war dass die ganze Stadt München in Wirklichkeit auf einem riesigen See von Bier schwimmt, wo in unergründlicher Weite ein gelblich-honigfarbenes Dämmerlicht herrscht.
Jetzt verstand ich einiges. So wie Venedig ursprünglich als Zufluchtsort seiner Bewohner, zum Schutz vor wandernden Räuberhorden aufs Wasser der Lagune gebaut wurde, fühlen sich die mächtigen und wichtigen wie die weniger mächtigen und weniger wichtigen Bewohner Münchens in Sicherheit auf ihrem einmaligen See von Bier.
Damit wurde mir auch klar, wes Geistes Kind das Münchner Kindl also ist und mir fiel auch ein, dass mir nicht umsonst ist die erste Abbildung des Münchner Kindls von einem Bierhumpen mit Deckel her bekannt war.

Das ganze moderne München mit seinen Siemens, BMW, Käferläden, P1, Olympiahalle und allen seinen Weltstars, dem Freiheits-engel und seinem FC Bayern München, alles miteinander steht oder schwimmt auf diesem riesigen See, seit Uranfang zu Land unangreifbar und selbstgenügsam in dieser Position.

So wirbelte es mich durch die Leitungen, durch den See hindurch in immer größere Tiefen. Ich erspare Dir und Deinen Lesern einen detaillierten Bericht darüber, was ich da sonst noch sah und wo ich sonst noch durchmusste. Für die meisten ist nämlich dies nicht Material für Literatur und jene, die sich nicht scheuen und sich nicht zieren, auch die unteren Bereiche des Lebens der menschlichen Gesellschaft zu sehen, können sich das meiste eh selber vorstellen, obwohl es natürlich auch hier Details gäbe, die nicht überall gleich sind und deshalb sehr wohl einer gesonderten Behandlung bedürften.
Was ich hingegen nicht verschweigen will, ist die Angst, die mich da unten packte. Immerhin war ich unvermutet aus einem tätigen Leben in einer solchen Weise gestürzt, die ich mir bewusst nie hätte erwarten können. Auch mit Vorsicht hätte ich diese Entwicklung der Ereignisse wohl nicht, wie etwa einen Unfall, vermeiden oder verhindern können. Dieses Bewusstsein hatte ich zwar auch im weiteren Verlauf. Ich war mir nicht bewusst, was ich falsch gemacht haben könnte. Aber Du kannst Dir vorstellen, welche Angst und Unsicherheit ich darüber empfand wo ich wohl hinkommen würde.
Von den vielen Abzweigungen und Leitungen ­ wohin, welche sollte ich auswählen, soweit in dem Strudel eine bewusste Handlung oder Entscheidung möglich war.
Dazu merkte ich, dass ich nach und nach größer wurde. Dieser an und für sich erfreuliche Umstand führte zu einem neuen Schrecken. Wenn ich so weiter gewachsen wäre, bevor ich herausgekommen wäre, hätte das wohl unweigerlich dazu geführt, dass ich steckengeblieben wäre.
Wer mich jetzt diese Zeilen hier lesen hört, denkt sich vielleicht, na ja er hat's ja geschafft, sonst würde er nicht hier sitzen und vorlesen, aber dort drin wusste ich ganz und gar nicht, wie die Sache ausgehen würde.
In diesen bangen Minuten ­ obwohl mein Zeitempfinden ziemlich ausgeschaltet war ­ tauchte in mir eine Erinnerung auf, mit der ein tiefes Vertrauen einherging, die meine Zuversicht stärkte.
Abgesehen davon, dass jede Sch., auch die größte einmal auftaucht, dachte ich daran, dass Flüssigkeiten in verbundenen Gefäßen immer gleich hoch stehen. Was zusammengehört ist auch verbunden ­ irgendwie.

Und wie das Wagenrad, dass in den kleinen Montiggler See geworfen wurde und in dem großen wieder auftauchte, tauchte auch ich schließlich nach einer langen Reise in den Abflussrohren tatsächlich wieder auf ­ im Becken der neuen Unterlandler Kläranlage zwischen Kurtatsch und Tramin.
Ich war natürlich über und über mit Material besudelt, davon wie oben und als erstes lief ich sofort zu der nahen Wasserauflegstelle für Spritzfässer.
Wie ich mit meinen nackten Sohlen über den rauhen Asphalt des 13er Wegs platschte, fiel mir mit Schrecken ein, dass ich ja kein 200 Lire Stück bei mir hatte, da sah ich zu meiner Erleichterung, dass das Bonifizierungskonsortium in meiner Abwesenheit die Wasserauflegstellen münzfrei gemacht hatte. Ich stellte mich also unter den Schlauch und ließ das eiskalte Ziggelwasser minutenlang über mich strömen, platschen, spritzen, bis das ganze Material, das ich bei meiner Reise durch die Leitungen abbekommen hatte, ab war.
Ich hatte irgendwie das Gefühl, ich bin wieder daheim. Splitternackt, eiskalt war es in jenem Spätherbst, total nass, ohne einen Menschen der mich kannte, aber daheim. Bloß ein Umstand war mir aufgefallen: Um den Schieber für den Wasserschlauch zu öffnen, hatte ich auf den Betonsockel steigen müssen. Ich hatte also immer noch nicht meine normale Größe erreicht.
Auf dem Weg ins Dorf, auf Schleichwegen, um niemandem zu begegnen, trocknete ich langsam ab und siehe da, damit wuchs ich zusehends. Ich kletterte über die Milla Stiege, tapste gegen die Weinstraße hoch und schlich mich hinter der Kirche ins Dorf.
An der kleinen Brücke fiel mir ein einzelnes eingedorrtes Blatt am Feigenbaum auf, der vom Bach herauf über das Brückendach wächst. Dieses Blatt hielt ich mir vor jenes männliche Körperteil, das so unendlich viele Namen hat, um das Schamgefühl meiner Landsleute nicht allzusehr zu verletzen. Zuhause angekommen, als ich das Blatt weglegen wollte, musste ich feststellen, dass das Blattgewebe, spröde wie es durch Frost und Feuchtigkeit geworden war, im Laufen komplett zerbröselt war und ich nur mehr die Blattstruktur mit Blattstiel und Blattnerven vor das Körperteil gehalten hatte, das so unendlich viele Namen hat. Zum Glück war dieses durch die Kälte so eingeschrumpft dass es in Wirklichkeit nicht viel zu verbergen gab.

Es gab im Dorf zwar schon einen Baron, aber ich war nun im Gegensatz zu früher bereit, auch zu meinem Titel und meinem Namen zu stehen. Umgangsformen und Auftreten traute ich mir zu. Und was den anderen, den reichen Baron anbelangte so meinte ich es würde schon Platz für uns beide sein. Nur, da sollte ich mich getäuscht haben, aber davon ein andermal.
Die ganzen nächsten Jahre blieb aber immer ein Rest von Kleinheit übrig, es fehlte nicht mehr viel, aber immer wieder musste ich im täglichen Leben feststellen, dass immer und immer noch ein entscheidendes Quentchen fehlte, um meine natürliche Größe zu er- reichen oder einzunehmen.
Es brauchte eine ganze Weile und einige unangenehme Erfahrungen, bis ich den Grund dafür entdeckte: hinter den Ohren war ich immer noch nass geblieben und auch wiederholte Trockenversuche mit dem Handtuch oder mit dem Föhn halfen nichts. Da fällt mir ein:
Der Föhn in Innsbruck, der warme Fallwind der Alpen, kann er etwas damit zu tun haben, hat er die richtige Wärme, kann er mich hinter den Ohren trocknen helfen? Wahrscheinlich auch nicht, aber ich will keine Möglichkeit von vorneherein ausschließen.
Das Problem ist auch heute noch nicht gelöst. Auch das alte Thema ­ Zusammenwachsen ­ ist noch nicht erledigt. Ich weiß aber heute: Es kommt nicht auf Kälte oder Hitze sondern auf die richtige Temperatur an.
Aber wo findet man diese?
Ich dachte an die Liebe, aber wer sagt heute in Südtirol "Ich liebe dich"? Überhaupt ist es mit der Körperwärme so eine Sache. Es ist dies eigentlich vorwiegend eine innere Sache, außen ist die Körpertemperatur durch die Anforderungen der Abkühlung von Mensch zu Mensch verschieden und selten ideal aufeinander abgestimmt.
Ich dachte an die gute alte dampfende Sch., durch die ich gekommen war, aber wo ich sie erlebt hatte, ist sie mit zu viel Dusch-, Bade- und Abspülwasser vermischt, hat nicht mehr die ursprünglichen Grade und scheidet also aus.
Auf jeden Fall galt es wieder am Leben der hiesigen Gemeinschaft teilzunehmen. Ich gedachte meinem Namen durch Befolgen der alten hehren Devise Ehre zu machen: "Edel sei der Mensch, hilfreich und gut."
Wenn schon nicht reich an Gütern, dünkte ich mich nämlich reich an Erfahrung und ich war gewillt, sie für die Gemeinschaft einzusetzen.
Bloß wie war mir noch nicht klar. So spazierte ich des öfteren durchs Dorf und kam mir eigentlich recht überflüssig vor. Ich hatte aber dieserart die Gelegenheit mir alles im Dorf genauer anzuschauen als alle die tätigen Menschen um mich herum, die vor lauter Geldverdienen, Bauen, Richten und Verschönern kein Auge für bestimmte Sachen zu haben schienen.
Eines Tages bemerkte ich schließlich mit ungläubigem Staunen, dass in sämtlichen unseren Dorfbrunnen das Wasser rückwärts floss. Es schien von weitem besehen zwar alles wie immer, aber bei genauerem Zusehen konnte man ganz genau sehen, dass alle Bewegung des Wasser rückwärts ging und auch der Wasserstrahl selber durch was weiß ich welche Kraft nach oben gehoben wurde. Dadurch waren die Brunnen zwar voll wie immer, aber es war klar, dass das Wasser von unten statt von den Quellen in der Bergeshöh' kam. Das konnte auf die Dauer nicht gut für die Gesundheit sein. Ich wollte auf eigene Faust für Abhilfe schaffen. Um eine Methode dafür zu finden, die Flussrichtung wieder umzukehren, musste ich den Grund für die verkehrte Situation finden. Aber so sehr ich auch kopfte und sinnulierte, ich konnte dem Phänomen keine wissenschaftlich-technische Erklärung abgewinnen.
In dieser Not kam mir der Zufall zu Hilfe. Als ich einmal zwecks Findung neuer Hinweise nocheinmal alle Brunnen abgehen wollte, entdeckte ich einen, den ich fast vergessen hatte. Oben im Rain, kurz nach der Kreuzung, die entweder nach Penon oder Fennberg führt.
Und bei diesem floß das Wasser tatsächlich immer noch richtig, nämlich abwärts, dem Tale und dem Süden zu. Nachdem ich bisher danach gesucht hatte, warum die Brunnen falsch flossen, musste ich mich nun damit befassen, was diesem einen die Ursprungsrichtung erhalten hatte lassen, also eine vergleichende Forschung anstellen. Das war sehr mühsam und langwierig und es wollte sich auch nicht so bald ein Erfolg einstellen. Bis ich bei einem erneuten Kontrollgang bei besagtem Brunnen einen Haufen Hennen mit Gockel in der Toreinfahrt des nahen Hofes sah. Mir ging ein Licht auf. Das war der Unterschied zu den anderen Brunnen: Während sonst überall im Dorf die Hähne genauso wie die Misthaufen aus dem Wohngebiet verbannt waren, gab es hier noch Federvieh samt stolzem Gockel.
Ich plazierte mich also eines Morgens vor dem Brunnen und tatsächlich ertönte gegen halb sechs Uhr das erste Kikeriki des Hahnes.
Daraufhin lieh ich mir den Gockel aus und plazierte ihn zu gegebener Zeit vor einem anderen Brunnen. Und siehe da: es kam der Morgen, der Hahn krähte, durch das Brunnenwasser ging wie ein Ruck und das Wasser hatte wieder den richtigen Weg. Der Hahn krähte ein paar Mal und so hatte ich an diesem Morgen bald alle Brunnen durch. Wie groß aber war untertags meine Über-raschung und wie war ich enttäuscht, als ich feststellen musste, dass überall das Wasser wieder rückwärts lief. Lang begriff ich nicht, aber schließlich leuchtete mir ein, dass der gemeinsame Sog der übrigen Brunnen immer den, welchen ich mit dem Hahnenschrei gerade zur Umkehr brachte wieder mit in die gleiche Rückwärtsbewegung hineinzog.
Ich musste also an allen Brunnen zugleich einen Hahn plazieren, aber wo in der heutigen Zeit soviele krähende Hähne auf einmal herkriegen, in einer Zeit, wo sogar die stolzen Franzosen meditieren ihr traditionelles Wappentier abzuschaffen? Da hörte ich zum Glück von einem Hof in der Talsohle, wo der Großvater ein paar überzählige Hähne schlachten sollte und im Halbdunkel des Stalles an deren Stelle ein paar Hennen er-wischt und gestreckt hatte. So hatten sie dort Hähne im Überfluss und die konnte ich mitnehmen. Es funktionierte wirklich. Als frühmorgens alle gleichzeitig krähten, tat es einen Gurgler und die Brunnen flossen alle gemeinsam wieder talwärts.
Einen Fehler hatte ich allerdings begangen. Ich hatte die ganze Arbeit sozusagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt und da zuerst niemand den Rückfluss bemerkt hatte, war nun keine Leistung meinerseits feststellbar. Das war einer Förderung meines Ansehens nicht zuträglich und ich galt weiterhin als Tagedieb, da ich mit Geldverdienen zu der Zeit nicht aufwarten konnte. Im Übrigen hatte ich den Verdacht, dass mich damals jemand bei meiner Rückkehr ins Dorf gesehen haben musste, was von Haus aus, Namen hin Namen her in so einem kleinen Dorf auch im 20. Jahrhundert keine gute Voraussetzungen bringen mochte.
Durch dieses Erlebnis zog ich mich mehr zurück und zukünftige Problemlösungen führte ich sozusagen eher virtuell durch.
Da war z.B. der Fall der Frisur des Bürgermeisters. Dieser hatte eine wunderbar auftoupierte Haarlege, die beim Schwimmen, insbesondere im Sommer im Fenner See, der ein Margreider See ist, auf keinen Fall nass werden durfte. Gleichzeitig musste der vorgesehene Behelf größte Körperfreiheit lassen. Für dieses Problem musste ich für einmal nicht lange nachdenken. Ich benutzte einen durchsichtigen Kleinstkinderschwimmreifen, den ich mittels Heißluftpistole genau in die Form modellierte, die rund um den Kopf genau dem Haaransatz entlang verlief. So konnte der Kopf samt Haarzier immer natürlich über dem Wasserspiegel gehalten werden, vor jeder unvermuteten Welle geschützt und gleichzeitig war darunter volle Körperfreiheit für ein angenehmes Wasser- und Schwimmgefühl garantiert. Vom Ufer aus gesehen sah man den durchsichtigen Reifen gar nicht. Der einzige Nachteil war, dass der Reifen dem Schwimmer die Ohren zudrückte, aber was hätte er schon hören sollen beim Schwimmen?
Also wenn ich so schaue bin ich schon doch ein wenig stolz auf meine Ideen, wenn mir ihre praktische Durchführung auch nicht den Respekt verschaffte, den ich mir meiner Meinung nach damit verdient hatte. Das gilt insbesondere für die teilweise Lösung eines Problems, das bekannterweise das größte Problem der Kurtatscher überhaupt ist.
Es kann nämlich niemand behaupten, dass die Kurtatscher in allen Fragen des praktischen Lebens nicht jederzeit allen Anforderungen gerecht würden und darüberhinaus kann jeder selber sehen, welch ein wunderschönes Dorf seine Einwohner in der Vergangenheit wie in der Gegenwart gestaltet haben. Man wird den Bauern kaum etwas über die Pflege der Weinberge erzählen können, was sie nicht schon wüssten und auch im Obstbau sind sie an vorderster Front im Einsatz. Tradition wie Moderne haben an diesem Ort ihre Verfechter und Pfleger. Die Gebäude, gleich die einfachen wie die Höfe und Ansitze sind reizvoll und gepflegt und ­ was in unserer Zeit besonders zählt ­ sie sind nicht um des Tourismus willen so hergerichtet, sondern weil es seinen Bewohnern selber so gefällt. Stolz, selbstbewusst aber nicht eingebildet steht das Dorf auf seiner Sonnenterasse über dem Unterland, zieht sich an den Hängen hinauf bis Graun, Penon und Oberfenn, aber hier würden wieder andere Geschichten zum Erzählen sein. Jedenfalls haben die Kurtatscher allen Grund mit dem Erreichten zufrieden zu sein, denn alles was sie in geschichtlicher, kultureller und politischer Hinsicht geleistet haben und heute noch leisten kann ich hier nicht aufzählen. Es gibt aber ein großes Kurtatscher Problem, das bis heute in der verschiedensten Form angegangen wurde, aber noch nie zufriedenstellend gelöst werden konnte. Von Zeit zu Zeit gibt es darin zwar Teilerfolge, aber keiner der vielen Versuche brachte die eine Lösung und zwar vor allem keine dauerhafte Methode. Auch ich habe in diesem Fall das Problem nicht endgültig lösen können, das wäre sowieso unmöglich, denn dann wären die Kurtatscher im Himmel; aber ich wage zu behaupten, dass ich einen wichtigen Aspekt des Problems entscheidend auswerten konnte.
Also, was die Kurtatscher vor und nach ihren vielfältigen täglichen Tätigkeiten am meisten beschäftigt, ist zu derfragen was in Tramin los ist. Dahinter sind sie seit jeher her und wenn ich Euch sagen würde was schon alles angestellt wurde um in dieser Hauptsache weiterzukommen, Ihr würdet es mir nicht glauben.
Ich dachte wie in allen meinen Lebens- situationen an eine praktisch-technische Lösung des Problems und tatsächlich kam mir eine neue Erfindung zu Hilfe. Es kam in jenen Tagen ein sensationelles Gerät auf den Markt, die iBox oder smellbox. Diese schließt man an den Computer an und kann dann mit diesem Kastl zehntausende Gerüche zusammenmischen und verdampfen, die über Internet ausgesendet werden.
Ich habe nun mit Hilfe meines Kumpels, der sich bei Siemens seine Brötchen verdient, die iBox umgebaut und damit Folgendes durchgeführt: Die iBox dient bei mir nicht zum Ausstoßen sondern zum Empfangen von Gerüchen und zwar anhand eines angebauten Sensors aus der PassByProduktion von Siemens, aus einer fallengelassenen militärischen Auftragsecke aus der Kampfgasabteilung Die Röhrchen im Innern des Kastl dienen zur Herstellung von analogen Kompositionen, mittels derer die Konsistenz der eingehenden Düfte oder Gerüche aufgeschlüsselt wird. Wir haben dann ein Programm geschrieben, das die Kodierungen aller gängigen Rauchpartikel heutigen Aufkommens enthält, ebenso ein weites Spektrum von Gerüchen aus dem landwirtschaftlichem und aus dem privaten Bereich. Mittels der iBox, dieses Programms und eines Datenschreibers gelang es mir dergestalt die erste sichere, gültige und aussagekräftige Nachricht über das wöchentliche Leben in Tramin aufzufangen und das ohne einen Fuß aus Kurtatsch zu setzen.
Man konnte einwandfrei ablesen, woraus das Leben in Tramin zusammengesetzt war, ob mehr Mortadella oder ungarische Salami verkauft wurde, wie der Verzehr von Rohschinken angestiegen war, wieviel Dolomiten und wieviel FF angeschürt wurden, um das Recycling zu vermeiden, ob mehr AGIP, Q8 oder anderer Kraftstoff verfahren wurde, ob die pasta asciutta mehr al dente oder weichgekocht wurde oder der Verzehr von Knödeln wieder angestiegen war, ob mehr Pampers oder Lines Windeln verbraucht wurden, wie oft geschnaggselt wurde und wie oft am Tag die Kirchentür auf und zu ging.
Wir schafften es sogar zu entschlüsseln, ob zu gewissen Zeiten mehr Angst oder mehr Zufriedenheit in der Luft war. Es war wunderbar, ich konnte es selber kaum fassen, dass es uns gelungen war eine solch moderne Lösung für so ein altes Problem zu finden.
Natürlich war die Leitung unterbrochen sobald der untere Wind ging aber zu allen anderen Zeiten war der Empfang einwandfrei. Und während der Bora werden wohl die Traminer eine iBox aufstellen - aber seltsamerweise scheint in umgekehrter Richtung unsere Nachbarn nie besonders interessiert zu haben, was bei uns im einzelnen so los ist.

Gufidaun, am 4. September 2000

 

 

 

 

*) An eine Eigentümlichkeit kann ich mich erinnern, auch weil sie mich bis heute begleitet, es war mir trotz aller Behaglichkeit nicht möglich, mich gänzlich zu entspannen, trotz der abendlichen Stunde, trotz verschlossener Tür, trotz angenehmem Liegen im warmen Element. Immer war ein Rest von Gespanntheit da, die man als Bereitschaft beschreiben könnte, auf was weiß ich welches erwartetes-unerwartetes Ereignis zu reagieren. (zurück zur Textstelle)

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