Peter Holzknecht
Vier Texte/Uhura 5
- Stundenlang
- Instinkt
- mehr, schneller, besser
- Tagträume

Uhura Message 5

2000

Stundenlang

Das immerwieder einzigartige Gefühl, wenn man an der Bartheke sitzt, irgendeinen Buchstaben in der Mitte des Wortes, welches auf der Plakette der Spülmaschine hinter der Theke steht, fixiert.

Man weiß, den Kopf ganz gerade zu halten und doch wankt dieser Buchstabe von links nach rechts. Man hat das Gefühl im Kopf, daß das Gehirn von einer Seite zur anderen Seite des Schädels schwappt. Die Schädelwand dient dabei als Trampolin und schickt die Masse wieder und wieder zurück ähnlich eines "Perpetuum Mobile".

stundenlang

Man steigt in den Wagen, folgt im Fluß des Verkehrs zufällig einem Autobus, und fragt sich warum die Leute einem aus der Heckscheibe so anstarren. Langsam begreift man, daß es im Grunde nur die Glatzen alter Männer sind die man für Gesichter verwechselt hat.

stundenlang

Männer die nicht wissen ob sie zu ihrer
letzten Reise angetreten sind, und daran zweifeln ob sie überhaupt noch zurück in ihr Heim kommen.

stundenlang

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Instinkt

In den ersten Sekunden einer Begegnung zweier Menschen gibt es eine Phase gegenseitens Einschätzens auf der intuitiven Ebene von Einführung und Identifizierung. Ähnlich wie man es bei Tieren beobachten kann.
Da man einer gewissen Kategorie von Menschen, zu denen Ärzte, Richter, Anwälte, Ordnungshüter, Priester und Militaristen zählen, eine übertriebene Vorstellung von ihrer Position anerzogen hat, hat es wenig Sinn, mit offenen Karten zu spielen.

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mehr, schneller, besser

Wenn er sein ganzes Leben gespart und gespart hat, nie in Urlaub gegangen ist, alles kleinlichsterweise aufgebaut, auf alles verzichtet, nie an einem Würstchenstand einen Imbiss zu sich genommen hat, den ganzen Winter umhüllt mit einer Decke, wegen der Heizungsspesen, im Wohnzimmer gesessen hat, im Dunkeln geduscht hat um Strom zu sparen, dann ist es so weit.

Auf einmal kommt die große Milliarde als er einem, er kann es sich selbst nicht erklären, einen Lotterieschein ausgefüllt hat, und in einem schwachen Moment, wahrscheinlich waren seine Gedanken zu sehr mit dem einen Abschnitt der Klopapierrolle die er zuviel abgerissen hat als er sich den Arsch abgewischt hat beschäftigt, sogar abgegeben hat.
Jetzt sieht er wie sein Leben an ihm vorüberzieht wie eine modrig stinkende, langsame gallertartige Brühe.

Er ist nun zu alt um das ganze versäumte Sein nachzuholen.

Er sieht wie beschissen und verklemmt, in seinem eigenen, und weiß der Teufel von wem noch, eingetrichterten Klischee eingepfercht, sein grausiges Leben war.
Er hat sich nie eine kleine Freude oder eine X-beliebige andere Sache im Leben gegönnt, alles war kalkuliert und kam so wie es kommen mußte.

Daraufhin sucht das arme reiche Schwein nun eine Brücke um in Gesellschaft seiner Falten, seinem schäbigen Leben nachzutauchen; um vieles mehr besser und schneller zu machen.

Eingeschlossen wie ein Gürteltier, mit einem zusätzlichen Chitinpanzer umschlossen, wie ein Mistkäfer mit Walkman.

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Tagträume

Zeiten deines Lebens ... verbrannt; etwas verfolgend was nicht durchhält.

Deine Erfindung: eine illusion.

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