Luis Seiwald
jedem raben sein stück käse
oder: "vorher im atelier"/Uhura 2

Uhura Message 2

1998

terpentin nicht vergessen, gekauft beim d. in b., weil die alten pinsel noch voll alter farbe, die schon ganz hart geworden ist. das letzte bild. dazu nahm ich auch noch eine art Kardinalrot, das es hier bei uns nicht zu kaufen gibt. das muß man schon selbst zusammenmischen, wenn es überhaupt möglich ist. alte junge meister verwendeten es, nicht viele, wenige also und dementsprechend teuer ist es auch dem künstler und dem verkäufer. dabei bekOmmt man nur das pigment, die terra. gut, die pinsel sind nun getaucht in die lösende flüssigkeit, müssen nur mehr abgeputzt werden. dazu verwendet man ein altes tuch oder ein neues, wenn es dem maler nicht zu schade. was genau das neue werden soll, kann nie genau gesagt werden, sicher ist nur, daß es sein muß. grundlage ist eine handgefertigte leinwand, gespannt wie eine trommel, weich, geschmeidig und nachgiebig. auf dem tisch tabak, irgendwo immer ein stummel, gläser stehen herum, verkrusteter wein darin vom letzten mal, an dem keine zeit mehr war sie auszuspülen. seitdem der abfluß des wassers abgefroren ist in diesen kalten jännertagen, wie jedes jahr, gestaltet sich der alltägliche und selbstverständliche gebrauch nicht mehr selbstverständlich. überall diese verdammten bilder, ringsherum, kein platz zum nachdenken und den blick ruhen lassen. gute 3 x 4 meter der länge und breite nach und gerade so hoch wie eines der großen bilder. frauenbrüste mit zentrifugen-ringen und kälber-maulkorb als bh, polierte holzklobrille mit einem horn eines weißen stieres auf rädern, alte fensterrahmen, calcetto-männchen und jede menge kupferblättchen, gelocht, gehämmert und gebogen, oxidiert, zeitungsfrauen-ausschnitte liegen herum oder sind an die wand geklebt mit klebe - streifen in den strümpfen mit strapsen und durchsichtigem, zeugen wie sie gehen können und müssen, damit man sie ab - lichtet. große zusammen-gerollte papiere in der ecke neben der pizzaschachtel von irgendwann, bezeichnet Und bemalt, skizziert in zeitlosen momenten. urnen überall, gefüllt mit energie, reiner feinstofflicher energie, warten auf sensible oder sensitive. daß der k. ein schamane sein sollte ist doch klar und nur in solchen momenten mit geist geblitzt, entsteht dieses magische, unerklärbare, das von vielen kunst genannt wird. manchmal baggert yves klein mit seinem raumbagger hier herum und penk malt strichmännchen auf manzonis weißen semmelbilder. dieser, als gegenschlag gleichsam scheißt ihm auf die glatze und erklärt sie als die base del mondo. nicht gerne seh ich lucio, der gierig spazialische schnitte in meine leinwände schneidet. wie gerne würde pollock mitmischen und mir meine transparenzen verhauen, zu gerne, aber ich habe mein licht, mein rot-orange, zum schreien dieses suchen. manchmal starren mich die großen weißen flächen an und gleichen unergründlichen weiten, in denen kein fuß seinen platz findet, andermal sind sie wüste stürme und gewitter, als müßten tausende arme und beine auf kleinstem raum ums überleben kämpfen. zittern manchmal beim ersten be - flecken dieser namenlosen vibration. nicht selten geht ein stundenlanges beschauen, ein herausschauen von farborgien und finden von tiefen, ein durchdringen um jeden preis. vergessene zigaretten glühen sich aus, nervosität in der luft. spannung dem zerreißen nahe. weine nicht solange du noch farbe in der tube hast. zu oft hab ich mir kniend diesen holzausschnitt an dieser heiligen anschauen müssen und sebastians pfeil im busen und die lust auf seinem munde. monas lächeln ist ein klacks dagegen. bekreuzige dich, wenn du ihn in dir hast, und schreie, wenn dir gelüstet. viOla und gelb, schwarz macht's mystisch und geheimnisvoll. bitume. ultra-marin. verwandelnd - um - wandelnd, im ständigen streit mit der moral.

zU später stund pißt er ins waschbecken.
wasser drüber. nichts zu blöd, nie zufrieden, nie.

kouou

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