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Gründrliche Beschrei-
bung / der freyen Ritterlichen und Ade-
lichen kunst des Fechtens / in allerley gebreuchli-
chen Wehren / mit schönen und nützlichen Figuren
gezieret unnd fürgestellet.
Durch Joachim Meyer / Freyfechter zu Straßburg.
Gedruckt zu Augspurg / Bey Michael Manger /
In Verlegung Eli - Willers.
Anno M.D.C.
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Vorrede.
Dieweil dem nun also / das bey und neben dem Geschütz / auch andere zum Krieg dienst-
liche Rüstung / waffen und gewehr / jetziger zeit gleich so wol / als bey unsern voreltern / von
nöthen / uñ aber / wie menigklichen bewust / nicht allein gute Rüstung / Waffen und Gewehr /
als Harnisch / Panzer / Swerdt / Helleparthen / Spiesse / und der gleichen zugehöre / sonder
vil mehr einer täglichen übung / dieselbigen zu eignem vortheil / uñ des Feindts abbruch und
nachtheil / recht wol und geschicklich zugebrauchen / hierzu gantz und gar notwendig zu lehr-
nen sein will. Wie dann die tägliche erfahrung / das manchem seine Rüstung / Waffen und
Gewehr (wann er auch zum besten damit verfehen / weißt sich aber nicht darein zuschicken /
noch sich damit bedechtlich zu defendieren) mehr hinderlich / dann zur beschützung seines
Leibs und Lebens / erschießlich oder fürstendig werden.
Und sich aber solche Ritterliche (wie auch alle andere Künst) schwerlich im alter recht uñ
fruchtbarlich begreiffen und lehrnen lassen / so haben zwar verstendige und Adelmessige per-
sonen / bey allen / Völckern / unnd zu jederzeit / sich dahin beflissen / das ihre auffwachsende ju-
gent / neben andern freyen güten und zur erbar unnd Mannlicheit angehöringen Tugenden /
auch in diser Ritterliche Kunst / wie man allerhand Rüstung un Gewehr / beyde zu Roß und
zu füß / geshicklich gebrauchen solle / nach notturfft underricht werden möchten / wie soll-
ichs die alte glaubwirdige geschicht Bücher aller / Völcker / fürnemlich aber die Römischen Histo-
rien / klar und lauter vermelden und zuerkennen geben / darauß dann sovil ervolgt / das bey
sollichen Völckern vil dapffer rittermessiger Helden und theiiwre Beschirmer des Vatter-
landts / auffkomen und erzogen worden / ist auch die nutzbarkeit angewendres fleiß noch in
der jugent / ehe dann sie das volkommen mannliche alter erreicht / herfür getrungen / wie dann
sollichs fürnemlich am Scipione Affricano erschienen / Nemlich das er da er noch jund und
bey
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Vorrede.
bey xviii Jaren alt war/ mit sonderlicher geschickligheit / die er auß sollicher Ritterlicher
übung erschöpfft / seinen Vatter / den Burgermeister und öbersten Veldmarschalck / in einer
Schlacht / so mit Hannibale am waffer Ticinio geschehen / von Feinden errettet unnd bey
dem Leben erhalten.
Das aber bey unsern Voreltern unnd alten Teutschen / ihre Jugent / neben andern guten
Künsten / auch in Ritterlicher übung auffzuziehen im brauch gewesen sey / darff keins bewei-
sens / dieweil solliches durch das werck selbs erwisen / am Tag ligt / Dann nach dem die Rö-
mer vermeinten / wie sie die gantz Welt bezwungen / unnd als sichere Leuth / den wollüsten
mehr dann guten Künsten / Policey und Ritterlichen übungen oblagen / unnd dardurch das
gantze Keyserthumb zuritter / allenthalben von Feinden angefallen und zerriffen / feind vor
allen Völckern / die Rittterlichen [stet] Teutschen solliches zu Retten / anzunemen / und wider auff
zurichten / beruffen und erfordert worden.
Welches dann in keinen weg beschehen / wo nit die fürtreffenliche Teutschen / neben guter
Policey / auch in allerhand Ritterspil unnd Kriegs sachen geübt und erfahren gewesen / wie
dann an den großmechtigen thaten viler unüberwindlicher Teutschen Helden / als Pipini /
Caroli Magni / Lodovici Pii und Henrici Primi zusehen / welche dann allwegen dermassen
mit wolgeübter Ritterschafft geziert / also das der jetzt unnd höchst gemelt lobliche Keyser
Henricus primus / nach dem er durch seine Ritterliche Teutsche / in eine gefahrlichen Streit
oblag und Siglich triumphiert / ob irer wol geordneten unnd erübten Ritterschafft sich nit
allein verwundert / sonder auch auß rechtem Keyserlichem gumüth dahin gedacht / wie die-
selbigen nicht allein in sollichem Stand (wie sie auff ihr May. auß fleiß der selbigen loblicher
undern kommen) wesentlich erhalten / sonder auch weiter auff die nachkommen gereicht
und gepflantzt werden möchte / unnd derhalben die rechte Ritterschül / nemlich der loblich
a iii Teutsch
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Vorrede.
Teutsch Turnier zu Maydenburg auffgericht / uñ den nachkommenen denselben zuhalte also
verlassen / welche Turnier noch heutigs tags / ob wol ermelte Turnier plätz / vileicht auß be-
weglichen ursachen abgestelt / an vilen unserer lobliche Teutschen Fürsten höffen / nicht ohne
sondern Rhüm noch gehalten werden / alles zu dem ende / damit junge angehende / hoch und
lobliche Fürsten / Grauen / Herrn / unnd der Rittermässige Adel / zu Roß unnd Füß / zu allen
Ritterlichen geschäfften erübt / unnd wie man zusagen pflegt / gehetzt unnd gewetzt wurden /
Damit sie in der zeit der noth / dem gemeinen Vatterland desto fürstendiger / auch ihr selbs
Leib und Leben umb sovil besser retten / auffhalten / unnd dagegen dem Feind stattlichen ab-
bruch thün möchten / seytemal allwegen der erübte dem uhnerübten uberlegen.
Dieweil dañ gnediger Fürst und Herz / mein Gemüth und Meinung dahin auch gefiñet /
das ich ja mit dem geringen Talent / den der Allmechtig mir gnediglich mit getheilt / dem ge-
meinen Vatterland mein schuldige dienst erzeigen möcht / und ich dann (ohne rhüm zumel-
den ) die löbliche Ritterliche kunst des Fechtens / nicht allein von künstlichen berümpten
Meistern erlernet / sonder auch nun eben lange Jar getriben / unnd darinnen erliche junge
Fürsten / Grauen / Herrn / und vom Adel underwisen / und dann von ihr F.G. und vesten / zu
mehrmalen gnedig und günstig ersucht worden / das ich die gemelte lobliche Fechtkunst in ein
gewisse ordnung verfassen / und dieselbig durch den Truck offentlich publiciern / undd vilen
Leuthen unserer Nation zu nutz ans liecht kommen lassen wolt / so hab ich sollichem gnedigem
und günstigem ansuchen / mich lenger nicht sollen widersetzen und hab also im namen / unnd
durch Vätterliche verleyhung des Allmechtigen / das jenig / so ich in angezogener loblichen
Kunst in vilen Jaren mit müh und arbeit erlernet und erfahren / zusamen getragen / unnd in
die aller verstendlichste ordnung so mir immer möglich / in disem Tractat begriffen / der tröst-
Lichen
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Vorrede.
lichen Hoffnung / es soll damit vilen Personen / hohes und niders Stands / so zu der Kunst
des fechtens Lieb / Luft und Willen haben / zu güt und wol gedienet sein / inn erwegung / das
meins wissens (ohne jemandts verkleinerung zu melden) dergleichen in teutscher Sprach
nie auß gangen.
Das aber / Gnediger Fürst und Herr / E.F.G. ich eben dises Werck underthenigklich zu
dedicieren mich undernommen / des hab ich zwar allerhand erhebliche ursachen / fürnemlich
aber dise. Erstlich das es sich mit E.F.G. dermassen ansehen laßt / das unser Teutsche Na-
tion auff dieselbige (als einem sondern hertzhaffte Fürsten) ein tröstlichs zuversichtiglichs
auffsehen billich haben solle / Dann wie Mannlich / Fürstlich unnd Großmütig / E.F.G.
sich noch also bey jungen Jaren / in den abgelauffenen beschwerlichen Frantzosischen Heer-
zügen bewisen unnd erzeigt / davon wüft ich (auß Relation ansehenlicher Leuth) weit-
leuffige anmeldung zu thün / Zum andern / dz
Getragene
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Vorrede.
Getragne arbeit / unnd gründtliche beschreibung und erklerung dermehr angeregten Ritter-
lichen Fechtkunst / underthenig und mit höchstem fleiß / bittent E.F.G. wolte das mit aller
Gnaden von mir auff uñ añemen / auch desselbigen (alß das nun mehr E. F. G. eyge) hoher
Patron / und auch mein gnediger Fürst unnd Herr sein unnd blieben / den Allmechtigen von
loblichen Pfaltz / in lang wiriger fridlicher Regierung / auch aller zeitlichen und ewigen wol-
fahrt allmechtiglich erhalten. E.F.G. mich zu gnaden hiemit underthenig befehlend /
Datum Straßburg den 24 Februarii / Anno 1570.
E.F.G.
Undertheniger
Und gehorsamer
Joachim Meyer
Freyfechter unnd Burger
zu Straßburg.