Commodore Amiga 1200
Der A600 war ein Flop. Der vom Management geplante Rechner
(A2200, als Lückenfüller zwischen A600 und A3000 geplant) wurde von allen
Commodore-Tochtergesellschaften weltweit boykottiert. Er kam deswegen über
das Planungsstadium nicht hinaus. Finanziell sah es wegen der rückläufigen
Verkaufszahlen (der A500 war "rausverkauft" worden, der A500+ zwar
technisch besser, aber leider nicht 100% kompatibel und der A600 sowieso ein
Flop) düster aus. Dem großen Konzern CBM drohte wieder einmal das Geld
auszugehen. Auf Druck des mittleren Managements und der Vertriebsleute holte
man "AA" (Advanced Amiga) aus der Versenkung. Die neuen Chips mit
mehr Farben, mehr Speicher und durchgehender 32-Bit-Architektur waren bereits
vor einem Jahr marktreif gewesen, 1992 wurden sie endlich in Seriengeräte
verbaut.
Der A4000 als Nachfolger des A3000 kam wieder als
Desktopgerät mit abgesetzter Tastatur daher, aufgrund der Kundenwünsche
spendierte man ihm sogar den beim A3000 weggesparten Einbauplatz für ein
5,25-Laufwerk (vor allem für CD-Roms). Das Herz war ein Motorola
68040-Prozessor mit 25 MHz (auf einer Prozessorsteckkarte, so dass der Kunde
ihn einfach gegen leistungsfähigere CPUs auswechseln konnte.) Das Motherboard
entsprach modernster SMD-Technik, mit AA-Chipsatz, Zorro-III-Slots und
Festplattencontroller. Allerdings kein SCSI wie im A3000. Sondern
AT-Bus-Interface (IDE), damit die Festplatten im Einkauf billiger waren;
leider waren dies Platten damals erheblich langsamer als die noch im A3000
verwendeten SCSI-Platten. Dafür war das HD-Floppylaufwerk (das man im A3000
nachrüsten konnte) serienmäßig montiert. Wieder (wie beim A3000 mit
ZIP-RAMs) wurden keine proprietären Speichermodule verwendet, auf der Platine
finden sich statt dessen 5 PS/2-Steckplätze, so dass recht preiswerte
RAM-Module aus der PC- bzw. Mac-Welt eingebaut werden konnten (maximal 16 MB
FastRAM und 2 MB ChipRAM). Der AA-Chipsatz verhalf dem Rechner aber immer noch
nicht zu einem Sound in CD-Qualität (in PCs dank SoundBlaster und Macs damals
bereits normal), von einem Digitalen Sound Prozessor (wie ihn der fast
zeitgleich vorgestellte Atari Falcon vorweisen konnte). Und die höherauflösenden
Grafikmodi (selbst die in VGA-Qualität) wurden wieder interlaced (flimmernd)
dargestellt. Die WorkBench 3.0 ist eigentlich nur die WorkBench 2.1 mit mehr
Farben. Einzig KickStart 3.0 wurde erheblich modernisiert, um die AA-Chips zu
betreiben.
Das Fazit aller Tester war damals: Endlich ein wirklich neuer Amiga. Er kam
zwar um mindestens zwei Jahre zu spät, aber Commodore fand wenigsten in
Punkto Grafik und Geschwindigkeit Anschluß an die PCs und Macs. Überholen
konnte er sie aber nicht mehr, so wie es der A1000 früher getan hatte.
Commodore lief dem Markt hinterher, statt ihn anzuführen. Der Verkaufspreis
von ca. 5000 DM erschien damals angemessen, jedoch kamen recht schnell
Hunderte von Mark dazu: für eine echte True-Color-Grafikkarte oder eine neue
Prozessorkarte mit bis zu 66 MHz. So sahen ihn alle als MITTELklassegerät und
hofften auf einen hoffentlich bald kommenden, neuen HighEnd-Amiga (A5000?). Um
den Verkaufspreis zu senken, wurden die meisten verkauften A4000 nicht einmal
mit einer 68040/25-Prozessorkarte ausgestattet, sondern lediglich mit einem
68030/25 bestückt. Die schnellere 040-Karte kostete etwa 1000 DM mehr, was
den Erfolg des A4000 noch schwerer machte.
Der kleine Bruder, als Nachfolger des A500+ gedacht, war
der technisch eigentlich identische, jedoch nur von einem Motorola 68EC020 mit
14 MHz getriebene A1200. In einem ähnlichen Gehäuse wie der A600 (jedoch mit
normaler Tastatur) war das Motherboard, eine optionale Festplatte (wieder
teure 2,5-Zoll-Platten), 2 MB RAM, ein RAM-Steckplatz für Erweiterungskarten
bis 16 MB FastRAM (wieder mit Uhr auf dieser Karte), PCMCIA-Karteneinschub und
interner Zorro-III-Bus eingebaut.
Beide Systeme kamen zu spät, um noch im Weihnachtsgeschäft 1992 richtig Geld
zu verdienen. Wieder war die Nachfrage größer als das Angebot, die Kunden ob
der langen Lieferzeiten verärgert - und schlimmer: Die noch auf Lager
liegenden A600, CDTV und A3000 wollte logischerweise auch niemand mehr haben.
Statt veralteter ECS-Amigas zu kaufen, warteten die Leute lieber auf die
AA-Geräte. So konnte man kein Geld verdienen. Die Quartalsverluste wuchsen.
Erst nach etwa 6 Monaten stieg der Verkauf des A1200 über den des A500.
Die doppelte Rechenleistung setzte sich langsam gegen die billigere
Alttechnologie durch. Und trotzdem rüsteten viele der A1200-Käufer ihr
System durch schnellere Prozessorkarten auf. Meist waren auf diesen Karten
neben 68030-CPUs mit 32 MHz gleich FastRam-Sockel und SCSI-Controller
vorhanden, so dass der allmählichen Verbreitung des Mediums CD-Rom nichts
mehr im Wege stand.
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