Pegnesischer Blumenorden

Johann Christopherus Wagenseil
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Die Tagebücher des Sigmund von Birken, Bearbeitet von Joachim Kröll, Teil 1-2, Würzburg: Schöningh 1971 (Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte VIII Reihe Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kulturgeschichte 5):

Der in Form einer Tulpe gestaltete Gold-Pokal, der sich seit über dreihundert Jahren im Besitz des Pegnesischen Blumenordens befindet, trägt unter dem Sockel die Gravur FLORJDANO SVO, Alcidor. Myrtillus Palaemon Ferrando Rosidan Damon II. Polyanthus Peria[n]der. Poliander, quicquid hujus est, sacrum hujus est, sacrum eße volunt VnVM. Voto ConspIrant SIngVLI aD. Das kostbare Stück war also ein Geschenk von neun in Nürnberg lebenden “Schäfern” für ihren “Oberhirten” Floridan, Sigmund von Birken, dem der Blumenorden sein Fortleben im 17. Jahrhundert zu verdanken hat. Ein Blick in die von Joachim Kröll herausgegebenen Tagebücher Birkens gibt Auskunft über die näheren Umstände: Der weitbekannte Dichter Sigmund von Birken heiratete am 3. Dezember 1673 in zweiter Ehe die Witwe des Altdorfer Theologieprofessors Johann Weinmann, Clara Catharina Weinmann, geborene Bosch. An seinem Dies nuptialis wurde Birken um die Mittagszeit von zwei Mitgliedern des Blumenordens — Poliander, dem Kaufmann Andreas Ingolstetter, und Polyanthus, dem Apotheker Johann Leonhard Stöberlein — mit der Kutsche abgeholt. An der Hochzeitsfeier nahmen 41 Personen teil, darunter neben einigen Verwandten der beiden Brautleute und vier Mitgliedern des Blumenordens der Patrizier Wilhelm Imhoff und der Orientalist Johann Christoph Wagenseil, der Birken im Namen der Altdorfer Universität sechs Reichstaler und neun Florentiner Gulden überreichte. Das schönste, sinnreichste und originellste Geschenk erhielt Birken von seiner Blumgesellschaft, den zierlicher Pokal aus Gold in Gestalt einer Tulpe, den Birken auf 30 Florentiner Gulden taxierte, der ihm aber sicher weitaus mehr wert war. Weitere Geschenke waren 1 Glas mit vergoldetem Fuß, 3 Gulden wert, 6 Stühle für 3 Taler, 1 Stück Leinwand für 1 1/2 Taler, 1 Schreibtisch als Geschenk seiner Schwester — Birken vermerkt einen Wert von 3 Talern — und 6 Silberlöffel für 6 Taler. Einige Tage vor der Hochzeit hatte Birken bereits 6 Reichstaler von dem Maler Joachim von Sandrart, ein SmaragdRinglein von seinem Bruder Christian Betulius, einen geschnitzten Schwan von Ingeniander und einen Hochzeitsbecher von Herzog Anton-Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel erhalten. Die meisten Gäste zahlten ihren Obulus in Geld — insgesamt erhielt Birken 160 Florentiner Gulden; dazu weitere 75 Gulden als Geschenk der mit ihm befreundeten Dichterin Catharina Regina von Greiffenberg, die als Religionsflüchtling aus Niederösterreich in Nürnberg lebte. Birken macht in seinem Tagebuch auch die Gegenrechnung auf: am Tag des Heiratsantrags — es war der Martinstag 1673 — hatte er seiner Herzliebsten ein silbernes Schälchen samt seinen Konterfey geschenkt, zwei Tage später einen güldenen SaffirRing für 54 Gulden und am 20. November eine Schale Konfekt für 48 Kreuzer; am 25. November 1673 ließ er seiner Braut von fünf Musikanten ein selbstgedichtetes Hochzeitslied Meinem Adam ist nicht gut/ Daß auf erd’ er einsam bleibe [...] darbringen. 85 Gulden 50 Kreuzer kostete allein Birkens Hochzeitskleidung; der Pfarrerssohn aus der Fremde — sein Vater war im Zuge der Gegenreformation aus Wildstein nahe Eger vertrieben worden —, der ohne Studienabschluß und ohne Amt in Nürnberg lebte und es nur dank poetischer Kunstfertigkeit zu Ansehen gebracht hatte, kaufte am 20. November 1673 fünf Ellen Seide, ein Paar seidene Strümpfe für 18 Gulden, acht Ellen Samt für 28 Gulden, einen Hut für 4 Gulden sowie acht Dutzend Knöpfe, Schmuckbänder und Spitze; für den Schneider zahlte er 6 Gulden 30 Kreuzer, für Handschuh, Knie- und Schuhbänder mit Spitzen 2 Gulden 30 Kreuzer, für die Strümpfe 30 Kreuzer, für eine güldene Hutschnur 4 Gulden 10 Kreuzer, für eine neue Perücke 10 Gulden 4 Kreuzer und für einen silbernen Degen und einen silbernen Gürtel 8 Gulden 20 Kreuzer. Für die Ausrichtung der Hochzeit zahlte Birken insgesamt 88 Gulden 80 Kreuzer: für das Sebalder Capitel 13 Gulden 30 Kreuzer, für den Pfarrer 1 1/2 Gulden, für den Klingelbeutel 4 Gulden 20 Kreuzer, für das Spital und die Armen 5 Gulden 20 Kreuzer, für die Magd des Mesners 5 Gulden, für den Hochzeitslader und die Aufwarter 24 Gulden 50 Kreuzer, für die Musik 33 Gulden 10 Kreuzer und schließlich für den Wein 3 Gulden. Der Pokal des Blumenordens mit der Blüte der Passionsblume auf dem Deckel war sicher das schönste Hochzeitsgeschenk; er stand wohl auch am Tag nach der Hochzeitsfeier auf dem Tisch im Birkenschen Haus, als alle in Nürnberg ansässigen Gesellschaftsmitglieder zur Feier der Nachhochzeit erschienen; diesen Tag hatte Birken mit einem kleinen Geschenk an seine Frau begonnen: Ich meiner Frau Liebstin am Morgen ein Silbern Fläschl von 2 Maß voll Spanischem Wein.

Aus dem Mitgliederverzeichnis des 1644 von Georg Philipp Harsdörffer und Johann Klaj neugegründeten Ordens (Wagenseil war nicht Mitglied): Floridan Floramor, Amarante oder Tausendschön Ende 1662 Präses Herrn Sigmund (später: von) Birken (Betulius) Nürnberg geboren 5. 5. 1626; Privatgelehrter; aufgenommen 1645; s. Archiv (das durch seine Sammlungen begründet wurde); s. Ordensbücherei; verstorben 12. 6. 1681; Amarantes 79; Wills Gelehrtenlexikon I,115.