Johann Christoph Wagenseil 1633-1705
"Sein Porträt haben J.J. Haid und J Sandrart (4), M. Fennitzer (kl.Fol.) gestochen" (Wurzbach, Wien 1885, Bd. 52, S. 73)
Kupferstich: J[akob] (von) Sandrart sculpsit / A[nno] 1680.
Nachweis : Diepenbroick, 27288; Hollstein, XXXIX, S. 58, Nr. 340; Singer, 94349, 94352, 94353; Wolfenbüttel, A 23119, A 23120;
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Buch von der Meister-Singer Holdseligen Kunst: Nachwort von Horst Brunner
Dissertation: Von der Päbstin Johanna
Biographisches
Hypothese: Urgroßvater(?) Jacob Wagenseil (gest. 1605)
Vater: Nürnberger Kaufmann Georg Christoph 1610-1653.
Mutter: Sabine Nürnbergerin, Geschwister Maria Magdalena und Lorenz
Heirat mit Jacob Hausens (Kaufmann zu Nürnberg) hinterlassener Witwe Maria Barbara (21. 8. 1667), geb. Praun (+ 1701)
Tochter: die sehr gebildete Helena Sibilla 16.6.1669-29.9.1735
Sohn: Gabriel 1.9.1670-1735 ("wurde zu Memel in Preußen königl. Secretair und Advocat") -> Werke
Zudem: Ferdinand (1.6.1668-26.8.1669), Barbara Sabina (17.1.1673-Juni 1674)
1701 Heirat mit der Witwe des Diaconus George Chr. Langens (Nürnberg) Susanna Barbara geb. Löscher
Dadurch Stiefsohn: Johann Michael Lang (lutherischer Theologe; 9.3.1664 bis 10.1.1731), vgl. ADB 17 (1883), 601f.
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Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Band XIII (1998), Spalten 146-147, Autor: Paul Gerhard Aring:
WAGENSEIL, Johann Christoph, * 26.11. 1633 in Nürnberg, + 9.11. 1705 in Altdorf. Rechtsgelehrter, Orientalist, Wegbereiter eines neuen Verhältnisses
zwischen Christen und Juden. - W. studierte an der 1580 als Akademie begründeten und 1622 kaiserlich anerkannten Universität der Reichsstadt Nürnberg in
Altdorf. Von 1654 bis 1667 war er Hauslehrer in verschiedenen Familien des bayerischen und österreichischen Adels; mit seinen Zöglingen unternahm er
ausgedehnte Bildungsreisen durch Europa bis in das nördliche Afrika. In Italien und Frankreich wählte man ihn zum Mitglied akademischer Gesellschaften. Die
Universität Orleans promovierte ihn zum Doktor der Rechte. 1667 wurde er als ordentlicher Professor für öffentliches Recht und Geschichte an die Altdorfer
Universität und gleichzeitig zum Mitglied des Größeren Rates von Nürnberg berufen. 1674 übernahm er zusätzlich den Lehrstuhl für Orientalistik in Altdorf. Für die
Vielfalt seiner Gaben zeugt die Erfindung des »Hydraspis«, eines Gerätes zur Rettung aus Seenot; ihretwegen wurde er zum Vortrag am kaiserlichen Hof in Wien
empfangen. 1697 übertrug man ihm den Lehrstuhl für Kanonisches Recht in Altdorf. Zweimal war er Rektor der Universität. Seine umfangreiche Bibliothek mit
judaistischen und ethnographischen Kostbarkeiten vermachte er der Universität Altdorf (seine Bücher sind heute in die Erlanger Universitätsbibliothek integriert) und
der Rathsbibliothek der Stadt Leipzig (wo nur noch Reste vorhanden sind). - W. hat zeitlebens versucht, unter verschiedenen Gesichtspunkten (linguistischen,
historischen, traditionell-lutherischen, rechtlichen und vor allem aufgeklärt-humanen) die Christenheit seiner Zeit darauf hinzuweisen, daß sie um Gottes und der
Menschlichkeit willen endlich ein neues Verhältnis zu Israel und den Juden suchen sollte. W. tat dies zwar immer noch unter gewohnt-missionarischen Vorzeichen,
aber in einer Dialogbereitschaft, die ihrer Offenheit wegen zu den seltenen Ausnahmen in Kirche und Theologie seiner Zeit gehört. Es ist nicht zufällig, daß W. in der
Literatur zur protestantischen Kirchen- und Missionsgeschichte bis heute kaum erwähnt wird.
Werke: Sotah (Lateinische Übersetzung des Talmudtraktats »Sotah«), Altdorf 1675; Tela Ignea Satanae (Sammelwerk mit verschiedenen Arbeiten zum Gespräch
zwischen Christen und Juden), 2 Bände, Altdorf 1681, Nachdruck (fotomechanisch) Farnborough/England 1970; De civitate Noribergensi Commentati, Altdorf
1697 (darin »Buch von der Meistersinger Holdseligen Kunst«), Altdorf 1697, Nachdruck (fotomechanisch) Göppingen 1975; Belehrung der Jüdisch-Teutschen
Red- und Schreibart, Königsberg 1699; An alle hohen Regenten und Obrigkeiten, welche Juden unter ihrer Botmäßigkeit haben, 2. Aufl. Berlin 1704;
Benachrichtigung wegen einigen die Juden angehenden wichtigen Sachen, Leipzig 1705; Hoffnung der Erlösung Israels oder Klarer Beweis der bevorstehenden
Judenbekehrung, Leipzig (posthum) 1707.
Lit.: Jüdisches Lexikon, Berlin 1927, Band IV/2, 1275; - Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971, Band 16, 239 f. (Lit.); - H. Graetz, Geschichte der Juden von
den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, Band 10, Leipzig 1868, 302 ff.; - H.J. Schoeps, Philosemitismus im Barock, Tübingen 1952; - O.Rankin, Jewish
Religious Polemic of Early Later Centuries, Edinburgh 1956; - G.A. Will, Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon, Band 4, Nürnberg/Altdorf 1758, 142 ff.; - P.G.
Aring, Wage du zu irren und zu träumen. Juden und Christen unterwegs, Leipzig / Köln 1992, 12 ff. (Lit.)."
22.11. 1678: Aufnahme Wagenseils in die Accdemia dei Ricovrati (Societas Recuperatorum) zu Padua
Grosses Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste, 52. Band Wa, Zedler: Leipzig und Halle 1747, S. 622ff.:
Vergleiche Zedler-Original-Seiten: S. 623/4, S. 625/6,S. 627/8.
- Lipowsky, Felix J.: Baierisches Musik-Lexikon München 1811, S. 365, 366.
- Allgemeine Deutsche Biographie, Historische Commission bei der Königl. Akademie der Wissenschaften, Leipzig, 1896, Bd. 40:
S. 481, S. 482, S. 483
- Johann Christoph Wagenseil und seine Stellung zum Judentum / von Peter Blastenbrei. 1. Aufl. Erlangen : Fischer, 2004.
- Vgl. auch Brief an Bella Perlhefter, 28.01.1675, Leipzig UB, ms. B.H. 18, fol. 90, bei Jewish Women's Archive.
Zeitgenössische Rezeption
- Studentenlied von 1700, Weimarisches Jahrbuch für deutsche Sprache, Litteratur und Kunst, 1854 bei C. Rümpler, S. 472, 473.
- Leibniz schreibt am 25. 3. 1700 an JOHANN MICHAEL HEINECCIUS über Wagenseils "Exercitationes sex varii argumenti" und die "sympathetischen Eigenschaften des Bluts".
- Hamaxoschoenomnema sive Memoria Wagenseiliana cultus et officii supremi causa celebrata a Patronis, Collegis, Fautoribus, Auditoribus, Filia, Filio, Generoque. Additus est circa finem indiculus omnium a beato autore editorum scriptorum [Trauerreden auf Johann Christoph Wagenseil, + 9. Okt. 1705]. - Altdorfi
- Vita et consignatio scriptorum Joh. Christophori Wagenseilii / recensita & annotationibus illustrata a Fridericus Roth-Scholtzius, Silez. - Norimbergae ; Altdorffii : Tauber, 1719
- Enger Kontakt zu Floridan, Sigmund von Birken, Fortführer des Pegnesischen Blumenordens.
- Bekanntschaft mit Johann Jacob Scheuchzer
- "Des sel. Herrn Geheimden Raths Nicolai Hieronymi Gundlings Philosophischer Discourse Anderer und Dritter Theil Als letzter Theil Oder Academische Vorlesungen uber seine Viam ad veritatem moralem [...]", Frankfurt und Leipzig: Wolffgang Ludwig Spring 1740, [books.google.de], Cap. XI, "De aequitate", S. 379: "Ists nun ein Vornehmer, mit dem ich zuthun habe: so muß ich mich nothwendig auch in diesem Stücke accomodiren. Ich habe es dahero auch immer dem Wagenseil verdacht, welcher in Altdorf alles Spanisch, Kleider, Degen, perruque ac. auch gar wohl im Winter eine Mütze über die perruque trug. Denn er war mit dem Grafen von Daun eine Zeitlang in Spanien gewesen. Wenn er nun nach Nürnberg kam, liefen ihm alle Jungen nach. Cardanus kam auch in einem Schottländischen Kleide nach Italien wieder zurück [...], wodurch er ebenfals ridicul wurde".
Rezeption der Romantik
- E.T.A. Hoffmann: Kampf der Sänger (Geist-Erscheinung des Professor Wagenseilius als Autor des Buches der holdseligen Meistersingerkunst; 1819 im dritten Abschnitt des zweiten Bandes der Sammlung "Die Serapionsbrüder" bei G. Reimer in Berlin erschienen)
- Jean Paul: Hesperus / 18. Hundposttag (3) : Flüchtiges Extrablättchen, worin der närrische
Charakter der Flachsenfinger skizziert wird - oder perspektivischer
Aufriß der Stadt Klein-Wien. (Wagenseil als der mit den langen Schuhen, in seiner »Erziehung eines jungen Prinzen« 1705).
Paul zitiert ihn auch im Siebenkäs als Gewährsmann für "Erde im Apfel". In Palingenesien, 6. Reise-Anzeiger zitiert er die Meistersinger-Kunst.
- Ludwig Tieck bezieht sich auf Wagenseils Darstellung der Meistersinger in dem von ihm 1803 herausgegebenen Band "Minnelieder aus dem Schwäbischen Zeitalter".
- Heinrich Heine in "Die Harzreise": "Nürnberg war der Damen Vaterstadt; doch von dessen altertümlicher Herrlichkeit wußten sie mir wenig zu sagen. Die holdselige Kunst des Meistergesangs, wovon uns der gute Wagenseil die letzten Klänge erhalten, ist erloschen, und die Bürgerinnen Nürnbergs erbauen sich an welschem Stegreifunsinn und Kapaunengesang. O Sankt Sebaldus, was bist du jetzt für ein armer Patron!"
- Zur Vorbildfunktion von Wagenseils holdseliger Meistersingerkunst für Richard Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg"
vergleiche "Book of Operas
Their Histories, Their Plots, and Their Music",
by Henry Edward Krehbiel, May 2004. Bzw. Cosima Wagner unter dem 6. Januar 1873 in ihren Tagebüchern: "Gestern abend las uns R.[ichard] im alten Wagenseil die Geschichte der Meistersinger-Kunst, merkwürdig, wie R. alles Wesentliche für sein Werk aufgenommen, das Seltsamste ausgelassen, nur das Charakteristische benutzt".
Rezeption in "okkulter" bzw. als "okkulte" Literatur
- Erwähnungen der Tela ignea Satanae in Alfred Edersheim: The life and times of Jesus the Messiah;
Blavatsky, Helena P. : Isis unveiled - A Master-Key to the Mysteries of Ancient and Modern Science and Theology; Purucker: Word Wisdom in the Esoteric Tradition;
Antisemitism: Its History and Causes, 1894 by Bernard Lazare;
Nesta Webster: Secret Societies and Subversive Movements, Boswell Publishing Co., Ltd., London, 1924;
Eliphas Lévi, La Science des Esprits etc. sowie auch in der Religionskritik bei Voltaire und Lessing.
- Zur Rolle Wagenseils in der Literatur um die Golemlegende:
1674 Johann Christoph Wagenseil published a letter from Christoph Arnold who wrote end of his "Sota hoc est Liber Mischnicus de uxore adulterii suspecta," Altdorf, 1674, p118-9., retranslated by Johann Jakob Schudt, in Frankfort, 1714, which was taken from W.E. Tentzel, 1689, p145, deutsch von Gershom Scholem "Zur Kabbala und ihrer Symbolik", Frankfurt 1973; S. 255f.:
Christoph Arnold nennt als vorläufig ältesten Zeugen der Golemsage in Polen den polnischen Rabbi Elija:«Sie machen nach gewissen gesprochenen Gebeten und einigen Fasttagen die Gestalt eines Menschen aus Lehm, und wenn sie das schem hamephorasch darüber sprechen, wird das Bild lebendig. Und ob es wohl selbst nicht reden kann, versteht es doch, was man redet und ihm befiehlt, verrichtet auch bei den polnischen Juden allerei Hausarbeit, darf aber nicht aus dem Hause gehen. An die Stirn des Bildes schreiben sie: emeth, das ist Wahrheit. Es wächst aber ein solch Bild täglich, und da es anfänglich gar klein, wird es endlich größer als alle Hausgenossen. Damit sie ihm aber seine Kraft, vor der sich endlich alle im Haus fürchten müssen, benehmen mögen, so löschen sie geschwind den ersten Buchstaben, aleph, an dem Wort emeth an seiner Stirn aus, daß nur das Wort meth, das ist tot, übrigbbleibt. Wo dieses geschehen, fällt der Golem über einen Haufen und wird in den vorigen Ton oder Leim resolviret. ... Sie erzählen, daß ein solcher Baal Schem in Polen, mit Namen R. Elias, einen Golem gemacht, der zu solcher Größe gekommen, daß der Rabbi nicht mehr an seine Stirn reichen und den Buchstaben e auslöschen können. Da habe er diesen Fund erdacht, daß der Golem als ein Knecht ihm die Stiefel ausziehen sollte; da vermeinte er, wenn der Golem sich bücken würde, den Buchstaben an der Stirn auszulöschen, so auch angieng; aber da der Golem wieder zu Leim ward, fiel die ganze Last über den auf der Bank sitzenden Rabbi und erdrückte ihn.»
Für Interessierte sei angemerkt, daß Gershom Scholem die polnische Variante - verbunden mit dem Namen des Chelmer Rabbi Elija Baalschem (gestorben 1583), der diese Geschichte 1700 an seinen Sohn Jakob Emden weitererzählte - für die ursprünglichere einstuft, die erst allmählich auf den Prager Rabbi Löw (1520-1609) übertragen worden sei (eb., S. 257).
Neuerdings fand sich auch ein Quellenbezug im Kontext der Geschichte des Spiritismus: "Ein Brief von Chr. Arnold und Joh. Chr. Wagenseil 1674 erzählt von einem durch Steine im Gewicht von 4 Zentnern beschwerten Tisch, der sich in die Höhe hob, als jüdische Studenten heilige Namen sprachen", ausführlich in Carl Kiesewetter: "Nekromantie und Theurgie. Vom heutigen Standpunkt der übersinnlichen Forschung betrachtet", in: "Sphinx", Band 5, 1888, S. 179ff., insb. S. 188f.
Rollen in modernen Fachliteraturen
- Morgen-Glantz (Zeitschrift der Knorr v. Rosenroth-Gesellschaft) 12/2002, Bern/Berlin/Bruxelles/Frankfurt/N.Y./Wien S. 377-402:
Wanda G. Klee und Sabine Koloch: Kann man auf Deutsch schreiben? Ein Gespräch zwischen Madeleine de Scudéry und Johann Christoph Wagenseil über deutsche Sprache,
Dicht- und Übersetzungskunst. Das Treffen war wohl in Paris 1665; S. 401f.: "Er zeigt sie als umfassend gebildete Intellektuelle, die mit ihm auf gleichem, wenn nicht gar überlegenen
Niveau diskutiert. [...] Sie führt ein themenzentriertes 'Männergespräch'. Intellektueller Austausch auf diesem Niveau findet sich in der Korrespondenz zwischen Madeleine de Scudéry und ihren
deutschen Partnern nicht. Allenfalls der Briefwechsel zwischen Elisabeth von der Pfalz (1618-1680) und Descartes wäre in diesem Punkt vergleichbar".
Stand laut Berns, "Naturwissenschaft und Literatur im Barock" (Morgen-Glantz 5/1995, S. 131ff.), mit dem Sulzbacher Hof und Christian Knorr von Rosenroth ("guter Freund") in engem Kontakt, genauso wie die Altdorfer Professoren Daniel Schwenter (1585-1636), Wilhelm Ludwell (1589-1663).
Vgl. auch Allison P. Coudert, "Christliche Hebraisten des 17. Jahrhunderts: Philosemiten oder Antisemiten? Zu Johann Jacob Schudt, Johann Christoph Wagenseil und Franciscus Mercurius van Helmont" (Morgen-Glantz 6/1996, S. 99-132). Dort, [S. 119] "Wagenseil wurde vor allem als Philosemit und Judenverteidiger bezeichnet, da er die Anschuldigung der 'Blutverleumdung' zurückwies. [... S. 120f...aus den 'Benachrichtigungen wegen einiger die Judenschafft angehende wichtigen Sachen...', 1705, Kap. 7, S. 128-31]":
"Hilf lieber Gott! Wie kan die Warheit bey so widrigen Beschuldigungen / deren immer eine die andere aufhebt / statt finden? Wer siehet nicht alsobalden / daß alle diese Händel / wozu die Juden das Christen-Blut gebrauchen sollen / ein faules Geschwätz seyn / so aus keines Christen Mund gehen solte? Und möchte es endlich hingehen / wann es bey den blossen Geschwätz bliebe / daß aber wegen dieser vermaledeyten Unwarheit die Juden sind geplagt / gepeinigt und deren viel tausend auf grausame Weise hingerichtet worden / hätte auch die Steine zum Mitleiden bewegen / und schreyen machen sollen."
Die Schlußfolgerung der Autorin könnte als "bedingte Sympathie" bezeichnet werden: "[S. 123] Wagenseils Sympathie muß demnach als sehr ungewöhnlich betrachtet werden. Worin hat sie ihren Grund? [...] Wagenseil sympathiert mit den Juden, solange er deren Bekehrung für möglich hielt. Wenn er keine Bekehrungsmöglichkeit mehr sieht, offenbart auch er eine antisemitische [Anmerkung: die Autorin hält die Bezeichnung 'antijüdisch', wie sie sonst des öfteren für Autoren dieser Epoche verwandt wird, um einen Unterschied zu 'antisemitisch' zu betonen, für heuchlerisch] Einstellung, was den offensichtlichen Tonfallwechsel von Abhandlung zu Abhandlung erklärt. In seinem bezeichnenderweise Die Hoffnung der Erlösung Israels oder der Juden Bekehrung betitelten Buch, welches erstmals 1705 in Leipzig erschien, nimmt er sich offen der Juden an. Die andere Seite seines Janusgesichts gegenüber den Juden wird dagegen in seiner Tela Ignea Satanae sichtbar, in der er eifrig jüdische Texte, die Christus und das Christentum verleumnden, sammelte, übersetzte und widerlegte. Dadurch verbreitete Wagenseil [...] den Vorwurf des Gottesmordes. [...] Daß selbst ein so aufgeschlossener Gelehrter wie Johann Christoph Wagenseil nicht vom Vorwurf des Antisemitismus freizusprechen ist, [S. 124] hat sicher einen seiner Gründe in den entschieden antisemitischen Äußerungen des Religionsstifters Martin Luther".
Andere Autoren betonen, dass Wagenseil bereits im 17. Jh. die Echtheit der Anschuldigungen und die Seriösität des Prozesses um die Ermordung des Simon von Trient anzweifelte. Es handelt sich um eine Ritualmordlegende, dessen "Opfer" als San Simonino von Angehörigen des katholischen Christentums verehrt wird (vgl. Maria Ventura / Daniel Karl Mescher: Simon von Trient. In einem zivilisierten Land?. In: F.G. Melichar / D.K. Mascher (Hgg.): Quer Denken. Tirol im 20. Jahrhundert. Materialien und Anregungen. Wien 2004, S. 38-45).
Allerdings: "Wagenseil [...] ist der bekannteste Altdorfer, aber sein Name hat in jüdischen Ohren keinen guten Klang, und seine Streitschriftensammlung Tela ignea Satanae, 'Feurige Satanspfeile' (1681), ist unverziehen" ("Kalonymos. Beiträge zur deutsch-jüdischen Geschichte aus dem Salomon Ludwig Steinheim-Institut", Bände 1-5, 1998).
- Bis Ende des 18. Jahrhunderts waren sowohl Herkunft als auch Sprache der Sinti und Roma Thema von Spekulationen. So beschreibt Johann Christoph Wagenseil in seiner 1697 erschienenen Schrift "De civitate Norimbergensis commentario", in der Vorrede zum "Buch von der Meister-Singer Holdseligen Kunst", S. 438ff., das Romani als Gemisch aus deutschen, jiddischen, hebräischen und phantastischen Wörtern und behauptet:
"Die ersten Z[...] sind aus Teutschland gebürtige Juden gewesen." (S. 438, urspr. zit. n. Martin Ruch, "Zur Wissenschaftsgeschichte der deutschsprachigen 'Z[...]forschung' von den Anfängen bis 1900", Freiburg i. Br. phil. Diss. 1986). Anzumerken hierbei ist, dass Wagenseil sich gegen ältere Theorien stellte, welche in den Sinti und Roma Nachfahren Kains sahen. Wagenseil, S. 438 (Abbildung Kupferstich S. 450):
"Es regierte um die Mitte des vierzehnenden Jahrhundert nach der Menschwerdung Christi / in gantz Europa, sonderlich aber in Teutschland / eine grausame / erschreckliche Pest / daran die Leut hauffenweiß urplötzlich dahin sturben / [...]. Von dieser aber / weilen / wie man davor hielte / die Juden mehrer als die Christen verschonet blieben / also kamen einige auf den Wahn / es wären die Juden unter sich eins worden / die Christen zu vertilgen / und hätten demnach die Brunnen / woraus das Wasser zum täglichen Gebrauch geschöpffet wird / vergifftet. Kaum war die Mutmassung bekant gemacht / da fiel man überal auf die Juden / marterte / peinigte / und ertödtete sie erbärmlichen auf allerley erdenckliche Weise / meistens aber wurden sie lebendig verbrandt / und suchte man mit ihnen völlig den Garaus zu machen". S. 440: "Daß zu derselben Zeit / sehr viel Juden / dem Grimm des wütenden Christen=Pöfels zu entfliehen / alles das Ihrige zurück lassend / ihr Leben zu erretten / mit Weibern und Kindern in die düsteren Wälder und Einöden werden geflohen / und hernach / um für den wilden Tieren sicher zu seyn / und einander in ihrem grossen Elend / dergleichen von Anfang der Welt / biß dahin keine Völckerschafft betroffen / zu trösten / und hilfliche Hand zu bieten / sich in Gesellschafften zusammen begeben / und zu ihren Auffenthalt / hin und wieder / grosse Hölen unter der Erden ausgegraben haben / braucht keines Beweisses / sondern ist der für sich selbst gelassenen gesunden Vernunft allerdings gemäß. Wie dann auch vieler Orthen dergleichen verborgene grosse Erd=Löcher / mit einem gar kleinen Eingang sich finden / von denen man nicht zu sagen weiß / wer sie gemachet / oder zu was sie gedienet. In diesen Grüfften nun / lebten die armen Leute so gut sie konten / nehrten sich von Baum=Früchten / Kräutern und Wurtzeln wie das Viel / vermehrten sich auch gleich denselben / hielten aber dabei fest über ihren Glauben / und wurden die Jungen von den Alten / indem sie ohne das sonst wenig zu thun hatten / in selbigen Fleiss g unterrichtet. Nach Verfliessung eines halben Jahrhundert [...] begunte ein zimlicher Hauff / (dann mit allen / und jeden konte es auf einmal nicht angehen) derer / so lang im verborgen gelegen waren / einen Muth zu fassen / und heimlichen Schluß untereinander zu machen / es zu versuchen / ob sie nicht dermaleins ihre Häupter aus den Hölen wiederum empor heben / und der freyen Lufft zu genießen sich unterstehen dürfften. Es war zu ihrem Glück / damals schier gantz Teutschland durch die Hussitische Unruhe [1415-1420] sehr verwirret / dessen sie / von denen / so sie zu Zeiten aus der Erden heimlich herfürkrochen / und die Beschaffenheit der oberen Welt ausspeheten / guten Bericht hatten; daß demnach Hoffnung war / es würde sich noch wol in den trüben Wasser fischen lassen".
Manuel Werner, Gedenk-Initiative für die Opfer und Leidtragenden des Nationalsozialismus in Nürtingen, gedenken-nt.de, 2014: "Zum ersten Mal wurden am 20. September 1407 so genannte 'taten' (= 'Tatern') in einer Hildesheimer Urkunde erwähnt, die einen Schutzbrief hatten [fehlt bei Wagenseil]. Der Wein, mit dem sie von der Stadt bewirtet wurden, ist darin mit dem Zweck der Ausgabe aufgelistet. Heute noch nennt man in skandinavischen Ländern Roma mitunter tattare. Im Jahr 1417 [Wagenseil, S. 435: "um das Jahr 1417"] bezeichnet eine anonyme Chronik der Stadt Augsburg, die sogenannte Pfälzer Handschrift Nr. 676, so genannte 'Ägyptenleute', die mit einem Schutzbrief versehen waren. Im Jahr 1446 ist in Frankfurt am Main ein 'Heincz von Mulhusen zy[...]r' erwähnt".
Raul Hilberg: "Die Vernichtung der europäischen Juden", 3 Bände, Frankfurt: S. Fischer 1999, S. 1068 (3. Band), Anm. 22: "Die Nazis waren sich über die Ursprünge [...] nicht so sicher [wie explizit genannt Wagenseil], allerdings glaubten auch sie, daß es eine rassische Verwandtschaft zu den Juden gebe. Zwei Behörden befaßten sich mit der Erforschung dieser Frage: die Reichszentrale zur Bekämpfung des Z[...]wesens und die Rassenhygienische Forschungsstelle des Reichsgesundheitsamts".
- Bernard D. Weinryb: Historisches und Kulturhistorisches aus Wagenseils hebräischem Briefwechsel; in: Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums, Bd. 83, Heft 1 (1.1939), S. 325-341, insb. S. 325f.: "Die hier veröffentlichten Briefe sind späteren Datums. Sie stammen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts; sie sind aber deshalb nicht minder interessant, um so mehr als auch eine Frau als Briefschreiberin auftritt, die ein großes Maß jüdischer und allgemeiner Bildung aufweist. Die Verfasser der Briefe stammen zum Teil aus Prag und Eibenschütz, zum Teil sind es Juden, die sich in Böhmen angesiedelt haben. Die Briefe geben ein unmittelbares Zeugnis vom täglichen Leben der Juden, von ihren Interessen und von ihrer Auffassung der Zeitereignisse. Wir sehen, wie Juden sich nicht scheuen, Wagenseil mit dem Rabbinertitel zu benennen, ihn mit allen Epitheta zu bezeichnen, die man damals Rabbinern und Thoragelehrten beilegte. In einfacher, manchmal naiver Sprache wird über alle möglichen Dinge des Lebens gesprochen. Fast bei allen Briefen schimmert der zeit- und sittengeschichtliche Hintergrund hindurch, so daß nicht nur die Geschehnisse, sondern vielmehr auch die Statik des jüdischen Lebens erkennbar werden".
Abraham David: "Johann Christoph Wagenseil and His Relationship with Jewish Scholars in the Second Half of the Seventeenth-Century", Judaica, vol. 72, no. 1 (March 2016), S: 85-107, insb. S. 93: "The letters cited above reflect a strong relationship between the Perlhefters and Wagenseil. They started their letters to him with respectful formulae, as one would do when writing to a great, learned man. For example:
האדון המהולל הלמדן המופלג כבוד רבי יוחנן הנוצרי
"The revered master and exceptionally learned and honourable, Rabbi Yochanan, the Christian" [Fn. 28: See Ms. Leipzig, fol. 131; Weinryb, p. 129], or [...] החכם הגדול רבי יוחנן עבות עגלה יצ"ו
"The Great sage, Rabbi Yochanan Carriage Rope." [Fn. 30: Ms. Leipzig, fol. 85; Weinryb, p. 123]. They also shared with Wagenseil very personal information related to their daily life, sensitively written in beautiful Hebrew".
Fn. 30: "The Hebrew term עבות עגלה is the exact translation of the name Wagenseil".
- Im Jahr 1697 erwähnt der Altdorfer Universitätsprofessor Christoph Wagenseil den Nürnberger Christkindlesmarkt in seiner lateinischen Stadtgeschichte Nürnbergs. Er nennt ihn "Kindleins-Marck" und "Christkindleins-Marck" und bringt damit zum Ausdruck, daß der Markt zu dieser Zeit sowohl unter dem Zeichen Christi stand, und speziell auf die Bedürfnisse der Kinderbescherung ausgelegt war.
Weiterhin berichtet der Gelehrte von dem "damaligen Glauben der Kinder, daß das Christkind seine Weihnachtsgeschenke selbst auf diesem Markt einkaufe und sie in eine Schüssel lege, die sie am Weihnachtsmorgen beschert erhalten, und von dem durch diesen Brauch verursachten Lerneifer der Nürnberger Schulkinder im Dezember."
Diese Aussage reflektiert den pädagogischen Gehalt der Kinderbescherung. Den Kindern wurde gesagt, daß das Christkind nur den Kindern Geschenke bringt, die sich artig verhalten hatten. Damit wurde ein Wohlverhalten der Kleinen, insbesondere in der Vorweihnachtszeit, hervorgerufen.
(Anja Kußka : Chronik des Nürnberger Christkindlesmarktes).
- The Golden Age of Waterskiing by Kevin Desmond, 2001: "Johannes Christoph Wagenseil, of Nuremberg, who had been carefully observing the swimming of geese and and ducks, decided that it should be possible ...", mit einem Wasserschild über das Wasser zu gleiten, [...on Page 3] Abbildungstext: BELOW LEFT JOHANNES CHRISTOPHER WAGENSEIL OF NUREMBURG USES HIS HYDRAPSIS TO RETURN FROM A WILDFOWL HUNTING SESSION SOMETIME IN THE 1690S.
- Zum Hydraspis siehe auch: The Nic-nac: Or, Literary Cabinet (1823), S. 113, 114, 115.
- Eine Rezension des Buches "Geschichte des Seefahrers Ritter Martin Behaim" von Dr. F. W. Ghillany im Literarischen Centralblatt für Deutschland, Ausgabe vom 2. Juli 1853 (Nr. 27, veröffentlicht im Band des Jahrgangs, gedruckt in Leipzig bei Avenarius & Mendelsohn 1853), erwähnt die Behauptung Wagenseils, Behaim habe vor Kolumbus Amerika entdeckt. Ausführlicher wird auf Alexander von Humboldts Untersuchung eingegangen, wie es dazu kam, daß Martin Waldseemüller in seiner Karte zur Cosmographiae introductio 1509 in Amerigo Vespucci den Entdecker Amerikas sah (und nach ihm America nannte).
- Der Nürnberger Trichter: Der Ausdruck bezieht sich auf Johann Christoph WAGENSEILs Pera librorum iuvenilium (fünf Bände, 1695; frei übersetzt: Rucksack mit Büchern für die Jugend). In der Stadtbibliothek Nürnberg befindet sich wohl die älteste Darstellung des
Nürnberger Trichters. Auf einem Kupferstich aus dem 17. Jahrhundert sind
drei Männer abgebildet, die einem auf dem Boden Liegenden die gesamte Weisheit mit einem großen Trichter eingießen. Man kann auf diesem Kupferstich alle möglichen Gegenstände erkennen, die in diesen
Trichter hineingeschüttet wurden. Das Bild trägt die Überschrift: »Seht liebe Leut hie steht der Mann, so alle Kunst eingießen kann.« Eduard Duller erzählt in den 1834 erschienenen »Geschichten und Märchen
für jung und alt«, dass der Schneidersohn Hans Wurst von Tripsdrill nach Nürnberg wanderte, um dort den überall so begehrten Wundertrichter zu suchen. Angeblich wäre er in den Werkstätten der Rußigen, wie die
Nürnberger Feuerarbeiter genannt wurden, geschmiedet worden. In der Werkstatt des Altmeisters der Rußigen erfuhr er aber von einem Feuersalamander, dass der Himmelskundige des Königs von Utopien vor zwanzig Jahren den Trichter erworben habe. Hans Wurst wanderte also
unverdrossen weiter zum Schloss des Königs von Utopien. Dort sah er zwar den geheimnisvollen Trichter, bekam ihn aber nicht, sondern wurde zu seinem Entsetzen in ein Gefängnis geworfen. Nach seiner Flucht traf er den Zwerg des Hörselberges. Der erzählte ihm freimütig viele wunderliche Dinge. So hatte er am Schluss seiner Wanderung zwar nicht den begehrten
Nürnberger Trichter erworben, den er nun gar nicht mehr wollte, aber er hatte viel erfahren und war dadurch klüger geworden, so dass er den Nürnberger Trichter gar nicht mehr brauchte.
Faksimiles und Übersetzungen
- Wagenseil, Johann Christoph:
Buch von der Meister-Singer Holdseligen Kunst : (aus: de civitate Noribergensi commentation. Altdorf 1697) / Johann Christoph Wagenseil. Hrsg. von Horst Brunner. - Faks.-Nachdr.. -
Göppingen : Kümmerle, 1975. - S. 436 - 576, 25 S.
- J. C. Wagenseil, Tela ignea Satanae, Hoc est: arcani, et horribiles Judaeorum adversus Christum Deum et Christianam religionem libri (Altdorf,
1681). The only English language version available when Browning was writing the poem was The Gospel According to the Jews, Called Toldoth Jesu, The
Generations of Jesus (London, 1823).
- Edman, L. : Sefer toledot Yeshu: sive Liber de ortu et origine Jesu ex editione wagenseiliana transcriptus (Google)
Language: latin / hebraic - Printer: Leffler, C.A. - 1857
- Ein Faksimile der Tela ignea Satanae erschien 1970 bei Gregg Division McGraw-Hill.
Werksverzeichnis
Beim VD17 verzeichnet sind folgende Werke: Registerauszug (PDF)
Beim VD18 verzeichnet sind folgende Werke: Registerauszug (PDF)
- Joh. Christoph Wagenseilii De Hydraspide sua sive adversus extrema pericula aquarum munimento ac praesidie ad Petrum Valckienierium ... epistola / add. Johannis Lemovicensis Morale somnium Pharaonis & ab interitu vindicatur. - [Nürnberg] ; Altdorfii : Hofmann ; Meyer, 1660
- Derin Franckreich neu-auffgerichteten Ost-Indianischen Compagnie Absehen, Gesätze, vnd Freyheiten ; Auß dem Frantzösischen in vnsere deutsche Muttersprache übersetzet / François Charpentier. Johann Christof Wagenseil [Übers.]. - [o.O.], 1665
- Tractatus politico historicus, moribus, ritibus ac ceremoniis in aulis regum et principum legationibus congressibus et conventibus magnatum, usitatis omnibus aulicis legatis ac peregrinantibus utilissimus, ex MSS. incerti auctoris collectus per Curiosum Aletophilum (i.e. Johann Christoph Wagenseil). - Cosmopoli, 1687
Vergleiche zur Verwendung des Pseudonyms "Aletophilus", Zedler Supplement, 1747, S. 1033 (rechts).
- J. C. Wagenseil, Exercitationes sex varii argumenti, 1687
- Theses des principes du blason ou de l'art heraldique / sous la presidende de ... Jean Christoffle Wagenseill ... soutiendra JeanJacques Sturm , [Altdorfii Noricum]: Schönnerstädt, 1690
- Pera librorum iuvenilium / Wagenseil, Johann Christoph. Altdorfium, 1695
- J.C. Wagenseil, De fabulis Muhammedicis, Nürnberg 1697.
Vgl. Lange, Johann Michael: Ad Virvm in orbe literato svmmvm Joh. Christophorum Wagenseilivm, J.V.D.P.P. & Polyhistorem Altdorfinum, Dissertatio theologica ... De fabvlis Mohhammaedicis circa SS. Trinitatis mysterivm
et generationem in divinis ... Nürnberg: Otto; Altdorf: Meyerus, 1696 (Altd. Diss. 1238)
- Belehrung Der Jüdisch-Teutschen Red- und Schreibart
: Durch welche/ Alle so des wahren Teutschen Lesens kundig/ für sich selbsten/ innerhalb wenig Stunden/ zu sothaner Wissenschafft gelangen können ... Unter andern Jüdischen Büchern/ wird dargestellet/ ... Oder Das Talmudische Buch von dem Aussatz ...
Zur Zugabe Wird ein Bedencken beygefüget/ wodurch die ... Frage: Ob die Heil. Schrifft einem Mann erlaube zwey Schwestern nacheinander zu heyrathen? Dermaleins zu bescheiden/ und die Bejahung allerdings fest zu setzen gesucht wird
VD17
12:128428W,
Königsberg : Paul Friedrich Rhode, 1699 (334, 56 S.; 4°; 8 Ex.)
Daraus: dray peysekh-lider arum 1400 ("Drey Lieder/ welche die Juden/ sonderlich die Weibsbilder unter denselben/ sowol sonsten/ als sonderlich an dem Oster-Fest zu singen pflegen"; Neuabdruck in: Helmut Dinse, Die Entwicklung des jiddischen Schrifttums im deutschen Sprachgebiet, Stuttgart 1974)
- De Anno Iubileo, Secundum Disciplinam Hebraeorum Circularis Disputatio
/ Quam, In Altdorfina Academia Praeside Joh. Christophoro Wagenseilio ... a.d. VII. Februarii Defendet Joannes Steuchius [Johannes Steuch, 1676-1742], Angermannia Suecus
VD17
12:163066B,
[Altdorf] : Jobst Wilhelm Kohles, 1700 (32 S.; 4°; 2 Ex.)
VD17
12:135839X,
[Altdorf] : Jobst Wilhelm Kohles, 1700 (32 S.; 4°; abweichende Titelfassung, dort mit Widmungsempfänger auf Rückseite des Titelblatts; 9 Ex.)
- Wagenseil, Johann Christoph:
Von Erziehung eines Jungen Prinzen, der vor allen Studiren einen Abscheu hat, daß er dennoch gelehrt und geschickt werde : es werden Gedancken beygefügt: Welcher Gestalt ein ieder
Mensch zu einer seinem Geschlecht, Alter und Lebens-Beschaffenheit wohl-anstehenden Wissenschaft in geistlichen und weltlichen Sachen leicht anzuführen / von Johann Christof
Wagenseilen entworfen. - Leipzig : Heinichen, 1705. - [5] Bl., 331 S. : Ill. (Kupferst.)
- Der Denen Juden fälschlich beygemessene Gebrauch Des Christen-Bluts, Das ist, Unwidersprechliche Widerlegung der entsetzlichen Unwarheit, Daß die Juden zu ihrer Bedürffnis Christen-Blut haben müssen, Welche so viel tausend dieser unschuldigen Leute, um Haab, Gut, Leib und Leben gebracht.
Enthalten in: Johann Christof Wagenseils Benachrichtigung Wegen einiger die gemeine Jüdischheit betreffenden wichtigen Sachen, worinnen I. Die Hoffnung der Erlösung Israelis. II. Wiederlegung der Unwahrheit als ob Juden Christen-Blut brauchten. III. Anzeigung wie die Jüden von schinden und wuchern abzubringen. IV. Bericht von dem jüdischen Gebeth Alenu. V. Denunciatio Christiana, wegen der Jüden Lästerungen. Diesen sind beygefügt. Rabbi Mose Stenels, in Jüdisch-Teutsche Reimen gebrachte Psalmen Davids. - Leipzig: bey Johann Heinrichens Witwe, 1705.
Enthalten in: [Hofnung der Erlösung Israelis, oder Klarer Beweiß der annoch bevorstehenden, und, wie es scheinet, allgemach-herannahenden grossen Jüden-Bekehrung] Joh. Christophori Wagenseilii, J.U.D. Juris Canonici & Publici, nec non LL. Oriental. Prof. Publici Altdorfini, Hofnung der Erlösung Israelis, oder Klarer Beweiß der annoch bevorstehenden, und, wie es scheinet, allgemach-herannahenden grossen Jüden-Bekehrung : sammt unvorgreifflichen Gedancken, wie solche nächst Verleihung Göttlicher Hülffe zu befördern / Wagenseil, Johann Christoph. - Editio altera, priore in 8. multò correctior, & octo aliis rarioribus Beati Autoris Opusculis, quorum conspectum sequens pagina exhibebit, adaucta. - Nürnberg : Kohles, 1707.
- Christiani, Friedrich Albert & Wagenseil, Johann Christoph & Reineccius, Christian [Hrsg.] :
Der Jüden Glaube und Aberglaube. Mit e. Vorr. J. C. Wagenseils. Hrsg. von C. Reineccio ; Leipzig : Lanckischens Erben, 1705 = VD18 10208380.
Spätere Auflage Leipzig : Lankisch, 1713 = VD18 10458212.
- Spanheim, Friedrich: Merckwürdige Historie der Päbstin Johanna aus d. Herrn von Spanheim latein. Diss. von d. Herrn Lenfant gezogen, u. von demselben nebst verschiedenen Anm. des Herrn Des Vignoles in frantzös. Sprache hrsg., nunmehro aber, ... ins Teutsche übers.
Ort Franckfurth [u.a.]; Enth. außerdem: Joh. Christoph Wagenseils Dissertation Von der Päbstin Johanna : welche vor einiger Zeit ... in latein. Sprache hrsg. u. als ein Anh. in teutscher Sprache beygefüget worden, 1725. Spätere Auflage: Franckfurt & Leipzig, 1737 = VD18 11471425.
- ¬Der¬ adriatische Löw, das ist, kurze Anzeigung von des Venetianischen Adels gesammter Geschlechte Ursprung, und Aufnahm ... Stamm-Wappen ... / Wagenseil, Johann Christoph. Altdorf : Kohles, 1704 =
VD18 15336379. Spätere Auflage: Altdorf, 1738.
- J.C. Wagenseil, Nachricht von der Secte der Gewissener und deren Autore (Ohne Jahresangabe entnommen dem Zedler, s.o.)
Sammlung Wagenseil
Seine private Bibliothek vermachten seine Erben 1708 der Universität Altdorf (s.a. Hartmut Bobzin: Der Altdorfer Gelehrte Johann Christoph Wagenseil und seine Bibliothek, in: Schäfer / Wandrey, Reuchlin und seine Erben, 2005, S. 77-95). Der 1981 wiederentdeckte Verkaufskatalog ermöglichte die Rekonstruktion der Sammlung. Beim Harald Fischer Verlag ist eine Mikrofiche-Edition käuflich zu erwerben. Katalag und genauere historische Informationen zu der Sammlung gibt es auf der Homepage des Harald Fischer Verlages. Das rechts abgebildete Inlibris der Bücher der Sammlung Wagenseil benutzt als Motto Psalm 16,6 ("Das Los ist mir gefallen aufs Liebliche; mir ist ein schön Erbteil geworden."), wo die hebräische Vokabel für "Los" identisch ist mit dem "Strick" aus dem Vers mit den "Wagenseilen" (Jesaja 5,18).
Bereits vor 1708 wurde eine Teilsammlung islamischer Handschriften 1699 an die Universität Leipzig vermacht. Der historische Katalog erwähnt die Provenienz eindeutig bei Hs. XLVI [354], einem Qur’an: "Johann Christoph Wagenseil (1633-1705) added the page numbers of the Hinkelmann Qur’an edition", und bei Teil C der Hs. LXXXI [358-359], einem weiteren Qur'an, aus vier Stücken zusammengesetzt. (H.O. Fleischer: CODICES
ORIENTALIUM LINGUARUM QUI IN BIBLIOTHECA SENATORIA CIVITATIS LIPSIENSIS ASSERVANTUR, translated by Boris Liebrenz, Leipzig 2008).
Ernst Manker (Die lappische Zaubertrommel. Eine ethnologische Monographie, Thule, S. 802f., S. 804, Abb. S. 828) gelang es 1938, die im Besitz des Müchner Museums für Völkerkunde befindliche "lappländische Zaubertrommel" (Sign. 5783) als diejenige Trommel zu identifizieren, die im 18. Jahrhundert in der Universität Altdorf ausgestellt wurde, und von Wagenseil geschenkt war. Der Schwede Martin Kammecker erwähnt sie in seinem Tagebucheintrag vom 8.4.1727: "An der Tür zu einem Schrank waren noch allerhand Curiosa, u.a. eine Lappentrommel" (zitiert nach Sainio). Matti A. Sainio argumentiert, daß diese Trommel über den Schweden Johannes Steuchius, der 1701 vor Wagenseils Tod Altdorf besuchte und in einer Schrift "Anmärkningar til Schefferi Lapponia" seine Kenntnis der Trommeln dieses Typs namens "Tornio" zeige (Sainio: Studio Altdorphina III. Über den Ursprung der Münchner Zaubertrommel, Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, 10 (1958), p. 243f.). Das ist nicht ganz korrekt, wie Blastenbrei anhand der Quellen nachweist, die "lappländische Zaubertrummmel" wurde durch den Vater Mathias Steuchius, Bischof von Lund in Schweden, übersand: Blastenbrei, Stellung zum Judentum, Erlangen 2004, S. 96. Blastenbrei bezieht sich dabei auf eine Stelle aus Wagenseils Werk über die Prinzenerziehung (S. 235, 236) und UB, Erlangen-Nürnberg, Ms. Cod. phor. 444,1.
Handschriften
- Erlangen-Nürnberg, UB, Ms. 738 (Irm. 891): Attestate (eines von Wagenseil) für Johann Michael Lang (alle von 1703), in Betreff dessen Anschluß "in Altdorf an den pietistisch schwärmerischern Sporer-Gesellen [Johann Georg] Rosenbach" (vgl. FISCHER, Hans: Katalog der Handschriften der Universitätsbibliothek Erlangen. 2. Band: Die Lateinischen Papierhandschriften. Erlangen 1936, S. 457)
- Erlangen, UB, B 209: Michael von Saurau: Beschreibung einer Reise nach Konstantinopel (184 Bll., 1567/68, aus dem Besitz Wagenseils, Exlibris; vgl. PÜLTZ, Otto: Die deutschen Handschriften der Universitätsbibliothek Erlangen. Neu beschrieben. Hrsg. von Armin Dietzel u. Günther Bauer. - Wiesbaden: Harrassowitz, 1973, S. 136)
- Wolfenbüttel, Blankenburg 226 (früher 205): Stammbaum des Andreas Arnold (Sohn des Dichters Christoph Arnold, verstarb 1694; V + 393 Bll., Eintragungen bis 1689, auf Bl. 105r Wagenseil am 23. 12. 1679, vgl. BUTZMANN, Hans: Die Blankenburger Handschriften. - Frankfurt am Main: Klostermann, 1966, S. 217)
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