DIE HARALD-SCHMIDT-SHOW-QUALITÄTSPRÜFUNG
3. September 2002:
Herr Schmidt in einem scheußlichen kamelhaarfarbenen Anzug (paßt doch nicht zum grauen Haupthaar!), mit blauer Krawatte- wie ein Gigolo-Anfänger. Herr Schmidt zieht anscheinend alles an, was Mama rauslegt. Feuern Sie Ihre Outfit-Designerin!
Helmut Zerlett mußte niesen, und Herr Schmidt befand, daß Zerlett schwul niese und empfahl, die Zunge ganz fest an den Gaumen zu drücken, so lasse sich ein Niesen unterdrücken.
Dann kam's knüppelhart politisch & kulturell, nach dem Motto: wir können auch anders - eine Art Generalabstrafung aller Kritiker, die Herrn Schmidt gelegentlich Seichtheit vorwerfen (wir auch). Zuerst bekam Altkanzler Kohl eins auf die Rübe, weil er Wolfgang Thierse als schlimmsten Parlamentspräsidenten seit Göring bezeichnet hatte, bei einem Restaurantessen, das SPIEGEL-Leute belauschten. Herr Schmidt reklamierte für sich die Nebenzelle von Milosevicz, wenn seine Mittagskantinenlästereien öffentlich würden.
Über Jorge Luis Borges gelangte Herr Schmidt zum Pater-Brown-Autor G.K. Chesterton, dem eine hypertrophe Website gewidmet ist (Chestertons Rang in der Weltliteratur ist ganz ganz unten). Und dann auch noch zu Henry James, den er langweilig fand (begeistert stimmen wir Herrn Schmidt zu). Herr Schmidt empfahl die Kreation einer Liste Weltliteratur, wo total langweilig ist (was noch mehr Begeisterung bei uns findet). Das Studiopublikum war überfordert. Da will man der Menschheit mal was Gutes tun, und die rudimentär gebildeten Haupt- & und Realschulabsolventen sind restlos überfordert.
Unvermittelt stellte Herr Schmidt fest: Irgendwie hab ich das Gefühl, unter meinem Schreibtisch ist Gold. Warum so bescheiden, Herr Schmidt? Sie sind doch Midas! Knecht Andrack (mit CK, der Muskeln wie ein Tier hat, genannt Bärchen) verstand das Ganze natürlich nur wieder eindimensional und bekannte, seinen Schlafplatz ausgependelt zu haben, wobei er immerhin zwei interessante statistische Daten zum besten gab: der Durchschnittsdeutsche geht um 22.36h pennen und erhebt sich wieder um 6.23h. Für diese Angaben übernehmen wir keine Gewähr.
Zum Liebling des Monats wurde Dieter Bohlen gewählte, der Nackte mit der Knarre; die Waschbären, die Kassel tyrannisieren, hatten keine Chance. Eigentlich schade.
Talkgast: Jungschauspieler Oliver Pocher (Sternenfänger-Soap)- seltsam konturloses Plastik-Gesicht (oder war es aus Kautschuk?). Nein, nur unfertige Jugend.***
QUOTE: 1,05 Mio/ 10,3%
4. September 2002:
Herr Schmidt fast tadellos angezogen diesmal: lachsfarbene Streifenkrawatte zum grauen Zwirn, allerdings unpassend modische Knöpfe. Sehr guter Schnitt des Anzugs.
Es wird immer schlimmer mit meinen Augen, ich kann die Witze nicht mehr lesen- so Herr Schmidt, der ja bekanntlich als Gedächtnisstütze sogenannte Neger benutzt. Ein Sammelsurium von Einfällen: Wenn Sie reich werden wollen, vermieten Sie Ihre Wohnung an Fernsehteams: abends erkennen Sie Ihr Haus nicht mehr wieder. Eine Zuschauerin fragte per Fax, ob es sein könne, daß sie Herrn Schmidt im Urlaub gesehen habe; es konnte nicht sein. Trotz tätiger Zuschauermithilfe ließ sich ein Zitat von G.K. Chesterston nicht restlos aus dem Englischen übersetzen. Ein Zuschauer stellte eine verblüffende physiognomische Ähnlichkeit zwischen Verteidigungsminister Peter Struck und Reichskanzler Bismarck fest, was Herr Schmidt bildlich beweisen konnte. Zur Struktur seiner Sendung behauptete Herr Schmidt mit der ihm eigenen charmanten Unverfrorenheit: Hier wird nichts hingeblubbert, sondern in jeder Sendung gibt's einen roten Faden.
Einspieler: Altkanzler Kohl beim Wahlkampf auf dem Kölner Alter Markt. Die dummdreisten Witzchen des Dicken belachte Dr. Udo Brömme (CDU-MdL fiktiv) exaltiert aus dem Off. Nach seinem Auftritt verzehrte Helmut Kohl Reibekuchen im Restaurant der Schwiegereltern von Knecht Andrack (mit CK, der Muskeln wie ein Tier hat, genannt Bärchen), wie dieser zu berichten wußte. Dabei machte er hemmungslos Reklame für die familiäre rheinische Futterstätte, so daß er nun wohl lebenslang täglich ein Freikotelett erhält.
Aus der Rehabilitation zurück, feist & fies: Herbert Grönemeyer, der eine neue CD erbrochen hat. Beim Theaterklatsch mit ihm, hauptsächlich über den Regisseur Peter Zadek, blühte Herr Schmidt geradezu auf- die Augsburger Theaterkantine läßt sich eben so leicht nicht abschütteln.***
QUOTE: 0,98 Mio/ 10,2%
5. September 2002:
Herr Schmidt schon wieder in seinem exkrementebraunen Outfit, das nicht einmal Versicherungsvertreter zu tragen wagten, mit einer hingerotzten, aus dem Ärmel geschlackerten Show. Und für sowas beschäftigt Herr Schmidt ein 9oköpfiges Kompetenzteam. Da muß wohl mal Unternehmensberater Kienbaum vorbeischauen, der mit dem dicken Rotstift.
Insgesamt eine angemessene Darbietung zum Weltkopfschmerztag. Herr Schmidt schmierte sich an Köln ran, indem er fragte: War denn gestern Altbier-Tag?
Der Zuschauer-Nach-Hause-Bring-Service gelte nur für Frauen, die jung und geil seien und mindestens einsachtzig, stellte Herr Schmidt klar. Es gebe auch tolle Frauen unter 1,80m fühlte sich Knecht Andrack (mit CK, der Muskeln wie ein Tier hat, genannt Bärchen) bemüßigt zu korrigieren. Herr Schmidt konterte später: Du hast ein Frauenbild, das ekelt mich direkt an.
Fußball-Lappalien im Rahmen des unseligen Projekt 04/06- es möge endlich im Orkus verschwinden.
Einziger einsamer Show-Einfall: Präsentation eines People-Internet-Lexicons- am gefragtesten hinter Bin Laden und Hitler auf Platz 3 Herr Schmidt. Diese feine Gesellschaft war für ihn selbstverständlich ein innerer Reichsparteitag.
Die als großer Mietreport angekündige Live-Wohnungsbesichtigung des scharfen Sven entpuppte sich als fades No-Event: eine verwinkelte Dachwohnung ohne räumliche Klarheit, eine Art Bärenhöhle für angegrünte pseudochice Fräuleins "aus der Agentur oder Redaktion", die sich gern Yoghurt-Gums zwischen die Fußzehen klemmen. Sven stand stieselig herum und machte nicht unbedingt einen glücklichen Eindruck ob der Hütte.
Der Talkgast entfiel und wurde nicht weiter vermißt- es handelt sich ja sowieso meistens um selbstreferentielle Semiprominenz, die nichts zu sagen, sondern nur etwas zu melden hat. Wir empfehlen Herrn Schmidt, auf den Besuchersessel einen großen Spiegel zu stellen und mit sich selbst zu talken- das ist gewiß lustiger (und auch preiswerter) als mancher Gast.*
QUOTE: 1,07 Mio/ 9,9%
6. September 2002:
Was wünschen wir uns denn eigentlich von Herrn Schmidts Show? Die Antwort ist relativ einfach: rasierklingenscharfe Polemik, schrillen Nonsens, en passant gepflückte Pointen haufenweise & ein paar schräge Zoten- und Volten immerzu. Mehr nicht. Im Grunde gutes altes Hollywood: mit einem Erdbeben beginnen und dann langsam steigern.
Wer das gerontische Baltikum-Ratespiel aus dem Show-Keller geholt hat (Wo liegen Estland, Lettland und Litauen auf der Landkarte, und wie heißen ihre Hauptstädte?), der sollte schleunigst in Rente geschickt werden.
Besser schon der absurde Einspieler: Knecht Andrack (mit CK, der Muskeln wie ein Tier hat, genannt Bärchen) findet an seinem Stammkiosk um 7.09h keine FAZ mehr vor, weil sie ausverkauft ist (davon träumt die FAZ!), und fährt mit dem ICE auf der neuen Strecke nach Frankfurt, um sich dort das Blatt zu kaufen, hinter dem angeblich immer ein kluger Kopf steckt (Knecht Andrack also eine ziemliche Fehlbesetzung in dieser Rolle). 8.15h Halt in Montabaur. 8.56h Frankfurt am Main. FAZ gekauft. 10.23h Knecht Andrack auf der Rückfahrt im Cockpit. 10.48h killt der Zug einen Vogel. 11.10h Köln, eine Minute verfrüht. Höchstgeschwindigkeit 300 km/h, dauernd Tunnel- so kann Reisen mit der Eisenbahn verkommen durchs Diktat des Business. Knecht Andrack zeigte vor der Kamera immerhin Ansätze von Professionalität. Und nun ja nicht vergessen: Bonus-Kilometer der DB versteuern!
Herr Schmidt erinnerte sich an ein Fly-Around-Ticket in den USA für 3oo $, im Jahr 1992- sechsmal am Tag gefrühstückt.
Wenn Sie zu Hause Kinder haben, die doof sind, und ich sehe gerade im Bekanntenkreis so viele Kinder, die doof sind...: guter Rat bei Herrn Schmidt von der hellwachen (und rothaarig-hübschen) Schülerin Anne, die für einen Landesschülerwettbewerb verschiedene Methoden zum Vokabellernen untersucht hatte. Ihr eindeutiger Testsieger: die Vokabelkastenmethode (Lernen mit Vokabelheft oder Eselsbrücken schnitt erheblich schlechter ab). Nächstes Forschungsprojekt der Jungwissenschaftlerin: die peruanische Urkartoffel. Dank Anne können wir Herrn Schmidt gnädig ins Wochenende entlassen.***
QUOTE: 0,90 Mio/ 5,6%
INTERMEZZO 3: ZU ZWEIT ALLEIN
Es gab berühmte Komiker-Duos: Abbott & Costello, Laurel & Hardy, Pat & Patachon, Karl Valentin & Liesl Karlstadt, Felix & Paola, Nikolaus & Knecht Ruprecht, Harald Schmidt & Herbert Feuerstein. Das Duo Harald Schmidt & Manuel Andrack ist jedoch eine unglückselige Mesalliance.
Bei jedem Duo herrscht –und das ist anscheinend ein Naturgesetz- ein Ungleichgewicht: immer ist ein Partner dominant, das Zugpferd, während der andere eher mittrabt und die Stichworte liefert. Dagegen wäre kaum etwas zu sagen, wenn das Ungleichgewicht im Falle von Knecht Andrack (mit CK, der Muskeln wie ein Tier hat, genannt Bärchen) nicht so eklatant wäre. Bräsig & kamerageil fläzt er sich im Sessel vor seinem PC, säuft jedesmal eine andere Sorte Bier und akklamiert Herrn Schmidt mit Super! oder Genau!. Knecht Andrack ist die evolutionär mißglückte Mutation der Kulenkampff-Assistentin.
Er besitzt nicht minimalstes Show-Talent. Seine spärlichen Lacher erzielt er meistens durch unfreiwillige Komik. Herr Schmidt beutet diese natürlich aus. Anfangs behandelte er, ähnlich Herrn Puntila in nüchternem Zustand, seinen Knecht wie Dreck, was der tumbe Tor grinsend wegsteckte (erstaunliches Maso-Potential!). Herbert Feuerstein ließ sich das seinerzeit bei Schmidteinander eines Tages nicht mehr gefallen und zog die für ihn bitteren Konsequenzen, die ihn in tiefste Armut stürzten und ans Hungertuch brachten. Inzwischen geht Herr Schmidt jedoch freundlicher mit seinem Knecht Andrack um, nicht weil er betrunken ist, sondern weil er erkannt hat, daß dieser ihm die Arbeit erheblich erleichtert (auch wenn auf seinem Platz eine Schneiderpuppe à la Peter Hacks sitzen könnte): einen Pseudodialog –mit wem auch immer- zu führen, ist einfacher, als ins schwarze Kameraloch zu monologisieren. Die Wahl des ihm weit unterlegenen Partners aber ist purer Sadismus von Herrn Schmidt, der ja auch seine Zuschauer bekanntlich gerne quält.
Abgesehen davon, daß Knecht Andrack intellektuell nicht das Pulver erfunden hat (und somit niemals von Herrn Schmidt als Konkurrent gefürchtet zu werden braucht), bleibt er als Laiendarsteller immer peinlich privat- da wäre selbst ein Schnellkurs bei Lee Strassberg in NY verlorene Liebesmüh.
Hinter den Kulissen könnte Knecht Andrack sicher wertvolle Redaktionsarbeit leisten.
10. September 2002:
Circences für den Plebs, darum mit Verspätung panis von Herrn Schmidt. An dessen Drögheit hatten wir zu mümmeln.
Wir wollten schon abschalten, als wir Herrn Schmidts Outfit sahen: roßapfelbrauner Anzug, hellblaues Hemd, kanariengelbe Krawatte. Hätten wir's nur getan.
Ein schludriger unpointierter Einspieler mit Helmut Zerlett backstage in Adlershof beim zweiten TV-Duell von Schröder & Stoiber- ärgerlich die Unprofessionalität.
Dann Das große Wer-wählt-wen-QUIZ?, laut Herrn Schmidt allerbilligster Kindergeburtstag. In der Tat. Eine selten dämliche Diplom-Psychologin, Tina aus Bremen, im Moment Mutter, wußte kaum etwas und kassierte für ihre Blödheit auch noch ein paar Euros.
Es gab wunderbare Themen übers Wochenende: Ludwig Stiegler, SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzender, verglich Bush mit Caesar Augustus, der Deutschland als Provincia Germania behandelt habe (was historisch falsch ist: eine Verwechselung mit Gaius Julius Caesar) - in Düsseldorf mimten Kids Kalkutta: Straßenkindertag (gerne erinnern wir uns an Die dicken Kinder von Landau) - Naddel ist angeblich sexsüchtig... alles verschnarcht von Herrn Schmidts ausgelaugtem Autorenteam.
Talkgast Gregor Gysi, der PDS-Bonusmeilen-Schmarotzer, war äußerst flau. Herr Schmidt hat anscheinend nicht das geringste politische Gespür: Politik-Absteiger lädt man nicht ein. Der Loser Gysi hat keine Zukunft mehr, ist doch längst von gestern.
Stoppen Sie zumindest Ihren eigenen Abwärtstrend, Herr Schmidt!*
QUOTE: 1,16 Mio/ 15%
11. September 2002:
Die Bundeslästerzunge auch heute wieder verspätet, infantiler Balltretereien wegen. Zum Dies ater äußerte sich Herr Schmidt erfreulicherweise nicht, das hatte er bereits vorher bei Günter Jauchs stern tv auf RTL getan.
Sabine Christiansen, ARD-Sonntagabend-Talkmutti, hat ihre Zähne renovieren lassen, wie Herr Schmidt zu berichten wußte, sie habe jetzt mehr Keramik im Mund als ich in der Hüfte.
Nach dem gestrigen Auftritt von Gregor Gysi hatte Herr Schmidt sein Studio-Volk nochmals wählen lassen, wobei die PDS von 7,8% auf 20,5% stieg- die Präsenz der Person, auch wenn Gysi keine glänzende Vorstellung bot. Wenn er Kanzler wäre, würde er Herrn Schmidt das Amt des Kulturstaatsministers übertragen, wußte dieser zu kolportieren, fühlte sich sichtlich geschmeichelt und zeigte sich auf der Stelle bereit dazu. Wurde da mit der Wurst nach der Speckseite geworfen?
Ein Zuschauer aus Hamburg, Peter Lemke (62), der bei der Harald-Schmidt-Show den Biß der frühen Jahre vermißte (wie wir auch), erkundigte sich per Fax nach dem Familienstand von Knecht Andrack (mit CK, der Muskeln wie ein Tier hat, genannt Bärchen), da dieser neuerdings einen protzigen Ehering trage. Der Ring erwies sich als 585er Sparmodell, und Knecht Andrack offenbarte, 11½ Jahre verheiratet zu sein und schwul bin ich auch nicht. Herr Schmidt wollte letzteres für sich selbst nicht ausschließen- bei mir wird noch diskutiert, von mir.
Der Team-Kollege Schmitti ist Vater geworden, was einen rechtsradikalen Zwischenruf aus dem Publikum provozierte: Nachwuchs (?) für Deutschland!, worauf Herr Schmidt locker replizierte: Mit ihm hab ich Schluß gemacht, gestern.
Dann eine imitative Gähnrunde Wer wird Millionär? zum Spezialthema Fußball (das verdötschte Projekt 04/06), bei der Herr Schmidt 16 000 € gewann und Knecht Andrack als Jauch-Double eine fade Figur machte- er ist & bleibt ein unbegabter Laiendarsteller.
Ein vom Pro7/Sat1-Konzern diktierter Talkgast: die etwas füllige Schauspielerin Yasmina Djabbalah, die in der anlaufenden Sat1-Serie Die Anstalt eine Frau mit histrionischer Persönlichkeitsstörung spielt und stolz war auf ihre angelesene Psychohalbbildung.**
QUOTE: 1,1 Mio/ 13,4%
12. September 2002:
Herr Schmidt sprühte vor guter Laune & Witz und zauberte aus NICHTS ein köstliches Comedy-Pralinee. Sogar Knecht Andrack (mit CK, der Muskeln wie ein Tier hat, genannt Bärchen) war –o Wunder- akzeptabel.
Das Intro: Bei der SPD herrsche Mitgliederschwund- nicht einmal mehr für das Amt des Bundeskanzlers habe sich ein Sozialdemokrat finden lassen. Eine Umfrage von der Uni Bremen habe ergeben, daß sich die meisten Günter Jauch als Bundeskanzler wünschten- niemand hat soviel Geld in den Aufbau Ost gesteckt wie er. Und der Kanzler habe sich von Jauch viel abgeschaut: im Kabinett habe er schließlich den Fifty-Fifty-Joker gezogen.
Das NICHTS Nummer 1: die BILD-Schlagzeile vom Tage Ich bin Boris' erste Liebe- 17 Jahre war es ihr Geheimnis: Andrea (33), Soziologiestudentin (welches Semester eigentlich?), packte endlich aus. Herr Schmidt: Sie hätte besser zu Boris gepaßt als die anderen Schlampen, die Boris genagelt hat. Er zitierte aus BILD: Sie flüsterte: friß mich nicht auf. Und kolportierte den damaligen Spitznamen von Boris Becker: Frosch (wegen der Glotzaugen). Auch Helmut Zerlett und Knecht Andrack hatten Erste-Liebe-Leichen im Keller, und auch Herr Schmidt buddelte seine aus: Karin (16), er selbst war 19. Herr Schmidt zog seinerzeit das Komplettprogramm durch, von ihr Null.
Das NICHTS Nummer 2, ein kulturelles Highlight : der neue IKEA-Katalog Lebe hoch 3!. Das hatten wir zwar schon mal mit dem alten, aber es war wieder fulminant, was Herrn Schmidt an Gemeinheiten zu einigen Abbildungen einfiel. Und er gestand, daß er keinen Spargel mag, was für uns als Freudianer besonders interessant war.
Talkgast: die ungarische Schauspielerin Erika Marozsan, die in einem Ausschnitt ihres Films Vienna einen Schlangentanz darbot und vital blitzende Augen hatte.****
QUOTE: 1,15 Mio/ 11,4%
13. September 2002:
Herrn Schmidt gelang es, seine Form vom Vortag zu konservieren.
Viele dürften mit Tränen auf der Pupille die letzte Bundestagssitzung von Helmut Kohl verfolgt haben- aber er wird von zu Hause aus weiterregieren... der einzige Bundeskanzler, den man vom Weltall aus sehen kann. Herr Schmidt rühmte den Konversationsmodus zwischen Kohl und seinem Ex-Minister Seiters: Knien im Stehen muß man können! Und wünschte sich dies auch von seinem Team im Umgang mit ihm. Ganz minimale parodistische Mitteln reichten Herr Schmidt, den Dicken präsent zu machen.
Zu Stoibers Bundestagsrede meinte Herr Schmidt: Ede ist zu schnell- gerade wenn das, was man zu sagen hat, sehr dünn ist. Er empfahl dem Kandidaten die Kunst der Pause...staatsmännische Breite. Bewunderung für Schröder, von Selbstdarsteller zu Selbstdarsteller, der zwei absolute Mega-Klopper zu Beginn des Stand ups gehabt habe.
Wir erfuhren, daß Guido Westerwelle ein Bild des postfaschistoid-sozialistisch-realistischen Knabenmalers Norbert Bisky (wir merken an: der schwule Sohn des ehemaligen PDS-Vorsitzenden) an der Wand hängen hat- in seinem Boudoir? Der größte Nazi war nicht blond- oder war der Führer gefärbt?
Nachdem er seine Baskenmütze auf die Arno-Breker-Büste geworfen habe, delektierte sich Herr Schmidt auf seiner häuslichen Couch, die mit weißem Alcantara bezogen sei (wie die Wände auch), an der ARD-Sendung zum 65. Geburtstag von Roberto Blanco und erlebte überrascht Kuba als strahlende blühende Insel... Kölle in der Karibik. Exorbitant: Robertos singende fette Tochter (Kleidergröße XXL- sind's des Vaters Gene oder zuviele Torten?)
Nach Abnehmen in Essen nun Abnehmen in Köln: Peter Helf (1,75m/ 93,5kg), Facility Manager (=Hausmeister) in Herrn Schmidts Firma, früher bereits als Letter-Man in der Show eingesetzt, will zehn, zwölf Kilo abnehmen. Zur Unterstützung werden ein/e Diätassistent/in und ein Fitneßtrainer gesucht. Der Chef cool: Nur ein gesunder Mitarbeiter läßt sich optimal ausbeuten.
Herr Schmidt läßt einen alten Freund nicht verkommen. Den Helf, Peter kennt er bereits aus dem Studentenheim, wo beide mit sechs Studentinnen auf einer Etage hausten: Aber es lief nichts- wir sahen Scheiße aus u n d hatten keine Kohle. Memory day: auch Helmut Zerlett öffnete sein privates Schätzkästlein und zeigte Fotos seiner ersten Liebe Dominique.
Talkgast: mit meckerndem Ziegenlachen die sommersprossengesprenkelte Literaturgöre Alexa Hennig von Lange; bei ihrem letzten oder vorletzten Besuch war sie ziemlich betrunken und trug keine Unterwäsche, wie sie damals glaubte, Herrn Schmidt verklickern zu müssen. Mittlerweile verheiratet, trug sie jetzt wohl Unterwäsche, aber einen ganz nüchternen Eindruck, obwohl schwanger, machte sie auch diesmal nicht. Sie behauptete, Schriftstellerin zu sein.****
QUOTE: 1,08 Mio/ 9,4%
INTERMEZZO 4: HERR SCHMIDT GEHT FREMD
Herr Schmidt verirrte sich zu n-tv, wo er in der Hamburger Matinee des Wochenblatts DIE ZEIT auftrat, dessen Herausgeber (u n d Chefredakteure!) Dr. Josef Joffe und Dr. Michael Michael Naumann die Veranstaltung moderierten. Beide dürften wohl die unfähigsten Fernsehjournalisten im Lande sein: atemberaubend ihre Hilflosigkeit, Hölzernheit und Ahnungslosigkeit. Da wird einem auch angst und bange um DIE ZEIT, deren Auflage sich ja sowieso im Sinkflug befindet.
Herr Schmidt nahm die widrigen Umstände gelassen und mit Humor. Quasi in solistischem Alleingang rettete er mit seinem Wortwitz die Vorstellung und führte die beiden ZEIT-Pfeifen als Sparringspartner vor. Inhaltlich nichts Neues. Aber Herr Schmidt hat inzwischen auch ganz wunderbar Joschka Fischer drauf. Am Ende lag ihm –wie anders- selbst das s-tocks-teife Publikum in den Hamburger Kammerspielen zu Füßen. Der Beifall war nicht enden wollend.
17. September 2002:
Zu Beginn seiner neuen Woche legte Herr Schmidt einen sauberen Fehlstart hin: er war uninspiriert und unkonzentriert. Steckte ihm noch sein Hamburger Auftritt in den Knochen?
Erwartet hatten wir, daß er die Cheops-Pyramiden-Pleite des ZDF aus der Vornacht nachspielen würde- es wäre ein Fest geworden: Herr Schmidt als levantinischer Ägyptologe (à la Zahi Hawwas) mit Indiana-Jones-Hut.
Aber das Autorenteam litt wieder mal unter Hirnlähmung, was Herrn Schmidts Faulheit entgegenkam: Er rezitierte ausführlichst aus einem Artikel der ZEIT- Die Staatsschauspieler von Peter Kümmel, der die Wahlprotagonisten nach theaterkritischen Gesichtspunkten analysierte. Zwar war Herr Schmidt um Interpretation und Gestaltung des Textes bemüht, aber das Ergebnis fiel eher dürftig aus. Eine Uraltschote war der Stimmentausch von Schröder und Stoiber zu eingespielten Filmfetzen. Wann wird Herr Schmidt endlich aus dem Telefonbuch vorlesen?
Allmählich nervt die Studio-Wahlumfrage, die viel zu früh bereits vor Monaten gestartet wurde, gewissermaßen eine mentale Ejaculatio praecox. Aber es läßt sich damit Sendezeit schinden. Und als absoluter Tiefpunkt eine groß angekündigte Wahlempfehlung von Herrn Schmidt, die da lautete: Gehen Sie wählen! Ham wir aber jelacht.
Schon wieder frönte Herr Schmidt seinem Hang zum Infantilen: als Gast (und vermeintliche Quotenrakete) ein albernes Gör namens Sophie (10), das für den Kinderkanal die drei Spitzenpolitiker interviewt hatte. Man versteht im nachhinein sehr gut, daß Joschka Fischer bei dieser Aktion etwas unwirsch reagiert haben soll.
Elvis Costello lieferte zum Schluß seinen altbackenen Sound ab.*
QUOTE: 0,97 Mio/ 9,8%
18. September 2002:
Herr Schmidt, wiederum in abartigem Roßapfelbraun, ließ sich von Mme. Nathalie ankündigen als der neue Besitzer der Finca von Boris Becker. BILD meldete nämlich: Boris verkauft seine Unglücksvilla. Das Anwesen auf Mallorca steht für 8 Mio zum Verkauf, mit einer Bibliothek (Herr Schmidt mußte lachen)... zwei Gebäude: hier Babs mit den Kindern, dort Boris mit den Weibern... außerdem eine 15m/3m-Pool-Pfütze, ein Pool-Haus und ein Amphi-Theater, in dem Babs Becker singen wollte: Was? Dazu noch eine Bodega, ein Weinkeller. Herr Schmidt bekannte, für ihn gebe es bei Wein nur zwei Kriterien: kein Sodbrennen und kein dicker Kopf am nächsten Tag. Und so predigte er Wasser und trinkt insgeheim Mouton Rothschild...
Deutsche Experten in den Irak: Chemische Kampfstoffe- bei Douglas wird das Personal knapp. Und Herr Schmidt begrüßte auch freundlich die Aktionäre von Allianz, Epcos und Siemens, angesichts des DAX unter 3200 Punkten. Wenn schon Boris sein Haus verkauft: Am Montag gibt's auch das Guidomobil billig.
Schlimme Bemerkungen über Menschen, die am Abgrund stehen - so annoncierte Herr Schmidt einen gelungenen Einspieler mit Dr. Udo Brömme (CDU-MdL fiktiv) aus Kampen/ Sylt, in dem aus Unternehmermund die üblichen Frustfloskeln blubberten. Dr. Guido Westerwelle zeigte sich absolut humorlos, als Dr. Udo Brömme in ein TV-Interview 'reinplatzte. Morgen ist Dr. Guido Westerwelle zu Gast bei Herrn Schmidt, der ihm schonungslos die Maske vom Gesicht reißen will... investigativer Journalismus pur. Da sind wir aber sehr gespannt.
Helmut Zerlett und Knecht Andrack (mit CK, der Muskeln wie ein Tier hat, genannt Bärchen) zelebrierten im Studio ihre Briefwahl. Na ja.
Talkgast: Military-Reiterin Inken Johannsen, mit Metallschiene am Bein... ein leichter Invalidentouch... sexy durch einen kleinen Unfall: blank, blond und unerheblich.
Heute abend lief im Ersten ein SENSATIONELLER ARD-Fernsehfilm: Bloch- Ein begrabener Hund. Grandios und in toto beängstigend perfekt: das Buch, die Dialoge, die Schauspieler (in der Titelrolle Dieter Pfaff- exorbitant), die Kamera (fabelhaft), das Licht, der Schnitt, die Regie. Der Film (oder die Serie) wird sämtliche Fernsehpreise abräumen- um so mehr schmerzt danach jetzt der Fernsehspiel-Müll der Privatsender. Eine Lektion für all die flinken dämlichen TV-Film-Geschäftemacher. Wir sähen gern jemanden aus der Bloch-Crew als Talkgast in Ihrer Show, Herr Schmidt: Sie lieben doch Winners- Quality auch?
OASIS degradierte die Helmut-Zerlett-Band zur Dorf-Kapelle.***
QUOTE: 1,37 Mio/ 12,4%
19. September 2002:
Große Schein-Profilierungsaktion von Herrn Schmidt als politischer Journalist: Immer werde ich in die Lustig-Rolle gedrängt... ich möchte zeigen, daß ich mehr kann... investigativer arbeiten... das Wichtigste ist, daß man als politischer Journalist immer den richtigen Kuli hat... daß man das auch, sozusagen, gestisch unterstützen kann: Wenn der Dritte Weltkrieg kommt- haben wir dann auch genügend Helme?
Herr Schmidt beneidete Sabine Christiansen um den Kugelschreiber mit eigenem Logo, vermißte allerdings einen, der sie auch nackt zeigt. Vergleich anderer Kugelschreiber- hübscher Einfall.
Herr Schmidt besprach mit Knecht Andrack (mit CK, der Muskeln wie ein Tier hat, genannt Bärchen) die Fragen, die dem heutigen Talkgast, Dr. Guido Westerwelle, zu stellen seien. Dabei kamen ihm Helmut Zerletts vier neue Zahnimplantate in die Quere. Und 26 Leute von der Jungen Union/ Dortmund, die im Publikum seien- sie sehen auch so aus. Auch viele FDP-Ortsverbände seien anwesend. So erklärte sich das Abschneiden der FDP bei der Studio-Wahlumfrage: 30,8%
Gewinnquoten eines Wettbüros, das für einen Euro Einsatz auf Kanzlersieg zahlt: für Schröder 1,40 €, für Stoiber 3 € und für Westerwelle 101 €.
Fabelhafte Nummer: schöne alte Platten aus der Wahlkampfzeit von früher, christlich-demokratische Peinlichkeiten wie: Komm aus deiner linken Ecke, dazu entsprechende Faxen von Herrn Schmidt- der subtilste Wahlkampf der Saison. Und Herr Schmidt konnte sogar den Uraltplattenspieler bedienen (woran er schon so oft gescheitert ist).
Dann er: Dr. Guido Westerwelle, Vorsitzender der FDP (besser: PCO – Partei Charakterloser Opportunisten), trat aus dem Schatten seines Rivalen, des "Riesenstaatsmanns Mümmelmann" (Franz Josef Strauß), heraus und in die Sonne von Herrn Schmidt. Der Träger einer wespenfarbenen Krawatte zu Herrn Schmidt: Mir gefällt Ihre Art zu denken. Grandios die Replik von Herrn Schmidt: Entschuldigen Sie, ich weiß doch, wer mich bezahlt. Natürlich drosch der 18%-Hanswurst Politphrasen, was das Zeug hielt, dabei wäre die Show von Herrn Schmidt die ideale Plattform gewesen, das längst überfällige offizielle Coming-out zu vollziehen, nach einer hormonell anscheinend schwierigen Jugend, die offenkundig ihre Spuren im Krater-Teint hinterlassen hat.****
QUOTE: 1,39 Mio/ 12,7%
20. September 2002:
Nicht gerade eine Glanz-Woche von Herrn Schmidt ging zu Ende.
Er findet die Wahl so spannend, daß er sich künstliche Fingelnägel wünscht, weil er so länger etwas zum Knabbern hätte.
Zu Herta Däubler-Gmelins Bush-Hitler-Vergleich, den die Justizministerin nach eigenem Bekunden nie, nie, nie gezogen hat: US-Truppenabzug aus Deutschland wäre hart- für die Gegend um Kaiserslautern... jetzt sind wir langsam durch mit den Promis aus dieser Zeit. Das Schwäbische Tagblatt (Tübingen) hatte den ministeriellen Fauxpas verpetzt; Herr Schmidt: Es gibt ja keine kleine Runde mehr, wo man etwas sagen kann.
Herr Schmidt siedelte Tübingen im Schwarzwald an- eine extravagante Geographie.
Sichtung der Bewerbungsunterlagen für das Fitneß-Training von Hausmeister Peter Helf. Das Langzeitprojekt verspricht knisternde Langeweile.
Junge Menschen mit Joschka-T-Shirts im Studio-Publikum: Das dauert noch lange, bis ihr drankommt...20 Jahre, locker.
Und dann kam SANKT JOSEPH (Süddeutsche Zeitung)- GV wie Gottvater himself, empfangen vom Jubel seiner Anhänger. Joschka Fischer kam in Beeerdigungsschwarz, aber mit offenem Hemdkragen- er war stockheiser ( Herr Schmidt: Die Stimme kommt geil...) und wirkte vom Wahlkampf erschöpft (O-Ton Fischer: Herr, laß Sonntag werden!) Herr Schmidt erwies sich als Fisherman's Friend, nannte ihn den Günter Jauch der deutschen Politik. Lockerer Smalltalk, Joschka Fischer kommunikationsbereit: mit übergeschlagenem Bein, hingewendet zu Herrn Schmidt. Ob er abgekotzt habe bei des Kanzlers Wort vom deutschen Weg, wollte dieser wissen. Nein, nicht die richtige Kategorie. Nochmals die Bekräftigung: keine deutsche Beteiligung an einem Krieg gegen den Irak. Und außerdem war zu erfahren, daß Joschka Fischer auf Schnäppchen, nicht auf Schnäpschen steht.**
QUOTE: 1,25 Mio/ 9,2%
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Anmerkung: Das Ballyhoo von Medien, Demoskopen und Parteien suggerierte für den Wahltag ein Kopf-an-Kopf-Rennen, ein sogenanntes Photo-Finish. Wir prognostizieren einen klaren Wahlsieg von Rot-Grün mit einem Vorsprung von mindestens 2%. Frau Merkel kann also schon ihren Rotkäppchen-Sekt (für Ossis ja bekanntlich der Gipfel des Luxus) kalt stellen: nach Stoibers Kaltstellung ist der Weg frei für ihre Kanzlerkandidatur 2006- falls ihre Parteifreunde sie selbst bis dahin nicht kaltstellen.
Wie aus gewöhnlich gutunterrichteten Kreisen verlautete, reinigt Herr Schmidt bereits seinen verbalen Flintenlauf für die Wahlnachlese bei Erich Böhme (Talk im Turm Spezial, am Montag um 22.15 Uhr auf Sat1). Auch soll Herr Schmidt beobachtet worden sein, wie er größere Mengen Salz kaufte, das er genüßlich in die Wunden der Wahlverlierer streuen will.
INTERMEZZO 5: AFTER HOUR PARTY
Na gut, um 0,8% waren wir zu großzügig, aber immerhin paßte die Richtung. Edmund Stoiber verkündete, debil grinsend, am Tag danach immer noch, Wahlgewinner zu sein. Anscheinend rafft er es nicht, seine Schlappe zu begreifen.
Wir hatten gehofft, Herr Schmidt würde es ihm auf der After Hour Party bei Opa Böhme verklickern, aber es war eine müde Veranstaltung, die in erster Linie dazu diente, einen fetten Werbeblock zu verkaufen. Das Kompetenzteam Günter Jauch – Harald Schmidt (Erich Böhme) schleppte sich mühsam durch die Sendung, wobei Herr Schmidt –trotz einiger linkswangiger Mückenstiche (?)- immer noch besser abschnitt als Günter Jauch.
Wäre Herr Schmidt Politiker, sähe er sich eher als Bundespräsident und nicht als Kanzler: Dieses Tagesgeschäft ist schon zermürbend. Aber letztlich gelangte Herr Schmidt –selbstkritisch, wie er ist- zu dem Fazit: Also, für mich kommt Politik nicht in Frage. Mir fehlt's an Seriosität... Publikum lacht, klatscht... ich bin ein Tunichtgut, ein Springinsfeld... und ich sag's ganz ehrlich: Um Politik auf hohem Niveau zu machen, muß man die Menschen mögen... ich mag die Menschen, aber nicht so, wie sie es verdienen...
Herr Schmidt: ein schopenhauerischer Entertainer.
24. September 2002:
Nach seiner Berliner Mucke Herr Schmidt, der Bundeswahlleiter von Sat1, wieder in seiner heimischen Arena. Er trug ein älteres hellblaues Hemd auf und eine Paisley-Krawatte von ca. 1954.
Kein Glückwunsch aus Washington (für den Kanzler)- man muß warten, bis das Tipp-Ex über dem Namen Stoiber trocken ist... Edmund Stoiber- die Älteren werden sich erinnern. Das Stand-up von Herrn Schmidt war früher wesentlich üppiger; man fragt sich, wofür er sich in seiner Ideen-Legebatterie acht Autoren hält- was machen die da den ganzen Tag? Junge häßliche Leute in verschwitzten Pullovern, die Herr Schmidt durchfüttert- what for?
Knecht Andrack (mit CK, der Muskeln wie ein Tier hat, genannt Bärchen) öffnete eine überlagerte Flasche Bier, was Herrn Schmidt aufs Dosenpfand brachte, mit dem er nichts anzufangen wußte: Da mich Umwelt nicht interessiert... ich geh' nicht in die Umwelt, ich bleib' zu Hause. Er trinkt am liebsten aus dem Hahn, ißt abgelaufenen Yoghurt und wunderte sich über schimmeliges Vollkornbrot.
Um noch einmal die Politiker-Mischpoke durchhecheln zu können, wurde flugs ein Spezial-Liebling des Monats bis zum Oktober gekürt: Joschka F. setzte sich durch gegenüber der ARD-Wahlhochrechnungs-Stümperei.
Einspieler Mein Wahlabend: eine Charakterstudie des vergrätzten Otto Graf Lambsdorff (Graf Silberkrücke).
Talkgast: die ZDF-Talkerin Maybrit Illner (Ossigewächs und Wendegewinnlerin) mit flinker glatter Zunge, stromlinienförmig-öffentlich-rechtlich. Eine schöne Frage hatte Herr Schmidt: Was ist das für ein Gefühl, wenn der Kanzler Sie berührt?
Es muß endlich ein Ruck gehen durch die Show von Herrn Schmidt: so fade kann sie doch nicht weiterkriechen. Es müssen neue Figuren kreiert werden, es muß endlich wieder krachende Einspieler geben- auch wenn sie Arbeit & Mühe machen und Geld kosten.**
QUOTE: 1,27 Mio/ 10,8%
25. September 2002:
Herr Schmidt –akzeptables Outfit diesmal: graugestreifter Zwirn, gelbe Krawatte- wurstelte weiter wie gehabt und verwaltete in erster Linie seine Berühmtheit. Kann man, muß man bereits von einer KRISE sprechen, in der sich seine Show befindet? Schwer zu sagen beim erheblichen Schwanken der Tagesform von Herrn Schmidt, der angesichts seiner guten Quoten kontern könnte: Was stört's den Mond, kläffen ihn die Köter an...
Aber gewiß wäre es falsch, wenn Herr Schmidt sich bequem zurücklehnte: selbstzufrieden. Man kann mit dem Pfund seiner Beliebtheit wuchern- oder es auch ganz schnell verspielen. Das Publikum hat ein Recht darauf, nicht angeschmiert zu werden, auch wenn es darauf besteht, angeschmiert zu werden. (Theodor W. Adorno)
Stand-up: Die ARD hat 464 Millionen € an Steuern nachzuzahlen: Biolek trinkt den Wein demnächst aus dem Tetrapak. Herr Schmidt ist natürlich ein ehrlicher Steuerzahler, da er nicht die Zelle gleich neben Boris Becker beziehen will. Herr Schmidt vergoß Krokodilstränen, hinsichtlich Pilawa und Christiansen:Was muß das für ein Gefühl sein, für einen Sender zu arbeiten, dem finanziell das Wasser bis zum Hals steht. Pikant, angesichts der Situation von Sat1.
Herr Schmidt sagte zu seinem Wasserträger: Vielen Dank, Sven. Und nicht: Danke, Sven. Die Variation kam gar nicht gut an.
Es folgte eine Presseschau, witzig kommentiert, aber ohne jedes Timing: Zeitschinderei (kein Problem für den geübten Rampensolisten, aber auch ein Fluch). Zuerst der neue stern: die Kanzlerfotos- das Licht der Alten Meister; dann die neue Zeitschrift Fliege des berüchtigten Fernsehpastors, der bekanntlich so eine Art TV-Tetzel ist. Jürgen Fliege verkleidet sich mit einer Schumi-Mütze, um nicht dauernd auf dem Empire State Building von Fans angesprochen zu werden. Herr Schmidt ließ sich nicht lumpen: auch er sei in NY oft angesprochen worden. Fliege fühlt sich vom Volk ungeliebt, er besucht gern Trödelmärkte, besitzt über 5o Bibeln in verschiedenen Sprachen und hat 3o Gründe, den Herbst zu lieben; der 13. Grund: beim Grillen eine letzte Wurst im Stehen. Herr Schmidt vermutete den Tod beim Proktologen und will sich gleich morgen zehn Hefte dieser famosen Zeitschrift (2,50 €) kaufen.
Als dritte Gazette plünderte Herr Schmidt eine TV-Programm-Zeitschrift, um der ARD Sparvorschläge zu machen. Er empfahl, den SFB zu schließen und den Sabine-Christiansen-Talk auf drei Stunden zu verlängern. D'accord.
Schon wieder ein vom Konzern oktroyierter Talkgast: Sat1-Jung-Komiker Axel Stein- ein prolliger Fettsack. Einer fürs Volk. Zu diesem Volk gehören wir nicht. Wir zappten.
Etwas besser als gestern, aber nur mit Mühe:***
QUOTE: 1,5 Mio/ 13,5%
26. September 2002:
Saddam Hussein soll angeblich mindestens drei Doppelgänger beschäftigen. Hält sich auch Herr Schmidt Doppelgänger? Wenn ja, könnte das die unterschiedliche Qualität seiner Shows erklären: während Herr Schmidt sich in der Karibik sonnt oder Werbespots für untrinkbaren Kaffee dreht oder in der Bochumer Theaterkantine den Zampano macht, zieht ein Doppelgänger, der naturgemäß nicht ans Original heranreicht, die Show durch. Heute trat Herr Schmidt anscheinend wieder einmal selbst auf.
Nach einer Jan-Ullrich-Platzpatrone Gags am laufenden Meter: zum Fertighaus von Plus für 99 99o €, zu Boris Becker (Bald ist der Frosch im Knast...Ende Oktober ist der Prozeß...wird er live verurteilt bei Barbara Salesch? Ich meine, den Blick durch die Stäbe kennt Boris ja schon durchs Durch-den-Schläger gucken...), zur TV-Konkurrenz (In der ARD sind heute zwei Unterhaltungschefs zurückgetreten- wovon?). Und Wasser lasziv schlürfend: Leitungswasser nouveau est arrivé.
Ein sensationelles Interview mit Karl Lagerfeld in der neuen Bunten hatte es Herrn Schmidt angetan (Der Diener legt Hummerschwänze nach...), in dem KL verriet, wer auf seinen Partys nicht willkommen sei: verbrannte Marbella-People mit Schlauchbootlippen. Boris Beckers letzte Freundin bezeichnete KL als Eintagsfliege (gerne reichen wir für Herrn Schmidt den lateinischen Namen nach: Ephemera vulgata, Überordnung: Ephemeroptera), solche Insekten haben nicht lange etwas zu bieten. Herr Schmidt outete sich als Insektenfreund, da die Tierchen sonst keine Lobby hätten. Fotos von KL vor und nach der Diätkur: von 102 Kilo auf 60 Kilo- nun paßt er in Höschen von Hedi Sliman (der noch selbst nähen gelernt habe, was auch Helmut Zerlett von sich behauptete). Herr Schmidt himself sah einmal in einem Peugeot Yves Saint-Laurent vorbeifahren, mit Wasserkisten und zwei (männlichen) Models. Von der Saint-Laurent-Brille kam er auf die Original-Onassis-Hammerbrille, die ihm Knecht Andrack (mit CK, der Muskeln wie ein Tier hat, genannt Bärchen) besorgen will. Das dürfte ein fabelhafter Auftritt werden.
Im Rahmen des lahmen Projekts 04/06 ein bebilderter überflüssiger Rammeltip von Ronaldo.
Ein hübsch-zynischer Einfall: zur Entgiftung der US-Beziehungen ein CARE-PAKET zurück mit unseren amerikanisch inspirierten Errungenschaften. Inhalt: 1 Paar Strumpfhosen, 1 Fix+Foxi-Heft, 1 Burger, 1 Afri-Cola, 1 Baseballmütze, 1 Club-Cola, 1 Aufkleber I like NY, 1 Video-Cassette der HS-Show, 1 Jerry-Cotton-Heft (Ratman – der Rattenmann), 1 Flasche Scotch, 1 Packung Peter Stuyvesant (Peter Stoß-mich-sanft), 1 Tube Rasiercreme. Dazu ein Begleitbrief: Dear American People –sorry. Our government did this on his own…
Promotion für die neue Ladykracher-Staffel auf Sat1: Talkgast Anke Engelke. Sie begann als Piepsmaus beim Rundfunk und reüssierte als TV-Ulknudel. Eine für die grobe Lachmuskulatur- leider nur ganz entfernt verwandt mit Loriot ****
QUOTE: 1,35 Mio/ 12,6%
27. September 2002:
Leider verschlief das Inkompetenzteam von Herrn Schmidt den heutigen Tag des Butterbrots- was hätte DER MEISTER daraus machen können!
Aber immerhin ein annehmbarer Nachruf auf den Neuen Markt: Herr Schmidt listete 85 Bankrotteure auf; er selbst hat am meisten verloren bei H5 B5 Medien, bei ricardo.de und bei RTV Family Entertainment. Auch wir haben verloren, bei renommierteren Kriminellen- allerdings nicht soviel wie Herr Schmidt. Der schickte dem NM einen Bibelspruch hinterher: 5. Buch Mose, 23. Kapitel, Vers 19-21 und hofft auf Christenprotest (Blasphemie!!!)- vergebens, wie wir als altgediente Atheisten meinen. Aber ein Trost- der NM hatte immerhin einen großen Unterhaltungswert, und auch später noch können wir sagen: Wir sind dabei gewesen.
Welche Koinzidenz: Saddam Husseins Doppelgänger... Herr Schmidt wußte damit nichts anzufangen und verschenkte das Thema.
Läppisch: Wer ißt was? Auf der Schmidt-Homepage kann man raten, was Herr Schmidt & Co. mittags spachteln. Ein Deeplight. Kein Link.
Ein einziges einsames Bonmot in der ganzen Show, zu geplanten Steuererhöhungen: Wer aufhört zu rauchen, lebt sinnlos länger- das können wir uns nicht leisten.
Herr Schmidt kann's mit den Wahlumfragen nicht lassen und veranstaltete nochmals eine solche. Wir gähnen. Aber wir könnten uns vorstellen, daß das Studio-Publikum immer mit irgendeiner absurden Umfrage gequält wird (zu unserem Vergnügen).
Wieder ein Talkgast, der eigentlich in den KiKa gehörte (Man muß nicht unbedingt ein schlechter Mensch sein, wenn man keine Kinder und Hunde mag. W.C. Fields): eine 12jährige Sidonie -allein für diesen Vornamen verdienen die Eltern Prügel- aus dem Film Bibi Blocksberg als Quotenreißer- mit 12 schon eine durchtriebene junge Frau, eine früh alte. Erschreckend. Entsetzlich.
Warum eigentlich echauffieren wir uns so g l ü h e n d ? Warum engagieren wir uns so l e i d e n s c h a f t l i c h für die Show von Herrn Schmidt? Weil wir uns –und ihm- wünschen, daß er, der TV-Solitär, auf dem Comedy-Parnaß ankommt (und nicht nur mal vorbeiblinzelt), wir möchten, wir m ü s s e n ihn dorthin p e i t s c h e n- per aspera ad astra.
Und wünschen Herrn Schmidt und uns, was seine Show angeht, einen GOLDENEN OKTOBER.**
QUOTE: 1,12 Mio/ 8,8%
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