Hans B. Wagenseil 1894-1975: 5. Zeitschriften & Zeitungen 1930-1945. 5.14 Bremen

[ Hans B. Wagenseil: Inhaltsverzeichnis ]

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5. Zeitschriften & Zeitungen 1930-1945

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XIV. Bremen

In den Ausgaben vom 1. und 2. Aug. 1939 der Bremer Zeitung wird ein antisemitischer Hetzartikel von Udo Freiherr von Khaynach über "Die Einkreisung Deutschlands" gebracht, der das Familiengeschlecht der Wagenseils mit "Fonseca" aus Spanien gleichsetzt und als jüdisch ausmacht; wahrscheinlich beruht das auf einer amalgamisierenden Lektüre eines Buchs des Polyhistors und Hebraisten Johann Christoph Wagenseil, der 1704 in seinem Adelsgenealogie-Handbuch "Der Adriatische Löw" vom Ahn der Fonseca schrieb, S. 63, dass er "ein Spanischer getauffter Hebräer gewesen seyn" soll. Der Hetzartikel erschien nicht nur in Bremen, sondern z.B. auch in der National-Zeitung. Wittgensteiner Ausgabe, in Nordrhein-Westfalen, 89. Jg., Heft 152 (3.7.1939: "Die Revolution wurde von Br∴ Marschall Hermes de Fonséca, d.h dem Juden Wagenseil arrangiert"; "Br∴" meint einen "Bruder" in der Freimaurerei, also jemand, der mindestens eine Initation in einen sogenannten Grad vollzogen hat). Es ist wahrscheinlich nur ein ungünstiger Zufall. Eigentlich hat das mit Hans B. und Kurt Wagenseil nichts zu tun. Dennoch könnten ältere Schriftwerke mit diesem Inhalt ein wenig das vorübergehende Interesse der reaktionären Presse an Hans B. um 1919 erklären. Konkrete lokale Bezüge wird es keine geben, auch wenn über Hans' Zeit in der nahe Bremen gelegenen Künstlerkommune Worpswede kaum etwas bekannt ist (Künstlerkommunen - artists' communities). Der bereits genannte Ludwig Bäumer etwa beteiligte sich, bevor er mit Romaine Taylor-Wagenseil fortging, an dem Experiment einer Bremer Räterepublik (siehe David Erlay, "Kaiser und Kaisen. Bremer Geschichte(n)", Bremen: Kellner Verlag 2018, Kapitel "Den letzten blieb nur die Dunkelheit. 4. Februar 1919: Schwarzer Tag für rote Hoffnungen - Mit der Räterepublik war kein Staat zu machen", S. 25-51, darin insb. Fußnote S. 48-51). Um 1939 allerdings muss tatsächlich etwas in größerem Rahmen öffentlich geworden sein, das der Grund dafür wurde, dass die Wagenseils nicht mehr in Kürschners Literaturkalender genannt wurden und keine Bücher mehr veröffentlichten. Es ist noch nicht klar, ob das mit einer weit gesteuten Publikation jenes Textes des Freiherren von Khaynach in der NS-Presse zu tun hatte.

Dessen Behauptung findet sich bereits in einer antisemitischen Schrift "Weltfreimaurerei. Weltrevolution. Weltrepublik. Eine Untersuchung über Ursprung und Endziele des Weltkrieges" von Dr. Friedrich Wichtl, 1920 in der siebten Auflage, Erstauflage war 1919 (München: J. F. Lehmanns Verlag 1920, S. 16, Anm. 2: "Die Fonsecas sind jüdischer Abstammung und hießen früher Wagenseil"), 1928 in der 11. Auflage, 1938 in einer 13. neu bearbeiteten und vermehrten Auflage, 14. und letzte Auflage 1943 vor den Reproduktionen ab 1981; ähnlich raunend ist Karl Heise: "Entente-Freimaurerei und Weltkrieg. Ein Beitrag zur Geschichte des Weltkrieges und zum Verständnis der wahren Freimaurerei", Erstauflage auch 1919, Basel: E. Finckh 1920, S. 234: "Bemerkt sei hier, daß die Fonsecas in Brasilien: Präsident Br∴ Deodoro, sowohl als auch sein Neffe, der heutige Präsident Br∴ Hermes, aus Spanien stammen. Die Fonsecas kauften (als Spanier) ihren Adel 1664 zu Venedig, bis zu welcher Zeit sie den poetischen Namen Wagenseil geführt hatten. Vgl. das 'Geneal. Taschenbuch' des Kyffhäuserverlags, (München 23), 1912, S. 325". Diese antisemitische Polemik "Weimarer historisch-genealoges [sic!] Taschenbuch des gesamten Adels jehudäischen Ursprunges", kurz "Semi-Gotha", nennt dort die Familie Fonseca "Sephardims [...] Letztes Herkunftsland: Spanien; nun in Brasilien; Beglaubigung der Genesis: s.u. Christoph Wagenseil. Kath. seit ca. mitte 17. Jhdts. Nob. ddo. ..... 1664 zu Venedig". Vermutlich ist Hintergrund, dass Manuel Deodoro da Fonseca auf dem Praça Quinze de Novembro in Rio de Janeiro am 15. Nov. 1889 die Republik ausrief. In paralleler Zuschreibung konspirativer Tiefe konstruieren diese Machwerke, die Republik in Portugal ab 1910 ginge ebenfalls auf entsprechend vorgestellte Kreise zurück. Auf diese Schriften von Heise und Wichtl bezieht sich ausführlich der für die NS-Ideologie eine wichtige Rolle spielende Alfred Rosenberg in "Die Protokolle der Weisen von Zion und die jüdische Weltpolitik", München: Deutscher Volksverlag Dr. Boepple 1923, "Vierte Sitzung", S. 56f.

- Bremer Zeitung / Bremer Nachrichten (SSUB Bremen): parteiamtliche Tageszeitung der Nationalsozialisten Bremens; Amtsblatt des Regierenden Bürgermeisters der Freien Hansestadt Bremen [1933-1945], 27.11.1934 (Nr. 328): "Die kostbare Perle"; 12.02.1935 (Nr. 43): André Maurois: "Kleines Hafenbild"; 20.11.1935 (Nr. 321): "Hinter den Kulissen des Films. Von 'kleinen Irrtümern' und deren Ausmerzung"; 02.07.1936 (Nr. 182): Belloc: "Plaudern, aber im D-Zug-Tempo. Die Kunst, schweigsame Mitreisende zum Reden zu bringen"; 18.08.1936 (Nr. 229): Sir Hubert Lyman Clark: "Lord Howe - die glückliche Insel"; 02.07.1937 (Nr. 178): Hjalmar Söderberg: "Ein herrenloser Hund"; 08.07.1937 (Nr. 184): Carleton Beals: "Mexikanische Streiflichter"; 15.12.1937 (Nr. 344): Hanson Baldwin: "Meuterei auf der 'Medusa'"; 11.06.1938 (Nr. 158): Liam O'Flaherty: "Leben eines Falters"; 03.11.1938 (Nr. 303): [Hjalmar Söderberg:] "Die Frau des Schornsteinfegers"; 18.06.1939 (Nr. 165): "Unglück an falscher Stelle"; 24.08.1939 (Nr. 232): Ambrose Bierce: "Auf der Brücke zum Jenseits. Eine Episode aus dem amerikanischen Bürgerkrieg der Nord- gegen die Südstaaten"; 24.04.1941 (Nr. 113): Carlo Linati: "Er und sie"; 23.12.1941 (Nr. 355): "Ein paar Schuhe".

 

Register der Überlieferung der Übersetzungen bis 1950
Personenregister (Übersetzungen etc.)
Adressregister

Künstlerkommunen - artists' communities

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