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Haldirs Tod 10

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~*~*~*~

"Nein, Du bleibst hier!"

Zwei Tage später gellte die laute, wütende Stimme Aragorns durch den Turm der Hornburg. Menschen, die sich zufällig in der Nähe der verschlossenen Tür aufhielten, machten, daß sie etwas fanden, was sie tun konnten. Und zwar irgendetwas, das weit weg von dem Gebrüll war, welches durch den Turm schallte.

Haldirs Kopf flog herum, mit zornigen Augen sah er Aragorn, der beim Fenster stand, von dem Bett aus an, in dem er lag. "Aragorn, ich sehe nicht ein, wieso-"

"Verdammt!" wütete der Waldläufer. "Haldir, Du kannst noch nicht einmal reiten, geschweige denn richtig laufen, und ich muß die Pfade der Toten beschreiten! Ich weiß noch nicht einmal, ob unsere Pferde da freiwillig durchgehen! Du kannst nicht mitkommen. Diese Schlacht muß ich allein schlagen."

Er hatte den Eindruck, daß, wenn Blicke töten könnten, er schon von den scharfen Pfeilen, die aus Haldirs Augen schossen, niedergestreckt worden wäre, und so sah er aus dem Fenster.

"Nein." Die Stimme des Galadhrim war leise und sanft geworden. "Du verstehst mich nicht. Ich verstehe nicht, wieso Du überhaupt wieder in eine Schlacht ziehen mußt. Da draußen sind genug Männer, die-"

"Oh bei den Valar, Haldir, hör auf! Du kennst die Prophezeiungen doch! Ich muß gehen, ich muß sie führen! Wir müssen Sauron besiegen! Dir war doch klar, daß die Schlacht an Helms Klamm nur der Vorspann war!"

Haldir verkniff sich den Kommentar, was er von Vorspännen dachte, die ihn fast das Leben gekostet hätten. Stattdessen sah er Aragorn ruhig an, denn er hatte ihn nun da, wo er die Diskussion hinführen wollte.

"Und in was soll das enden, Aragorn?" Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, und die Augen, die vorher noch Waffen waren, sahen Aragorn traurig an. "Was soll dann werden? Ich kenne die Prophezeiungen, ja, und sie sagen mir nichts gutes voraus, was uns beide betrifft."

"Ich wüßte nicht, daß ein Galadhrim in den Prophezeiungen erwähnt worden wäre," schnarrte Aragorn, der immer noch ernst zum Fenster hinaus starrte und den subtilen Unterton in Haldirs Stimme nicht einmal bemerkt hatte.

"Das war exakt das, was ich meinte, Aragorn. Wenn alles so läuft wie geplant, dann ist kein Platz mehr in Deinem Leben für mich. Was sollte der König von Gondor mit einem einfachen Galadhrim, einem Hauptmann, der vielleicht nie wieder seine vollständige Bewegungsfähigkeit erlangt, denn wohl in der schönen Stadt Minas Tirith anfangen?"

Haldirs Worte brachten Aragorn dazu, die Schultern sinken zu lassen, als würde sich eine schwere Last auf selbige legen. Mit einer Hand stützte er sich am Fensterrahmen ab.

"Und wenn," fuhr Haldir fort, "tatsächlich alles so läuft wie geplant, und Du wirst König von Gondor, und es sollte sich wider aller Hoffnungen doch einen Platz für einen invaliden elbischen Hauptmann in Deiner Stadt finden, was ist mit Deinem Thronerben, Aragorn? Wer wird Dir den Thronerben schenken? Ich weiß nicht, ob es Dir schon aufgegangen ist, aber dazu bin ich nicht in der Lage."

Oh ja, Haldir hatte nachgedacht. Seit er wieder erwacht war, hatte er im Prinzip seit seiner ersten Mahlzeit nichts anderes getan als nachzudenken.

Er hatte über den Tod seiner Brüder nachgedacht, die in seinen Visionen im Koma mit ihm geredet, ihm Mut zugesprochen hatten. Er hatte über Aragorn nachgedacht, über Elladan und Elrohir, und den Rest der Peredhil - vor allem über Arwen.

Er hatte über den einen Ring nachgedacht, über Sauron, Schlachten, den Tod, das Leben. Dann wieder ein wenig über Arwen. Und Aragorn, den Thronerben von Gondor, und vor allem auch dessen Thronerben.

Zwischen all diesem Nachdenken hatte er geredet. Wie ein Wasserfall. Mit Elladan, Elrohir, Mithrandir, Legolas, Aragorn, und sogar Gimli. Und jeder hatte ihm immer-

"Mach Dir keine Sorgen, Haldir. Das wird schon. Wir bekommen das in den Griff, irgendwie."

Da war er schon wieder, dieser Satz. Der Satz, den alle zu ihm gesagt hatten.
Mit diesem kleinen, lauernden Wort am Ende.
Irgendwie.
Dieses kurze, böse Wort, das, wenn irgendetwas schief ging, die Schuld trug.
Das Wort, das keine Garantien gab.
Irgendwie.
Er haßte dieses ach so menschliche Wort. Er hatte gelernt, es zu hassen. Es war in den letzten Tagen allzu oft gefallen.
Die unschuldige Konstellation von Buchstaben, die versuchte, ihn zu beschwichtigen, und das genaue Gegenteil erreichte.

Aragorn hatte sich an seine Seite gesetzt und seine Hände ergriffen. Haldir bemerkte, wie er mit leerem Gesichtsausdruck an die steinerne Decke starrte. Sein Blick wandte sich zu Aragorn, dem Mann, der ihn in den letzten beiden Nächten gehalten hatte.

Der Galadhrim holte tief Luft, der Geruch des Sibeliaöls lag noch in der Luft, klebte an ihm und Aragorn wie süßer Wein.
Die letzten beiden Nächte waren trotz seiner Verletzung, trotz seiner Schmerzen berauschend gewesen. Und doch hatte ihn all die Freuden, all die Erregungen, all die süßen Küsse, Worte und Berührungen nicht von seinen Gedanken abbringen können, die er nun zum allerersten Mal in Worte gefaßt hatte.

"Aragorn," begann Haldir vorsichtig, "Du weißt, warum ich noch hier bin?"

"Ich weiß es, Haldir," sagte Aragorn und strich zärtlich über die Wange des Elben. "Du bist noch hier, weil Du mich liebst."

Und dann sah Aragorn etwas, das er bisher nur ausgesprochen selten bei den stolzen Elben beobachten konnte.
Er sah, wie Haldirs Augen sich mit Tränen füllten.
Die unendlichen blauen Seen seiner Iris waren umgeben von Augenwasser, welches an den Dämmen seiner Lider hochkroch wie das Wasser eines Staudammes in der Regenzeit.
Der Stausee trat über die Ufer, und eine einzelne Träne lief an der Wange des Hauptmannes hinunter, um sich dann sanft an Aragorns Daumen zu fangen.

"Ich bin hier, weil ich Dich liebe, Aragorn, richtig," flüsterte Haldir mit erstickter Stimme und ergriff die Hand, deren Daumen gerade von seiner Träne geküßt wurde. "Und ich bitte Dich inständig, wirf das Geschenk nicht weg, was die Valar mir gaben, als sie mich aus der Dunkelheit wieder entließen. Schick mich nicht zurück. Komm zurück zu mir, heil und gesund. Brich nicht mein Herz."

Aragorn beugte sich vor, bis seine Stirn die von Haldir berührte. "Ich komme zurück zu Dir, Geliebter. Ich verspreche es Dir. Diesen Kampf kämpfe ich für uns, nicht nur für mich. Und danach ist es an der Zeit, einige Veränderungen zu machen; Gesetze zu ändern. Vielleicht mögen dann die Brüder Elladan und Elrohir, falls ihr Vater sie nach dem Bekanntwerden gewisser... Zuneigungen nicht mehr in Bruchtal sehen möchte, auch bei uns in Gondor leben."

Diesmal traten beide Stauseen in Haldirs Gesicht über die Ufer, der Grund unter ihnen verwandelte sich in ein schluchzendes und gleichzeitig lachendes Erdbeben.

"Ich vertraue Dir," weinte der Galadhrim und schämte sich der allerersten emotionalen Tränen seines Lebens nicht, die sich mit den Tränen des Schwures aus Aragorns Augen mischten, als die Lippen von Mensch und Elb sich trafen, um sich in einem Kuß zu vereinigen.

Aragorn strich durch die Haare des Galadhrim. "Du bist so schön," sagte er, "und doch - es ist Zeit für Veränderungen. Doch in brauche Deinen Trost in der Nacht; in den kalten Nächten da draußen, die vor mir liegen." Er spielte mit Haldirs Locken.

Haldir dachte kurz nach. Veränderungen waren eine gute Sache, nach allem, was passiert war. Eine bedeutsame Veränderung konnte er selber herbeiführen, dachte er bei sich.

"Laß mich Dir ein Andenken an mich geben, Aragorn." Er zog das Messer des Waldläufers aus dessen Stiefel. "Etwas, das Du in den kalten Nächten in den Händen halten kannst. Etwas, woran Du riechen kannst, wenn Du einsam bist. Etwas, das Dich erinnern und trösten soll. Ich möchte, daß ein Teil von mir mit Dir in die Schlacht zieht. Ein Pfand. Ein Glücksbringer."

Er hob das Messer an und setzte sich auf, während er den Kopf nach vorn auf Aragorns Schulter legte. Der Waldläufer seufzte, als er das singende Geräusch der Klinge hörte.

Zwei Stunden später lehnte der Galadhrim mit schmerzverzerrter Mine und neuen Tränen in den Augen an einer der Säulen der Treppen, die zur Hornburg hinauf führten, und beobachtete, wie der Trupp der Reiter die Burg verließ. Diesmal waren es Tränen des Abschiedes.

Aragorn ritt vorn; am Sattel seines Pferdes wehte eine silberne Flut, und der Galadhrim strich über seinen Nacken, um über die kurz geschnittenen Stoppeln seines Haares zu fühlen.

Nein, er bereute es nicht; es war ein ganz neues Gefühl, nach über dreitausend Jahren mal wieder den Wind an seinem Nacken zu spüren; keine Deckung mehr durch die vorher taillenlangen, silberblonden Haare zu haben. Er lächelte. Elbenhaare wuchsen schnell. In spätestens zwei Jahren würde alles wieder beim alten sein. Oder vielleicht nicht? Endlich, so dachte er sich, würde er nicht täglich mehrere Stunden damit zubringen müssen, die silberne Flut zu bürsten und zu flechten. Er lächelte. Das war nun Aragorns Aufgabe.

Seufzend wandte er sich zu der Rohirrimfrau um, die ihn stützte, als er wieder in die Hornburg zurückging, um zu warten. Warten auf seine Genesung, warten auf Aragorns Rückkehr.

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