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Haldirs Tod 5

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Das Tablett mit dem Essen, welches Aragorn noch eine Sekunde zuvor friedlich auf seiner Handfläche balanciert hatte, fiel krachend zu Boden, aber keiner der vier sich innerhalb der Vorhänge befindlichen Personen schien es zu interessieren.

Die drei Besucher sahen sich an. Die Frage, die schreckliche Frage, deren Antwort alles zunichte machen konnte, lag unbeantwortet in der Luft.

'Warum sind meine Brüder nicht hier und wieso kann ich mich nicht bewegen?'

Gandalf holte tief Luft. Die Minute der Wahrheit. Es hatte ohnehin keinen Sinn zu leugnen, der Elb hätte es erkannt.

Derweil setzten sich Aragorn und Legolas links und rechts von Haldirs Kopf und legten ihre Hände auf seine Schulter.

Und niemals war dem alten Maia das Herz so schwer gewesen wie in dem Moment, als er begann, seinen ersten Satz auszusprechen. Womit sollte er beginnen? Mit der schrecklichen oder der wirklich überwältigend schlechten Nachricht? Ihm kam der Gedanke, daß er gar nicht wußte, welche der beiden Nachrichten eigentlich schlechter war.

"Haldir, du wurdest im Kampf verletzt."

"Irgendwie hatte ich mir das schon gedacht," sagte Haldir tief seufzend. "Wie lange wird die Heilung brauchen?"

"Das ist nicht einfach zu sagen. Deine Wirbelsäule ist stark verletzt worden."

Wirbelsäule. In Haldir stieg eine sehr dunkle Vorahnung auf. Die Wirbelsäule ist neben Kopf und Brustkorb die einzige Stelle, an der man jedes Wesen ohne wirklich große Probleme recht schnell mit einem gezielten Pfeil oder Hieb vom Leben zum Tode befördern kann, analysierte der Krieger in ihm die Situation.

Er wagte kaum, die Augen von der Bettdecke zu heben, auf welche er starrte, als er schluckend die nächste Frage stellte.

"Wie stark?"

Gandalf fixierte einen Punkt hinter Haldir am Vorhang. Niemals hätte er es fertig gebracht, dem Galadhrim bei seinem nächsten Satz in die Augen zu sehen.

"Wir fürchten, daß die Verletzung nicht komplett heilen wird."

Aragorn holte im Hintergrund tief Luft. Das war selbst für ihn neu. Aber, so dachte er bei sich, er war ja auch in den letzten zwei Tagen eher mit anderen Dingen beschäftigt gewesen, als sich auch noch über Haldirs Verletzung Gedanken zu machen. Zum Beispiel damit, denselben erst einmal aufzuwecken.
Und plötzlich bedauerte er, den Elben aus seinem Koma erweckt zu haben.

In Haldirs Gedankenwelt tobte ein Sturm, der in seinen flackernden, verwirrt dreinblickenden Augen sichtbar wurde.

"Das heißt... ich werde den Rest meines Lebens so verbringen?"

"Das wollen wir doch nicht hoffen," versuchte Legolas ihm halb enthusiastisch Mut zu machen.

"Was du, lieber Cousin aus Düsterwald, hoffst, interessiert mich herzlich wenig," spuckte Haldir wütend. "Ich möchte Fakten hören. Mithrandir?"

"Ich weiß es nicht," sagte Gandalf, "ich weiß es wirklich nicht, Haldir. Wir müssen abwarten."

Die Flammen der Wut, über sich selber, über seine Verletzung, über den seltsamen Humor von Legolas wurden langsam, aber sicher vom Wasser der Verzweiflung weggewaschen, die sich in Haldir ausbreitete.

So leben? Niemals. Das ist kein Leben. Ich wäre eine Last für meine...

"Und wo sind denn meine Brüder? Wurden sie auch verletzt? Warum besuchen sie mich nicht? Oder war meine Verletzung... unehrenhaft?"

Aragorn stöhnte auf. Dieser verdammte Elb war in einer Schlacht schwer verletzt worden und das einzige, worüber er sich Gedanken machte, war, ob er sich seine Verletzung unehrenhaft, bei der Flucht vor dem Feind, zugezogen hätte.

"Deine Verletzung war ehrenhaft," sicherte er seinem Freund zu und versuchte, seine Aussage durch freundschaftliche Striche über Haldirs Arm zu bestärken.

"Sie sind also verletzt?" Haldirs Augen weiteten sich im Schreck.

Meine Brüder... meine jungen Brüder. Für einen kurzen Moment dachte er an die Zeiten in Caras Galadhon zurück, an die Nächte, in denen...
Moment. Das hatte er vor gar nicht allzu langer Zeit genau so schon einmal gedacht.

Und die Erinnerung traf ihn wie ein Blitz.

Der Blick über die gefallenen Galadhrim, oben auf dem Klammwall. Das friedvolle Gesicht von Orophin, welches an einem zerschundenen, toten Körper so seltsam aussah.

"Sie... sie... sie sind... ich erinnere mich..." stotterte Haldir und Gandalf ließ den Kopf auf die Brust sinken.

"Da war... diese Mauer, wir standen auf der Mauer und dann..."

Er erinnerte sich an den zweiten, fast tödlichen Schlag auf seinen Rücken und kniff im wieder erlebten Schmerz die Augen zusammen. Tränen sammelten sich an den Rändern der zusammengepressten Lider.

Meine kleinen Brüder, das kann nicht sein. All diese Nächte, all diese Jahre. Wir waren so gut zusammen, so gut.

Die Erinnerung führte ihn an die letzten Tage vor dem Abmarsch nach Helms Klamm, zurück nach Lothlórien. Die Nacht, in der die drei Brüder das letzte Mal allein beisammen waren.

Orophins weiche Haut dicht an seiner eigenen, Rúmils schmetterlingsgleiche Küsse auf seinem Rücken; und jede der zarten Berührungen seiner Lippen brannte wie Feuer auf Haldirs Haut. Im Laufe der Jahrhunderte hatten sie viele Nächte zusammen verbracht, aber diese war mit Abstand die intensivste gewesen, im Angesicht eines möglichen Todes in der Schlacht, die zu der Zeit noch bevorstand.

Er erinnerte sich an die kleinen Einzelheiten.
Die Narbe auf Rúmils Rücken, die er seit seiner Kindheit hatte und die elbenuntypisch niemals verheilt war. Rückwärts war der kleine Elfling im Spiel in das Schwert seines Vaters gelaufen, mit dem Orophin trotz des strengen Verbotes der Eltern herumgefuchtelt hatte. Die Narbe, die er noch vor wenigen Tagen mit seiner Zungenspitze liebkost und dafür kleine Seufzer als Belohnung geerntet hatte.

"Haldir..." begann Aragorn verzweifelt, als er den seltsam leeren Gesichtsausdruck in dessen Gesicht bemerkte und wedelte mit seiner Hand den anderen Besuchern zu. Diese verstanden den Wink, standen geräuschlos auf und verließen den Schutz der Vorhänge.

Und Orophin. Das Entsetzen in seinem Blick, als er Rúmil vor so vielen Jahren bluten sah. Nur ungern und fast tausend Jahre später, hatte er wieder ein Schwert angefaßt. Er war immer so ernst gewesen danach. Außer in dieser letzten Nacht vor dem Abmarsch. Haldir konnte seinen Körper fast noch unter seinen Fingerspitzen fühlen. Die langen Wimpern über den unendlichen, türkisblauen Augen, die ihn im Mondlicht ansahen.
Wie schwer mußte es für ihn gewesen sein, in dieser Schlacht mit einem Schwert zu kämpfen.
Und zu fallen.

Und der Galadhrim spürte, wie die Dunkelheit wieder in ihm aufstieg, die ihn ganz zu Anfang, bevor er ins Licht zurückgekehrt war, umschlossen hatte.

Ein Schrei gellte durch die Halle und die beiden Besucher, die gerade zur Tür hinaus gehen wollten, hasteten zum Bett zurück.

"Aragorn?" fragte der Elbenprinz, "was ist geschehen? Warum schreist du-"

Der Atem stockte ihm, als er auf das Gesicht des Galadhrim blickte. Die starren Augen und der seltsame Gesichtsausdruck sagten ihm, daß dieser Elb nicht nur schlief.

Gandalf schüttelte nach kundigen Handgriffen am Puls des Verletzten traurig den Kopf. "Er ist wieder in das Koma zurückgefallen; tiefer als zuvor. Ich habe Zweifel, ob wir ihn diesmal wieder zurückholen können. Das war zuviel für ihn."

Er legte seinen Arm um Legolas und führte ihn hinaus, denn er wollte nicht, daß außer ihm noch jemand die Tränen bemerkte, die über Aragorns Gesicht liefen.

"Komm zurück, Haldir. Komm wieder zurück. Es gibt hier noch jemand anderes, der dich braucht."

Doch der Galadhrim befand sich zu dieser Zeit an einem Ort, an dem er Aragorn nicht hören konnte. Noch nicht...

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