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Haldirs Tod 6

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Diesmal war es nicht die Dunkelheit, die den Galadhrim gefangen hielt.

Es waren seine eigenen Erinnerungen an den letzten Abend, die letzte Nacht vor der Schlacht, in seiner Heimat Lothlórien, den er mit seinen Brüdern verbracht hatte.

Er öffnete die Tür seines Talans in Lothlorien. Die Entscheidung, daß die Krieger der Galadhrim gen Helms Klamm marschieren sollten, war gerade gefallen.

Haldir fühlte sich nicht besonders wohl bei dem Gedanken und ließ sich seufzend auf die weichen Decken seines Bettes fallen. Mit ausgebreiteten Armen, die silberblonden Haare wie ein Heiligenschein um seinen Kopf auf dem Bett gefächert, starrte er an die Decke.

Aragorn. Er würde Aragorn wiedersehen.

Er verwischte den Gedanken kurz. Wie selbstsüchtig war es doch, an seinen Geliebten zu denken, wenn er seine Krieger in eine Schlacht führen mußte.

Seine Krieger - und seine Brüder. Bei diesem Gedanken wurde Haldir fast schwarz vor Augen. Aber er hatte eine Wahl. Sie hatten eine Wahl. Er war der Hauptmann; er konnte Krieger mit minderer Befähigung von der Schlacht ausschließen.

Aragorn saß etwa eine Stunde bei Haldir und versuchte, ihn zurückzurufen, aber nichts geschah.

Durch die weit geöffneten Türen der Hornburg konnte er Lärm vernehmen; Stimmen.
Èomer rief: "Halt! Wer reitet in Rohan!", und die Stimmen, die Antwort gaben, kamen ihm vertraut vor. Ungläubig runzelte er die Stirn.

Vorsichtig ließ er den Kopf des Hauptmannes, welchen er die ganze Zeit in seinen Händen gehalten hatte, auf das Kopfkissen sinken.

"Haldir," sagte er, "ich glaube, es ist Hilfe gekommen. Ich werde hinausgehen, um unsere Gäste zu begrüßen; aber ich komme wieder." Und mit einem Schmunzeln, welches er sich nicht verkneifen konnte, fügte er ein "Nicht weggehen!" hinzu, als er den Vorhang teilte, um hinaus zu gelangen.

Während Haldir noch in seiner Erinnerung auf seinem eigenen Bett in Lothlórien lag, flog die Tür des Talans auf, und zwei silberhaarige Gestalten kamen hinein. Ihre Gesichter glühten vor Aufregung.

"Haldir, hast Du es gehört, wir marschieren gegen Helms Klamm," sprudelte es aus Rúmil heraus. Haldir lächelte. Der Jüngste der Brüder war sofort Feuer und Flamme für die Schlacht gewesen, als auch nur das Gerücht in der Luft lag.

"Wir werden sie vernichten. Wir werden den fürchterlichen Schlag führen und siegreich sein," fügte der immer ruhige und besonnene Orophin hinzu.

Haldir richtete sich auf und betrachtete einige Sekunden lang seine Brüder. Wie groß sie geworden waren. Wie erwachsen.

"Brüder," sagte er, während er zum Schrank hinüberging, um Wein und Gläser herauszuholen, "ich bin nicht sicher, ob ich Euch marschieren lassen möchte."

"Du? Uns?" antworteten die jüngeren Galadhrim zur gleichen Zeit.

"Ich habt es noch nicht gehört?" Haldir konnte sich ein selbstgefälliges, stolzes Lächeln nicht verkneifen. "Ich werde der Führer des Zuges gegen Helms Klamm sein!"

Mit einer eleganten Handbewegung ließ er die Gläser und die Flasche auf den Tisch gleiten, während er, immer noch lächelnd, auf die verblüfften Gesichter seiner Brüder sah.

Aragorn stand an den obersten Stufen der Hornburg und traute seinen Augen nicht. Die Gesichter zweier Reiter, die er dort unten zwischen den etwa dreißig Neuankömmlingen erkennen konnte, die kannte er nur zu gut. Oder, so korrigierte er sich, sollte er sagen, das Gesicht?

Der schlanke Körper, die leicht nach oben gespitzten Rundungen der Ohren, die hohen, schönen Wangenknochen hätten das Gesicht, welches er spiegelgleich auf verschiedenen Pferden vor sich sah, jedem Unkundigen gegenüber eindeutig als Elben ausweisen können.

Aragorn kannte die Elben aber zu gut, um auch die sehr geraden Nasen der Menschen in ihren Gesichtern zu sehen. Auch die langen, blauschwarzen Tressen ihrer Haare, die in drei strengen Zöpfen aus dem Gesicht geflochten waren, konnten ihren Ursprung nicht verbergen: Dies waren Peredhil, Halbelben, und Aragorn kannte sie so gut, weil er viele Jahre mit ihnen gelebt hatten.

Hier saßen auf ihren Pferden, die genauso schwarz waren wie ihr eigenes Haar, Elladan und Elrohir, die spiegelgleichen Zwillingssöhne Elronds, vor ihm, und mit ihnen etwa dreißig Reiter aus Dunedain. Aragorn warf den beiden ein Lächeln zu, welches erwidert wurde, und wandte sich dann dem immer noch diskutierenden Éomer zu, der mit dem Anführer der Reiter in ein Gespräch vertieft war.

"Halbarad Dúnadan, Waldläufer des Nordens bin ich," rief der Mann. "Wir suchen einen Aragorn, Sohn des Arathorn, und wir hörten, er sei hier, in Rohan."

"Und ihr habt ihn gefunden," rief Aragorn zurück. Er lief zu dem Neuankömmling hinüber und schloß ihn in eine Umarmung. "Halbarad," sagte er, "von allen Freuden ist Euer Anblick hier die am allerwenigsten erwartete!"

"Es ist gut, Éomer," sagte er, während er sich zu diesem umdrehte, "hier sind einige von meinem eigenen Volk aus dem fernen Land, aus dem ich stamme. Aber wie viele es sind, und warum sie kamen, daß soll Halbarad uns sagen."

"Ich habe dreißig Reiter bei mir," sagte Halbarad, "das sind alle unseres Volkes, die ich in der Eile zusammenrufen konnte. Doch die Brüder Elladan und Elrohir sind mit uns geritten, denn ihr Wunsch ist es, am Krieg teilzunehmen. Wir sind so schnell geritten, wie wir konnten."

Aragorn wandte sich den Zwillingen zu, während Halbarad weiter mit Éomer diskutierte. "Ich freue mich, Euch hier zu sehen, Brüder," sagte Aragorn als Elronds Ziehsohn und legte zur Begrüßung eine Hand auf sein Herz.

Elrohir, dessen Pferd ihm am nächsten stand, sah aus wolfsgrauen Augen auf ihn hinunter. "Wir bringen Dir eine Nachricht von unserem Vater; er läßt Dir ausrichten: 'Die Tage sind kurz, und wenn Du in Not und Eile bist, dann erinnere Dich an die Pfade der Toten.'"

Aragorn seufzte. "Die tage sind immer kurz, wenn man sein Ziel schnell erreichen möchte. Und um diesen Weg einzuschlagen, müßte meine Not und Eile wirklich sehr groß sein."

"Das werden wir sehen," sagte Elrohir, "aber lass uns darüber sprechen, wenn wir reiten."

Er bemerkte, daß Halbarad eine Art in Stoff gewickelten Stab bei sich trug. "Was trägst Du dort, Landsmann?"

"Dies," antwortete Halbarad, "ist ein Geschenk der Lady aus Bruchtal. Sie ließ es insgeheim schmieden, und die Herstellung brauchte lange. Doch sie schickt Dir eine Nachricht: 'Die Tage sind nun kurz, und entweder wird unsere Hoffnung erfüllt, oder alle Hoffnungen enden hier. Aus diesem Grunde sende ich Dir, was ich für Dich gemacht habe. Lebe wohl, Elbenstein!'".

Und Aragorn, dessen Herz bei der Erwähnung der Senderin des Geschenkes schwer wurde, anwortete: "Jetzt weiß ich, was Du dort trägst. Trage es noch eine Weile für mich!"

Er wandte sich wieder Elladan und Elrohir zu. "Brüder," begann er, "wir haben einen Verletzten in der Hornburg, und ich bitte Euch, seht ihn Euch einmal an. Ich weiß, daß ihr teilweise die heilenden Kräfte Eures Vaters habt, und wäre Euch dankbar, wenn Ihr Euch bemühen könntet."

Die Zwillinge sprangen spiegelgleich von ihren Pferden, das klingende Geräusch ihrer Kettenhemden erklang beim Aufprall ihrer Träger auf dem Boden unisono.

"Sag uns, Bruder," sprach Elladan, als sie die Stufen der Hornburg hinaufstiegen, "wer ist der Verletzte?"

Aragorn war ernst und nachdenklich geworden. "Der letzte der Galadhrim."

De Zwillinge blieben abrupt stehen. "Du willst uns sagen, nur ein einziger der Galadhrim hat die Schlacht überlebt? Wie schrecklich für das Volk der Elben!"

Aragorn drehte sich langsam zu den lebenden Spiegelbildern um. "Es ist noch schrecklicher für ihn. Er hat seine beiden Brüder im Kampf verloren."

Zwei paar intensive graue Augen sahen ihn an, und ihre Besitzer sprachen zeitgleich denselben Satz. "Es ist Haldir, nicht wahr?"

"Ja," flüsterte Aragorn.

Die Zwillinge sahen sich entsetzt an.

"Wie schrecklich!" begann Elladan.
"Ich könnte es nicht ertragen, auch nur einen meiner Brüder zu verlieren," fuhr Elrohir fort.
"Aber Du hast doch nur einen Bruder?" antwortete Elladan, und da Aragorn wußte, wie dieser Satz gemeint war, und daß er keine böse Absicht hegte, dies zu sagen, verblieb er still, während die drei die Halle durchquerten.
"Eben," seufzte Elrohir, und als sie den Schutz der Vorhänge um Haldirs Bett erreichten, konnte Aragorn nicht umhin, verstohlen aus dem Augenwinkel zu beobachten, wie Elrohir seinem Zwilling den Arm um die Taille schlang und einen scheuen Kuß auf die Wange gab.

Meine Güte, dachte Aragorn, und das fast in der Öffentlichkeit; die beiden brechen gleich mehrere Gesetze der Elben. Wie sehr sie sich lieben müssen, wenn sie dies tun. Ich sollte keine Angst haben, was meine Beziehung zu Haldir betrifft; meine Brüder werden mich verstehen.

~ wird fortgesetzt... ~